Oedenburger Zeitung, 1881. September (Jahrgang 14, nr. 105-117)

1881-09-11 / nr. 109

sterpräsiden­t und Minister des Ii­nern,sondern de­­facto auch Kommunikationsm­inister,Kultusminister2c. ec­ und die Herren,welche die betreffenden Portefeuilles in­ Händen haben,sind im­ Wesentlichen n­­chts Anderes, als sein­e Marion­etten Marion­etten verschu­lden aber den Marasmus, dem das Lan­d in diesem Au­genblicke verfallen zu sein scheint.Das muß anders werden un­d nu­r ein­e Fahne darf bei der­ nächsten parlamentarischen Kampagn­e zu Häupten der Deputirten flattern,zu dieser einen Fahne müssen sie schwören,diesex­üssen sie als heiliges Palladium hochhalten und ihre Devise lautet:»Hört und respektirt die Wünsche der Bevölkerung.«E.M. FE­RE EN RESTE­N­TE Ein politisches Gespenst. (H. F.) Am 9. September 1813 ward in dem böhmischen Babdeorte Teplig zwischen Oesterreich, Preu­­en und Rußland jene Allianz perfekt, die zum Sturze des großen Korsen Napoleon I. führte. Und wiederum ist es ein neunter September, und zwar der im laufenden Jahre, welcher wie die geschäftige Yama behauptet, das Vorspiel einer Reaktivirung jenes Bünd­­nisses auf dem Gewissen haben sol. Der greise Kaiser Wilhelm von Deutschland, an der Soige einer glänzenden militärischen Suite und umgeben von einer ganzen Kavallade kleindeutscher Fürsten und Prinzen germanischen und anderen Stammes,­­ weilt bei den grandiosen Herbstmanövern, wie sie all­­jährlich auf­ den weiten Ebenen des angeschwemmten Landes der altpreußischen Stammprovinzen des hohen­­zollernschen Fürstenhauses abgehalten zu werden pflegen. Da fährt Blögli, unverhofft, wie ein Dlig aus heiterm Himmel, die Nachricht zur Erde nieder, dag eine Entre>­vue zwischen dem Herrschr aller Neußen und dem deutschen Kaiser in Danzig stattfinden werde, und zwar nicht erst nach Verlauf von mehreren Wochen, wie er sonst gang und gäbe zu fein pflegt, sondern sofort, so daß der ganzen politischen Welt kaum Zeit bleibt, sich von dem Schweden, den die ihr in alle Glieder gefahrene Neuigkeit verursacht, einigermaßen zu erholen. Kaiser Alexander III., der Sohn jenes auf so großlie Weise im Monat März d. h. aus dem Leben geschiedenen Ezars von Ausland und gleichzeitig der Stofneffe des teutschen Kaisers, dampft extra von Petersburg nach Danzig herab, um mit dem Letteren einige wenige Stunden beisammen zu sein und mit ihm Händebrüche wechseln zu können. Hätte schon das Un­­verhoffte und Prögliche dieser Neife an und für sich etwas Sensationelles, so wird dieser Eindruch wo duch das Zusammentreffen verschiedener anderer Umstände erhöht. Einmal, daß Danzig zum Rendezvousplage ge­wählt worden, jenes Danzig, das nur anderthalb Jahrhunderte in polnischem Besige gewesen und erst durch die Zerneigung Polens wieder an Preußen gelangte. Obgleich die Stadt selbst zum größten Theile von deutschsprechenden Bewohnern erfüllt­et, so hört man dort, und wo mehr in der Umgegend, genug slavische Laute erklingen. Hält man nun diesed Yak­ım mit den Bestrebungen des gegenwärtigen Syntimus Alexander’3 III, des panflavistischen Lügenapostels und russischen Ministers Ignatieff, zusammen, so wirft das Ichon allein ein ganz eigenthümliches Streiflicht auf die Zusammenkunft der zwei Potentaten selbst. Ein zweites Objekt zur Kombination für Gespensterfeder bietet aber nicht nur die weitverbreitete Mähre, daß in demselben Augenblicke, wo der Zar aller Neußen die Hauptstadt seines Neid­es verläßt, eben jener Schlager ded Banflas­vismus, Agnatieff, zum russischen Minister des Aus­­wärtigen ernannt worden sein soll, ferner nicht nur das Zusammentreffen des Datums: 9. September 1881, mit jenem der ersten „heiligen Allianz" von 1813, sondern weit mehr und vielleicht auch weit bezeu­gter das Vorgehen der preußischen OOffizi­­esen, die noch in demselben Momente, wo bereits alle Welt wußte, daß die Entrevue zwischen Auslands und Deutschlands Herrscher in Neufaherwasser bei Danzig ganz bestimmt stattfinden werde, wo von einer Vertagung dieser Zusammenkunft ebenso wenig mehr die Nede sein konnte, als von der Wahl eines anderen Ortes, wo endlich schon das zur Begrüßung des russischen Czars beorderte deutsche Panzergeschwader im Danziger Hafen eingelaufen war, — also daß diese preußiscchen­­ Offizören die Frechheit hatten, da­no in die Welt hinaus die Lügennachricht zu schleudern:­ „Es werde die Begegnung der Monarchen seinesfalls in Danzig stattfinden.