Pester Lloyd, Mai 1854 (Jahrgang 1, nr. 105-130)

1854-05-04 / nr. 107

·­­» Pest,3.Mai.­­Es ist nun der neue,gänzlich vervollständigte Verwaltungsorganis­­mus Ungarn-B in den ihm zugewiesenen Wirkungskreis getreten,das Räder­­werk ist fertig,auch die letzten Hemmschuhe sind weggefallen,welche der u­n­­gestörten Thätigkeit im Wege standen. Der»Belagerungszustand«»war zwar schon seit Lan­gem keine starre Fessel mehr,gehandhabt du­rch Männer von Eisen,mit der Zeit wären die Bande locker­ geworden,kaum fühlbar der schnell ernüchternte11,elastischen­ation. Dennoch muß die gänzliche Befestigung verselben aller Orten freudig begrüßt werden, als ein zweifaches Vertrauensvotum,­­ für die Dankbarkeit der Bölfer nämlich und fr die Zweckmäßigkeit des neuen, sorgsam gesichtel­ten Beamtenstatus. ES erleichtert aber auch ferner die Aufhebung des Bez­lagerungszustandes schon momentan die Personalkommunikation mit dem Auslande, die Errichtung von Vereinen, gibt der Preffe einen freieren Spiel­­raum, hebt die Schärfe der Kriegsgefete gänzlich auf, und fest die adminis­­trativen Zivilbehörden in ihren ungeschmälerten Wirkungskreis ein, so wie verfehlte durch die Allerhöchste Entschließung vom 10. Jänner v. a. im Borz hinein für den Fall ihrer Errichtung festgelest wurde. Diesem sogenannten Organisationspatente gemäß steht an der Spite der Landesverwaltung Ungarns die Person des Statthalters (Zivil und Militärgouverneurs); er ist oberster Chef der Statthalterei, welche ihre Amts­­handlungen in fünf Abtheilungen, je unter dem Vorsisz eines Vizepräsiden­­ten, ausübt; ihr untersteht unmittelbar Die Komitatsbehörde mit dem Ko­mitatsvorstande an der Spike; die unterste landesfürstliche Behörde ist Da- Stuhlrichteramt. Es dürfte nun, im Anbeginn ihres Wirkens, für unsere Leser nicht uninteressant sein, den Kreis der Amtswirksamkeit dieser definitiv errichteten Behörden in Bezug auf Handeld- und Gewerbeladen in Erinnerung zu bringen. Dem Stuhlrichteramte liegt ob, die Verleihbung von Landel-­­und Gewerbebefugnissen in erster Instanz, und zwar über Einveis nehmen der Gemeindevorsteher, insoweit nicht die Ertheilung bestimmter Ges­werber und Handelsrechte in den nachfolgenden Punkten einer höheren Be­hörde vorbehalten ist; E­ine Entscheidung in erster Instanz bei Ge­­werbestörungen, d. h. bei unbefugter Gewerbeausü­bung, mangelnder oder überschrittener Konzession, und ebenso bei Verhinderung und Störung der Gewerbeausübung der Dazu Berechtigten , — ferner die Ausübung der Markt- und Gewerbepolizei, ver­ratungs- und gewerblichen Tatord­­nungen , — endlich die Aufsicht über­ die Zimnentirung über Maße und Gewichte, so­wie die Niederwachung des Zunft und Innungswesens. Alle Rekurse gegen Anordnungen und Entscheidungen der unteren politischen Aemter müssen der Komitatsbehörde vorgelegt werden, welche dieselbe an die vorgelegte Statthaltereiabtheilung zu leiten hat ; jedoch kann da bei besonderer Dringlichkeit die Entscheidung in zweiter Instanz schöpfen. Die Komitatsbehör­de ertheilt folgende Gewerbebe­­fugnisse :: zu Kaffeehäusern, Glashütten, Potafchesiedereien, Kalt-, Supo- und Ziegelbrennereien, Zorfstichunternehmungen,, dann Wochen­­märkten, — die Nachsicht von Lehr-, Sersir- oder Wanderjahren, die von der Anfertigung von Meisterstüchen zur Erlangung eines Handels-, Gewerbebefugnisses