Pannonia, 1879 (nr. 2-148)

1879-09-12 / nr. 110

- -­­ Seite 2 Kaschau, Freitag „PANNONIA“ 12. September 1879, früheren Gelegenheiten, keinesfalls in der Herabdrüfung des Bildungs­-Niveau­s und in der Verminderung der geplanten minimalen Forderungen, sondern einzig und allein in der Einsicht, daß weniger gute Schulen werthvoller sind, als viele schlechte. Die Zahl der protestantischen Gymnasien ist, wie­­ dies auch die Frequenz einzelner Schulen beweist, eine allzu g­roße. Als der­ katholische Staat nur katholische Schulen erz­­ielt, fühlte sich auch die kleinste Kirchengemeinschaft betro­­gen, für ihre Kinder Lehranstalten zu errichten, in denen der Glaube derselben durch seinen fremdartigen Geist, durch seine feindliche Tendenz gefährdet werde. So entstanden jene unvollständigen, schon ihrem Lehrkurse nach, noch mehr aber ihrer inneren Einrichtung und Austattung nach unvollstän­­digen Winkelschulen, welche eigentlich nur dem Streben, die protestantischen Kinder des Besuches katholischer Schulen zu entheben, ihr Dasein verdankten,­­ denn über die Mangels­haftigkeit, und besonders den gut dotirten und wohl einge­richteten Staatsschulen gegenüber nur zu auffällige Armselig­­keit Arne unter diesen Lehranstalten konnten die confessionel­­len Schulerhalter selbst keinesfalls im Zweifel sein. Heute ist nun die Sachlage­ eine wesentlich andere. Der katholische Staat ist verschwunden,­­leidigung Andersgläubiger die Verfolgung oder selbst die me­­ist nirgends in der Welt weniger zuhause als in Ungarn. Heute is daher die fernere Erhal­­tung schlecht dotirter und ungenügend eingerichteter Mittel­­schulen aus diesem Grunde ein ebenso zweckloser als unstatt­­hafter Anachronismus. Die Protestanten handeln deshalb nur in ihrem eigenen wohlverstandenen Interesse, wenn sie einen Theil ihrer Gymnasien faktisch auffassen und die auf diese Weise gewonnenen Mittel zur besseren Detirung ihrer übrigen lebensfähigen Lehranstalten verwenden. Nicht um viele, sondern um gute Schulen handelt es sich ; nur die Iegieren sind berufen und geeignet, wahre Stätten des geisti­­gen Lebens zu bilden. Politische Nachrichten. Die Nachrichten von unseren Truppen-Colonnen im Sandschak No­vi- Bazar geben bisher glücklicherweise zu keinerlei Bemerkungen und Erörterungen Anlaß. Die Kolon­­nen marschieren mit großer Vorsicht, im langsamen Tempo er bisher wurde ihr Marsch durch keinen Zwischenfall gestört. |­a vom So telegraphirt man aus dem Lager unserer Truppen 9. September: Die Truppen lagern nach sechsstündigen Marsche heute hier. Die Bevölkerung zeigte sich zeitweise, aber in keiner feindlichen Absicht. Aus Plevlje kam ein Za­­piteb, welcher im Auftrage des Commandanten der türkischen Truppen des genannten Ortes um Bekanntgabe des Zeit­­­­punktes des Einladens unserer Truppen ersuchte, damit das türkische Bataillon zur Begrüßung entgegengesendet werden könne. Ein Widerstand erscheint nicht mehr wahrscheinlich, obwohl die Haltung der türkischen Behörden bis in die jüngste Zeit viel zu wünschen übrig ließ. Befehle aus Stambul dürf­­ten die Renderung bewirkt haben. Noch heute Früh verlautete, daßs die Mohamedaner aus Taschlida flüchten, doch scheint die Meldung grundlos zu sein. Die Haltung der Truppen ist eine ausgezeichnete. Morgen sind wir in Taschlida. net sein. * Das Reformwerk der Pforte scheint in's Stoden ge­­kommen zu sein, noch ehe es recht in Angriff genommen wor­­den. Auch in Egypten spricht man wieder von allerlei Reformen. Der „Daily Telegraph“ veröffentlicht das Re­­formprogramm des neuen Khedive, wonach ein Staatsrath ernannt, der Posten des Premierministers abgeschafft und des­­sen Wirkungskreis vom Khedive selbst übernommen wird. Ministerverantwortlichkeit, Preßfreiheit, eine Notabelnkammer, der das Budget unterbreitet werden soll und