“ Aber selbst al Dieses hätte immerhin doch nur geringen Werth für die Bemessung der Wichtigkeit in Nede stehender Entreppe. Sie gewinnt diese erst da­­durch, daß fowal Fürst Bismarc, ald auf eine ganze Serie ruffischer Diplomaten, vor Allem das ganze Personale der ruffischen ©­fandtschaft in Berlin, sammt dem Gesandten Saburoff und außerdem der deutsche Feldmarschall und Generalstäbler Graf Moltfe an der Entrevue theilges­nommen haben. — Will man aber den richtigen Gradmesser für die volle Tragweiter dieser unverhofften und mit dem­ Schleier der Geheimnißthuerei absichtlich umgebenen Entrevue finden, so muß man in Betracht ziehen, was die genugsam bekannte reaktionäre, den Berliner Hoffreifen, wie dem Fürsten Bismarc gegen­­wärtig sehr nahe stehende „Kreuzzeitung“ über Diese Monarchenzusammenkunft zu bereiben für gut findet. Selbe gibt nämlich deutlich genug zu verstehen, das wenn auch nur die zwei Saifer sich begegnen, so doch auch Kaiser Franz Sofer von Oesterreich geistiger­­weise, gleichsam als Dritter im Bunde, an der Ei­­­revue theilnehme und daß in Folge dessen die ganze Zusammenkunft nur die fortdauernde Intimität zwischen Oesterreich und Rußland manifestiren­d­. — — Nicht nur gewiegte Politiker, sondern auch die Völker wissen bereits hinlänglich, was sie von Ziraden zu halten haben, die offiziöse Kreuzzeitungsritter in die Welt hinausposaunen. Und dieses Mal ist Alles dar­­nach angethan, den Friedensfanfaren, wenigstend was Oesterreich gegenüber anbelangt, seinen Glauben zu thenfen. — Kaiser Wilhelm von Deut­­land ist in Familientraditionen großgezogen worden und kann si von denselben auch jegt nicht befreien ; das kommt dem deutschen Kanzler zugute, der stets und immerdar nur das Unt­reffe seines eigenen Lan­­des im Auge hat und auf jenes seines Verbündeten nur insoferne Nachicht nimmt, als er ihm gerade in den Kram paßt. Es ist wohl sicher und gewiß, daß der deutsche Reichskanzler gleich von Anfang an, als Kaiser Wilhelm den Plan zu der Entrevue mit dem Czar ges­faßt hatte, davon Sennting gehabt, ja es ist nur zu leicht denkbar, daß dieser Plan vielleicht von ihm selbst (Bismard) ausgegangen, und diese Ansicht gewinnt dar­durch umso mehr an Wahrfeinligkeit, als es ein offen­­fundiges Geheimniß ist, daß dem Fürsten Bismard fon lange nit mehr genehm war, Doesterreich unentwegt solche Bahnen wandeln zu sehen, wie unser Staat sie sowohl hinsichts seiner inneren Politik (Cisleithanien) seit Andraffy’s Demission betreten, als auch betrefft seiner äußern einzuschlagen für gut gefunden hat. Nun scheint es aber, daß der deutsche Kanzler durch diese Entrevue, wenn nichts Anderes, mindestens eine Pression auf gewisse maßgebende österreichische Kreise ausüben will, um, in kurzen Worten gesagt, den ihm in politischer Hinsicht bedeutend näher siehen­­den Grafen Andrasfy wieder an’8 Ruder zu Bringen. Aber noch ein anderes Moment darf nit über­­sehen werden. Und d­ieses ist folgendes: Fürst Bis­­marc ist im jeder Hinsicht sehr gut bedient. So ist ihm denn hinlänglich bekannt geworden, daß der, her» fulische Körperformen besigende ruysische Kaiser betreffs feiner Gemüthsbeschaffenheit und feiner Gittesanlagen nur zu leicht allen möglichen Einflüssen und in Folge dessen auch den Sntriguen des Panflavisten-Apostels Kgnatieff zugänglich geworden ist. Wenn nun die offi­­ziösen preußischen Blätter davon schlagen, „daß dur­c diese Monarchen-Entrevue der rufsische Kaiser über „die Tragweite der Ygnatieff­ichen Machinationen auf „geklärt und den Einflüssen seines Jntimus