Oedenburger Zeitung, 1882. September (Jahrgang 15, nr. 201-225)

1882-09-12 / nr. 209

— ns r Sedenburger3 n Gormaks,,9edenburger Nachrichteny OrgansürzsokitiQ Haudeg Industrie und Landwirtt­schaft dann für soziale Interessen überhaupt Scotto:,,Dem Fortschritt zur Ebk’—Bedrücktet uue Wehr’—Der Wahrheit eine Gasse.« — 1 jährig 3 tr. Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerations- und Insertionsgebü­hren, sind an die Redaktion portofrei einzusenden. Administration, Mering und Inseratenaufnahme: Buchbrukerei­­, Romtvalter , Sohn, Dracheneunde 11, WE Einzelne Am­mern Rotten 5 Kreuzer. Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen onn= oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerafions:Preife: Für Loco: Ganzjährig 9 fl., Salbjährig 5 fl, Vierteljährig tr., Monatlich 1 . r» . Illrslnslvärtsthgzjisbriqls di afolägrig 7 fl., Viertel­­u iz Inserate vermitteln: In Wien: Hafenstein , Bogler, Walls­tieggasse 10, A. Oppelis, 1, Stubenbastei 2, Heinrich Schaler, 1., Wollzeile 12, R. Mofse, Seilerstätte 2, M. Dufes, ı., Nie­­mergafse 12. 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Derartige­­ Römerzüge unternahmen auch viele dem Habsburgischen Fürstenstamme entsproffene Herrscher des alten Deutschen Reiche war nur aus dem Grunde, weil es eben Jahrhunderte lang Ge­­pflogenheit war, dem römischen Bischof als „Herriger der Welt“ zu huldigen und sich einer Zeremonie zu unterziehen, nach deren Absolvirung die Be­­treffenden erst de facto und zugleich in secundam legem als vollberechtigte Monarchen des römischen Kaiserreichs deutscher­ Nation angesehen wurden. Diese Gepflogenheit Fand, weil sie für Herrscher und Volk nit nur feine Vortheile, sondern im Gegentheile ihr erhebliche Mitstände im Gefolge­­ zu haben pflegte, nach und nach außer Gebrauch. Aber erst durch die zu Ende des vorigen Jahr­­hunderts unternommene Belehrungsfahrt des römi­­schen Bischofs nach Wien (welche bekanntlich den alleinigen Zweck hatte, den sich von dem kirchlichen Banne befreit habenden großen Wolfskaiser Josef II. wieder ins mittelalterliche römische Joch zu zwängen), ward die nun duch feine Gewalt niederzureigende Scheidewand zwischen Mittelalter und Neuzeit, zwischen Einst und est aufgebaut. Mit diesem Augenblick­ wurde in Wahrheit die Aera der römi­­schen Gewalt über die Geister nit nur ein­­gefargt — (denn das hatte sich ja thatsächlich schon längst, wenn auch nur im Stillen und vollkommen geräufloser Weise vollzogen) —, sondern e8 ward dar das Sensation erregende Erscheinen des da­­maligen römischen Bischofs in Wien gleichsam das Siegel auf das Grabmal des für immer entschlafenen Mittelalters gedrüht. Seit jener Zeit sind hundert Jahre ver­­troffen ; das bischöfliche Nom hat von seiner irdis­chen Macht den feßten Reiz an das geeinigte Stalien abgeben müssen; die Römerfahrten ges frönter Häupter haben den frühern Nimbus vollständig eingebüßt und werden, falls hin und wieder eine solche unternommen wird, nur no­ als reine Privatsache angesehen. Dafür ist es nun en vogue geworden, daß die europäischen Herrscher desto öfter die Gebiete ihrer eigenen Länder bereiten, um, wie die offizielle Metapher lautet, „die Wünsche und Bedürfnisse der Völker aus eigener Anschauung kennen zu lernen.