Kaschauer Zeitung, Juli-September 1885 (Jahrgang 47, nr. 74-112)

1885-09-12 / nr. 105

Nr. 105.­­ Kas­chauer Zeitung. — Prämumerationspreis ohne „Illustr. Unterhaltungsblatt“ ganzjährig fl. 5.— , halbjähr. fl. 2.50, vierteljähr. 8 = ür Kaschau: it Postversendung: „ fl. 6.60, n 1. 3.30, = Bei Inseraten wird die sechsmal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 kr. berechnet. — Inseratenstempel 30 fr für jede Anzeige. e! » . 1.099 XLVIE. Jahrgang. 1885. Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag. Redaktions- und Expeditions - Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 60, Kaschau, Samstag, 12. September. Für Kaschau : Mit Postversendung: 2 fl. 888. Mit dem „illustr. Unterhaltungsblatt“. ganzjährig fl. 7.--, halbjähr. fl. 3.50, vierteljähr. fl. 1.78­3 1. 4.39­7 fl. 2.15 Bei Inseraten, welche größeren Raum einnehmen und öfter eingescheltet werden, wird ein entsprechender Nachlaß gewährt. KASSA-EPERJESLERTESITO. " Reueste Nachrichten. Ungarn. Budapest. Das ungarisc­he Budget für 1886 ist bis auf die noch nicht beendeae Bededung festgestellt. Der leitende Gedanke war, die Ausgaben über den Rahmen des Budgets von 1885 nicht hinauswachsen zu lassen und zu sorgen, daß die Bilanz­fig­ur<t ungünstiger gestalte und insbesondere das Gleich­­gewicht zwischen ordentlichen Ausgaben und Einnahmen erhalten bleibe. Dies wurde erzielt. Außer dem Budget werden in diesem Winter zur Vorlage kommen : Gesetent­­würfe, betreffend das Strafverfahren, das Veterinärwesen, die Feldpolizei und die Einführung fünfjähriger Legislaturperioden. Oesterreich. Wien. Die „Wiener Zeitung“ ver­­öffentlicht das Gesetz betreffend die neuen Konzessions-Be­­dingungen der Nordbahn. Rußland. Petersburg. In der Reihabank werden 20 Millionen außer Cur53 gefegter Papierrubel vermißt. Nach einer Petersburger Meldung wird dieser Tage der livländis­che Adel in Riga zu einem außerordentlichen Landtage zusammentreten, um über die Schritte zu be­­rathen, welche geeignet wären, die alten Landesrechte zu wahren. Bezeichnend für die Lage ist, daß in russischen Kreisen der Wunst rege wird, daß in Zukunft die Mög­­lichkeit des Befigerwerbes von Land durch Deutsche in­ den Ostseeprovinzen beschränkt werden möge. Der Kopenhagener Aufenthalt des Kaiserpaares wird sich bis gegen Mitte October erstreden. In Gats<ina ist die Vollendung der Vorbereitungen für den Herbstaufenthalt auf den russischen 1. October angeordnet. Z­­eimal wöchentlich bringt ein Feldjäger nach Kopenhagen dem Czar Papiere und holt sie wieder­ ab. 63 wird jedoch dem Kaiser nur ganz Wichtiges zugesendet, die Erledigung der anderen Regie­­rung3» Angelegenheiten erfolgt entweder vor­ den Groß­­fürsten Wladimir oder bleibt aufgeschoben. In Gatschgina bleibt der Hof bis Neujahr. Großbritannien. London. Die Königin er­­nannte den Prinzen Eduard von Sachsen-Weimar zum Befehlshaber der englischen Truppen in Irland. Chamberlain theilte in einem Meeting der Liberalen in Warrington das Programm der Radika­­len mit, dessen Hauptpunkte die Reform der Gefege über Grund und Boden, und die Jagd, sowie die Unentgeltlich­­keit des Interrichts umfassen. Chamberlain hofft, die Whigd zu überzeugen, daß die Forderungen der Radikalen vernünftige und billige sind, andernfalls müßten die Ra­­­­dikalen von einem Zusammengehen mit den Whigss ab­­sehen und allein