entzogen, „oder vor den Äußersten Konsequenzen derselben ge­­ warnt werden sol“, so­ll das eben eitel Hum­­b­ug, den jene preußischen Offizieren, vielleicht sogar auf Bismarck’s Befehl, betreiben. E83 dürfte übrigens das allein Nichtige sein, daß eben der deutsche Reichskanzler gelegentlich der Entrevue einen schon lange im Geheimen gehegten Lieblingsplan zu erfüllen trachtet oder denselben wenigstens anzu­ bahnen sucht. Und dieser Plan besteht einfach darin, ‚nachdem das österreichisch-deutsche Freundschaftsbünd­­„mig doch verschiedene V­orkommnisse immerhin einen „Leinen ““ erhalten hat, legten zu Gunsten „Deutschlands weile auszuwügen und im Zusammenr „hänge hiemit, mit Rußland eine Vereinbarung zu treffen, „daß, gegen Abtretung der in Rußlande­r Beftge befindlichen deutschen Ort „Seeprovinzen an Deutschland, dieses „nem @&zarenreihe freie gand in der ‚Oxrientprage su la ben Dereittiert — — Auf ein solches Resultat der Monarchen-Entre­­ppe in Danzig deuten verschiedene Umstände Hin und hätte in diesem Rahmen auch ganz zu jene Even­­tualität Prag, melde — (dur eine sehr vor­­figtig stylifiete Depesche darauf vorbereitend) — sich damit beschäftigt, das Gespenst des Pan­flavismusg, soweit 8 Desterreich-Un­gar­n betrifft, vollständig aus der Welt zu schaffen, sobald Deutschand und Desterreic „Rußland fortan in der Dorientfrage „ganz nah Belieben“halten lassen.“ Wer einzig und allein nur das in Betracht zieht, was schon zur Chaffacdhe geworden, wird freilich all’ das in Vorstehendem Angedeutete al­s ins Meich der Kombinationen“ gehörig verweisen und vielleicht spöttisch lägelnd die Achseln zuden. Wer aber ein offenes Auge für alle politischen Vorkommnisse seit des Grafen An­­drasiy’s offiziellem Rücktritte bs zu dessen jüngster Reise nach Rumänien sich bewahrt hat, der wird mit­nichten diese am gestrigen Tage stattgefundene Entrevue der Saiser von Deutschland und M­usland als einen ein­­fachen Ast der Kourtoisie ansehen. Daß Graf Andraffy ganz bestimmt (und viel­leicht auch Baron Haymerle) von dem Plane Bis­­mard’s mehr weniger Kenntniß hatten, leuchtet aus Verschiedenem hervor, so unter Anderen daraus, daß eine telegrafische „Zartarenbotschaft" zu melden wußte: „der König von Rumänien werde ebenfalls an der Entrevue der Monrarden in Danzig theilnehmen", was, abgesehen von allem Andern, an dem betreffenden Tage wegen der großen Entfernung gar nicht möglich ges­­esen wäre. ‚Ebenso siher it auch, daß minde­­stens dem Grafen Andraffy vollkommen bekannt ist, wie von einer Wiederauffrischung der heili­­gen Allianz, oder wenigstens von einem Dreisaiterbünd­­niß, nie und nimmer die Mode sein kann, da ihn in dieser Hinsicht Fürst Bismarc bei seinem damaligen Aufenthalte in Barzin vollkommen aufgeklärt haben so, indem der deutsche Kanzler sagte: i­n Deutschland und Oesterreich können sich und „müssen sich im beiderseitigen Anteresse alliiren. Was „Rußland aber anlangt, so müssen wir mit diesem „Juden gute Freundsgaft zu halten, oder aber, wenn dieses „nicht möglich ist, ihm den Weg nac­h Asien weilen.“ Die nächste Zukunft wird nun wohl sehren, welche Eventualität in’s Auge zu faffen, Bismarck für Deutsg­­land und für uns für angezeigt gefunden hat. Quod nune ratio est impetus ante fuit*) „Was sei Besonnenheit, war vorher Drang !" — Mitten drinn im gewaltigen Getriebe des Wahl­­kampfes sprahhen und schrieben wir gar vieles, das aus unserer heiligsten und reinsten Ueberzeugung hervor­­gehend, unsern Gedanken und Gefühlen, unsern Sympa­­thien und Neigungen den beten Ausdruck gab. Es ist jet zwar [&merzlich von unserer Niederlage bei der Wahl zu schreiben, allein die Ereignisse drängen wieder mit unge»­stümer Macht, und obzwar der Lenz und die Hoffnungs­­freudigkeit des Wahlbürgers nur alle drei Jahre aufdäm­­mert, so haben wir nun Aussicht, daß wir einen Nachfrüh­­ling bekommen, der in seinen Erscheinungen wal rapider aber doch auch lehrreich sein wird, um dem misera plebs eine gute Lehrstunde aus dem