die sich der größtmöglichen Redefreiheit erfreuen soll, Einführung einer neuen Bodensteuer stehen ebenfalls auf dem Programm. Da­­von dürfte zunächst wohl nur der legte Punkt ernsthaft in Angriff genommen werden. * | | Wie die "Daily News" erfährt, hat die portugie­­sische Regierung eine Concession zur Herstellung einer un­­terseeischen telegraphischen Verbindung zwischen Lissabon, den Azoren und Amerika ertheilt. Der Mam­maltarif soll auf Schillinge für das Wort beschränkt werden. Der größere Theil 2 des Capitals des neuen Unternehmens soll bereits gezeilt­­ Correspondenz. Lipto-Szt.:Mikle68, 10. September. (Orig.-Corr.) Im verflossenen Monate August wurde das alleinstehende Postgebäude in Hrádek, Privateigenthum des dortigen Post­­­­meisters Penn ein Raub der Flammen. Am 21. August äscherte eine Feuersbrunst fast die ganze Ortschaft Kokova ein, während die Bevölkerung am Felde arbeitete. Die beiden Kirchen und noch etwa 3 Häuschen entgingen der Verheerung. Nahezu 300 Häuser sammt Ne­­bengebäuden wurden ein Raub der Flammen. Die Noth ist gräßlich. Der Verdacht, das Feuer gelegt zu haben, ruht auf einer Person, die seit mehreren Jahren mit einem gewe­­senen röm.­kath. Pfarrer in wilder Ehe lebte dem Brande ihr Haus ziemlich hoch assecurirte, und kurz vor nachdem sie vorgab, ihr hätte geträumt, es werde ein Brand entstehen. Die Seherin wurde von der Hrändek'schen Bezirksbehörde ver­­haftet, gestand jedoch bisher nichts. Am 2. September schlug der Blitz in einen vom Felde Getreide nach Hlinik führenden Wagen. — Beide Zugochsen erschlug der Blitz ; der Fuhrmann kam mit verbrannten Klei­­dern­ und Körper an, ist jedoch durch die starke Erschütterung taub. — Man hofft, daß er aufkommen werde. Am 7. d. M. lud ein NädaS3er zwei Bienenstöde auf seinen Wagen, um selbe in S­t.-Miklos zu veräußern. Kaum rollte der Wagen auf der Landstrasse einher, als die, durch die Rüttelung des Bodens befreiten Bienen über die fahrenden Menschen und Pferde herfielen und wären dieselben lebens­­­­richterliche Urtheil gebracht hat, gefährlich gebissen worden, wenn es mit großer Kraftanstren­­gung nicht gelungen wäre, die Pferde durch den Wagen zum Stehen zu bringen. | | | a . Nr... 108 Tagesweuigkeiten. — Seine Tt. k. Hoheit Erzherzog Josef langt am 14. b. in Kaschau an und wird hier bis zum 17. b. bleiben, um den Wiandvern der Honv­darmee beizumahnen. “1 — Die Thätigkeit des Kaschauer Bantfilia­­les. Mit zu geringem Interesse verfolgt die kaufmänni­­sche Welt die Thätigkeit der hiesigen Filiales und somit hiel­­ten wir es doppelt für unsere Pflicht, gespannten Auges auf das 4%­­ge Geld zu bli>en, welches berufen ist, unserem Han­­del und unserer Industrie einen­ Aufschwung zu geben. Unsere Leser wissen es recht wohl, daß wir uns kein Blatt vor den Mund nehmen, wenn es gilt, die Interessen unserer engeren Heimath zu vertheidigen, und so haben wir denn widerholt unserem Befremden Ausdruck gegeben, wenn wir sahen, daß die Leitung Bahnen einschlägt, die nicht zum Ziele führen. Wir gestehen es offen ein, daß wir bereits der Ansicht waren, daß das hiesige Bankfiliale ein todtgeborenes Kind sei, welches früher oder später sein Dasein aufgeben werde, ohne daß die Bevölkerung demselben eine Thräne nachwei­­sen wird. Wir haben uns getäuscht ! Wir zögern keinen Moment mit der Erklärung, daß wir Alles zu schwarz sahen, und daß unsere Befürchtungen sich als grundlos erwiesen haben. Die Leitung des hiesigen Filiales hat mit ungewöhnli­­chem Fleiße sich über unsere Verhältnisse derart orientirt, daß es kaum eine Persönlichkeit bei uns gibt, welche über die Creditverhältnisse eines Einzelnen besser Bescheid geben könnte, als sie. Woher wir das Alles wissen ? Darüber können ‚wir leider keine Antwort geben, denn uns liegen keine positiven Daten vor. Wir