Oedenburger Zeitung, 1884. September (Jahrgang 17, nr. 202-225)

1884-09-17 / nr. 214

WWDU7«·7«sE­’ - XV Jahrgang. i­. 214. Ditton 17. September 1884. Sedenburger Zeitung, (vormals „Bedenburger Nachrichten“) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortieritt zur Ehre? — Bebrüdten zur Wehr? — Der Wahrheit eine Gaffe.“ em­ a­ze —_ Administcation, erlag und Inseratenaufnahme: Buhtenkerei &, Romtvalter , Sohn, Grabenrunde 121. WB Einzelne Nummern Roften 5 Steuer. u ‚ Betitzeile erclusive der Stempelgebühr von 30 fr. Bei mehrmaliger Einschaltung bedeutender Rabatt Was Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen hie Sonn= oder Feiertag folgenden Tages. 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Das vom Ministerpräsidenten in Groß­war­­dein mit liberalen Phrasen natü­rte Regierungs­­programm ist in Jaßberemy seiner täuschenden Hülle vom Grafen Albert Apponyi entkleidet und dann fezirt worden, bis jedes Atom seines freiheitsfeindligen und landesverderbertigen Cha­­rakters dem Auge bloß lag. Graf Apponyi begann mit dem leichtesten Theile seiner Aufgabe, mit der Zergliederung der Argumente, welche der Premier gegen die Forderung nach einem selbst­ Händigen ungarischen Zollgebiete in’­ Feld geführt­ hat. Er zeigte, wie Ti­a’s Besorgniß, die unter dem Schuge der Zolligranten aufwachsende ungarische Großindustrie könnte unser Kleingewerbe schädigen, nur der österrei­chfligen Großindustrie zu Liebe und zum D­ortheile verkündet worden ist, wie der Minister die Herstellung des selbstständigen Zoll­­gebietes mit der Eröffnung des Zollkrieges ver­­wechselte, den zu­ verhüten seine Pflicht wäre. Und dann geißelte er feurige Striemen auf den Aüden ‚ Derer, welche heute, kurz vor Eröffnung der Ver­­handlungen über Erneuerung der Zolleinheit, gegen die Anwendung des ungarischen Rechtes peroh­ren, den Oesterreichern Waffen zum Kampfe wider unser Land in die Hände drücen und so die Niederlage Ungarns im Voraus fast unabwendbar machen. In Knappen Auszüge lautet die Rede des hochbedeutenden Parteiführers wie folgt: Betreffs der Reform des Oberhauses erklärte Redner, das er im Prinzipe dagegen seine Einwen­­dung erheben könne, da hänge er von der Art und Weise ab, wie der vom Ministerpräsidenten entwickelte Grundlag zur Geltung kommen und ob für die Wahrung der Unabhängigkeit des Ober­­hauses gesorgt sein werde. Umso lebhafter müsse man der Forderung­­ de Ministerpräsidenten nach Verlängerung der Mandatsdauer entgegentreten. Auch er habe seine Ansichten, gefragt auf die Erfahrungen der legten Jahre, geändert. Eine parlamentarische Reform wäre nur dann anwendbar, wenn dieselbe sich auf auf die Wahlmitbräuche erstreben würde. Redner erwähnte sodann die augerordentlichen Vollmasten, welche die Negierung in Anspruch nehmen will. Seit langer Zeit wurde in Ungarn sein so wichtiges, verhängnisvolles Wort gesprochen. Medner bemerkt, er sei sein Mann der Phrase und werde sich nicht im Leere Deflamationen ergehen über den Begriff der außerordentligen V­ollmagten, denn wer die Geschichte kennt und ein Freund der Ordnung ist, fan nit leugnen, daß es im Leben der Staaten Situationen geben kann, wo die Garantie der individuellen politishen Freiheit nur doch außerordentliche Maßregeln erhalten werden könne, wo die öffentlichen Gewalten mit den ordent­­ligen Mitteln nur mehr im Stande sind. Die Ordnung aufrecht zu erhalten, und in solchen Augenblicken tritt an die Negierung die Nothwen­­digkeit heran, von der