Oedenburger Zeitung, 1884. September (Jahrgang 17, nr. 202-225)
1884-09-11 / nr. 209
schen Trennung wäre, diese Bedenken sind im Lichte der Ereignisse des legten Dezenniums vollkommen gegenstandelos geworden. In Oesterreich sind große politische Veränderungen erfolgt, ohne daß ss die staatsrechtlichen Verhältnisse geändert hätten. Die Veränderungen werden gewiß nut aufhören, aber trogdem die staatsregtlichen Verhältnisse auch fernerhin nicht bedrohen. In jüngster Zeit geschah er mit den Worten des ungarischen Königs, daß die Negierung des Kaisers von Oesterreich einen Theil derselben für nit gesagt betrachtete. Diese Unterscheidung des Königs von Ungarn vom Kaiser von Defterrei, diese thatsächliche Verwirklichung der Rergionalunion im staatsrechtlichen Verbande, hat sie die Heinste Störung verursacht ? Nicht die geringste! und sie wird es auch in Hinkunft nicht. Mit dem gemeinsamen Zollgebiete aber, welches in Desterreich diendustrie, in Ungarn die Agrifultur hätte friügen sollen, ist es gütlicc dahin gekommen, daß in Desterreich die Syndustriekrise zur selben Zeit ausbrach, in welcher in Ungarn die Weizenkrise ihre Opfer forderte. Während der drei Jahre, die bis zur Kündigung fehlen, künnen wir noch interessanterer Erfahrungen gewärtig sein E.M. Dom Tage. Die großen Manöver. Dürnkrut, den 8. September. Morgen beginnen die eigentlichen Korpsmannöver, deren rundidee bereits in früheren Berichten erwähnt worden ist. Dasselbe ist betreff der Ordre de bataille,aud schon und zwar vor mehreren Wochen geschehen, so daß er sie der leichten Orientirung wegen empfehlen dürfte, dieselbe Furz, zur. wies erholen. Die Korpsmandariren befanntlich das eine von Brünmm gegen die Mar, das andere von Preßburg, gegen die Thaya. Das Erstere ist das 10., das Lettere das 5. Korps, doch wird in den kommenden Berichten wieder der leichten Auffassung wegen die lokale Bezeichnung beibehalten und demnach vom DBrünner, wespelive vom Preßburger gesprochen werden. Aus gleichem Grunde werden die Truppenkörper nicht nach Nummern, sondern nach Namen angeführt werden. Ufo: Das Brünner Korps kommandirt TIME von Stubenrauch. Es besteht aus drei Infanterie- und 1 Kavallerie-Truppendivision und zählt 43 Bataillone, 30 Eskadrons und 18 Batterien. Die 4. Division (aus Brünn) wird Kommandirt vom FML. Kubin und enthält die 7. Brigade Reichlin mit den N Regimentern „Orrchenland“ (Znaim) und 1. Bataillon „Karl“ aus Kremsier , dann die 8. Brigade Dit mit den Regimentern „Übele“ (Brünn) und Nr. 81 (vacat) Iglau. Die 5. Division FML. Panz (Olmüs) formirt die 9. Brigade Zambaner mit „Thun“ (Dimag) und 93 (Schönberg), dann die 10. Brigade 100 Bocosius mit.naisek·(Trioppau)unde. »(Teschen). Die 43. Divifion, FML. Eornaro bildet bie 40. Brigade Hillebrandt mit „Mellenburg“ (Hermannstadt) und „Shuffevich“" (Arad), dann die 86. Brigade Köhler bestehend aus dem 13. (Di ·mith,Schönberg,Kremsier)und dem 15.Landwehrsregimente(Troppau, Teschen, Weißkirchen). Die Eintheilung der 3. Kavallerie-Division Kronop ist bereits bekannt. Berner bilden Neipperg-Dragoner (Brünn) die Divisionskavallerie ; die Artillerie ist vom Regimente „Kronprinz“ (Brünn). Außerdem ist noch eine Genie- Kompagnie von Olmüg eingetheilt. Passi mit der 17.und 18.Halbbrigade(Stuhlweißenburg, Pápa, Dedenburg, Wieselburg). Die Eintheilung der 2. Kavalleriedivision Krieghammer, bei welcher Oberlieutenant Erzherzog Eugen nach absolvirter Kriegsschule als Generalstabsoffizier Dienst I leistet, ist benannt. Zur Divisions-Kavallerie sind 2 Eskadronen der 7. und 8. (Bepprim, Fünffichen), dann das ganze 6. Honded-Hußaren-Regiment (Waigen) bestimmt. Die Divisions- und Korps-Artilerie ist aus Batterien der Regimenter „Ziller“ (Wr.Neustadt) und „Pichler“ (Oberungarn) gebildet. An technischen Truppen ist eine Genie-Kompagnie aus Budapest und 2. Kompagnien Pioniere aus Preßburg eingeteilt. Dass Mannöver Terrain ist historisch. Auf dem niedrigen flach gewölbten, meist offenen Berg»lande, das mit teilen Abstürzen zur March fällt, von zahlreichen, theilweise versumpften oder eingeriffenen Bächen durchschnitten ist