haben uns viel Mühe darum gegeben, um von der einen oder anderen Persönlichkeit, die eingeweihter ist als wir, etwas zu erfahren, aber die Herren lassen sich nicht recht interviewen und so mußten wir bloß aus den Mienen lesen und aus einzelnen hingeworfenen Worten urtheilen. Nichtsdestoweniger sind wir der festen Ueberzeugung, daß wir die Wahrheit sagen, indem wir behaupten, daß bei der Zusammenstellung der Creditlisten die Bankleitung durch ihr Auftreten selbst die Censoren überrascht hat. Hiermit wollen wir jedoch nicht gesagt haben, daß die Herren in leichtsinniger Weise bei der Bestimmung der Cre­­dite vorgegangen sind, denn obgleich es uns nur angenehm sein würde, wenn unsere Geschäftswelt sich eines großen Cre­­dites erfreuen möchte, so müssen wir doch andererseits in Erwägung ziehen, daß eine Zettelbank die größte Vorsicht walten lassen muß. Zugleich bewüßt der Kaschauer wohlthätige Frauenver­­ein an dieser Stelle die Gelegenheit und hält es für seine heilige Pflicht, im Namen der Armen und Waisen hiemit allen jenen, welche zum Gelingen dieses Concertes mitge­­holfen haben, den innigsten und wohlverdienten Dank aus­­zusprechen, vor Allem den geehrten Damen und Herren, welche im Concerte, als auch denen, welche im Tableau so freundlich waren, mit ganzer Opferwilligkeit mitzuwirken , dann der Musik-Capelle des 65. Infanterie-Regimentes Erz­­herzog Ludwig Victor , der löbl. Direction der hiesigen Gas­­fabrik für die gütige Nachlassung von 5 fl. für die Beleuch­­tung; dem Herrn­­ Kluzsin3zky für seine Großmuth, welcher das Clavier unentgeltlich überlassen hat und sämmtlichen Herren Arrangeuren, die mit ganzer Bereitwilligkeit sich der Sache angenommen haben, um das Gelingen zu ermöglichen. Der Kasc­hauer wohlthätige Frauen-Verein. — Eine lobenswerthe That. Der ehemalige Wirth Herr Johann Buttler kam in einer stürmischen Weit vorigen Jahres nachhause und bemerkte an der Schwelle seiner Thüre ein kleines Bürschlein halbna>tt und zusam­­mengekauert. Was wir anerkennen müssen, das ist der Umstand, daß die Bankleitung, darauf Rücsicht genommen hat, allen jenen Firmen, die genügende Garantie bieten und die durch ihre Verbindungen dem Handel und der Industrie hilfreiche Hand leisten können, durch reichliche Creditbewilligung die Mittel dazu zu verschaffen. Unter solchen Verhältnissen dürfte in der That durch das Filiale das allgemeine Wohl befördert werden. Daß neben einer solchen Leitung auch die Herren Cen­­soren ihrer Ehrenpflicht dadurch gerecht zu werden bestrebt sind, daß sie in unparteiischer Weise gleichmäßig die Interes­­si­ai Bank und des Publicums wahren, versteht sich von elbst. Wir haben es für unsere Pflicht erachtet diese unsere Erfahrungen zur Kenntniß des Publicums zu bringen, weil man allgemein von dem Gegentheile überzeugt war. In einigen Tagen dürfte die Creditliste fertig sein und da mögen sich alle Creditbedürftigen, welche Anspruch auf den Credit zu machen berechtiget sind, vertrauensvoll an das Kaschauer Filiale wenden, denn nun sind wir überzeugt, daß dieselben das beste Entgegenkommen finden werden. Die Censoren sind wohl, wie es nicht anders zu erwar­­ten ist, streng, aber gerecht und unparteiisch. — Sonderbar! Bei der letzten Situng des Ma­­gistrates stellte der städtische Anwalt den Antrag, der Ober- Mitglied des Magistrates ist, möge sich aus der Sißung entfernen, weil über ein Ap­­worin der Stadthauptmann das erst­­e pellat verhandelt wurde. Der Magistrat nahm diesen Antrag an und der Ober­ zu befreien und da­ stadthauptmann mußte den Berathungssaal verlassen. Es ist dies ein so merkwürdiger Beschluß, daß wir diese Angelegenheit in unserer nächsten Nummer eingehend bespre­­cen werden, da wir in diesem Beschlusse eine gefährliche Competenzüberschreitung noch etwas anderes­ steht. — Zu Gunsten des Kaschauer Humanitäts:­­Vereines spendete Herr Josef Kalafony fünf Gulden, wo­­für ihm hiemit vom Vorstande Dank ausgedrückt wird. — Danksagung. Das am 6. b. zu Gunsten des hiesigen Armen- und Waisenhauses stattgefundene Wohlthä­­tigkeits-Concert erzielte an Einnahmen : " stadthauptmann, der bekanntlich erblichen, hinter welcher vielleicht Für Eintrittskarten d. 43304 189850: 40 Tv. Für Ueberzahlungen u. zw. durch Se. Hochwürden Herrn Dr. Constantin , Cafe: antik Ass SOULS­EE Frau Gräfin Marie Szapáry . 