Kirchliche Blätter, 1908. Mai -1909. April (Jahrgang 13, nr. 1-52)

1909-01-14 / nr. 37

- l j:-·"." »n- L k. L & », F« I­­ 2­7­ 08. | A Ar. 37. er 604 y die zweite Hälfte deines Lebens schmüden sollte und dir deine Kinder geschenkt hat, deinen Stolz und deines Herzens Freude, hier in deinem Heim, das du dir gründetest, mit dem freundlichen Garten, An der alten Stadtmauer, die zu dir ihre besondere Sprache redete, mit deinen Lieblings­­bäumen und Lieblingsplagen, den Erholungsstätten deiner ad­ so fargen Duße.­­ Denn ein volles Wirken hatte für dich dort an der alten Schule begonnen, wozu di ein reiches Wissen, eiserner Fleiß, hoher sittlicher E­raft und ein Hoch gespanntes Pflichtgefühl besonders befähigte : pünktlich am Plage, streng gegen Dich selbst, streng gegen andere, ein anerfannt tüchtiger Lehrer unserer Honterusschule, ein anerfannt nüßliches­­ Mitglied unserer Honterusgemeinde, in deren Vertretungen du Dich mit deiner s­charfen Geistes- und nie erlahmenden Arbeitskraft immer finden Ließert, wo es etwas Segens­­reiches zu Schaffen gab. Doch das erschöpfte deine Schaffenskraft nicht. Du tratest hinaus in den weiten Garten der Wissenschaft, wo du manch­ Liebliche Blume pflüc­est, wo du vor allem in die Tiefe grubst und manch frü­hen Zug aus lange ver­­borgenen Duellen tatest. Freilich konnte dir der Labetrunf immer erst nach langwieriger, schwieriger, mühsamer Klein­­­­arbeit zuteil werden. Dann aber mußten dir die Gestalten der Vergangenheit lebendig werden, die holde Gabe der P­hantasie zauberte sie dir vor das Geistesauge und du ichenfteft uns das farbenreiche Bild unserer Einwanderung. Dazu gehörte freilich nicht nur die Kenntnis der Sachen und „Slugkraft in goldne Ferne”, sondern auch ein tiefer Einblick in das Walten der Vorsehung, echte Frömmigkeit, d. i. Gottvertrauen und Gottesfurcht, dazu gehörte vor allem auch das warme Herz des Wolfsfreundes, die un­­auslöschliche Liebe in deinem Busen zu deinem sächslichen Wahrlie, wenn einer, so durftest du mit frohem Selbstbemwußtsein laut­e$ verfünden: Ich bin ein Sachs, ich­lag’s mit Stolz! Denn persönlich ist s­eine Freundliche Erinnerung, freilich nun’ so wehmütig, daß wir noch im vergangenen Sommer als Neise- und Stubengefährten die frohe Fahrt zum Großichenfer Verein unternommen haben. Wie wohl fühltest du dich im erweiterten Kreise der Volksgenossen, wie be­­haglich Ließest du dich von den Wogen der TFeffesfreude emportragen und in lebhafter Wechselrede dein reiches Gemüt ausströmen, welche Freude hattest du an allem Feinen, Steinen dort in Alt-Schäßburg und im Schoffe zu Strei­ch, das du dir am Liebsten zu dauerndem Aufenthalt erwählt hättest. „So sag’st du­s Vergangnes vorüber­­schweben, — es war ein glücliches, glückliches Leben.“ Dein letter Sonnenblitf Denn nun rief dich der Herr zum dritten Wale­ zum Sterben. Zwei Monate sind’s, daß dich die Krankheit ergriff, unscheinbar und Leise, bald aber gefahrdrohender, dir selbst in ihrer Gefährlichkeit vielleicht offenbarer als deiner Umgebung, so daß es dein Herz erbeben machte, wir aber immer flarer erkennend, warum du bis dahin denn gar so rüstig geschafft, da dir des Dichters Wort in der Seele lebte: „Noch ist er Tag, da rühre sich der Mann, es kommt die Nacht, da niemand wirken man.“ Und als das junge Jahr die Augen aufschlug, ‚da­­ schloffest du die deinen, Doch nein, du schloffest sie nicht, als du in deinem legten Hafen Augenblic die Lampe aus deiner Nähe Hinwegh­obst: hinweg mit dem Licht, da wandtest du dich, ab von v­iesem irdischen Wesen und hobert die Augen zum ewigen Lichte empor, in das Dich der Herr un, zu früh für uns, aufgenommen hat. Denn zur selben Stunde erging auch an uns der Ruf des Meisters: er rief uns zur Klage, und wahrlich­ unerträglich wäre sie, wenn sie sich nicht auflösen dürfte in Danf, in den heißen, aufrichtigen Dank, den wir dir in das frühe Grab nachrufen, hier deine Freunde, dort die Schule,­­ unsere ganze Gemeinde! Eure Klage aber, ihr Schwer­­geprüften, lastet voll ausströmen, wir wollen sie nicht mit fairem Wort mildern, noch viel weniger fünnen­­ wir e3. Nur bitten können wir euch, eure Klage möge sein wie die Klage von Christen, die da geweint haben, aber sich dem Troste nicht verschließen, den Gott ihnen unmerklich aus Himmelshöhen sendet, als Menschen, die unseren Heiland rennen und sein freundliches Wort: Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden. Denn der Herr ruft euch ja auch­ zur Ergebung, nicht, zur stumpfen Ergebung, die sich ergibt, weil sie nicht anders kann, sondern zur bewußten,­ freiwilligen, starren Ergebung in den heiligen Willen heffen, von dem ihr das Gute so gerne angenommen: solltet ihr euch nun des Schlimmen weigern? Nein, gerade das Gedächtnis des Berewigten gebietet euch, voll Ehrfurcht euch unter den unerforschlichen Natschluß des Höchssten zu beugen, dem ihr in solch ehrfürchtiger Scheu auch noch danfen werdet, daß er euch diesen Gatten, Vater und Bruder geschenft und bi3 hieher erhalten. Herr, Gott, gnädig und barmherzig, geduldig und von großer Güte und Treue, der du uns bis zur Erde niederbeugen, aber auch wunderbar aufrichten kannft, sende deinen ewigen Trost in das Herz der Tiefgebeugten, den­ Bek­lärten aber nimm gnädig auf in deine himmlischen Hallen, uns alle lehre bewenfen, daß wir sterben müssen, auf daß wir flug und selig werden und so unser Leben führen, daß wir vor dir bestehen künnen wie unser früh­­vollendeter Freund. „Wohlauf, wohlan, zum legten Gang, Kurz ist der Weg, die Ruh ist lang! Gott führet ein, Gott führet aus, Wohlan, hinaus, sein Bleiben ist im Erdenhaus, Auf Wiedersehen im Vaterhaus!” Der Herr behüte dich, er behüte deine Seele; der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an in Emwigfeit. Amen. &r% Bolf.

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