kämpfen. Die Forderungen sind für ein unabhängiges Parlament unmöglich. Parnell's Spanien. Madrid. Das Ministerium, die Journale und die ganze Nation sind einmüthig darin, daß eine Frage, welche die Ehre Spaniens berührt, einem Schhiedegerichte nicht unterbreitet werden dürfe. In Madrid sieht man mit Ungeduld Nach­richten Velasco's entgegen, welcher am 25. August mit dem Auftrage abgegangen ist, sich wieder in den Besit von Yap­­ zu segen. Bei einer antideutschen Kundgebung in Valencia hat eine Gruppe von Individuen das Wappen vom deutschen Consulate herabgerissen und die Flaggenstange zerbrochen. Eine antideutsche Kundgebung fand auch in Saragossa statt. Bei der Puerta del Sol kamen leichte Unruhen vor, welche von der Polizei unterdrückt wurden.­­ Der König unternahm ohne jedwede Begleitung eine Spazierfahrt in Madrid und in Buen­ Retiro und wurde allenthalben ehrerbietigst begrüßt. Italien. Rom. Alle Nachrichten über mehr oder weniger nahe bevorstehende italienische Expeditionen mit der Bestimmung nach Tripolis, Marokko, Sudan oder nach der Küste von Guinea sind ohne die geringste Be­­gründung. Egypten.­ Kairo. In Kassala steht Alles gut. Die Besatzung schloß am 15. August einen Waffen­­stillstand mit den Hadendauas, nachdem diese mit anderen Stämmen in Kämpfe gerathen waren. Die abyssinische Vorhut ist abmarschirt, um Kapala zu entfegen. 10.000 Mann brechen etwa am 11. September auf. Weitere Afghanistan. Kabul. England hat den legten raffischen Vorschlag endgültig­ angenom­­m­e­n. Demgemäß erhalten die Afghanen den fünf Kilometer breiten Raum zwischen den beiden­ Engpässen, während den Russen der Ausgangspunkt­­­ des östlichen Engpasses mit sämmtlichen Verbindungswegen verbleibt. Sobald das Pigioiin fertiggestellt ist, wird­ Lessar nach Central-Asien­ommen. Wenige Wochen trennen uns noch von dem feierlichen Schlusse der Landesanzstelung, dieser An­stellung, an welche Tausende von gewerblichen Producenten so große Hoffnungen geknüpft. Wir, die wir einen oft verhöhnten Faible für Alles haben, was ungarisches Wissen, ungarischer Fleiß und die Senne ara alder TERROR SERIE SER Die Nußzauwendung. patriotische Begeisterung unseres Volkes zu Tage gefördert, wir haben dieser großen Schaustellung ungarischer Arbeit, dieser öffentlichen Prüfung unserer nat­onalen Produktion die größte Sympathie entgegengebracht. Wir haben nicht nur geschwärmt für das große Werk, wir haben mit unserer ganzen Kraft mitgewirkt und beigetragen zu dem Gelingen des nationalen Unternehmens. Hauptstadt und Provinz haben Hand in Hand zu­­sammengewirkt, damit die Ausstellung gelinge und wir Männer aus der Provinz sind so vurchdrungen von der Liebe zur Sache, von der Begeisterung für die Idee, daß es und nicht einmal im Traume einfällt, den bekannten Vers zu recitiren ? „bios ego versiculos feci, tulit alter honores.