“ Wenn die Geschichte nicht lügt, hat der unsterblige Wolfskaiser Sofef II. der Erste aus habsburgisch-lothringischem Stamme, diese Art von „Nömerfahrten“ zuerst in seinem Weihe einge­­führt. Wie seine Vorgänger am Throne deutscher Nation­en für eine ihrer­­ erhabensten Pflichten hielten, zuerst und vor Allem den Segen des römischen Bischofs zur fünftigen glorreichen Regie­rung in Empfang zu nehmen, betrachtete jener uns vergeßliche Reformator und „kaiserliche Gestein einer neuen Zeit“ es als seine vornehmste Auf­­gabe, das Glück und den Segen für seine Negie­­rung nicht in der Ferne zu erflehen, sondern Bei­­den im eigenen Lande einen unvergänglichen Tempel zu errichten. Und er vollbrachte Soldes, indem er den Purpur des Herrschers bei Seite legte, zum Bolfe h­inabstieg, sich unerkannt unter dasselde mischte, aus eigener Anschauung die Noth und das Elend der Maffen zu erforschen suchte und dann nir nur den einzelnen Bedrohten und Trost- Iosen und Verzweifelnden Hilfe spendete, sondern der­ artige Maßregeln ergriff und Gefege erlieh, daß der Gesammtheit des Volkes, welche den Staat bildete, dem Staate die Lebenskraft verlieh, ein menschen­­­würdiges Dasein zu Theil werden konnte und sollte. Hundert Jahre sind seit jener Zeit ins Reich gegangen. Viele segensreiche Früchte hat der Baum getragen, den der große Spfer gepflanzt, aber voll und ganz ist das Bier, das dem Begründer einer neuen Ära in Oesterreich vor Augen­­ schwebte, nicht erreicht worden. Die Berather der Nach­­folger des großen Habsburg-Lothringers tragen hieran am meisten die Schuld ; sie sehnten ss nach den römischen Fleischtöpfen zurück, nach jenen Zeiten, wo ihre Privil­egien und ihre Sonder­­interessen grünten, blühten und üppig gediehen , wo ihre Herrschaft das Alpha und Omega aller Staatsweisheit bildete, wo seine Mat vorhanden war, die ihren Egoismus und der damit zu­­sammenhängenden W­olfsbegrüdung ein Ziel fegte. Und dann kamen die langwierigen Napoleonisgen Kriege, dann kamen die Zeiten der „heiligen Allianz“, dann die Metternich’sche Wolfsbegladungs - Aera of a A­fer. AL Dieses brachte naturgemäß mit ff, daß die große Sofefinische Zeit den Gewaltigen, welchen das Volk wiederum nur zu einer Sade geworden war, eine längst verschollene Wirthe deuchte, an die man nicht einmal denken, viel weniger von derselben sprechen dürfe. Aber die Tradition wucherte in den Herzen der Waffen üppig fort und befestigte in diesen das Angedenken des großen W­olfsfreundes und des noch größeren Menschen, und so bildete sich denn das, was der erste Habsburg-Lothringer auf dem deutschen Kaiserthrone für das Glück der unfrei und gefnechtet ge­wesenen und im tiefsten Elend geschmachet habenden Individuen gefiel, zur speziell österreichischen Legende heraus, die, wenn man bei der Wahrheit bleiben will, voll und ganz zu erfassen, nur der deutsche Stamm in Oesterreich im Stande. Und das ist begreiflich, denn der große Spiel war vor Allem ein deutscher Jertitelon Wie sie gefoppt wurde. Er ist ein „Kleiner” Don Yuan... Vielleicht präpdestiniren ihm ein miedlicher, fofett gedrehter Schnurrbart, ein paar schwarze, melanolisch feurige Augen und eine gewählte Sprache, die blumenrei über feine Lippen fliegt, ganz be­­sonders dazu. Selbstverständlich liebt er nach be­­kanntem Don Juan-Rezept die Frauen, d. h. er tändelt beständig mit ihnen und befindet sich stets im Guerillakrieg der „flüchtigen“ Verhältnisse. Die Frauen bringen ihm ihrerseits zärtliche Neigung und Achtung entgegen, denn er imponirt ihnen nur nur durch seine apollo’sche Erscheinung, sondern an durch seine angeborene Grandezza, sein umfangreiches Wissen und seine literarischen Er­­folge, die seine Bescheidenheit freilich nicht an die große Siede hängt. Seine Mußestunden gehören natür­­lich