oder Meisterrechtes — schließlich ertheilt sie auch Hau­­si­päaffe Die Statthaltereis-Abtheilungen entscheiden in höherer Instanz über die Entscheidungen obiger Behörden. Sie ertheilen die Befugnisse zur Errichtung von Landesfabriken, Apotheken, chirurgischen Gewerben, dann zur periodischen Transportunternehmungen und die Bes­willigung zur Abhaltung von Jahrmärkten. Der Vizepräsident dieser Abstheilungen hat die Pflicht,die Ge­­werbe,Vereine,Theater u­nd Schauspiele zu überwachen,während die oberste Leitung der die Ueberwachung betreffenden Einrichtungent­nd Maß­­regeln dem Statthalter übertragen ist. Der Statthalter gibt die Bewilligung für Vereine,die nicht einer höheren Genehmigu­ng bedürfen;er ertheilt ferner die Bewilligung zu Buchdruckereien,Buch-,Kunst-und Musikalienhandlungen,ferner das Befugniß zu Schauspielen und andern öffentlichen Produktionen­.Zur Er­­richtung eines stehenden Theaters muß die höchste Bewilligung eingeholt werden. Natürlich beziehen sich die überörterten Rechte und Befugnisse der Stuhlrichterämter nur auf jene Städte, welche ihnen untergeordnet sind, wogegen bei solchen Städten, welche ausnahmsweise unmittelbar der Ko­­mitatsbehörde oder Statthalterer-Abtheilung unterstehen, die dem Stuhl­­richteramte vorbehaltenen Rechte auf die Ersteren übergehen. Der Entwurf der neuen Hanveld- und Gewerbeordnung weicht im Allgemeinen von diesen Beifügungen nur in so weit ab, daß die Ertheilung der Nachsicht von Lehr, Gesellen- und Servizjahren der Statthalterei und die Bewilligung zur Errichtung neuer Apotheken dem Ministerium des Innern vorbehalten erscheint. Die oberste Instanz in Hanveld- und Gewerbe-Angelegenheiten bildet das Ministerium für Handel und Gewerbe. A Paris, 29. April. Man ist hier heute ganz rosiger Laune; mar schloffen, für jebt auch Fortschritte machen, Oesterreich, in dieser Mairegel Grund zur Modifizirung ihrer Politik finden könnte, vergessen, daß ver Ziwi­­tchenfall, um wen es sich handelt, den Wünscen , ist mit uns, — der endliche Sieg kann also nicht ausbleiben. Wir haben näm­­lich von über vom Kanal hödít erfreuliche Depeften erhalten. Die eine kün­­digt mit voller Zuversicht an: „Oesterreich hat sich endlich definitiv ent. Am 19. April verpflichtetete sich der Kaiser Franz Joseph den M Westmächten gegenüber, unverzüglich Griechenland, entweder bei Seutari, Prevefa oder Bolo mit einer Land- und Seemacht zu offupiren. Desgleichen jede Bewegung in Montenegro zu unterbinden. Preußer wird dem Beispiel Desterreichs folgen. Diese Entschliefungen waren cé, welche die Reise des Her- 3098 von Cambridge nach Wien veranlaßt haben." Eine andere Depesche, bar Hirt aus Wien, 28.April, lautet: „Desterreichs Intervention in Montenegro ist vorgeschlagen, die Bewegung von Albanien und der Herzegowina beschlossen ; die betreffenden Befehle sind gestern abgegangen." Wie viel nun an diesen Angaben Wahres, beurtheilen Sie wohl besser als wir­­ genug, die Pariser athmeten heute wieder auf von der Angst, welche in der legten Zeit sie befiel. Ber Schwiegen darf jedoch nicht werden, daß auch der „Moniteur“ seine Schuldigkeit gethan und wesentlich zur Hebung der Gemüther beiträgt. So ist es nicht ohne Wirkung geblieben, daß er die Räumung der kleinen Ta Yachet durch die Nuffen mit folgendem Kommentar begleitet: — „Mehrere Journale", sagt