Staatsregierungs­­wesen des Regime Tipa zu sein. Se. Erzellenz Herr Minister August von Trefort hat in seiner in der Turnhalle am 8. d. M. abgehal­­tenen Rede oft betont, daß er nur seinen eigenen Ans­­cchten, hier Ausdruck verleihe­ — und wie er voraus zu sehen war, besamen wir von dr Opposition, wol den derbsten Wijcher. Doch er betont an, daß er keine eigene Politik habe, sondern daß die feine identisch sei mit der des ganzen Kabinets, nun er bat also auf in­­diverse Weise die Ansichten des ganzen Ministeriums ZTiga vor seinen Hörern dargethan, obzwar er betheuerte, daß das nur seine eigene sei. Wir als Halbparia in der „lieberalen“ Gesellsschaft, mußten nun die schwersten Anklagen gegen uns hören, Anklagen, die ganz ohne Grund, im Munde eines so hochstehenden Mannes ent­­weder für den Kläger oder für den Angeklagten höchst gravirend sein müssen. Ueber die Durchführbarkeit des Programmes der linken Partei können wir uns in seine akademische Abhandlung einlaffen, man heißt uns Chau­­vinisten, seien wir wenigstens Optimisten und rufen wir; Meg jönni fog, mert jönni kell! Doch eine Stelle hat­te. Exzellenz berührt, werde wir ohne Er­­örterung nit Lafsen können, denn sie berührt ein Funs­damentalgefeg unserer Hof und heilig gehaltenen V­er­­fassung: das der Untheilbarkeit der Stefanskrone. „Durch die Hegereien der Äußersten Linken haben alle Natio­­nalitäten, die fremd nur doch Sprache, aber nicht nach Gesinnung, separatistische Gesinnungen bekommen", sagt der Herr Minister. Die ungarische Staatsidee, die unbegrenzte Hin­neigung zum vaterländischen Boden, die Sehnsucht, Alles was zwischen unseren Grenzpfählen lebt, zu Ungarn zu machen, — bei den Männern welcher Partei ist diese Denn mehr ausgeprägt, als bei unseren Abge­­ordneten dort auf den linken Bänfen des Hauses in der Ländergasse ?! Männer, welche das ihnen vom Bolfe ertheilte Veto bei Feiner Gelegenheit mißbrauch­ten, Männer, unter denen noch Feiner vom obskuren Landstuhlrichter über die Mittelstation Abgeordneter zur königlichen Tafel oder in eine andere Sinefure ge»­legt wurde, Männer deren Hort unter Einsiedler in Barracone ist. Diese Männer sollten im eigenen Hause Unfrieden stiften, und sich und ihren Aspirationen ein frühes Grab bereiten?! Wir müßten alle Oppositios neu­e Narren schimpfen, wenn sie das thäten, was der Herr Minister behauptet, prinzipiell alles von der Her gierung Gebotene zurückzumeisen; freilich können sie nicht zufrieden sein mit den ewigen Zugeständnissen an die Kroaten, damit die zwanzig und etlichen Abgeord­­neten, die sie und Haus finden, nur ja zur Negierungs­­partei gehören mögen. Sie müssen gewiß opponiren, wenn die Negierung unthätig die Hände in den Schopg legt und das Elend im Oberlande vergrößert, und so die Bevölkerung dem Panflavism­us zutreibt und dem Ha­ Ichen des rollenden Nubels. Was die äußerste Linke mit dem Allen zu thun habe, sie, die sie die Inte­­grität des ungarischen Bodens mit ihren eigenen Leibe zu wahren jede Minute bereit ist, das begreife ich wirklich nit. Abgeordnete ihrer Partei rekrativen sich zum größten Theile aus rein ungarischen und deutss­chen Wahlbezirken; noch nie hat ein Thuröcz St.­­Märtoner oder ein rumänischer Kandidat den Namen unseres Kossuth auf die Zähne geschrieben. Die er vor seinen Wählern geschwenkt , nein, meistens der Regie­­rungspartei angehörige Männer haben dort die Gieges­­palme erfochten, unter Afsistenz der die Menge herbei­­m­üttelnden SKomitatshajdufen und wenn so ein Sines­surenlüsterner vor das arme Volk sich au Hinstellte, so waren es lauter Phrasen, die er zu hören bekam. *) Obgleich wir und der im obigen Artikel angewerteten Parteifrelung nich­t vollständig anschließen künnen, haben wir doch, um der allgemeinen Oppositionspartei im Lande eine Heine Genugtharung zu bieten, dem vorstehenden Artikel unseres Herrn Mitarbeiters „E.“ Raum gegeben. Die Rev. BET Sportfegung in der Beilage. "SEE

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