Kaschauer Zeitung, April-Juni 1886 (Jahrgang 48, nr. 38-74)

1886-04-08 / nr. 41

. Nr. 41. 068 am minds BER EEE ET Er EEE SEE (57 KASSA-E Bräm­merationspreis ohne „Illustr. Unterhaltungsblatt“ ganzjährig A. 5.-- , halbjähr. fl. 2.50, vierteljähr. A. 1.25 68, . 3.3 A. 1.65 r Rajdban­ it Postversendung; „ fl. 6 „fl. 3.30. “ Bei Inserate­n wird die­se<3mal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 kr. berechnet. = Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige. Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag . und­­ Samstag. Redaktions- und Expeditions - Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 60. Bei Inseraten, welche größeren Raum einnehmen und öfter eingeschaltet werden, wird ein entsprechender Nachlaß gewährt. Neueste Nachrichten. Ungarn. Budapest. In Angelegenheit der Militär-Befreiungs-Affaire wurde am 5. der Leiter der städti­­schen Militär-Section, Eduard Tabori, vom Amte suspendirt. Oesterreich. Wien. Im Abgeordnetenhause kam der enorme Steuerbund zur Sprache und trug dem der Finanz­­minister keine Abnahme der Steuerkraft konstatirt, mußte er doch selbst zugeben, daß einzelne Industrieunternehmungen unter der Steuerhürde zu Grunde gingen. Zara. Der Statthalter von Dalmatien, Freiherr v. Cornaro, ist am 6. 0. gestorben. Rußland. Petersburg. Die kaiserliche Fa­­milie ist am 6. d. Deutschland­ in Livadia eingetroffen. Berlin. Bezüglich der Verhand­­lungen zwischen dem Vatican und dem Reichskanzler wird von verschiedenen Seiten bestätigt, daß wegen der bedrohli­­chen Punkte in der­ auswärtigen Politik Fürst Bismarc weitgehenden Concessionen bereit sei zu und daß die Verhandlungen zwischen hier und dem Vatican fort­­geseßt werden. Frankreich. Par­i­s. Rochefort protestirte auf einen Meeting gegen das Vorgehen der Regierung gegen die Stin­­kenden in der­ Provinz. Decazevile. Die Redakteure des „Intrafigeant“, Ducquercq und Roche, wurden wegen Aufreizung zum Strike und Provozirung von Unruhen verhaftet. Italien Rom. König Humbert stimmt der Auf­­lösung der Kammer und partiellen Aenderungen des Cabi­­eto vor den Neuwahlen zu. Türkei. Konstantinopel. Das am 6. d. von den Vertretern der europäischen Mächte signirte Kon­ferenz-Proto­koll beschränkt sich darauf, die Be­stimmungen des von der Pforte im Einvernehmen mit den Mächten modifizirten Arrangements zu wiederholen mit der Erklärung, daß dasselbe die Grundlage für die künftige Ord­­nung der Dinge in Ostrumelien zu bilden habe. Artikel XVII des Berliner Vertrages, wonach die Er­­nennung des General-Gouverneurs nur für einen Zeitraum von fünf Jahren erfolgt und an die Zustimmung der Mächte gebunden ist, wird aus­brüchlich aufrecht ge­­halten. Dem Protokolle gemäß soll dieses Arrangement sofort in Kraft treten. Serbien. Belgrad. König Milan unterschrieb am 4. b. 7 Uhr Abends ,den Uka3, betreffend die Bildung des neuen Kabinett. Ernannt wurden, wie wir in feßter Nummer bereits meldeten: Garajhanin zum Minister-­räsidenten und Minister des Innern; General Horva­­tovics­ zum Kriegsminister ; Staatsrat; Mijatovics zum Finanzminister ; derselbe übernahm gleichzeitig provisorisch die Leitung des volkswirthschaftlichen Ministeriums M­az­rinfovics zum Justizminister , Oberst Franass­os­vics zum Minister des Aeußern , Oberst Trypalovics­ zum Kommunikations-Minister und Ku­jundzsics zum Kultusz und Unterricht38-Minister. Der neuernannte Minister des Aeußeren, Oberst Franassovics, erließ bei seinem Amtsantritte ein Rundschreiben an die Vertreter Serbiens im Auslande und an die Vertreter der Mächte in Belgrad, worin er die Pflege der freundschaftlichen Beziehun­­gen zu allen Mächten