Neue Zeitung, 1972 (16. évfolyam, 1-52. szám)

1972-01-28 / 4. szám

NEUE ZEITUNG Wochenblatt des Demokratischen Verbandes der Deutschen in Dngarn XVI. JAHRGANG, NUMMER 4 Preis 80 Fillér BUDAPEST, 28. JANUAR 1972 Es ist Faschingszeit! Das ist ein alle Jahre wiederkehrendes Ereignis, ge­nauso wie die Schwabenbälle, die in diesen Zeitabschnitt fallen! In dieser Nummer unserer Zeitung berichten wir bereits über den ersten Landesschiüdbenball. Die Betonung liegt hier auf dem Wörtchen ..ersten”, da der Verband der Deutschen Werktätigen in Ungarn auch dieses Jahr noch einen zweiten Landesschwabenball in Budapest veranstaltet. Als zen­tral organisierte Veranstaltungen sind auch die beiden Schwabenbälle in Pécs zu betrachten. Doch damit ist die Reihe der Schwabenbälle in Ungarn bei weitem noch nicht erschöpft, denn in den meisten Städten und Gemein­den des Landes, in denen auch eine bedeutendere Anzahl Deutsche wohnen, werden lokale Schwabenbälle veranstaltet. Das sind sozusagen allgemein be­kannte Tatsachen. Warum muss dann darüber — so könnte man die Frage stellen — ausser in den Ballberichten noch gesondert gesprochen iverden? Nicht zufällig bat ich in den Spalten unserer Zeitung zu diesem Thema ums Wort. Grund dafür ist, dass diese Schwabenbälle für uns nicht nur ein­fache Faschingsvergnügungen darstellen, sondern bedeutend mehr! Derje­nige, der auch nur einmal an einem Schwabenball teilgenommen hat, gleich, ob in Budapest oder in der Provinz, der wird sich mit unserer Feststellung einverstanden erklären. Untersuchen wir also näher, was diese Schwabenbälle — abgesehen von der vergnüglichen Karnevalsunterhaltung mit Musik und Tanz — eigentlich bedeuten. Die Behauptung ist nicht übertrieben, wenn wir sagen, dass die Schwaben­bälle ernsthafte kulturpolitische Faktoren darstellen. Ihre Programme sind organischer Teil der Traditionspflege. Die alten Tänze, Lieder und Volks­bräuche erstehen auf den Schwabenbällen auf der Bühne zum neuen Volks­leben. Aus Anlass dieser Bälle werden auch jene alten Volkstrachten hervor­geholt, die das ganze Jahr über in Truhen und Schränken sorgfältig aufbe­wahrt werden. Zünftige Blasmusik erklingt, — der Schwabenball beweist auch, dass die Werte der Volkskultur der Ahnen auch im Leben der Men­schen des Zeitalters der wissenschaftlich-technischen Revolution ihren Platz haben. Diese Bälle haben jedoch noch eine andere Bedeutung. Sie tragen zur Verbrüderung der Nationalitäten in unserer den Sozialismus aufbauenden Gesellschaft bei. Dort, wo in einer Stadt, einer Gemeinde, Ungarn, Deutsche, Südslawen und Slowaken zusammen leben und arbeiten — nehmen sie auch gemeinsam,, ohne Hinblick auf die Nationalität, am Schwabenball teil. Na­türlich ist in erster Linie der in gemeinsamer Arbeit verbrachte Alltag die Schmiede der Freundschaft zwischen den ungarischen und den Nationalitä­­ten-Einwohnern, bzw: zwischen den einzelnen Nationalitäten. Doch ein sol­cher gemeinsam verbrachter Abend — besuchen ja auch die Deutschen un­garische, slowakische oder südslawische Bälle — fördert den brüderlichen Zusammenhalt, der bei uns charakteristisch ist für die — zwar verschiedene Muttersprache sprechenden — aber für ein gemeinsames Ziel arbeitenden Menschen. Und wenn wir die Argumentation der Wahrheit jener Behauptung, dass die Schwabenbälle mehr als nur Faschingsvergnügungen sind, weiter fortset­zen, müssen wir auch die Aufmerksamkeit auf jene Tatsache lenken, dass diese Bälle das Zusammengehörigkeitsgefühl unserer deutschen Landsleute stärken. Dazu