5 fl. — kr. Beten lt 5./fl.4-- Er. „Baronin Irma Szardagna 2 fl. - kr. Herr Volny, Domherr . 4 fl. — tr. „ Eduard Szerenczy . 2. fl. — tr. n Peter Jakab . 1 fl. 50 fl. „ Gedeon — fl. 50 fr. n ARönay — fl. 50 fl. „ Hanser — fl. 50 fr. NR Eee 7450722540750 X RT ernennen Ú Zusammen 440 fl. 10 kr. Hievon ab an Gesammtspesen 89 fl. 65 kr. Verbleibt an Reingewinn 350 fl. 45 kr. das Schaufenster. In großer Erregung betrat sie den Laden und erfuhr, daß das Bild eine Stunde zuvor an einen Herrn verkauft worden, der noch zwei Bilder, Sujets aus Shake­­speare, wünschte, wenn sie dieselben malen wollte. Welc­h­­ein Sporn das für sie! Der Weg zu Ruhm und Glück schien sich ihr zu öffnen. Sie ging heim, wie mit­­ Lorbeer umkränzt und trat in das alte baufällige kleine Haus so stolz, als wäre es­ ein Göttertempel und sie die gebietende Gottheit. Di beiden bestellten Bilder nach Shakespeare gefielen und Edith's leere Börse begann sich zu füllen. Mrs. Grierson klagte wohl oft, daß Edith die Staf­­felei nur verließe, um zu Snell zu gehen, aber Edith pflegte sie dann gleich wieder zu trösten, indem sie ihr allen nur erdenklichen Luxus versprach, sobald sie Mitglied der König­­lichen Academie oder etwas Aehnliches sein würde. Leicht entmuthigt und verzagt,­­ hatte Edith das Ge­müth ihrer Mutter, einer Italienerin, geerbt, aber auch ita­­leinische Rachgier war in ihrem Character und der ihr zu­­gefügte Schimpf wurde die Triebfeder ihres Ehrgeizes. Sie arbeitete und studirte spät und früh und erlahmte je ihre Energie, so genügte die Erinnerung an eines jener bösen Worte und an die sie leitende Ursache, um und ihrer Energie neue Flügel zu verleihen, sie zu kräftigen Der Weg war lange nicht so dornig, als sie erwartet hatte ; gute Modelle und belehrende Gespräche boten sich ihr dar, ohne daß sie selbst kaum wußte, wie. Ein paar geehrte Künstler begannen sich sodann für die Bilder mit E. G. in der Ehe gezeichnet, zu interessiren. Edith war längst ein richtiger „kleiner Studio“ geworden, wie Mrs. Grierson sie getauft hatte und in größerem hellerem Raume erwuchsen ihre Bilder an Farbe und Kraft wie Pflanzen, ihnen erinnerte mehr an „Scenen aus Macbeth“. Keines von Erfahre­­ner, war „E. G." auch bescheidener geworden und erkannte sehr gut, was ihre Kräfte überstieg.­­ Bei solchem Fleiße vergehen ein paar Jahre rasch und als fünf nach dem verhängnißvollen Maitage, an dem der arme Macbeth ausgewiesen wurde, verflossen waren, hatte „GE. G." die Befriedigung, berühmt und beinahe reich zu sein. Ihrer Mutter Klagen hatten auch ein Ende genommen, denn sie nannten jeht eine reizende Villa in Bayswater ihr „home“ und das baufällige Häuschen war mit der Vergangenheit zum Traume geworden. Alles aber erfüllt die Zeit nicht und. Edith's bitterer Haß gegen Stretton war noch nicht ge­­löscht ; alle diese Jahre hindurch hatte er heiß, wie am er­­sten Tage, da er sie durchdrang, in ihr gebrannt. Das Blatt hatte sich gewendet : sie war reich und er war arm ; sie war berühmt und sein Name war kaum bekannt , doch dieser Tri­­umph genügte ihr nicht. Nicht lange mehr währte es und die Stunde kam, da sie ihr Werk krönen konnte, wenn sie wollte. Bei Gelegenheit einer kleinen, ihr zu Ehren veran­­stalteten Mittagsgesellschaft hörte Edith, daß Stretton sehr