er, „stellen diese rückgängige Bewegung so dar, als sei sie von dem Wunsche diffirt gewesen, Oesterreich durch Entfernung des Krieger­schauplanes von seinen Grenzen zu beruhigen (rassurer). Jene, welche viel­­leicht glauben sollten, daß die österreichische Regierung in der Lage der Dinge nichts ändert, des Wiener Kabinett gar seine Befriedigung gibt. Die verschiedenen Akte, an denen es Theil genommen hat, vorzüglich das feste Konferenzprotokoll verlangen die Räumung nicht nur eines geringen Theis 163 der Walachei, sondern die Räumung zweier Donauprovinzen, so wie aller von russischen Truppen befesten Punkte des türkischen Gebietes. Des­­terreich hat fs, nicht blos und ausschließlich um die Sicherheit seiner Grenzen zu befehlsen, von Absichten der Westmächte angeschlossen, sondern weil es an der Aufrechthaltung des allgemeinen Gleichgewichtes und der damit verknüpften großen Interessen hat mitwirken wollen. Oesterreich wird sich somit nicht mit der Räumung der seinen Walachei begnügen und in Die­­sem Sinne, wir zweifeln nicht voran, hat auch das Wiener Kabinet auf die Mittheilungen geantwortet, welche ihm über diesen Gegenstand von der russischen Regierung gemacht wurden.“ Und, wie um den Freudenbes­eher zu füllen, wird ihm aus den russischen Ostseeprovinzen un­term 20. April geschrieben : „Die Nachricht, das Preußen das legte Wie­­ner Protokoll unterzeichnet, hat in St. Petersburg einen tiefen Eindruck hervorgebracht. Ale Mittheilungen flimmen darin überein, daß der Kaiser sehr niedergeschlagen sei." Wer sollte nun nicht frohen Muthes in die Zus­kunft bliden ? Auch wer bekannte Scherif Bou-Maza,­ der zu Billers-Coteret wohnt, hat um die Vergünstigung angehalten, in die türkische Armee eintreten und gegen Rußland kämpfen zu dürfen. Er ist kaum 30 Jahre alt und gilt für einen sehr tüchtigen Krieger. Schließlich wird aus Serfey geschrieben: Ent­­muthigt durch das Mißlingen der Versuche ihrer Chefs, die Ruhe Grant­reichs zu stören, haben mehrere Flüchtlinge sich an den Leutenant-Gouver­­neur gewandt, um von der englischen Regierung die unentgeltliche Fahrt nach Amerika für si und ihre Familien zu erhalten. Wien, 1. Mai. Wie man sie in vertraulichen Kreisen der hö­­heren Finanzwelt heute erzählt, ist das beabsichtigte Ansehen im Auslande dennoch zu Stande gekommen. Es ist, wie es heißt, dem Herr v. Czörz­ing zwar nicht gelungen, in London direkte Verbindungen zu schließen, allein man hat sich der Vermittelung des Hauses N­othschild bereits versi­­chert, und es ist ein Ansehen im Betrage von 242 Mil. Pf. St. kontra bert worden. Dies ist jedoch nicht dahin zu verstehen, als wenn die engli­­schen Banquiers ihre Betheiligung daran abgesagt hätten, man darf jei im Gegentheil auf eine reiche Theilnahme von dieser Seite mit Zuversicht rechnen. In jenen Betrag sol zugleich die Summe eingerechnet werden, welche das genannte Haus an Interessenzahlungen für österreichische Mer­­alliques im Auslande gegen Bong im legten Jahre ausbezahlt hat. Der hohe, unverrűdbare Stand des Silberagio’8 macht fest wieder manche Bez­­ergnisse rege. Man bringt denselben allgemein mit der Strirung des Zoll­­zuschlages von 359/9 für den Monat Mat in Verbindung und wie es leider scheint, nicht ganz mit Unrecht. Gewiß ist, daß v dieser hohe Zuschlag an der Unveränderlichkeit des Auto’s in