Gereggebung außerordentliche Bollmachten zu verlangen. eder ernste Freund der Freiheit wird aber auch zugeben, daß das unter allen Umständen bedenkli­ch­eint, daß ein solches Berlangen nur dur die Äußerste Nothwendigkeit gereitfertigt wird. Der Ministerpräsident kenn­­zeichnete aber nur ganz flüchtig gewisse Agitationen. Auch Redner hält dieselben für gefährlich und schädlich, aber ein liberaler Staatsmann kann force außerordentliche V­ollmachten nur dann fordern, wenn die gefegliche Ordnung thatsächlich gestört würde. Wo haben ss aber im Lande Symptome einer solchen Erregung gezeigt, die mit Sicherheit gemärtigen liegen, daß die Öffentliche Ordnung ge­stört werden wird ? Die Freiheit besteht darin, daß die vom Ministerpräsidenten a­ngedeuteten geistigen Gefahren und Strömungen nit anders, als durch Waffen des Werftes bekämpft werden dürfen, denn wohin gelangen wir, wenn eine Re­gierung gewisse Lehren für gefährlich erklären und zur Bekämpfung derselben außerordentliche Voll­­machten verlangen würde? Dann kann man ja an vielleicht die Diskussion über das getrennte Zollgebiet für gefährlich erklären und unterdrücken. Das hiege die Wurzel des Baumes der Freiheit ausreißen, dann dürfte man nit mehr frei denken und sprechen, das wäre das Ende jeder Freiheit. Nach all dem erklärt Redner, daß er die in Aus­sicht gestellten außerordentlichen V­ollmachten jeder Regierung verweigern werde. „Ic — [log wörtlich der berühmte Redner — binde mich nicht an Schlagwörter, sondern bin im Gegentheile der Ansicht, daß die Anforderungen der heutigen Zeit sowohl wie die der ungarischen nationalen Politik in der Schablone der alten Parteibenennungen keinen Raum mehr finden. Aber darum muß ich, der ich sein Schüler der liberalen Schule, sondern ohne jedes Schlagwort ein aufs richtiger Anhänger der Freiheit bin, auf diese Doppelanschauung des Ministerpräsidenten dog zwei Bemerkungen machen. Die erste ist, daß der Herr Ministerpräsident während seines eifrigen Studiums seines surrogats­konservativen Berufes die Anforderungen seiner liberalen staatsmännischen Qualifikationen gründli vergessen hat. Hieraus folgt jedoc nit — und dies ist meine zweite Bemerkung — daß er sich das Wesent­­liche des edlen und im konstitutionellen Sinne ges­nommenen Konservatismus angeeignet hätte. Denn ich muß im Namen aller Traditionen und der Würde dieses Konservatismus gegen jene Auffassung protestiren, als ob die Ausnahmesmaßregeln und die gesammten freiheitswidrigen Bestrebungen des Herrn Ministerpräsidenten mit der konservativen Politik etwas gemein hätten. Das Muster für die Politik des Ministerpräsidenten müssen wir in den Yinten des zweiten napoleonischen Kaisert­ums suchen, welches ein ziemlig ähnliches Vorbild des Pseudos li­eralismus und des Pseudokonservatismus unserer heutigen Regierung, gepaart mit dem System der offiziellen Abgeordnetenkandidaturen, war. Die Opposition kämpfte mit den Waffen der Freiheit gegen offi­zielle K­andidaturen und wenn au­ce Seuilleton. Schlaraffische Enthülungen.