nur ein Beispiel: Der erste Landesschwabenball wurde in diesem Jahr am 22. Januar ab­gehalten. Der gewaltige Saal und die Aula der Karl—Marx—Universität für Wirtschaftswissenschaften geben Platz für 3000 Ballgäste. Noch grössere bzw. geräumigere Ballsäle gibt es weder in Budapest noch in der Provinz. Die Eintrittskarten zu diesem ersten Landesschwabenball waren jedoch be­reits Milte Dezember vergriffen. Der überwiegende Teil der Ballgäste sind natürlich Schwaben. Die in einer Stadt, einem Bezirk, einem Komitat, ja, in den verschiedensten Teilen des Landes lebenden und arbeitenden Deut­schen treffen sich hier am weissgedeckten Tisch, auf dem Tanzparkett. Sie ergötzen sich an ihrer Musik, tanzen ihre Tänze. Kann man denn daran zweifeln, dass diese Ballnacht das muttersprachliche Zusammengehörig­keitsgefühl, die Liebe zu ihrer Kultur vertieft? Diese Bälle vertiefen jedoch auch — und das ist mindestens ebenso wich­tig — ihr Zugehörigkeitsgefühl zu ihrer sozialistischen ungarischen Heimat. Denn nur in einem freien Land können sich dessen gleichrangige, freie Staatsbürger sorglos dem Vergnügen hingeben. Nur im Bewusstsein der gut beendeten Arbeit, der stabilen Zukunft, kann man nimmermüde das Tanz­bein schwingen, immer neue Lieder anstimmen, sich die ganze Nacht hin­durch prachtvoll unterhalten. Denn das kennzeichnet die Schwabenbälle. Und zwar nicht nur den ersten Landesschwabenball in Budapest, sondern auch den zweiten am 12. Februar und all die übrigen Bäille in allen Teilen des Landes, wo Schwaben wohnen. Und noch etwas! Die sorglose gute Laune, dass das Morgengrauen begrüssende fröhliche Lied bedeuten auch, dass unsere deutschsprachigen Einwohner die sozialis­tische Nationalitätenpolitik für richtig halten und auch beanspruchen, eine Nationalitätenpolitik, die ihnen all jene Rechte zusichert, die jedem ungari­schen Staatsbürger zustehen — sei dessen Muttersprache nun ungarisch, deutsch, slowakisch, südslawisch oder rumänisch. György Gräber Grosser Ball der Lebensfreude Da tanzt er — am Schreibtisch fesi­­gebunden — etwas einsam hin und her: ein grosser roter Luftballon. Noch vor kurzem gehörte er mit seinen bunten Brüdern zu einem riesigen Strauss, der sich im Takt über den Köpfen der aus­gelassen das Tanzbein Schwingenden wiegte. Erster Landesschwabenball 1972 in den Räumen der Karl-Marx-Univer­­sität für Wirtschaftwissenschaften! Mittlerweile ist nun dieser, mein Luft­ballon, das einzige fassbare Erinne­rungsstück an das diesjährige grosse Fa­schingsvergnügen, denn der leicht ver­katerte Kopf und die durchtanzten Schuhe sind — wie sich das gehört — wieder kuriert. Und — wie ich hoffe — hat sich das gleiche Problem inzwischen auch für sämtlich 3000 Ballgäste gelöst, die auch in diesem Jahr wieder Einzug in die sonst der Wissenschaft geweihten Räume der Universität hielten. Auf seinem dicken Bäuchlein trägt mein Luftballon die Worte „Schwiaga­­muatta fetz gehts guat!” — und wie oft in jener Nacht die Weise von der Schwiagamuatta, die den Huat hält, vol­ler überquellender Lebensfreude gesun­gen und gespielt oder gesummt wurde, vermochte ich nicht zu zählen! Lebensfreude war überhaupt das un­sichtbare Motto, das über diesem Schwabenball schwebte. Schon lange vor 19 Uhr, dem traditionellen Start der Veranstaltung, hatte sie mit jedem Gast bereits an der Garderobe Einzug gehal­ten. Da gab es kein Drängeln und Sto­­ssen, denn während sich Muttern aus dem Pelz schälte, begrüsste Vater freu­dig erregt den Vetter, den er seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen; und dieweilen Sohnemann geduldig nach ei­ner Garderobenmarke Ausschau hielt, schwatzte Töchterchen schon wohlge­mut mit den Mitgliedern der Kultur­gruppe vom Nachbarort. Das ganze Land schien vertreten zu sein — und die, die sich noch nicht kannten, lern­ten sich in den folgenden 12 Stunden kennen. Und was da schliesslich später das Tanzbein schwang, schien — ob Schwabe oder Ungar, ob Südslawe oder Gast aus der DDR, ob Direktor ei­nes Gymnasiums oder LPG-Vorsitzen­der, einer einzigen grossen Familie zu­gehörig zu sein! Doch bevor der Ball sein Recht er­hielt, mussten erst einmal die Räume begutachtet werden — und dann galt es, sich eine gute Ausgangsposition für die kulturellen Darbietungen zu sichern. Und so schlenderten denn die zeitiger Gekommenen erst einmal durch die Ballsäle — die später Gekommenen ta­­tens eben später! Was die Veranstalter in punkto Ausschmückung der Räume geleistet hatten, war wirklich beachtens­wert! Ein Mitarbeiter des Verbandes verriet mir später, dass er in der vor­angegangenen Nacht bis drei Uhr mor­gens mit seinen Kollegen damit zuge­bracht hatte — in der Ballnacht war ob der Freude des gelungenen Arran­gements jedoch schon alle Mühe ver­gessen! Bunte Girlanden und Papier­schlangen wirbelten durch die Luft, an den Säulen hingen kleine handbemalte Spruchtafeln — auch hier dominierte übrigens wieder die beliebte Schwiaga­muatta (sie scheint bei den Schwaben wirklich zur Familie zu gehören!!), überall waren Stände aufgebaut, die bunte Hütchen und allerlei Krimskrams feilboten, dort gab es Essbares zu kau­fen und hier Trinkbares, und grosse Schilder wiesen in die einzelnen Räume und informierten gleich, welche Kapel­le dort aufspielt. Drei waren es, die für Stimmung sorgten: im grossen Saal die der Bergmänner aus Csolnok unter Ka­pellmeister Johann Födi, im kleineren Raum oben die Jugendkapelle des Blas­orchesters „Blaue Donau” aus Soroksár unter der Stabführung von Franz Ull­­mann und im Keller, sonst auch Stu­dentenmensa genannt, die Schrammel­kapelle aus Tarján unter der Lei­tung von Georg Stréhli. Doch bevor all diese unermüdlichen Musiker mit ihrer lOstündigen Schwerstarbeit begannen — schon jetzt sei ihnen, die mit schweissverklebten Hemden immer wieder und wieder ins Horn stiessen, auch von unserer Redaktion und sicher im Namen aller Anwesenden ein ganz herzliches „Dankeschön” zugerufen! — bevor sie also zum Tanze aufspielten, musste ja — laut festlichem Brauch — der Landesschwabenball eröffnet wer­den! Das geschah denn auch kurz nach 19 Uhr im vollgestopften grossen Saal, in dem nicht einmal eine Stecknadel hätte herunterfallen können. Auf der Bühne nahmen die Trachtenpaare Auf­stellung und erhabenes Festgefühl er­griff den Saal, als die Klänge der unga­rischen Nationalhymne gegen die Ma­­morsäulen der Aula brandeten. stellvertretender Minister für Bildungs­wesen, Dr. Herbert Plaschke, ausseror­dentlicher und bevollmächtigter Bot­schafter der Deutschen Demokratischen Republik in Ungarn, Botschaftsrat Sieg­fried Balon von der Botschaft der Deutschen Demokratischen Republik, Claus Plobner, Direktor des Kultur- und Informatioinszentrum der Deutschen Demokratischen Republik in Ungarn, Dr. Kurt Petermann, Leiter des Staatli-, chen Tanzarchivs der DDR aus Leipzig, József Barati, Sekretär des Landesrates der Patriotischen Volksfront, Ferenc Rátkai, Mitarbeiter der Abteilung Wis­senschaft und Kultur beim Zentralko­mitee der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei, Milan