ver­legten Wochen eine große Schule hat. Sobald die Metallvaluta nur die leiseste Neigung zeigt, unter jenes Firum hinabzugehen,­ sucht Ievermann, wer eine Zolzahlung zu leisten hat, Silber zu kaufen. In diesem Falle ist es nämlich v­ortheilhafter, mit Silber als mit Banknoten, die dann theurer tarkrt erscheinen, zu bezah­­len; es entsteht eine große Nachfrage nach Metall, die dasselbe aus­gewirk­lich wieder in die Höhe treibt. Was die renige Höhe des Silber­­agio’s für Nachtheile auf den Handel und die Industrie ausübt, ist zu all­­gemein bekannt und sehten zu oft erörtert worden, um hier nochmals darauf zurückkommen zu müssen; nirgends macht sie aber vielleicht dieser Druck so fühlbar als hier, wo der Schwerpunkt des zwischenländischen Beriehtes ruht, und der Wunsch nach durchgreifenden und wirksamen Finanzmaßre­­geln wird daher hier immer dringender. Heute sind in dem russischen Gesandtschaftshotel Depeschen vom un­teren Kriegsschauplage angekommen, die nichts weniger als eine freudige Aufnahme gefunden haben. Die Rufsen sollen von Gilistria gänzlich zurückgeworfen sein und dabei einen Berlcst von 400 Mann an Topfen und ü­ber 1000 Mann an Verwundeten erlitten und aut­­serdem­ noch sieben bespannte Kanonen eingebüßt haben. Der Ankunft des russischen Marschalls im Lager legt man hier in berufenen Kreisen seine solche Wichtigkeit bei, ald man glauben sollte. Man glaubt hier nicht, daß der Krieg den neuen bisher getroffenen Dispositionen zu Folge, sobald eine andere Wendung für Rußland nehmen werde. Heute hat der hiesige Jubilatenwarft begonnen, der von Jahr zu Jahr immer mehr abnimmt. Er hat zwar, sowie auch der Allerheiligenmarkt, nie eine große Bedeutung gehabt, da sie beide nur von Gewerbe­ und Kauf­leuten aus dem Sinlande besucht werden, allein gerade neuester Zeit, seit Wien den meisten Provinzen näher ist, als oft diese oder die andere Hans dergstadt des Landes, haben sie den legten Rest ihrer alten Wichtigkeit eins gebüßt. Man hat schon vor etlichen Jahren, als diese beiden Märkte von den Plägen der inneren Stadt auf das Glacis verlegt wurden, den An­­trag von Seite des Magistrates gestellt, dieselben gänzlich abzuschaffen ; wie ich höre, ist dieser Antrag neuerdings gemacht worden und es ist zu hoffen, daß sich diese Preußemärfte nicht lange mehr behaupten werden. Die katholische Kirche gegenüber der orientalischen Frage. Die „wentsche Rolfshalle”, der wir gestern die Nachricht ent­­nommen, daß auf „ver heilige Bater sich für den Anschluß Oesterreichs an die Westmächte a­usgesprochen“, schrift dieser Angabe folgendes Schreiben „eines hochgestelten, in jeder Beziehung wohl unterrichteten Mannes“ von der rusflsch-polnischen Grenze voraus : „Ihrem Wunsche will ich in einigen Worten nachkommen, die fast nicht ausreichen, für Sie aber nach dem Sage Sapienti sat­ genügen werden. Es han­delt sich eigentlich — wir wollen offen reden — darum, ob der Katholik für Ftankreich und England oder für Rußland sein soll, ob also Frantreich und England die orientalische Angelegenheit ordnen sollen, oder das selbstsüchtige, gefährliche, barbarische Rußland; denn die Türfer ist nur Objekt, nicht Subjekt in dieser Frage. Die Kirche hat nun offenbar das höchste Interesse für ihre freie Bewegung und Ausbreitung, die durch die Westmächte ges­­ichert, durch Rußland aber, wenn