Oedenburger Zeitung, 1877. Oktober (Jahrgang 10, nr. 119-131)

1877-10-03 / nr. 119

Unsere Alliirten. „Unsere Alliierten”. heißt ein so ziemlich allgemein bekanntes föstliches Lustspiel. aus dem Französischen, worin der Autor den Nachweis liefert, das häufig unsere fatalsten, ja unerbittlichsten Gegner Diejenigen seien, die ich für unsere „Intimen!“ audgeben. Das „ZU. W. E. Bl.“ beleuchtet in einem seiner jünge­sten Artikel mit seltsamen Streiflichtern die im unserer politischen Welt gegenwärtig herrschende sogenannte „Sue­timität“ der Mächte. Insbesondere jene Intimität, die EEE UN BE ER EZ EEE­­EL TERTT EE­N ET ETETETE feit zu unterbrechen und zugleich hätte dieses Unter­nehmen allem Anscheine nach mit jener vor einigen Tagen erfolgten Landung türkischer Balhi-Berufs auf einer Insel vor Silistria zusammenhängen­ sollen. Ver­brigens soi auch die rumänische Regierung von dem geplanten Putsch schon vor einigen Tagen Kenntniß erlangt haben. Die oberste Leitung des Unternehmens wäre, wie freilich seitdem dementirt wird, sind, einem unserer Landsleute (dem General Klapk) zugefalen und wie man sie erzählt, wäre jene gewisse Operation, des­sen vollständiges Gelingen dieser Tage in den Blättern gemeldet wurde, keine chirurgische gewesen. Man wird si nämlich erinnern, dab­ei uns längst in fast allen ungarischen Zeitungen zu lesen stand : General Klapfa hat eine gefährliche Operation glücklich bestanden () Wenn der inzwischen vereitelte „Putsch“ gelungen wäre, nun so hätten trog unserer Neutralität und trog der salbungdvollen Erklärungen des Fürsten Auerd­­erg und des Herrn von Tiba österreichischs unga­­rische und spezifisch ungarische Waffen gegen russisch­­rumänische­­ Truppen lustig losgem­alt. Es schwindelt Einem bei dem Gedanken an die internationalen DBer­­wirlungen, die dieser totsühne Einbruch in Rumänien zur Folge gehabt und an den Wuft diplomatischer Nor­men, die anläßlich Dieser Expedition zwischen den vers­c­hiedenen Giranten des Pariser DBertraged gewechselt woren wären. Aber andererseits fünnen wir und auch nicht ded Gedankend erwehren, hab durch eine solche türkischegyptische und ungarische siebenbürgische Koope­­ration der russische rumäanische türkische Krieg vielleicht ein tascheres Ende gefunden und daß der Friede durchy Die Intervention des Heren Georg Klapfa rascher zu Stande gekommen wäre, als durch die Mediation der beiden privilegirten und professionirten Staatsmänner Bismarf und Andräsfg. So ist denn das Ganze gescheitert und die Zeits genössische Geschichte ist um einen Putsc ärmer. Dank der Genialität unserer Behörden im ganzen Lande, die in der Aussparung von der türkischen Sade gewidme­­ten S Kriegöfontrebande mit einem Male ein Gescchd und eine Rührigkeit entwickelten, die wir gegenüber jener Kriegsfontrebande, welche den W­affen, Rumänen und Serben zugedacht war, seit zwei Jahren schon vermis» fen. Tausende von Zentnern betragen die Waffensen­­dungen, welche in D­ufarest­ und Belgrad seit zwei Jahren via Ungern spedirt wurden, ohne daß man sich die Mühe genommen hätte, nach Joldyer Striegefontre»­bande bei uns zu fahnden. Das ist eben die Neutra­­lität, welche in den Parlamenten beider Reichshälften bei jeder Gelegenheit mit solcher Ueberzeugungstreue verkündet wird! Der geplante Einbruch in Siebenbürgen ist also nicht zu Stande gekommen ; die Behörden haben alle militärische Vorführungen getroffen, um die großartig angelegte Expedition im Keime zu erfüillen, aber­­ u­m» pathisiren, dürfen wir noch immer so viel wir wol­­len mit den Würfen; unsere Waffen dürfen wir ihnen zwar nicht senden, die werden fonfiszirt, aber unsere Gefühle sind zolfrei! auch einer unserer angeblichen Bufenfreunde (!), Ita­­lien nämlich, findgibt, während man wieder in Berlin eifrigst beflißen