“ Die Ausstellung ist gelungen. Der Kopf werdet, oder die Köpfe, wel<e das Ganze so sein ausgedacht und der Idee so vollkommene Form und Gestalt verliehen haben. Alle können mit dem Erfolge, dem moralischen und dem materiellen zufrieden sein. Was k­ommt es jetzt Angesic­hts des großen Erfolges, zu untersuchen, wie viel von der auf das Werk verwen­­deten Begeisterung der lauteren. Quelle des Patriotismus, wie viel­e anderen, weniger reinen Motiven entsprungen ? Die Gesammtheit, die Nation hat für das Werk ihrer Söhne so viel Lob, so viel Anerkennung gefunden, daß sie sich damit zufrieden geben kann. Ungarn hat vor dem Auslande bewiesen,­­ daß es lebens- und leistungsfähig ist, es hat ahnen lassen, welche Thätigkeit, welche Leistungen es aufweisen könnte, wenn es in der Lage wäre, in den großen Fragen der Volks­­wirthschaft nur auf seine eigenen Interessen sehen zu können, wenn es Herr im eigenen Hause wäre. Das Ausland ist zu der Erkenntniß dessen gekom­­men, daß unser Vaterland ein wirthschaftlicher Faktor ist, mit welchem man rechnen muß. Es sind dies vorläufig wohl nur moralische Erfolge, aber diese werden ohne Zweifel im Laufe der Zeit große materielle Resultate im Gefolge haben. Was die Individuen anbelangt, so werden diejenigen, welche von der Ausstellung spontane materielle Erfolge erwartet, sich enttäuscht sehen. Wunder kann selbst eine RE Die heutige Nummer umfaßt 6 Seiten. 3 Senilleten. Ein Duell mit Gott. Roman von Maurus Jókai. (1. Fortlegung) Set beginnt die Lichtlose Masse sich langsam zur Erde niederzulassen, weil enschlagend wie schwarze Lava, wie ein Rauchknäuel, der Leben beficht. Und während sie sich herniedersenkt, läßt sie ein derart betäubendes Sum­­men vernehmen, wie wenn millionenmal Millionen Klappern in Thätigkeit wären. Eine Heuschredenshaar steigt nieder. Denn die ägyptischen Plagen kommen nicht allein. Auch die Heuschre>en blieben nicht aus. Jenes bepanzerte, fagenhafte Insekt, auf dessen Flügelhäuten mit jüdischen oder c aldäischen Buchstaben (wer es besser versteht, möge sich melden) geschrieben steht : „I< ward aus­gesandt und bin gekommen ; aus verfluchter Erde bin ich erstanden.“ In wenigen Minuten ist keine Sonne mehr am Himmel, kein Licht mehr auf der Erde, undurchdringliche Finsterniß ist entstanden, ein Wolkenbruch schwarzer, zoll­­großer, fliegender Insekten strömt in­­ unabsehbaren Massen auf den Freiboden nieder, ein märchenhaftes Un­­geheuer, dessen Atome einzeln leben und angreifen. Die auf der Ebene überfallenen Reiter scheuchen mit Hüten und Deden den auf sie niedersausenden Teufelsschwall von sich . = vergebliches Bemühen! — Er strömt nur noch dichter. Die Insekten klammern sich in die Haare der Reiter, in die Mähnen ihrer Pferde, die si­che rasend geberden und ihre Reiter fast aus dem Sattel schleudern, die Heusc­hreien strömen immer dichter und stürzen bereits in ganzen Klumpen auf die Köpfe der Menschen. Die Pferde wiehern, die Reiter fluchen und in dem betäuben­­den­ Meeresgebrause ist weder Pferdegewieher, noch mensc­­­lies Fluchen vernehmbar. Die Hengste stürzen instinktiv weiter in der pechschwarzen Finsternis, die Reiter schoßen nur mehr ihre Augen und stürzen in tiefe Gräben, werden zwischen dorniges Gesträuch geschleudert, oder­ wälzen sich in stinkenden Schlamm, bis sie endlich nach einem harten stundenlangen Kampfe aus der Schaar der zur Erde nie­­dergestiegenen Heuschrenen gelangen und endlich wieder den dämmernden Himmel erbliden. Kaum verm­ögen sie einander zu finden. Dieser furcht­­bare Kampf mit den geflügelten Würmern der Hölle hat sie in alle Gegenden der Windrose zerstreut. Zerstoc­hen und zerkrapt vom edelhaften Geb­iet, triefend von schmäßi­­gem Sumpfwasser, unfähig auch nur einen Schlag dem Feinde zurückzugeben, der sie in solcher Weise schändete, besudelte und zersprengte, treffen sie wieder