hervorhebt. Griechenland. Athen. Der Kriegsminister in­­spirirte die Befestigungen in Arta, hielt kriegerische Anspra­­cen an die Offiziere und erklärte, die Truppen würden nicht eher zurückkehren, als bis der Landesehre auf dem Schlacht­­felde Genugthuung geworden. Nordamerika. New­ York. Die Stinkenden griffen am 3. vor Worth die Beamten an, welche die Abfahrt eines Güterzuges zu bewerkstelligen suchten. Sieben Personen wurden getödtet und Viele verwundet. Hunderte bewaffneter Bürger patrouilliren in den Straßen. Die Verkaufsläden sind geschlossen. Am 6. d. herrschte unter den Stinkenden von Fort­ Worth bereits Ruhe. Der Gouverneur von Texas ist mit sieben Kompagnien Miliz und mit einer Batterie Artillerie dort eingetroffen. Südamerika. Uruguay. Nach Meldungen aus Montevideo sollen die Insurgenten den Regie­­rungstruppen bei Daiman eine Niederlage beigebracht haben. Der Verlust der letzteren soll 400 Mann betragen. ET SER WEDER BIETET "a­BER DEEP BRS­DETE 48 Lokal-Nachrichten. — General-Versammlung. Die Mitglieder des städtischen Municipal-Ausschusses sind für nächsten Freitag, den 9. 1. Mts. 4­­, Uhr Nachmittags zu einer General-Ver­­sammlung eingeladen. Das Programm derselben ist folgends festgesegt : 1. Die Inpachtgabe des F­o­r­r­oe­r Güter-Com­­plexes. 2. Schlußrechnung des Straßenfondes pro 1885. 3. Genehmigung des Budgets für Straßenbau pro 1886. 4.. Pensionirung der Witwe des Elementar-Schullehrers weil. Stephan S­tich. 5. Pensionirung des Waisen-Cassa-Con­­trollers Michael Kole war. 6. Bericht über die Cassen- Scontris. 7. Bericht des Bürgermeisters über das Jahr 1885. — Der wohlthätige Frauenverein hält am 15. April 3 Uhr Nachm. im großen Rathhauser Saale des seine Jahresversamm­lung ab, zu welcher dessen Mitglieder eingeladen werden. — Nachtrag. Aus unserem neulichen Berichte über die Sitzung des Ausschusses des Karpathen-Vereins ist der Name eines Mitgliedes, das ebenfalls in das Arangirungs- Comits für Kaschau mitgewählt wurde, ausgeblieben. Hiemit ergänzen wir den Bericht mit Erwähnung des­­sen, daß in den Ausschuß für Besorgung der aus Anlaß der Jahres-Versammlung und Excursion der Vereinsmitglieder zu veranstaltenden Feierlichkeiten auch Se. Hochwürden Dr. Siard Stöhr gewählt worden ist. D — Kaschauer und Invalidencassa. Arbeiter - Krankenaushilfs- Dieses von den hiesigen Arbeitern aller Branchen seit 1876 erhaltene und durch deren Opfer­­willigkeit und Gemeinsinn auf einen ehrenvollen Stand gebrachte Institut, dessen segensreiche Wirksamkeit sich von Jahr zu Jahr in den Arbeiterkreisen wohlthuend fühlbar macht, feierte, wie bekannt, heuer das 10-jährige Bestehen desselben und veröffentlicht nun den Bericht über diese verflossene Periode, aus welchem zu ersehen ist, wie schnell dieser Verein sich lebenskräftig gestaltete und feste Wurzel faßte auf fruchtbarem Grunde. Laut der vorliegenden Bilanz betrugen die Einnah­­men während der 10 Jahre 37.298 fl. 25 kr. Die Ausgaben 33.888 fl. 19 kr., im lezten Jahre 1885 die Einnahmen 5822 fl. 73 fl., die Ausgaben 5006 fl. 40 kr. und hat der Verein einen Fond von 3410 fl. 6 kr. Diese Ziffern zeigen, daß an die Vereinskassa große Ansprüche gemacht werden, wie es auch der vom Vereinsärzte Herrn Dr. F­öl­d­i beigelegte Krankenausweis erklärt, nach welchem im Verein, welcher gegenwärtig 408 männl. und 333 weibliche Mitglieder zählt (wo­bei dessen Creib­ung 804 Männer und 516 Frauen waren), in den 10 Jahren 1813 Erkrankungsfälle (821 Männl. 