ist, die preußischen Sym­­pathieen für Italien sogar offziös zur Schau zu tragen. Bisemard aber sowohl, wie die Minister des „Re­galanthuomo“ wollen doch und (Oesterreich-Uns­garn) glauben machen, daß sie und fest in ihr Herz geschroffen haben, daß sie unsere „Intimen” sind. Und diese scheinbare Intimität erinnert und lebhaft an das französische Kuftspiel, von dem wir im Eingange ges­prochen haben. Und wenigstend kommen die genann­­ten Altirten verdächtig vor und fragen wir mit dem vors erwähnten „SU. W. E. Bl": „Ei, Ei! was soll denn das tendenziöse Hervorfehren der Entente cordiale mit Italien, wenn man des Dreifailer - Bündnisses so sicher ist ? Italien so für Deutschland die Xüce füllen, welche Rußland dur die offenfindigen Beweise seiner Ohnmacht in den weltherrlichen Nimbus der Dreifass jeralliang gerissen hat. So wird von angeblich inspis­tirter Seite behauptet. Aber — so muß man wieder­ fragen — wozu ruht man in Berlin mit solcher Eile und gerade jegt einen Gruag für diesen hinfällig gewordenen Bundes­­genossen? Genügt nicht für den Moment die Allianz mit Oesterreich Ungarn ? Ohne Zweifel, und zumal dann, wenn es sich bloß um die Angelegenheiten im Oriente handelte. Sie genügt dann ebensowohl, wenn es gelten sollte, der Türkei den Frieden zu diffiren, als um Rußland nicht übermüthig werden zu lassen. Im ersteren Falle sind die drei Kaisermächte stark genug, es mit dem ganzen übrigen Europa aufzunehmen, im legieren finden weitere reiche Ungarn und Deutschland in Europa sichere Buns dergenossen. Darnach kann die Geschäftigkeit, mit der die deutsche italienische Intimität in alle Welt hinausp­e jaunt wird, nur zwei Gründe haben; entweder fühlt man­­ hin Berlin der Allianz mit Oesterreich-Ungarn nicht mehr für alle Säle sicher oder man braucht dort ein neues Gegengewicht gegen die feindli­­chen Bestrebungen von anderer Seite. Von offiziöser Seite wird behauptet, daß die ‚Sichaftelhuberei“ zwischen Berlin und Rom ein Wint mit dem Zaunpfahl gegen das Frankreich der Monars­chisten sei, um diesen die alleinige Luft zu benehmen, der Unzufriedenheit im Innern dur einen Revanches­krieg Luft zu machen; deutsche Stimmen dagegen munteln Allerlei, was an die preußisch­e» italienische Alianz von 1866 und an die famose Usedom’sche Stoß» in’8«HerzeDepeiche gemahnt. Das Fluntern mit der wälschen Intimität wäre jonach; eine direkte Bedrohung Desterreiche Ungarn, wenn dieser nicht willig sein sollte, Bi den Berliner Ruffen durch Did und Dünn zu gehen. Wir gestehen, hab wir im Momente nicht abzue­sehen vermögen, welche dieser beiden Auslegungen die richtige ist; vielleicht find es beide. Jedenfalls ist für und genügend­e Veranlassung zum Miktrauen gegen unseren Alliirten an der Epree geges­sen und Graf Andrasfy wird wohl daran thun, nach dem Beispiele Biömard’s gleichfalls außerhalb des verdächtigen Pteiles unserer bisherigen Allianzen Freunde und Verbündete zu werden. Es ist nur, um — von Fall zu Fall — vor unangenehmen Neberraschun­­gen sicher zu sein. 2­otaleı% * Burmorgigen Allerhödristen Namens­feier Seiner Majestät des Kaisers und Königs finden solene Hochämter um 9 Uhr in hiesiger Dom, und um 10 Uhr in der Pfarrkirche zu St. Michael statt. Auch die Eröffnung und prirchliche Einweihung des Oedenburger Offizierstochters Institutes, im Beisein des Hrn. Militärstationd-Commandanten, Generalmajor v. Neinländer wird am Tage des Allerhöchaften Namensfestes celebrirt. * Zu den Ernennungen im hiesigen fe­ER Offiziers-Töchter-I­nstitut haben wir noch­ folgende machtzutragen: Zu Untervorsteher­rinnen die Frl. Roa Weidinger, Antonie Unger und Frl. Elise Edle von Thielen. Was Frl. v. Sauderly anbelangt, so hat dieselbe die Ber ftimmung in das F f. Offizierstöchterinstitut zu Her­nalp erhalten. * Die Eröffnung unsers