Oedenburger Zeitung, 1879. Februar (Jahrgang 12, nr. 15-26)
1879-02-02 / nr. 15
bungsenf aber doch zum größeren Theile durch Abzahungen,bis Ende 1877 auf 16.859.000 Gulden herab gelaufen. Mas ist aber mit jenen 16 Millionen Gulden von Steuerradständen geschehen, welche am Ende des Jahres 1875 von den laufenden Steuern nicht abgesondert wurden, sondern mit diesen zusammen in den Rechenungen weiter geführt werden ? Wie viel von diesen abgezahlt wurde, das kann aus den Rechnungsabschlüsssen nicht konstatirt werden. Nur das Eine sehen wir, dak diese Radstände nicht nur nicht abgenommen, sondern durch neuen Zuwache bis Ende 1877 auf 23.137.000 Bulden angewachen sind und im vertroffenen Jahre neuerdings um 3 Millionen zugenommen haben müssen. Das ist die unerbittliche Logis der Zif- Beth. Das bosnische Statut. Budapest, 30. Jänner 1879. Während der Reichstag nur alle paar Tage einmal Signung hält, und dringende oder weniger widetige formale Angelegenheiten zu erledigen, und inzwischen die Finanzkommisston nach und nach das Budget durcheräth, ist die Aufmerksamkeit der politischen Kreise volständig nach Wien gerichtet, wo die Verhandlungen der Meicheraths über den Berliner Vertrag ich zu einer auch Ungarn jeder nahe berührenden parlamentarischen Grörterung der Berfaffungsverhältnisse zugeleist haben. Die Nede Hausnerd, des polnischen Baltelar begegnet. allgemeiner Sympathie, während die Sophismen des Spreeministers Unger der auf den Buchsstaben der dualistischen Konstitution [hinwörenden Opposition willkommene und formal vollkommen berechtigte Handhaben zu den schwersten Anklagen gegen die Andraffysche Politik bietet. „Magyarorbág" sagte über sie: „Die Berläugnung eines bestehenden Gesehed, wie sie Dr. Unger praktizirt, muß nicht blos in Oesterreich, sondern auch in Ungarn alle diejenigen erschreden, die bis jegt geglaubt haben, dab mir in constitutionelen Verhältnissen leben. Wir sehen in der Meußerung des angehenden österreichischen Erministers nicht den Schwanengesang Dr. Ungers, sondern vermuthen aus ihr den geheimen Entschluß der egenwärtigen gemeinsamen und spezielen Minister, zur Vertheidigung der Ossupationspolitik zu Allem bereit zu sein, und ss wenn nöthig, über Geieg und Berfallung hinnwegzufegen. In der That laht sich das bosnische Statut mit der dualistischen Ordnung nicht wohl vereinigen, und die im der ersten Sigung nach Wiederzusammentritt des Neidetages vom Grafen Apponyi an den Ministerpräsidenten Zipa gerichtete Interpellation über die Vorlage des Statuts zur legislativen Behandlung hat Tika in peinliche Berlegenheit gebracht, da er wohl für die Vorlage ist, eine solcge nur gleichzeitig bei den Parlamenten der Monarchie gemacht werden kann, das Ministerium Auseröperg aber dieses Experiment nicht wagen will. Die offiziöse Presse thut denn an ihr Möglichstis, das Statut also unschuldig als unmöglich darzustellen. „&lener“ meint scherzhaft: „Das Ungeheuer, welche Jung den Schlaf raubt, unsere Ruhe stört, und unsern Beift bei helllichtem Tage mit Schredbildern erfüllt, heibt „boenisches Statut" ..» Und wenn wir die Sade nüchtern ansehn, müssen wir finden, daß in Bosnien ein Kapitalverbrechen begangen worden ist, denn die fürchterliche Organisation, um die man so viel Farm schlägt, besteht ja nur in der unotwendigsten, dringlichsten Zusammenfassung und Ordnung der schon bestehenden administrativen Elemente und Institutionen.” Die Angriffe der österreichischen verfassungstreuen Opposition auf den Grafen Andraffy führt „Ellener” auf reine Magyarentrefferei „des Gonfortiums Herbst, Gisfra, Szene und Comp." zurück, und sucht das ungarische Interesse mit der