zusammen. Die Wuth über die erlittene Schmach hat sie dürstigen Räubern gemacht und wehe demjenigen, zu­ blut­­bei dessen Hause sie den Schweiß dieser Wuth von ihrer Stirne trocnen. * * Das einsame Waldhaus war gegen die Landstraße gekehrt, die ebenfalls von Unkraut überwuchert war. Die in Gitterform aus Ziegeln errichtete Umzäunung nahte bereits sehr ihrem Verfalle. Das Thor ist aus Angeln gerissen, der große, geräumige Hof öder und seinen leer, indem nichts mehr durch ein Thor zu verschließen ist. Die Vorderfronte des Hauses beginnt mit einem ge­­­­wölbten Flur, dessen Bogenwölbungen, mittelst Gisenstanzen zusammengehalten werden. Diese Stangen wurden in glück­­lichen Zeiten mit schönen gelben Maissträhnen geschmückt. Jett ist nichts hiervon zu erspähen. Auch die Hausthüre ist nicht geschlossen, die Klinke greift gar nicht und man kann ungehindert aus dem Hausflur in das Gemach des Hausherrn gelangen. Auch hier ist n­áta zu sehen ; alte Schränke ohne Riegel und Schlösser, invalide Stühle, denen bald ein Fuß, bald die Lehne fehlt und ein Gichentisc­h. Dies ist die ganze Einrichtung. Die Dämmerung s<immert nur zum Fenster herein, als­ die wilden Besucher zur Thüre hereinstampfen. Voran der alte Räuber mit dem Schopfhaar und dem zerlumpten Sammetrod, hinter ihm der lange, glattgeschorene Wallone, der so große Zähne hat, daß er seinen Mund nicht zu schließen vermag ; — hierauf die Uebrigen. Der Hausherr ficht an dem Gichentisch und­ hält ein Messer mit Hirschhorngriff­ in der Hand. Vor ihm sein farges Mahl, bestehend aus einem zur Neige gehenden schwarzen Brodlaib und schwarzem Rettig in einer Holz­­assel. Li „Gelobt sei Jesus Christus !“ beginnt der Alte und nimmt mit spöttischer Demuth die Müße vom Kopfe. „Lobe ihn, wen es Spaß macht“, erwidert der Hausherr gleichmüthig, ohne aufzustehen. Er ist ein schöner, stattlicher Mann mit den Formen eines Helden ; in seinem Gesichte sind Spott, Troß und Leidenschaft in wundersamer, widersprechender Mischung ausgeprägt ; seine Augenbrauen bilden einen fpigen Winkel seinen Schläfen zu, sodaß Derjenige, den er fest in­s Auge faßt, sich wie in einer Beißzange fühlt, während seine herabgezogenen Mundwinkel Hohn und Weltverachtung verrathen. Die Farbe seines Gesichtes ist in einem Moment bleich, im nächsten wieder brennend roth, je nachdem die innerlich erstehende Flamme herausschlägt, oder sie vom Willen niedergepreßt wird. (Fortsezung folgt:) „Jungfrauentribut." In London, in­ London der frommen­ Stadt, Die eine ganz ehrsame Königin hat, Da rettet ein liebliches Quäckerjournal Die schmählich bedrängte sociale Moral. E3 schreibet wohl über den­ „Jungferntribut“ Artikel, die machen die Sitten kaput. E3 ist das Geschreibsel der höchste Skandal. Allein „es errettet die arme Moral“. Damit auch die ganze Welt es erfahr­, Wie Londons Moral uns gefährdet war, So macht aus dem Ganzen ein findiger Kopf Ein feines Broschürchen für jeglichen Tropf. Um­ einige Kreuzer, ein Pappenstiel, Erwirbt das Broschürchen ein jeder, der will, Studenten und Bafische lernen daraus Die reine Moral, es ist wirklich ein Graus ! O heiliger Ko zma, wir rufen Dich an: Du bist ja, so sagt man, ein schneidiger Mann, O werfe, bevor wir was lernen daraus, Das feine Broschürchen zum Lande hinaus ! Shocking. TER SE FRE SZÉ EE

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