städt. The­aterd. Gegenwärtig erdrüct und fast die Mederfülle des Zeitungsstoffes, namentlich der heute ganz unabs­­endbar den legten hiesigen hippologischen Er­scheinungen zu überlassen gewesene Theil absorbirte, vermöge seiner nothgedrungenen Ausdehnung, den größten Raum im Blatte, so daß uns für die Kunstfri­it nur ein ganz­­ bescheidenes Plägoyen erübrigt. Mein Gott, die Musen sind ja heutzutage gar häufig in die Ehe gedrüht um viel minder ästhe­­tischen Dingen Raum zu geben. Wir machen es allo, im Drange der Umstände, wie Herr Direktor Raul, unser friedsamer Bühnenleiter, selber; wir unterlassen nämlich jeden Eröffnungsprolog, als unoppor­­tun und steuern frü­h ans Ziel (pardon! Schon wieder ein Sport­­ öausbruch.) Unter überaus vielverheißenden Umständen ging die erste Vorstellung bei vollständig auchver­kauftem Hause in Scene. Schon die Festouverture (zwar „seine besonders gelungene Wahl) wurde mit größter Präctision eröfutirt und sceint Herr Star­pellmeister Langmann ein erfahrener, tüchtiger Di­­rigent und das Orcester besser als jenes vom Bote jahre. Die „mise en scene“ der nachfolgenden Novi­­tät: „Die Rosae-Domino’d“ von Delavour und Hennegquin war eine höchft lobenswerthe, denn ganz Feine Mängel im zweiten Akte abgerechnet, ging das fälschlich: „Kuftspiel” genannte, mehr an Posie grenzende, aber ungemein luftige und bis zum Schluß amüsante Stud mit einer seltenen Graftitude zusammen. Wenn man bedenkt, daß alle Mitwirkenden noch einander nicht kannten und auch einem­ ihnen to­­tal fremdem Publikum gegenüber standen, was doch selbst den Noutinlr­eften ein wenig befangen macht, so ist das korrekte „Klappen des Ensemblespieles, zumal, bei einer so schwierigen Komödie, der beste "Beweis für eine­ gewissenhafte und leistungsfähige Negie, sowie für die Tüchtigkeit­ der darstellenden Kräfte: Die bei­­den Fräuleins Kühnau Fı.v Rostan und Fr. Breit (legtere besigt leider ein unsympathisches Drs­gan) scheinen sämmtiiche gute Schau­spielerinen, Herr Rösgen dergleichen ein vorzüglicher Darsteller­ zu sein. Vederemo ! — Herr Wellh­of. wurde mit leb­­hafter Freude empfangen und ist der alte Meister in seinem Bade. Herr Cinory („Banquier Beaubuisson“) hatte viele recht charakteristische Diomente, da warnen wir ihn und Herrn A. Brad (der und auch gut bes gabt Scheint) vor dem­ leidigen Dutriren. Die alberne zusammenhangslose und nur stelle­n­­weise geschicht geschürzte Bergische Posje: „Die alte Junger“ führte unsere erste Lokalsängerin Frl. N­os­senberg vortheilhaft ein. Die Stimme dieser Dame ist zwar eben nicht ihr Hauptvorzug ; im Allgemeinen aber ist ihr Spiel sehr degagirt; und ihrer Verve, ihs vem­­ Vortrage und ihren Bewegungen nach zu urthei­­len, dürfte sie ihren Play beitend ausfüllen. Herr Steinberger und Frau Heinfe wurden bei ih­­rem ersten Auftreten gleichfalls durch lebhaften Applaus herzlich willkommen geheißen. Herrn Linory fehlte zum „Kooperator" die freyherzige Milde des Tone, er zeigte für den biedern Geistlichen zu wenig Gemüth, sonst war er ebenfalls sehr annehmbar. In der mit überraschender Pracht ausgestat­­teten, alten Offenbachinde: „Princepin von­­ Trapezunt* lernten wir in Sr. Schneider („Pring Hafael“) das herzigste, jüheste, allerliebste Geschöpfchen kennen, das je die biesige Bühne betrat. So niedlich und zier» li von Gestalt die Dame ist, so baldselig schelmisch ist ihr Gesichtchen mit dem seelenvollen reizend blauen Augenpaar. Ihre Bewegungen sind ungemein graziös und voll zarter Weiblichkeit, und ihre Stimme zwar nicht sehr kräftig, aber wohlgeschult und von ange­nehmstem Klange. Frl. Schneider dürfte bald der verzärtelte, verhät­cgelte Liebling unterd Publitumd wer­­den. Die Operette ging im Allgemeinen gut zusammen, was und besonders Verdienst des Kapelmeisters Hrn. Lunge­mann zu sein scheint. Die Herrn Komik­ Wellhof (Sparadrapp) Steinberger (Fürst Casimir) und Profjc (Gabrielo) leisteten in der burlesfen K­omit das Möglichste. Ausgezeichnet war unter allverehrter erste Tenor Herr I. Brafl als „Zeremolini“ der mit verdientem Beifall von allen Seiten überschüttet wurde. Das Orchester und die Chöre sind entschieden sattelfester (wieder ein Sporthausbruch!) uld wir es von früheren Jahren her gewöhnt sind. « E. M. · «Für Tanzbeflisseni­.Dies«ei!