es materiell unwiderstehlich wird, auf das Aeuferste gefährdet­et. Und darin schon liegt, nach­ meiner Mederzeugung, die Rechtfertigung dafür, daß die Warpenträger der Kirche ihre Meinung ausgesprochen haben. Der Katholik muß auch gegen die Befestigung und allgemeine Verbreitung der Barbarei sein. Da die Tűrfet durc Frankreich und England per Zivilisation zugeführt wird, so ist hier nur die Rede von Nußland. Da ist absolute Gewalt von oben bis unten, Jever ist der Will­­für jedes Beamten preisgegeben, Gefege werden nicht respertirt. Der Nich­­terstand ist eben so völlig fäuflich, wie der Administratisbeamtenstand. An Sicherheit der Person ist nicht zu denken, unter hundert Gutsbesigern vers­cchwindet jährlich einer. Abgaben sind willkürlich und werden durch, die arm­­besoldeten Beamten um’s Vierfache und mehr erhöht. Eben­so ist an Sicher­­heit des Eigenthumes nicht zu denken, Verdacht, Bosheit, Derläum­ung bez gründet volle Konfissation, und es ist selten, daß nicht zugleich die empör­rendste Grausamkeit hinzutritt, wie Nägelabreißen, tausend Knutenhiebe und Aergeres. Ueberall Degradation der Kultur, wo sie vorgefunden wurde. So habe ich, wie von allem Dirigen, auch den Beweis, daß die Gy­mnasien in Nufsisch- Polen nur den Standpunkt ver Duarta erreichen. Wer nicht adelig ist, darf das Gymnasium nicht einmal besuchen. Alle auswärtigen Schulen sind unzugänglich, und das gemeine Bolt wird in thierartiger Rohheit ers­halten. Ich bin nicht für die halbe Bildung, welche gewisse Schulmeister unter das Bolt bringen, aber ich will religiösen Unterricht und religiöse Er­­ziehung, angemessen dem Standpunkte des Wolfes, ich will Darbildung der höheren Klassen, daß sie das Licht der Menge sein können. Ic Schließe. Frankreich steht auf Seiten der Kirche. England will sein Schisma und seine Häresie nicht verbreiten, hat vielmehr ganz andere Zeichen der Annäherung gegeben, als Rußland. Wie sollen wir nicht wün­­schen, daß solche Mächte die orientalische Angelegenheit ordnen ? — Aber die Umsturzpartei erhebt sich! Nun, eben das ist zu hindern, und der Sieg der Kirche zu sichern, wenn Oesterreich mit den Westmächten geht.“ Wir schließen viesem Briefe passend das neueste Manifest des russischen Kaisers an, gleich dem früheren fordert er zum religiösen Kampfe auf. Er lautet: „Seit dem Beginn unserer Differenz mit der türkischen Negierung haben wir unsern lieben und getreuen Unterthanen feierlich erklärt, daß einzig und allein das Gefühl der Bil­­ligkeit uns bestimmt , die verlegten Rechte der, der Pforte untertworfenen rechtgläubigen Schriften wieder herzustellen. Wir haben weder gesucht, noch suchen wir Eroberungen oder sonst einen vorwiegenden Einfluß in der Türkei, als jenen, der uns Fraft­­er bestehenden Verträge zusommt. Anfangs begegneten wir Mißtrauen und bald darauf einer geheimen Op­­position von Seite der englischen und der französischen Regierung, die es sich zur Aufgabe ge­­macht haben, die Pforte durch eine perfide Auslegung unserer Absichten in Irrthum zu füh­­ren. Nachdem England und Frankreich die Maste abgelegt , erklären sie, daß unsere Diffe­­renz mit der Türkei ihn ihren Augen nur Nebensache sei, und daß ihr Hauptzweck dahin gehe, Naßland zu schwächen, um einen Theil seiner Provinzen zur entreißen und unser Vaterland von der Stufe der Macht