und viele wohlhabende, dichtbevölkerte Orte trägt, die meist Gassendörfer bilden, kämpften in der Vorzeit Duaden, Markomanen, Sladen und Amwaren und stritt zweimal König Ottokar von Böhmen. Das erstemal am 12. August 1260 siegreich gegen König Bela IV. , das anderemal aber am 26. August 1278 gegen Rudolf von Habsburg, der sinnend über das unwandelbare Gesichd vor der von den Seinen beraubten Leiche der einst so mächtig, so glücklich Gewesenen stand, und Heldengröße wie Königswürde an seinem todten Gegner ehrte. Bei Stillfried, auf jenem durch die gleichnamige Schlacht berühmten fest dicht bewaldeten Höhenzuge der zwischen Schweinbarth und der Marc) fid) aus»dehnt, dürfte es nun wieder zu Kämpfen kommen. Wieder wird der Rote Huf die Fluren überreiten, wieder der Krieger Wehr geschwungen werden ; doc nicht, um ernste, blutige Entscheidungen zu fällen, sondern zur Uebung nur, wenn einst e3 ernstlich) gelten sollte, wovor ein gnädig Geschd das Reich bewahren wollen . Br ? > Ey * Die Orte in Klammer bezeichnen die Ergänzungsbezirke. Das Pregburger-Korps vom FME. Baron Catty befehlige enthält gleichfalls 3 Truppen- und 1 Kavallerie-Division und zählt 41 Bataillone, 32 Gstadrons, 16 Batterien und 4 Brüden- Equipagen. Die 14. Division GM. Kormain enthält die 27. Brigade Erzherzog Friedrich die Regimenter „Rogbacher“ (Trencin) „Catty“ (Benehan), 1 Bataillon „Dormus“ (Pregburg) dann die 28. Brigade de Vaux au „Ernst“ (Kanizda) und „Knebel“ (Oedenburg). Die 33. Division FML- Ruit formiren die „Wilhelm“ (Komorn) und „Michael" (Gran), dann die 66. Brigade - Shüd mit „Kronprinz“ (Raab) und dem 11. Jäger- Bataillon (Raab). Die 37. Honved-Division FML. Fejerbary formirt die 73. Brigade Kubinpi 13. und 14. Halbbrigade (Preyburg, Totis, Kanizsa dann Radvany, Zrencsin, Levencz) und die 81. Brigade Op Dom Allerhöchsten Hofe. Die Nachrigt, daß Se. Wajestät der König am 14 d. Mt., Morgens, nach Warschau abreist, wird offiziell bestätigt. Die Entrevue wird blos einen Tag dauern. Am 17. d. DM. trifft der König wieder in Wien ein. Am 18. d. Wi. reist Allerhöchst Derfelde zur Eröffnung der Arlbergbahn. — Beim legten Bankett in der Hofburg zu Ehren der Könige Milan nahmen die Minister Graf Kálnoty, Graf Bylandt-Rheidt, Taaffe und Kálnoky, jener Szögyeny, Grf Trautmansdorff und Baron Mondel teil. Se. Majestät, unser Monard, toastirte auf das Wohl seines königligen Gastes. Uebrigens hat der jelbige Herriger ein ganz eigenes Malheur innerhalb der Grenzen unseres Reiches, nachdem er mit Mühe zwei Eisenbahnunfällen entgangen ist, wäre er beinahe in Wien auf dem Straßenpflaster zu Schaden gekommen, als nämlich die ihm zur Verfügung gestellte Hofequipage mit Sr. Majestät imnern, von der Oper zurückehrte, Hürzte das Sattelpferd und zersprang die Wagendeichsel, der Wagen neigte ss zur Seite. König Milan aber konnte unversehrt aussteigen, worauf er den Weg zur Burg zu Fuß zurückkegteen . Im Königl. ungar. Kommunikationsministerium fand in Angelegenheit des Entwurfes über die diffendligen Arbeitsleiftungen am 10. d. M. eine Enquete statt, zu welcher die Obergespane der größeren Somitate eingeladen worden sind. Ueber die Ergebnisse der Verhandelungen können wir natürlich wo nicht unterrichtet sein. — O Wahlexzeß. In Kopreinig, wo Spevec als Kandidat der Nationalpartei aufgestellt war, kam es am 8.d.M. zu einem Wahlexzeß, bei welchem durch den Stadthauptmann persönld zwei Personen mittelst Revolverschuffe 8 verwundet wurden. Am 9. d. M. wurde Negierungskonzipist Zuzulics zum Regierungskommissär für Kopreinig ernannt. Die Wahlbewegung nimmt an Iutensivität zu. Fremde Orden. Der Herr Obergespan des Eisenburger Komitates, Herr Koloman v.Rado6, hat vom Könige von Serbien das Kommandeurszeug des Talvowaordensehalten. Die Frau Gräfin Esterházy wurde mit dem baierischen Theresienorden beführt, von Warschau ein pragtvolles Bouquet. — Bei der Truppenrevue waren 80.000 Mann in Parade aufgestellt. Zu dem beim General-Gouverneur statt« gefundenen Balle waren auch zahlreice Bürgersfamilien geladen. Dodela, 10. September. Zwei österreichische Geistlige, Raczkla