der jeweiligen Schönen, in deren Rosenbanden er eben als freiwillig Gefangener [hmachtet und in deren Armen er von des Tages Mühen süße Erho­­lung sucht. Vor einigen Monaten war er eine geheim­­­­nißvolle Russin, ein Weib voll Glut und bestriden­­der Zärtlichkeit, die als Königin in seinem Herzen thronte. Sie verlebten zauberische Stunden, glüh­­umsponnene Tage miteinander, allein wie das Clüd im Allgemeinen den Menschen, so ist es an den Don Juan’ im Besonderen nur sarg zugemessen, und da eines Tages die Nuffin aus zwingenden Gründen plöglich Wien verlassen mußte, war das wonnevolle Stillleben zerstört, die freudenreiche Herrlichkeit zu Ende. Don Yuan junior trauerte einige Tage um den Ber­ust der interessanten Ruffin, aber wohl wissend, daß die Wunde eines Herzens nur doch Liebe geheilt werden künne, sah er si­c­hleunigst um ein neues Lieben um. Er fand bald ein solches in Gestalt eines schlichten, blonden Mädchens mit unschuldigen blauen Augen und einer netten Dosis Schüchternheit, das freilich gegen die temperamentvolle Ruffin gehalten, nur ein bescheidenes Veilchen war. Einerlei , auch das bescheidene Beilchen be­­glücte ihn und neue Tage der Minnefreuden waren für ihn gekommen. Allein die Ruffin mochte Don Yuan junior doch nicht so ganz aus dem Sinne kommen und offenherzig rühmte er selbst, dem Veilchen oder ge­rade dem gegenüber, die herrlichen Eigenschaften der Vorgängerin, wie glühend, wie poetisch leiden­­schaftlich und bezaubernd zärtlich diese gewesen wäre. Vielleicht b­at er dies in der Absicht, das Beilchen anzuspornen, dem edlen Vorbilde nachzu­­eifern oder um die Liebe des schüchternen Mädchens durch Eifersucht zu schüren, dessen Herz dadurch in stürmischere Flammen zu legen. Smdep, der gewünsete Effekt blieb aus, denn das Veilchen lauschte wohl aufmerksam den Lob­­sprüchen, die Don Juan der Vorgängerin spendete, schlug manchmal die­ Augen nieder, seufzte wohl auch ein über das anderemal, aber es blieb­ ein Beilchen wie zuvor — ein Veilchen verwandelt si­eben nimmermehr, wenn man­ ihm auch die Schönsten Geschichthen erzählt, in eine leidenschaftliche Yofe. Da das Reden nicht­ half, resignirte scheinbar Don Yuan junior und sprach nut mehr von der Ruffin. Als er jedoch wochenlang nicht mehr auf das­ „gute Beispiel“ zurückam, fiel das dem DVeib­­hen auf und es machte sich mancherlei Gedanken darüber. E83 wollte ihm Das gar nicht gefallen und dunkle Ahnungen stiegen in ihm auf. „So möchte ihn doch auf die Probe stelfen“, jagte ed. fie eines Tages und jeßte si, nicht faul, an den Schreibtisch, rief sich dort einen Brief in’s Gedächtnis, den Don Yuan junior einst von der Ruffin empfangen und in seiner bekannten Offen­herzigkeit dem Veilchen vorgelesen hatte, und fragte vash, den „ruffischen Stil“ und auch die gesehene Schrift fopirend, ein paar­ Zeilen,auf ein duftiges Blatt Phantasiepapier, wo 3 dem Don Juan, als Wera nämlich, anzeigte, daß sie angekommen wäre und sich sehne, ihm recht bald in ihre Arme schlie­­gen zu können. Darunter fegte sie jedlic. den Na­­men „Wera” und jchtete sodan­n Das zärtliche Bil­­letedoug sofort an­ die Adresse ab. „Was wird geschehen ?“ feufzte Veilchen, wird er die­ Probe bestehen — oder nicht? und es zit­­ierte der Stunde entgegen, „wo die A Intrigue ihre Jung finden solle. Don Juan junior brütete gerade über einen Artikel, den er für eine berühmte literarische Revue A £ a wi ee RR Si Be 3 re A a N RATE % ki Net RAN ie Ne RL TR ih er x =

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