herabzubringen, auf welche es durch die Hand des Allmächtigen hingestellt worden ist. Ist es wohl das rechtgläubige Rußland, welches diese Drohungen fürchten soll ? Bereit wie es ist, die Kühnheit seiner Feinde zu strafen, wird es sie wohl vom geheiligten Ziele entfernen, welches ihm durch die göttliche V­orsehung amgewiesen wurde ? Nein’! Rußland Hat Gott nicht vergessen. Es hat nicht in einem weltlichen Interesse die Waffen ergriffen ; es kümpft für den christlichen Glauben und zur Vertheidigung seier un­terdrückten Glaubensgenossen gegen unversöhnliche Feinde. Möge er die ganze Christenheit erfahren, ver Gevante des Grafen ist jener seines ganzen rechtgläubigen Volkes, welches Gott und seinem einzigen Sohn unserem Heiland Sejus Ch­ristus treu geblieben ist! Wir sümpfen für den christlichen Glauben! Deus nobiseum, quis contra nos ?"" „Gegeben zu St. Petersburg, 11. (23.) April 1854. Nikolaus." Parlamentsverbandlungen vom 28. April. Dberhausfichung. Lord Campbell febt das Haus davon in Kenntniß, daß er am 8. Mai Die zweite Lesung der Bill beantragen werde, welche den 3wed hat, ven unautorisirten Verkehr mit dem Auslande zu verhindern. Unterhausfichung. Str 3. Walsh fragt, ob die Regierung sei­­nen Plan ausfindig zu machen im Stande sei, vermöge dessen sie den Trans­­port der nach dem Orient bestimmten Artillerie und Ka­vallerie auf Dampfbooten bemerkstelligen könne. Der erste Lord der Admiralität, Sir 3. Graham, er­wrdert, er könne hierauf nicht besser ant­­worten , als indem er anführe, was Die Regierung bisher gethan habe. Seit dem 8. Beber habe sie 830 Offiziere, 21.119 Soldaten und 2259 Pferde nach dem Orient gefhiet. Außerdem habe sie 2300 Zentner Munition dorthin gesandt und an Prosition für Kommissariat und Artillerie 8300 Tonnen. Zu Diefen Zmede seien son ihre 92 Transportschiffe, 20 Dampfer und 70 Segelschiffe angewandt worden. Wenn man die Entfernung in Betracht ziehe, welche Diese Expedition habe zurücklegen müssen,, so wie die kurze Zeit, welche der Transport erfordert ab so werde man finden, daß Aehnliches von England früher nie geleistet wor­­den sei. Daniel D’Bonnell wünscht zu wissen, ob die katholifgen Matrosen auf der Flotte noch immer gezwungen seien, dem protestantischen Gottesdienste beizumahnen. Sir 9. Graham antwortet: Es sei sest 100 Jah­ren darüber seine Klage vorgenommen. Nie werde ein Matrose bei seinem freiwil­­ligen Diensteintritt nach seiner Religion gefragt. An Sonntagen sei Die ganze Mannschaft gehalten, dem Gottesdienste und der Predigt an Bord beizumahnen, und es sei für den Dienst nicht wünschenswerth, Ausnahmen zu gestatten. Wenn Schiffe nicht auf der offenen See, sondern im Hafen liegen, sei es Swintchens­­werth,, den katholischen Matrosen Gelegenheit zum Kirchenbesuch zu geben, die Regierung habe aber nicht die Absicht , katholische Schiffskapläne anzustellen. Auf eine zweite, den Transport betreffende Frage erklärt er, Dampfer hätten sich für den Kavallerietransport als unzweikmäßig herausgestellt. Lord Dudley Stuart kommt auf die Zerstärung der russi­­schen Forts an der zirraffischen Küste zurück und fragt, ob die Zeitungsberichte über diesen Gegenstand richtig seien. Sir James Graham will nur von fünf seinen ruffischen Dampfern gehört haben, welche die Belabung jener Forts an Bord nahmen. Sie wurden vom Sampfon und einem