krank sei und in wahrhaft kümmerlichen Verhältnissen lebe. Während alle an der Tafel ihr lebhaftes Bedauern äußer­­ten, saß Edith schweigend da. Beinahe jeder kannte und liebte Stretton , so war denn der eine „ganz ergriffen“, dem andern t­at es „unendlich leid“, einem dritten erschien es „ganz anfaßlich“ und wie der Beileidsbezeugungen mehr wa­­ren. Man wunderte sich, daß er bei seinem seltenen Talent nicht größere pecuniäre Erfolge erzielt hatte; er schien im­­mer die Gelegenheit zu verpassen, etwas zu verkaufen; er bliebe Dilettant in der Kunst; er wäre ein prächtiger Mensch, um den es schade sei; etwas müsse für ihn gesche­­hen u. s. Ja, w. in der That. Stretton war ein zu treuer Jünger der wahren Kunst, um sie zu einem Gewerbe zu erniedrigen. Er studirte die Natur und verschmähte alle Kunststübchen, das was in dieser Welt am meisten Geld einbringt. Er lebte vor seiner Zeit, so pflegte der kleine Boggs zu jagen. Endlich fing man an, dunkel den großen Werth seiner edlen Auffas­­sung, seiner wunderbaren Geschichtheit herauszuführen, als diese Krankheit ihn überkam und aller Mühe, aller Arbeit vorläufig ein Ziel regte. Die guten, braven englischen Her­­zen wurden durch sein Unglück gerührt, seine Freunde wur­­den Bewunderer und seine Bewunderer Freunde, als man bei Fisch und Wildpret lebhaft die Meinungen austauschte. Nur Edith zeichnete sich durch Schweigen aus, aber bat schließ­­lich um seine Adresse, welche sie sorgsam in ihr Notizbuch eintrug. Der folgende Tag brachte einen sonderbaren Wechsel ihrer Gefühle hervor. Zuerst beschloß sie, Stretton in vollem Glanze ihres Reichthums zu besuchen, um ihm zu zeigen, welchen Erfolg die Künstlerin gehabt, deren Bild er im Zorn als „entjeglich” verurtheilt hatte; dann aber verbannte sie fole Gefühle als unrecht. Der arme Mensc war krank und hülflos ; unmöglich konnte sie jegt zu ihm, um Rache zu nehmen. Sie dachte nach und fühlte, wie der jahrelang genährte Haß ihr früher so weiches liebevolles Gemüth verhärtet hatte. Einst wäre sie mit Schreden vor dem Gedanken zurückgewi­­sen, eines niedergeworfenen Feindes zu spotten. Wahr blieb es ja, daß er sich unwürdig benommen, aber — Wobhlan vergeben großmüthig, vergeben wollte sie ihm, in cristlicher Barmherzigkeit wollte sie­ ihn besuchen und gleichzeitig sollte er erfahren, wie gut es ihr ginge. von „verschiedenen kleinen Einkäufen“ Mama Grierson wurde informirt, als Nach­­mittags der kleine Brougham vorfuhr und bald rollte Edith davon , einem schweren reich garnirten schwarzen Seiden­­kleide­ward, die Aufgabe, eine ansehnliche Nota zu repräsen­­tiren, während ein Korb mit Pfirsichen und Weintrauben den Akt cristlicher Barmherzigkeit versinnbildlichte. Sie hielt vor einem armselig aussehenden Hause ; eine saubere, alte Frau öffnete und auf die Frage nach Mr. Stretton zeigte sie nach dem zweiten Stoß links. Sie lahmte zwar, versi­­­cherte aber, sie würde herzlich gern mitgehen, wenn nicht ihre Schwester gerade­aus wäre, die sonst die Hausthür öffnete. So stieg Miß Grierson die Treppen allein hinauf und klopfte „im zweiten Stoß links“ leise an. Es erschien der kleine Boggs mit roth verweinten Augen­­ und führte sie ernst hi­­nein, ohne sie mit einem freundlichen Worte zu begrüßen. Liebenswürdig begann Edith: „Wie geht es Ihnen, Dir, Boggs ? Io kam ?“ hier hielt sie wie versteinert inne. War das nicht ihre „Scene aus Macbeth“, das Bild, das über dem Kaminsims hing ? So gewiß als sie heute am 21. Mai lebte und athmete. Und was waren das für zwei kleinere zu beiden Seiten ? Zwei Studien aus Shakespeare, mit einem „E. G." in der Ehe. Langsam überlief ihr Blid die Wände. Sie waren mit ihren früheren Bildern bedeut­en, die sie zu Snell alle eigenhändig hingetragen,­­­­ FS 4 *

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