Ognyenovics, Ge­neralsekretär des Demokratischen Ver­bandes der Südslawen in Ungarn, Jan Such, Generalsekretär des Demokrati­schen Verbandes der Slowaken in Un­garn, Dr. László Perczel, Oberabtei­lungsleiter im Aussenministerium, Dr. Sándor Nagy, Oberabteilungsleiter im Ministerium für Bildungswesen, Tibor Fekete, Mitarbeiter der Nationalitäten­abteilung des Ministeriums für Bil­dungswesen, László S. Hegedüs, Parla­mentsabgeordneter, Sekretär des Volks­frontausschusses im Komitat Pest, Fe­renc Császár, erster Sekretär des Be­zirksausschusses Szentendre der Unga­rischen Sozialistischen Arbeiterpartei, Milutin Sztevanovity, Chefredakteur der südslawischen Zeitung Narodne Nowi­­ne, Ferenc Krizsán, Chefredakteur des Wochenblattes der Slowaken in Ungarn Ludowe Noviny, und György Gráber, Chefredakteur der Neuen Zeitung. Nach den Begrüssungsworten wies der Generalsekretär darauf hin, dass der gro­sse Zuspruch, dessen sich der Schwa­benball erfreut — der Verband hätte gut und gerne Karten auch für einen dritten Schwabenball verkaufen können — beweist, „dass dieses1 grosse Fest der Freundschaft, der Zusammengehörigkeit und des Frohsinns zum festen Bestand des Faschingsprogrammes des ganzen Landes und der Hauptstadt gehört. Der grosse Andrang zeigt, dass dieser Ball zum fixen Treffpunkt unserer Schwa­ben geworden ist, dass sich hier jeder wohl fühlt un gut unterhält.” „Zu diesem Fest der »angewandten Folklore-», der zum Symbol gewordenen Pflege der Volksbräuche, meldeten sich zahlreiche Trachtenpaare, die ich eben­falls herzlich begrüsse und denen ich ganz besonders für ihr liebes Erschei­nen in Volkstracht danke” sagte der Redner. Dr. Wild betonte auch, dass nicht nur aus allen Teilen unseres Landes Besu­cher zum Schwabenball gekommen sind, „wir dürfen auch liebe Teilnehmer aus mehreren anderen Ländern begrüssen, die mithelfen, den völkerverbindenden Charakter unseres traditionellen Ball­festes zu prägen.” Der Generalsekretär wies anschlie­ssend auf einige Höhepunkte des Kul­turprogrammes hin, stellte die einzel­nen mitwirkenden Ensembles und die Blaskapellen vor, die „dafür sorgen, dass die gute Stimmung bis morgens um 6 Uhr nicht abreisst”. Dr. Wild beendete seine Ansprache mit den Worten: „Seid lustig und vergnügt, lauscht den Klängen der Musik und tanzt nach Her­zenslust! Mit einem frohen Willkom­men eröffne ich hiermit den Ersten Landesschwabenball 1972 und überlasse die Bühne unseren Volkstrachtenpaaren und jungen Volkskünstlern. Ihnen aber, unseren sehr verehrten und lieben Gä­sten, wünsche ich auch im Namen un­seres Landesausschusses gute Unterhal­tung und viel Vergnügen!” Aus dem ganzen Land „Trachtenparade” — lautet das Zau­berwort aller Schwabenbälle. 24 Paare hatten diesmal auf der Bühne Aufstel­lung genommen — angereist aus allen Teilen unseres Landes. Ein buntes Bild, was sich da dem Auge bot: junge Mäd­chen — manche noch etwas verlegen, so den Blicken aller ausgesetzt zu sein (Fortsetzung auf Seite 2) Dr. Wild eröffnet den ersten Landesschwabenball 1972. Eröffnungsrede des Generalsekretärs Alsdann trat Dr. Friedrich Wild, der Generalsekretär des Demokratischen Verbandes der Deutschen in Ungarn, vor das Mikrofon, um mit einer kurzen Festansprache den ersten Landesschwa­benball 1972 zu eröffnen. Einleitend begrüsste er im Namen des Deutschen Verbandes und des Landes­rates der Patriotischen Volksfront herz­lich die Gäste des Balles, unter ihnen die Ehrengäste; József Garamvölgyi,

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