Ministerschaft Andraffys und Tiha’s zu identifiziren. Al würdiges Pendant zu der schwunghaften Bercimmelung, welche Andraffy’s NPreiber diente ihrem Hören in allen ausländischen Blättern, in die sie sich nur einnisten können, angedeihen lassen, führt Tizza’s Leibjournal dem magyarischen Publikum das Göthende Wort von den zwei solcen Kerlen vor, über deren Befug sich das deutsche Volk freuen sol, und fügt dann hinzu: „Die magyarische Nation kann wahrhaftig dem Herrn des Himmels dankbar sein, und fester als jemald an die Existenz eine speziellen Gottes der Magyaren glauben, daß sie im diesen fritischen und Shidj als schweren Zeiten zwei solche Söhne hat, wie Julius Andraffy und Coleman Tisza und daß Diese beiden Söhne mit außerordentlicher Autorität und Wahl auf die Entscheidung der Angelegenheiten der Monarchie und des Landes Einfluß nehmen können.* Und als ob dieses Dioösurenpaar mindestend vereint die Vorsehung des Magyarismus bilden würde, wie Bissmarf die des nationale liberal gedachten Deutschlands, erspärt das Blatt: „Gibt es Schwierigkeiten hinnwegzuräumen, so räumen sie sie weg. Kann es jemand, so können sie e8. Brauchen sie in dieser Arbeit die Unterfrügung der Nation, so willen sie dieselbe zu finden und Niemand findet dieselbe in höherem Maße als sie. Niemand versteht die Kraft der Nation so zu mobilis firen, wie sie." Und um den chauvinistischen Philister auch gleich die eventuelle Nothwendigkeit eines ins greifens D dieser Beziehung vorzudemonstriren, schreibt „Elenor“ über den Spetalismus in Budapest: „Dem Führer der Budapester Arbeiter kam der verwegene Gedanke, eine Arbeiterversammlung einzuberufen, um gegen die neueste Encyelita des Papstes über die Socials democratie zu verohren .... Dr. Ceillag und Leo Brankl, der gewesene Minister der Commune, größtens theild von Arbeitern Deutscher Zunge (bine illae lacrymae) umgeben, waren die Motoren der Erde. Ungarisch und deutic wurde das Papstthum heftig und frech beleidigt und verspottet. Ein Deutscher Renner brüllte: Genossen, Socialisten! Ich spreche so zu Euch, weil ich weiß, dab wir Alle Anhänger der Sociale democratie sind! (Brenttisher Beifall) uter den Arbeitern ist das Gerücht verbreitet, der beschlossene Protest gegen die Enceyelita sol an den Papst gesendet werden, damit das Land und die ungarische Regierung compromittirt werde." Gegen solche Gefahren ist natürlich ein Mann wie Ziba nothwendig. Quod evat demonstrandum. S. mit Niere wm in Vranfreichs neugewählter Regent. Der bisherige Präsident der französischen Republik, Herr Marshall Mac Mahon ist freiwillig von seinem hohen Posten zurückgetreten, das ist entschieden die wichtigste Nachricht des Tages, der wir iherer eminenten politischen Bedeutung nach zwar an leitender Stelle ihre Würdigung angedeihen lassen sollen, da aber unser heutiger Leitartikel bereits gejcpt war, als der elektrische Drath unsicieses Ereigniß von so außerordentlicher Tragweite mittheilte, so können wir für heute nur hier dem Gegenstande die ihm zusommende Aufmerksamkeit widmen. Meber die der Abdanfung des Marschall-Präsidenten Mac Mahon unmittelbar vorhergegangenen Greige nicht zu Gesicht besüme, als plöglich das Naufchen einer Nobe vom Gange her an mein Ohr tönte. — „Das ist Ella”, dachte ich bei mir, mich wasch erhebend und das Pistol aus der Brusttasche hervorziehend. 