Oedenburger Zeitung, 1919. März (Jahrgang 51, nr. 50-73)

1919-03-01 / nr. 50

‘ ;,,.»E.«s»-.,-,«..«--1’».«-s(:-.cs..,."«-—«-, 7. März 1919. / · . re ee RETURN I 0. ? ee @edenburger Beitung. Der Oedenburgerzemilliumbanner Kegin seiner Voreingenommenheit noch wagte, den Frauen das von ihnen erkämpfte Wahl­­­recht wegen „politischer Unreife“ streitig zu machen, der wurde bei dem gestern im großen­­ Rasinosaal stattgehabten glänzend verlaufenen ‚S­eitabend der Oedenburger Feministen gründlich eine Beljern belehrt. Mit einem neuen Arrangement, daß mit dem ersten Debüt schon­­ einen so beispiellosen Erfolg erzielte, wurde die Faschings-Chronik bereichert, und man hat allen Grund, anzunehmen, daß der Feministen- Hall seinen Pla dominierend behaupten wird. Man denke: Eine riesige­ Anzahl blühender,­­anmutsvoller in Stellung befindlicher jungen Damen schließt mit den Handels-Angestellten einen Treuhund, wer vermöchte da dem Zauber “widergehen, den diese reizenden Mädchenknoipen auf die ganze Gesellschaft üben! Man muß den Feministenball nur gesehen haben, wie da die ganze Männerwelt zu ihren Füßen lag, wie selbst gar manche Eisfruste um die Herzen der dem S Karnevalstreiben längst Entrüchten zum Schmelzen gebracht wurde, wie sich alles ihrem Kommando willig und lammstromm fügte. Das erste Debüt der liebenswürdigen Bak­ämpferinnen für Gleichstellung der Frauen stand im Zeichen des allgemeinen Wahlrechtes, beziehungsweise einer Reichstage-Abgeordneten­­wahl mit den üblichen stimmungmachenden Karteichreden und den unerläßlichen Wahl­­aufregungen. Ws Wahlpräsest fungierte Fräulein Vera Bothar, Tochter de­s er­lehrten Lyzeal-Brofessor, die als unwajchechte Sozialdemokratin die Genossinnen zum Kampfe anfeuerte und mit buchhalterischer Askuratesse den Sieg ihres Kandidaten prognostizierte. Den Männern ward das Erscheinen an der Wahlurne bei Abgabe der Stimmen nicht leicht gemacht. Drei reizende Kandidatinnen, und zwar Fräulein Irma Wolf (Sozial­­demokratin, mit roter Schärpe und roter Schleife im Haar), Fräulein Ilonia Schlesinger, Romitatzbeamtin (Feministin) und Fräulein Sifus Hoffmann, Privatbeamtin (bürgerlich: radikale Bartei) hielten ihre geistvollen Kortessch­­reden mit überraschender BZungengeläufigkeit. Der Einzug, unter V­erantragung von roten, blauen und weißen Fahnen, mit der bor­­trefflichen Zigeunerkapelle Bela Maffays an der Soige, bot mit dem großen Gefolge der Korteschdamen ein malerisch schünes, leb- Haft bewegtes Bild, daß man nicht so rasch vergessen wird. Die vielen Hunderte von M Wahlbürgerinnen. Hörten fisend, die Herren stehend, diese Programmrede an. Und die zündende Wirkung derselben machte sich dann in den Tänzen — es durften nur die Mädchen zum Ganze bitten — in einem Anime­ und Begeisterung Luft, wie man sie selbst in Oedenburg, wo die Bälle alle überaus luftig verlaufen, kaum wahrnahm. Im Drei­licht gedrängten Kolonnen mußten die Duadrillen von 300 Baaren getanzt werden, dabei mußten sich viele auf die passive Resistenz verlegen, da es unmöglich war, ein Bläschen zu erhaschen. Die Oedenburger Feministen haben dank ihrer bewährten Führung, einen vollen Sieg zu verzeichnen­­.­­­ Beisammlung der Partei der Kleinlandwirte, Gestern abends hielt die Stleinlandwirtepartei unter Boriig Michael GH I­chLS eine Versammung ab. Lehrer Juktus Ulreich erörterte im Rahmen der Autonomie das neue Parteiprogramm, welches nach einer längeren Debatte angenommen wurde. Ottrieb Holzmann richtete an die V­ersammlung einen Appell, worin er die leinlandwirte zum Zusammenschlufse auffordert. So­­dann erschien beim Gouvernement eine Deputation, welche von dem an die Autonomie sich aufschmiegenden neuen Parteiprogramm berichtete. Höflichkeit auf Der Bolt. Ich Hatte heute vormittags eine vrekommandierte Karte aufzugeben. Der Beamte Dieses Schalter konnte die von mir Hingegebene 200-Kronen­­note nicht anwechseln und wie mich an den Schalter I. (Sched- und Boftanweisung-Ein­­zahlung), mit der Bereicherung, daß