·mg«hxeren Jahren hier mit allgemein anerkanntem Erfolge wirken­­de Tanzlehrerin, Frau Antonie Profcher eröffnet auch heuer wieder ihre Tanzschule im Börsensaale, Kasinogebäude, am 1. November, und finden die Einschreibungen hiezu in­ ihrer Wohnung, Polikygasse Nr. 16, im Hofe linke die erste Thür vom 15. Oktober an täglich Vormittag von 11 bis 12 und Nachmittag von 3 bis 6 Uhr statt. Da genannte Tanzlehrerin nebst gründlicher und leichtfaßlicher Erler­­nung aller­ beliebten Conversationsränge, ihr­ Augenmerk hauptsächlich auf die möglichst volkommene Ausbildung in den feinen, gesellschaftlichen Anstandsformen gerichtet hält, so hofft dieselbe, wie in den früheren­ Jahrgängen auch heuer wieder einen zahlreichen Zuspruch entgegen» jehen zu dürfen. * Erledigte Stelle. Eine Kanzelistenstelle beim f. Gerichte zu Steinamanger ist zu belegen « mit 500 fl. Gehalt und 100 fl. Quartiergeld. Die­ Gerude sind bis 25. Detober I. 3. beim f. GerichtesPräject da« selbst einzureichen. *"Diell. priv Sündbahngesellschaft hat an sämmtliche Herrn Station de Chele dieser Bahn folgendes Circulare erlassen: Der Verwaltungs­­rab­ der Südbahngesellscchaft hat­ beschlossen, den Preis der Bahnhof-Eintrittsfarten von 20 Hz. per Person auf zehn Kreuzer h­erabzufegen, ferner auf Berlangen Jahresfarten zum Preise von 10 fl. audzufertigen, welche Leptere gleichfalls nur für die Eine darauf bezeichnete Person zu gelten haben. Diese Neuerung trat bereits mit: 1. Oktober d. 3. in Kraft und ist dieselbe gewiß Sederm­ann sehr willkom­men­­,wie oft wil man die Ankunft, werther Angehörigen, am Perron erwarten, oder abreisenden Verwandten und Ber­­annten noch bis zum Abgang dich "Zuges Gesellshaft leisten. Dieß um 10 fr. thun zu können wird­­ jedhr Viele veranlassen gedachten Kleinen Betrag­ zu erlegen, um jo“ mehr, ald die dadurch aufgebrachten Summen Ihnen zu begeben. Der Mann kennt Alles, was Sie mir mitgetheilt haben, und ich hoffe, daß ed Ihren ver»­einten Nachforschungen gelingen wird, bald Licht über den dunklen Vorfall zu verbreiten. Genehmigen Eie 20.* Unterzeichnet war. der. Brief von dem Polizei­­präfekten deö. Seine»Departements. Der Inhalt dieses Briefes war. ed offenbar, der den Rechtsanwalt in so gewaltige Aufregung veriegte. Bald eilte er ans Fenster und blickte auf die Straße hinaus, wenn Schellengeläute das Nahen eines Sclittens­ verkündete; bald ergriff er wieder den Brief und las ihn zum zehnten Male, um dann seine Uhr zu ziehen und zu eben, ob denn die Stunde noch nicht gekommen sei, in welcher der Mann, den er erwartete, nach seiner Berechnung eintreffen mußte. Endlich vernahm er Schritte auf der Treppe, die sich seinem Zimmer näherten. Er wurde dann an die Thüre geflopft und ein Kellner des Hotels trat ein mit der Meldung, dab ein fremder Herr angekommen sei, der den Herrn Rechtsanwalt zu sprechen wünsche. ‚Bitten Sie den Herrn, sich herauf zu bemühen,‘ sagte der Rechtsanwalt hastig. „Ich erwarte ihn.“ Der Fremde trat in’d Zimmer. Er war ein Mann von mittlerer Größe. Anfangs der vierziger Jahre, mit gebräunter Hautfarbe, schwar­­zen stechenden Augen und frauen Schwarzen Haar. Er war einfach, aber elegant gekleidet ; über seine Schulter hing eine feine Ledertasche. (Sortfegung folgt.)

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