992 Weibl.), 172 Geburts- und 90 Todesfälle vorkamen. An Krankheitsaus­­hilfen zahlte die Cassa in der gedachten Periode 17.137 fl. 64 fl., Geburtsaushilfen 537 fl., Begräbnißkosten 2595 fl., an Medikamente 5712 fl. 10 kr., Spital­rec­hnungen 466 fl. 79 tl. ; im Vorjahre 1885 allein wurden kranke Männer mit 1338 fl. 56 kr., Frauen mit 1084 fl. 66 kr. unterstüßt, an Geburtsaushilfen 85 fl. 50 kr. und an Leichenkosten 405 fl. ausgezahlt. Unter den Gönnern dieses Vereins finden wir leider die Stadt Kasc­hau als solche nicht vertreten, obwohl der Herr Bürgermeister demselben große Theilnahme zuwendet. Für die großen Opfer aber, welche die hiesige Arbeiter­­communität bringt, um so große Lasten selbst zu tragen, die ansonsten jedenfalls die Stadt zu tragen hätte, müßte sie alle die Vereinskranken in spitals- und stadtärztliche Behandlung nehmen, verdiente er wohl dieser wohlthätigste Verein der Stadt, daß ihm diese ihre Gunst wenigstens weit zuwenden möge, indem er ihm ein Heim anweisen könnte so in irgend­welchem städtischen Gebäude ; so würde sie an dem Aufblühen desselben in ehrender Weise partizipiren.­­­­ Des Vaters Schuld. Original-Novelle von IE. Dobson. (39.5 Fortsetzung.) Fräulein Eichsfeld­ ertönte das dreifache Echo dieser Meldung, und überrascht und fragend blickten sich die drei Anwesenden an. Dann sagte, sich lebhaft erhebend, Komtesse Mathilde : Ein unerwarteter, aber mir sehr lieber Besuch! -­­Ich gehe Fräulein Eichsfeld zu begrüßen — und das Eß­zimmer verlassend, begab sie sich in den Salon. Hier fand sie Evelina am Fenster sißend, das den Blick auf die sehr belebte Promenade hatte. Beim Oeffnen der Thür hatte sie sich schnell erhoben, und sich zum gegen­­seitigen Gruß die Hände reichend, standen sich die jungen Mädchen gegenüber. Welche Freude, Sie so weit hergestellt zu sehen, Fräu­­lein Eichsfeld­ rief die Gräfin, sie nach einem prüfenden Bli> zum Sofa führend, wo sie neben ihr Platz nahm. Das ist Ihr Werk, Komtesse, entgegnete Evelina, wäh­­rend dankbar und gerührt ihre ausdrucksvollen Augen leuch­­teten. Ihrer Umsicht und Sorge verdanke ich vornehmlich meine so schnelle Genesung, und um Ihnen einmal persönlich meinen Dank zu sagen, sehen Sie mich hier in Baden, wo ich erst vor einer halben Stunde angekommen bin! Sie haben mir die“ angenehmste Ueberraschung bereitet, Er Eichsfeld, und da ten Doktor Stein die Reise erlaubt » : Doktor Stein hat keine Ahnung von dieser Reise, er­­widerte Evelina, während eine leichte­ Wolke ihre weiße Stirn überzog. Auch die Frau Fürstin und Ihr Herr Bru­­der wissen nichts von meinem schnell gefaßten, und so well ausgeführten Plan, doch „werden sie­ ihn noch heute im Lauf des Tages erfahren! “ Und wie befindet sich meine Tante? Haben Sie, sie kürzlich gesehen ? fragte Komtesse Mathilde, welcher­ die plün­­liche und so zu sagen heimliche Reise ihres früheren Pfleglings zu denken gab. Die Frau Fürstin befindet sich leidlich wohl, entgeg­­­nete »Evelina, ich habe den gestrigen Tag mit ihr verlebt. Ihr Herr Bruder war durch fremde Reisende sehr in Anspruch genommen . Ja, ich weiß, unterbrach Komtesse Mathilde, durch ei­nige Freunde, die aus Asien zurückgekehrt sind. Wollten sie noch länger bleiben ? Nein, sondern ich glaube, sie febten heute ihre Reise fort. Aber, Komtesse, ich habe Sie gewiß beim Frühstück gestört, und wäre später gekommen, hätte ich nicht gefürchtet, Sie bei diesem schönen Wetter zu verfehlen ! Sie stören uns nicht mehr. Fräulein Eichsfeld, erwi­­derte die Gräfin, obgleich Doktor Blum und mein Verlobter noch im Frühstückszimmer sind. Da aber die Herren sich freuen werden, Ihre Bekanntschaft zu machen, so will ich sie hierher bitten lassen, und die Gloße ziehend, beauftragte sie den eintretenden Georg damit. Nach wenigen Minuten ward die Thür geöffnet, der Rollstuhl mit dem kranken