mir dort gewechselt wird. Bei Schalter­ stand gerade niemand. Der Beamte saß untätig darin und raubhte eine Zigarette Bornhlem lag ein großer Stoß Banknoten. Auf mein höfliches Ersuchen, die 200-Kronennote zu wechseln, antwortete er ganz einfach: „Ich mechsle nicht.” — Hierauf erfundigte ich mich in böslihrtem Tone: „Wenn ich bitten darf, ‚warum haben Sie nicht die Güte, mir zu­­­mwechseln?” — Die Antwort war kategorisch und fast grob: „Weil ich nicht wechslel” — Hierauf entfernte ich mich. Ich will, zu diesem Tale bemerken, daß ich mir wohl nicht einbilde, daß der Beamte verpflichtet ist, Geld zu mechseln. Jedoch glaube ich — und das gesamte Oedenburger Publikum mich mir zustimmen — daß es in den heutigen ernsten und gereizten Zeiten ein Gebot der Höflichkeit und Menschlichkeit wäre, einem Mitmenschen zur Hilfe zu sein, wenn man es ohne Mühe leisten fanıı und [om wieso nicht] anderes zu tun Hat. It aber jemand 'Schon so unempfindlich, so wollen mir aber ent­ fchieden eine Höfliche, nit grobe Ab­­lehnung in den Hemtern Hören. Sch­iente die Aufmerksamkeit der Boftdirektion auf diesen Porfall, damit dem Beamten die nötige — ihm anscheinend unbekannte — In­­stenlation erteilt werde. Wir sind der Begrabungen in den Nemtern schon reichlich satt geworden. RB. Unsere Stadtturmuhr. Seit zwei Wochen geht dieselbe um­ 13—15 Minuten vor. Warum? Minister Baross Hat doch seinerzeit fü­r Ungarn die mittel­­eropäische Zeit angeordnet! Der, dem die städtische Uhr anvertraut ist, könnte sich doch die Mühe nehmen, wenigstens einmal in der Woche seine Uhr nach dem­ Mittagszeichen der Bahn zu richten. Bei der Sperr­­stunde ist den Wachleuten natürlich die städtische Uhr maßgebend, und so ist es einmal vorgekommen,­ daß eine­m Uhrmacher mit Strafe gedroht wurde, weil er sein Seihaft nach feier richtig­ gehenden Uhr gesperrt hat. Also,gestraft kann man hier werden, wenn man eine richtig gehende Uhr Hat, darf man sich da wundern, wo doch jede öffentliche Uhr anders, alle aber schlecht gehen ? L. Sch. Die Tfchechen bauen in VBreßburg einen Hafen. Die Tschechen haben den Bau eines Don am Hafend in Preßburg begonnen. Die Arbeit geht schon flott von­statten. E 3 wurde jeglicher Verkehr auf der Donau ver­­boten, Schiffe und Kähne werden beschossen. Das Zustandekommen des Korridors erhoffen die Tschechen in allernächster Zeit. Einbrun in der Dominikanerkirche. Gestern waren Einbrecher in der Dominikanerkirche, die sich schon in den frühen Abends­undert ans Werk machten. Einzel­­heiten sind noch unbekannt. Das Beinerträi­nis Des Pofthallse beträgt 7740 Kronen 86 Heller. Den unermüdlichen Arrans­geuren wird nochmals unwärmster Dank ausgesprochen. Oeterreich beläßt bloß 500 Zitanen bei den Reisenden. 2000 Kronen hat die ungarische Regierung als die Summe bestimmt, welche der Reisende bei Grenzüberschreitungen in Bargeld oder Effekten und Pretiosen mit­­nehmen darf. Die österreichischen Behörden laufen aber bloß 500 Kronen durch, so daß jet tagtäglich Reisenden, welche die ungarische liberalere Verordnung befolgten und das Mari­­munm von 2000 Kronen mitnahmen, z. B. bei einer Fahrt nach Wien 1500 Kronen nach Ueberschreitung der Grenze Sofort konfis­­ziert wurden. 63 ist im dieser peinlichen Sade ein Referent der österreichischen Polizei in Sauerbrunn bei der Grpositur unserer Grenz­­polizei erschienen, um über diese Divergenz der Borchriften zu beraten. Die Desterreicher Lasfen von ihrem starren Standpunkte nicht? nach, To it­en­­— bid nicht Verfügungen auch Budapest einlangen — ratsam, bloß 500 Kronen Bar­­geld auf die Reise nach Desterreich mitzunehmen. Die Grenzpolizei macht das Publikum durch unser Blatt hierauf aufmerksam, damit niemand durch die Unannehmlichkeit oder Berlust bei einer Konfisfation übereilt wird. Aufhebung des Urteils gegen Micyagl­er Wie den und gemeldet, wurde der befanmte Groß­­schläter Michael Krauß von der Grenzpolizei wegen eines Wiederportes aus dem Orter Draßburg zu 22.000 Kronen Geldstrafe