­ ­Kortregung ) Nach dieser charakteristischen Schilderung des Ursprungs jeglichen Schlaraffenthums sei und der Berfuch gestattet, den „profanen“ Lesern (worunter im „schlaraffi­gen Sinne“ alle Nichtschlaraffen zu verstehen sind), die Eigenthümlichkeiten der „Brüder in Uhu“ Kar zu machen, indem wir mit Ritter „Bumphhaufer, der Leutselige“, Wunfermeister des Reiches „Denipontana“ (Verwalter Zoh. Knecht in Jnnsbruch) sagen: „Wie es sich nun an mit­ dem Ursprunge Allilaraffia’s verhalten mag, wo immer wir auch die Wiege des ersten Gründungsgedankens suc­hen mögen, feststehend bleibt, daß die heutigen Saffen von den ursprüngligen Gliedern unseres ebenso großen als schönen Bundes nicht abweichen. Und darin liegt die sichere Gewähr, daß ein Widerstreit, wenn und wo immer er auftreten würde, fon im Keime erft­cft werden müßte. Wenn der Volksglaube auch Hier und dort dem idealen Streben, der wahrhaft großartigen und unleugbar auf sittlicher Grundlage, ruhenden u der Schlaraffenbrüder Höhnisches Adel zu den Augen, ja wenn man ihnen Sogar Motive rade sie verwerfen und verpönen, so kann das den festen Glauben der Bundesgenossen an die immer zunehmende Verbreitung ihrer Grund­­lage und Bestrebungen nie und nimmer erschüttern. Das ist der Ddem „Uhu’s"”, das ist die Empfindung aller Schlaraffen des Erdballs, dessen Zerbröde­­lung eintreten müßte, wenn der schlaraffische Geist sterblich wäre. Der Schlaraffe nimmt gegenüber den übri­­gen Menschentindern eine ganz besondere Stellung ein. Wenn er au dermalen mit diesen insoferne noch auf gleicher Stufe steht, daß auch er ed vor­­läufig no nit vermag, thierischen Genüssen to­­tal zu entsagen, ja daß er sogar in dieser Hinsicht hinter der sogen. Vegetarianer-Spezies zurüicbleibt, so ist doch wahr, daß er geistige Nahrungs­­mittel mehr bevorzugt, als der Alltagsmensch. Der Schlaraffe besigt unstreitig einen Beistand, mit dem er es vermag seine schwachen Kräfte zu verzehn­­fachen und dieser Beistand ist der Humor; bderselbe verlängert seinen Arm, beflügelt seinen Schritt und unterjtügt seine Sinne. Im Inneren aber baut dem Schlaraffen Ger­muth und Phantasie das Neid des Sittlichen und Schönen, aus welchem ihn seine äußere Gewalt zu vertreiben im Stande ist. Die Bedingungen des Slücs, des Innern sowohl als des äußerlichen Wohl­­befindens, sind für jeden „profanen“ Menschen ver­­schiedene, für den Schlaraffen hingegen gemeinsame. Aber sie steigern si­an bei ihm mit der Stei­­gerung der Kräfte, so dazu ihrer völligen Erfül­­­lung nur die äußerste Anstrengung, die verständigste Anwendung der Fähigkeiten annähernd führen kann. D5H aber der „profane“ Meensch mit derselben Zähigkeit und Ausdauer, mit derselben Hingebung und Begeisterung seine Kräfte für eine egoistische Sache so einzufegen vermag wie der Schlaraffe für eine ideale, das bedarf mehr des­s Beweises. Und darin liegt der ewig reizende Sporn, der die Kleis­ten wie die Großen nit raffen läßt, sondern sie unaufhaltsam weiter treibt, einem vollkommenen Ziele zu, das zu erreigen nur dem Solaraffen möglich ist — das Ziel immerwährenden Friedens, also ein goldenes Zeitalter. Soweit­ auch der schlaraffiige Geist seine Schwingen ausbreitet, ihm bauen sich immer neue Räume auf, die er noch nit durchflogen hat, und wenn mit der Erweiterung des Gesichtesreifes das beglücende Gefühl der „Uhuähnlichkeit“ erhebender ihn erfüllt und wenn er an der Grenze der Volls fommenheit angekommen zu sein glaubt, dann bleibt ihm immer wo das Bewußtsein, mehr thun zu sünnen.* Aber so wie es in jedem Stande „Proletarier“ gibt, so finden wir auch unter den Schlaraffen „echte", „falsche“ und „gleichgiltige" Schlaraffen, welche ein „Urschlaraffe“ in folgender Köstl­er Weise skizzirte : „Es gibt drei Arten von Sälaraffen, echte, falsche und gleichgiftige Schla­raffen. Ein jedes Reich ist aus diesen drei Kategorien zusammengefegt und­ unterlegt, die gel -

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