3 halte mich nicht getäuscht. C&& war wirklich Ella, die das wundervolle Antlig in Liebe und Glüc, seligfeit strahlend, hereintrat. Ohne mich an eine einzige Sekunde zu besinnen hob ich die Hand und drühte los. Das Pistol versagte. Bligichael griff ich nach dem anderen Pistol, und die That war geschehen. Mitten durch die Stirne getroffen, lag Ella der Länge nach hingestrebt im eigenen Blute. Weil ich nun für mich seinen Schuß mehr hatte, so entschloß ich mich zur Flucht. In meiner Aufregung dad entladene Pistol am Orte der Thaten fegte ich mit gewaltigem Sprunge über Leiche und Blutlade, die Treppe hinab und hinaus in’d Freie. Niemand hatte mir gesehen. „ac jegt begreife ich, sagte ich nun das ganze Geheimniß vor mir entschleiert sehend. „Was begreifen Sie?" sah mich der Lord an. ‚Nichts, nichts — fahren Sie fort.“ Noch am selben Tage reiste ich ab und vier Mochen darauf befand ich mich bereits in New York unter dem Schuge amerikanischer Geseke, Das ist meine Geschichte, Schloß der Kranke. 3ch stand da regungslos, unfähig auch nur ein Wort der Trage hervorstammeln zu können. Dann fuhr der Lord fort, ohne meine Aufregung gewahr zu werden. Ich gestehe, ich habe eine schauderhafte That besgegangen, aber sein Verbrechen, weder vor Gott noch vor den Menschen. Mit rubhigem Gewissen kann ich sagen, daß ich während meines ganzen Aufenthaltes in Wien, meines Bewußtseins, meiner Willenskraft nicht mächtig war; ich handelte unter dem Einflusse eines der mächtigsten Gefühle, von welchem ich geleitet wurde, regiert, ohne daß ich mich ihm hätte widerlegen künnen. a, ich spreche ec offen aus, würde ich mich heute in denselben Verhältnissen vom Jahre 184* befinden, ich thäte dasselbe, was ich in Wien gethan. Nun sagen Sie mir lieber Kostal, meßhalb Sie so erstaunten, als ichh ‚Und was geschah mit ihrer Tochter ?* frug ich, gespannt, ob er wisse, wie sie geendet. ich weiß nicht, ich habe mich nach ihr nicht mehr erkundigt; ich fürchtete mich zu sehr vor Ent» decung, denn durch eine solche würde der Name meiner weitverzweigten Familie auf immer gebrandmarkt worden sein. In diesem Augenblice trat Adele in’d Zimmer. &8 war dies ein Glück, denn so konnte ich daß Gespräch auf einen andern Gegenstand senfen und ihm eine Antwort schuldig bleiben, die ihn sofort getödtet haben würde, wenn er sie gehört. — Vierundzwanzig Stunden nach dieser Erzählung war Klingenston nicht mehr. Er lasse mir nun neugierige Leserin, die Schilderung der Zeichen meiner Adele nach dem Tode ihres Bräutigam, und es genüge Dir zu wissen, dab sie durch ihm zwar zur fünfzigfachen Millionärin geworden, doch das unglücklichste Seldanf ist, das je unter der Sonne gewandelt, niffe liegt folgende Meldung vor. Der Marstall behauptete, der Wechsel der Korpskommandanten, welche im Jahre 1876 neuerdings auf drei Jahre ernannte wurden, sei illgal. Er verweigerte konstant das Abbrufungsdekret und gab endlich seine Demission. Bei der am 30. Jänner stattgehabten Wahl eines neuen Präsidenten der Republik im Kongresse gaben von 713 Stimmberechtigten 670 ihre Stimme ab. Die absolute Majorität betrug 336 Stimmen. Gewählt wurde Fur [es Grevy mit 563 Stimmen. Chancy erhielt 99 Stimmen. Weiche Stimmzettel oder gar seine wurden von 43 abgegeben. Hierauf wurde Grevy unter don« nerndem Beifalle zum Präsidenten der Repullit auf 7 Jahre proklamirt. Jules (Brangois Paul) Grevy, 1813, 15. August geboren (also gegenwärtig 65 Jahre alt) ja auf den Schulhäusen in Soligny. Er war Student der Rechte in Paris, als die Subrevolution ausbrach. Grévy nahm Theil am Kampf und drang als einer der Ersten in die Salerne von Babylone ein. Nach Vollendung seiner Studien wurde er Advokat in Paris und machte so langsam eine Stellung. Dabei blieb er auch unter der Submonarchie Republikaner. Bemerkenswerth ist, dab ®r&vy das Amt eines Republikpräsidenten für Srankreich gänzlich abschufen wollte. Sein Vorschlag lautete dahin: „Die Nationale Versammlung