und zur Konfissation des Hornvichs verurteilt. Infolge Nekurjes gelangte die Angelegenheit vor den Vizegespan, der, den Standpunkt des Verteidi­­gers, Dr. Bela Weiler, sich zu eigen machend, das Urteil aufh­ob und die Grenzpolizei zur Ergänzung des Beweisverfahrens verhielt. « Geeh­rt ih­alle von der Anklage Der Breistreiberei freigesprochen. Andreas Szemelifer jun. ersuchte anfangs 1917 seinen Bekannten, Viktor Mandula, den Oedenburger Eisenbahn- Kanzlei-Manipulanten, er möge ihn darauf aufmerksam machen, wer Burgunderrüben zu verlaufen habe, da er für die Stadt Győr Lebensmittel liefere. Diesem Wunsche entsprach ,· r = › , » -«·.­ ., > 2 a u M­­ ER u > ach ka AN 2 ah il u uähnininmnsen ” = N RT r EN­ RE « PR RE « ,. RETTEN > ” 3 Seite...« zu je Mandula und lenkte die Aufmerksamkeit auf den Großpächter Geza dv. So68, von dem Szemelifer sieben Waggon Rüben kaufte, wo­­für er dem Mandula an Vermittlungsgebühr­­ 700 Kronen al Ehrenhonorar zukommen ließ. Mandula wurde deshalb wegen Preißtreiberei angeklagt, der Oedenburger Gerichtshof sprac­h ihn jedoch von der Anklage frei. Gestern ver­­handelte die Naaber Gerichtstafel diese An­­gelegenheit und bestätigte — obschon der Oberstaatsanwalt Ernst Nacz die Anklage aufrecht hielt — das freisprechende Er­­kenntnis der ersten Instanz­ a - Telegramme der „Oedenburger Zeitung.“ Eine mildere Stimmung in der­­ Friedensverhandlung. New:York, 28. Februar. (Zimfentelegramm.) Seit Donnerstag ist bei den Friedensverhandlungen eine weit m­ildere Stimmung als bisher­ vernehmbar. Unter den Friedensdelegierten zeigt sich die größte leber­­einstimmung. Das erste Resultat Dieses Ver­­ständnisses ist, daß Deutschlands Abrüstungs­­programm auf Grund der Meldungen von Sachverständigen festgelegt wurde. Der Antrag wird in dem Friedensvertrag aufgenommen werden. Ftanfreid und England sind bereit, ihre Entschädigungs­­ansprüche herabzujegen Franfreid besteht nicht auf der Forderung nach dem linken Rheinufer. Bis zur Rüc­­kehr Wilfound werden auch andere strittige Fragen ihre Lösung finden. Dementierung des Attentates auf Wilfon.­­ Berlin, 28. Februar. Das Attentet auf Wilfon wird von allen Seiten dementiert. m Wilfon bleibt bie zum Friedensschluß in Europa. Paris, 28. Februar. Bariser Meldungen zufolge Hält es Wilfon für seine Pflicht, sich Bid zum Friedensschluß in Europa aufzu­­halten. 3“ — e - Die Unruhen in Mitteldeutschland, Berlin, 28. Februar. In Weimar ist man der Ansicht, daß die Unruhen in Mitteldeutschland planmäßig hervorgerufen werden. Man will Weimar von Ost und West umschließen. Die Stadt ist vorläufig noch außer Gefahr. Staundkatastrophe in der Automobil­­fabrik Kraft und Bülfine. · Wien,28.Februar. Heute in der Nacht brach in der Drechslerwerkstätte der Automobilwerke Kraft und Büssing ein Feuer aus, welches alle Gebäude der Fabrik in Gefahr versetzte. Der größte Teil der dort lagernden Maschinen,Motoren und Rohmaterialen ist dem Feuer zum Opfer gefallen- Der Schaden beträgt eine Million Kronen. Wirtschaftlicher Teil. Die Bodenreform in Ungarn. N. Das Geheg über die Bodeneinteilung und der hierauf bezüglichen Agrarreform in unserem Lande it bereits promulgiert und wir haben Anlaß genommen in der Nummer unseres Blattes vom 15. d. M. die michtigsten Be­­sti­mmungen unseren Lejern bekanntzugeben. Was in diesen Gejeg noch weiter wichtig it, wollen wir hiemit anschließen, so insbesondere den V. Abschnitt, welcher das Enteignungs­­verfahren in der Art regelt, daß der Aderbauminister eine Konstription aller wie auch der­ Genossenschaften und Dergleichen ans­ordnet, welche einen Anspruch auf einen gemeinsamen Bodenbasis erlangen sollen. Andererseits veranlaßt der Aderbauminister die Konstription der zur Befriedigung der Ansprüche in den einzelnen Gemeinden verwendbaren Grun­dstück. Der Landesrat bestimmt dann die Reihenfolge, wie die Belegaufteilung erfolgen soll und entsendet die Gemeinden,­­ -Bersonen,

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