und Qubicz, welche zum archäologischen Kongreß nach Odessa gekommen waren, wurden in Haft genommen, weil nach rufsischem Gefege römisch katholische Priester das russische Rei nur mit spezieller Erlaubniß des Ministers des Innern betreten dürfen, welche die genannten Herren nicht eingeholt hatten. Der General-Gouverneur Baron Woop ließ aber die Verhafteten ungeräumt auf eigene Verantwortung in Freiheit fegen und gestattete ihnen den Aufenthalt in Odessa. Prag, 10. September. Die Teilnehmer an dem deutschen Schriftstellertage wurden im Namen der Prager Vereine an der Landesgrenze vom Dichter Alfred Klaar begrüßt. In Prag trafen dieselben gestern um 7 Uhr Abends ein. Zu ihrem Empfange hatten si im Deutschen Kasino nebt Symeital und Herbst zahlreiche deutsch-böhmische Abgeordnete eingefunden. Aus Ungarn sind all mehrere Dichter erschienen. Eu, 10. September. Die Gräfin v. Paris ist gestern Abends von einem Prinzen entbunden worden. Rom, 10. September. Gestern sind in Nespel 653 Personen an der Cholera erkrankt und 310 gestorben. Der König beruht in Begleitung des Prinzen Amadeus und der Minister Depretis und Mancini die Spitäler. Paris, 10. September. Im Departement Dostpyrenden sind gestern fünfzehn Cholera Todesfälle vorgenommen. Zu Brignolles sind der Seminar-Direktor und der Bürgermeister Rabreques an der Cholera gestorben. Madrid, 10. September. In der Provinz Alcante, sind fünf Personen an der Cholera gestorben. .:65«.Brigade Neumann mit s 7 ki # ER «".7 :sv’-«:.ocs, „. Telegramme. Daridan, 10. September. Der Czar verbleibt noch zwei Tage in unserer Stadt und reist hierauf zutage nach Stierniewice Bei der Militärrevue waren fast seine Zuschauer anwesend. Die Zahl der in Warschau Arretirten besträgt über 1000. Die Gemahlin des General- Gouverneurs überreichte der Kaiserin namens der Damen % _ £ fokal-Beitung. Ein Brief unseres Abgeordneten Herrn Anton v. Zichy. Herr Anton v. Zichy, der Abgeordnete der königligen Freistadt Oedenburg, ritete an Herrn Bartholomäus von Tomsk, ald gewesenen Wahl« präses, folgendes Schreiben: Sie hatten die Freundligkeit das mir als Mandat dienende Wahlprotokoll, welches ichm dem demnächst zu eröffnenden Neidstage vorzulegen für meine angenehmte Pflicht Halten werden zuzumitteln. Infolge einer dazwischen fallenden Krise im Auslande, fomme ip etwas verspätet in die angesehme Lage Ihnen meinen Dank abzustatten, der geehrten Wahlbürgerschaft aber nebst meinem Dante in ämtliger Form bekannt zu geben, daß ich das für mich mehr als alles Abere fhägenöwerthe Mandat annehme Gegenüber all jenen, die mich kaum nennend, mich doch mit ihrem Vertrauen beehrten, dieses Vertrauen zu verfertigen, all jene aber, die meiner Meberzeugung nach sehr unantastbarer und natürzliger Gründe — wegen — gegen mich gestimmt haben, mit dem unerwarteten Resultate wenigstens einigermaßen auszuführen — ist für mich eine ebenso dringende als mit Rücksicht auf meine Kräfte — zugleich schwere Aufgabe. Eine unzertrennliche Schattenseite des Konstitutionalismus bildet zweifellos die mit den Wahlen unbedingt verbundene Leidenschaftliche Aufregung, welche mit ihren lang anhaltenden Nahmwehen, ab und zu sogar in das Heiligtum des geselligen und Handfriedens eindringt. ine andere nicht minder gefährliche Schattenseite, ist die Geltendmachung des Willens der Majorität in einer solchen B Weife, daß die Wiiiorität für eine gewisse Zeit si unterdrüct und unterjocht fühlt, doch der nach Vorwärts strebende menscliche Geist hatten für jemanche Uöbelstände die richtige Saniung gefunden. Warum wäre den beiden schönsten Errungenschaften der politisgen Freiheit, und der Demokratie nicht einmal die Möglichkeit geboten, diese zwei ihnen anklebenden Uebelstände entweder ganz auszurotten,, oder doch wenigstens entsprechend zu paralisiren. Zeigen wir die Möglickeit heflen: · Nach vollzogener Wahl kann ich mich nicht mehr als Erwählter der einen Partei halten, sondern ich muß mich als Mandant bei aller Parteien, dv. 6. der ganzen Bürgerschaft betrachten. Wenn ich auch ihres Vertrauens nit im gleichem Maße teilfaftig werde, noch den Er RER