überträgt die ausübende Gewalt einem Bürger, der den Titel „Präsident de 8 Ministerrathe“ erhält. Derselbe wird auf unbegrenzte Zeit gewählt und kann jeden Augenblick abberufen werden." ALs Parlamentsredner nennt man Gröve übrigend kaum, als Schriftsteller ist er scharf dennend, aber ohne hervorragende Dialektik ; im Privatverkehr und als politischer Nachgeber wirkt er dur die Logik seiner Aufrichtigkeit. Von einfachen bürgerlichen Sitten, vergnügt er st in den Serien mit Sagd und Billardspiel; Ehrgeiz schreibt man ihm seinen zu. Die Leute sind selten, die gleich ihm sich im der ganzen Zeit von 1848 bis 1870 seinen Abfall, seinen Widerspruch vorzuwerefen haben und deren Popularität immer fledenlis geschlieben ist. Die allgemeine Achtung hat schließlich zu dem paradorn Ergebniß geführt, daß er, der Mann, der die Präasidentschaft abschaffen wollte, jegt selbst als Präsident an die Sorge der französischen Republik berufen wurde. EEE Lokale: * Königliche Spende Ge. Majestät der König hat auf Ansuchen der Damen Gräfin Therese Palffy und Gräfin Katharina Dezaffe, dem Institute der Preßburger S Kreuzschwertern aus seiner Privatehatouille einen Betrag von 300 fl. angewiesen. * Auszeichnung. Le Majestät der König, bat mit allerhöchster Entschliehung vom 25. v. M. dem Stundbesiger Baron Zosef Rudtes jun. als Unersennung seiner, um die Förderung der öffentlichen Unegelegenheiten erworbenen Verdienste, den Orden der eisernen Krone II Klasse tatfrei verliehen. ‚* Militäriscied. Das Ef. ung. Landesvertheidigungs-Ministerium hat an sämmtliche Munizipien einen Erlaß gerichtet, wonach vom 1. Janner bi Ende Dezember für die bei Gelegenheit der Bequartierung den Truppen des gemeinsamen Heeres vom Belewebel und den Unteroffizieren gleichen Ranges abwärts zu verabreichenden Portionen, und zwar 28 Desagramm = 280 Gramm Rindfleisch für jeden Mann täglich an die Quartiergeber vergütet werden, und zwar in den Komitaten des Sreifes der Donau die Portion mit 18 °/,6 fr., in den Städten 20 °/,, fr., in Zransdanuschien in den Komitaten 1 fr., in den Städten also auch bei und in Oedenburg 22 fr. Diese Vergütungen sind auch für Die Cinquartirungen der Honved’s giltig. *BomDllupationd-Schauplace. Bestimmten Nachrichten zufolge entwicelt sich in dem neuen Stüdien Austria im Süden unter der serbischen und mohamedaniischen Bevölkerung eine serbische Agitation gegen die österreiche ungarischen Beamten, welche sich hauptsächlich durch die Bildung zahlreicher, größerer Insurgentenbanden manifestirt. Die Ankunft Tiernajev’s in Belgrad geht mit der Thatfahe Hand in Hand, das die Türfei umfassende Befestigungen in Nos vibazar vornimmt. Alles in Allem lassen diese verbürgeten Details auf ein luftiges Frühjahr Schließen. * Das hiesige Amt bringt nachstehende Kundmachung. Zur Bor Stadthhauptmannenahme der diebjährigen Stellung zum Heere und zur Landwehr und derBerhandlung der Weflamations. Gesuche für die Stadt Oedenburg sind die Züge des 26. und 27. Februar 1879 festgefegt. Bei Vornahme dieser Amtshandlung wird hiermit folgende Eintheilung getroffen : 1. Die Erledigung der Reflamations-Gesuche (Befreiungs-Gesuche) für sämmtliche drei Altersflaffen erfolgt am 26. Februar Vormittags; es werden demnach die reflamirenden Eltern, beziehungsweise Bor«münder eingeladen, an diesem Tage Vormittags 9 Uhr im städtischen Nathesaale persönlich zur erscheinen. 2. Am 26. Februar Nachmittags, und dann am 27. Februar wird die Stellung selbst, nach der Reihenfolge der Alsterpflaffen und Losnummern vorgenommen. Es werden demnach alle in den Jahren 1859, 1858 und 1857 gebornen und conferibirten Jünglinge aufgefordert, an & ss