Grafen Roden in den Saal ge­­schoben, ihm folgte eine hohe stattliche Gestalt, und im näch­­sten Moment standen sich Evelina Elmenhorst und Roderich Blum gegenüber. Evelina waren mehrere Tage gleich dem ersten bei der Fürstin Liebenau verflossen ; das Verhältnis zwischen war ein immer herzlicheres geworden, denn Lettere hatte ihnen sich zur Genüge überzeugt, daß neben allen Vorzügen des Geistes und einer sorgfältigen Erziehung, ihr Schüßling ein eben so weiches Herz wie tiefes Gemüth besaß. Graf Sternfeld war bei diesen Besuchen nur zeitweilig gegenwärtig gewesen ; es waren Freunde von ihm angekommen, welche längere Zeit auf wissenschaftlichen Reisen im Orient gewesen, ihn in Sternfeld aufgesucht hatten, von dort ihm nach W. gefolgt waren, und denen er nun sich widmen mußte, ehe sie in die Heimat weiter reisten. Wenn er aber erschie­­nen, so hatte er Evelina stets die zarteste Sorge und Auf­­merksamkeit gewidmet, und seine offenen blauen Augen hatten in einer Sprache zu ihr geredet, die sie bereits zu verstehen be­­gonnen, die Fürstin aber zur Genüge verstand. An dem lechten dieser Tage hatte Evelina wiederum die vertrauungsvo­lle Liebenswürdigkeit der Fürstin empfunden. Nach der gewohnten Spazierfahrt, welche diese zu ihrer Ge­­sundheit wie Erheiterung bedurfte, hatte sie ihr von Sternfeld und­ dem dortigen Leben erzählt, von Graf Roden und seinen Kindern und auch von Roderich Blum, zu dem sie große Zuneigung hegte, wie sie seinen Charakter und seine Kennt­­nisse sehr hoch stellte. Das Mittagsmahl hatte diese Mittheilungen unterbro­­chen nach diesem aber sie sie zur gewohnten Ruge während Evelina das anstoßende­ Zimmer aufgesucht, begeben, in wel­­chem sich der vor­ der Comtesse bewußte Flügel befand, den ne sie bewußte, nachdem sie verrathen, daß sie musika­­lisch sei. 91 Sie trat ans Fenster und blickte auf, die Straße hin­­aus, auf der in der schon beginnenden Dämmerung des kur­­zen Herbsttages, geschäftige und ungeschäftige Menschen mit mehr oder minder großer Eile sich bewegten, elegante Equi­­pagen und einfache Mieths­wagen hin- und herrollten, über den hohen alten Bäumen der Promenade langsam der Mond am Abendhimmel erschien. Eine Weile fesselte sie dies Bild, dann aber sahen ihre Augen nicht mehr ; sie sah nicht den Mond, dessen Strah­­el len auf ihr schönes bleiches Gesicht fielen, denn sinnend stand sie da und immer ernster wurden ihre Gedanken, die bald sie ganz und gar in Anspruch nahmen und endlich sagte sie, die Hände fest ineinander schlingend , enden ?“ „Wie — wie soll er werden ? — Wie wird dies Alles Sie mußte aber keine Antwort auf diese Frage­­ gefun­­den haben, denn mit steigender Erregung fuhr sie fort ! „Hätte ich doch diese Familie nie „gesehen, an die mich die größte Dankbarkeit fesselt und die ich täusche und hinter­­gehe, der ich nicht einmal meinen wahren Namen genannt! — Und wenn sie nun gar Alles erfahren — denn bald muß ich ans Werk, meine Kräfte kommen wieder und ein unvor­­hergesehenes Ereigniß könnte mir nochmals hindernd in den Weg treten — erfahren wer ich bin, was meines Vaters Schuld gewesen ? — Werden Sie sich da nicht schaudernd oder bedauernd von mir abwenden, von mir, der Tochter ei­­nes — eines — nein, nein, dies Wort ist zu schreiich, ich kann es nicht aussprechen, es will nicht über meine­­ Lippen.“ Einige Minuten vergingen, während welcher das be­­sagenswerthe Mädchen in derselben Stellung verharrte ;­ dann schwand nach und nach der verzweiflungsvolle Ausdru> aus den edlen so bleichen Zügen, um dent­ eines tiefen Schmerzes Platz zu machen, der die Thränen in ihre Augen treten ließ. (Fortsezung folgt.) 11. Kapitel. '

Next