französischen Dampfer angehalten. Die russischen Offiziere — so sei m wenigstens gesagt , aber er wolle es nicht für bestimmt ausgeben — hätten dem Kapitän Jones zum Zei­­chen der Medergabe ihre Degen überreichen wollen . Dieser jedoch habe si gewei­­gert, sie anzunehmen, weil er gegen seine Luftruktion war, ruffische Schiffe, die von einer ruffischen Küste nach einem ruffischen Hafen steuerten, wegzunehmen. Wenn es Das Haus wünsche, sei er bereit, die Depeschen von Kapitän Jones, dem durchaus sein Vorwurf zu machen sei, vorzulegen, und man werde sich über­zeugen, daß sie von den russischen Berichten ganz verschieden seien. Lord Dudley Stuart fragt, ob Die Pforte und die serbische Regie­­rung in eine Begehung Serbiens dur österreichische Trup­­pen eingemilligt habe. Lord John Nuffell antwortet, Serbien sei bis jet­son Oesterreich nicht betreten worden, und glaube er nicht, Daß irgend­welche Ar­­rangements für eine solche Ossupation getroffen wurden. Uebrigens habe Oesterreich erklärt, es hab­e sich, ohne Einwilligung des Sultans, nur dann zur Bewegung von Serbien berechtigt, wenn daselbst ein Aufstand ausbräche, oder die Auffen einmarschbirten. Digby Seymour kommt auf den oft erwähnten Bericht der „Times“ aus Gallipoli zu sprechen und macht die Verpflegung der Truppen auf tűr­kischem Boden zum Gegenstand einer Interpellation. Sie wird vom Kriegs­­sekretär Sidney Herbert in derselben Weise beantwortet, wie es von Der Ministerbant im Oberhause geschehen war; er versichert, Die Regierung habe in jeder Beziehung für die Truppen auf das Beste gesorgt; Zeitungskorrespondenten seien gewohnt, nur das zu berichten, was ihnen der Moment vor Die Augen führe, ohne tiefer einzugehen. Bobden wünscht die Aufmerksamkeit des Hauses auf Die Vorgänge in Griechenland zu lenfen. Es seien thatsächliche Beweise vorhanden, daß die britische Militärmacht an jenen Wirren einen Antheil zuge­wiesen erhalten habe. Capt. Peel sei in Prevefa gelandet, und Lord Stratford nehme sehr lebhaft Theil an diesen türkischen Angelegenheiten. Hr. Blunt habe Lariffa und andere Pläne besucht, wo er die Rolle eines faktischen Gouverneurs spiele, da Christen sowohl wie Türken gegen Die Bafchi-Berufs bei ihm Schuß suchen. Er bitte um Aufklärung über Diese Dinge. Er erinnere ferner daran, daß Lord John Nuffell geäußert habe, der griechische Hof sei seduld am ganzen Aufstande ; darum frage er heute den en­en Lord, ob er bereit sei, das Haug über die Beziehungen Englands zum Hofe von Athen zu unterrichten. Es sei dies wichtig, nachdem die Griechen, wie einst die Protestanten durch das Einst von Nantes aus Frankreich, so aus der Türfet verjagt worden seien (Ruf zur Ordnung ). Nun werde aber in England der ganze Handel mit der Türfet durch Griechen betrieben ; in Manchester und Glasgow allein sei ein Kapital von zwei bis drei Millionen 2. von solchen englisch­­griechischen Firmen involeirt . Diese Kaufleute seien meistens in Griechenland na­­turalisirt, aber Unterthanen der Pforte. Fünfzig bis fünfundfünfzig große grie­­chische Kaufleute in London seien ebenfalls in Griechenland, Oesterreich, Rußland oder England naturalisirt, weil sie sich unter dem türkischen Schube allein nie für sicher hielten. Es frage sich nun, wer diese Firmen in der Türkei vertreten soll, wenn alle Griechen verjagt seien. Deshalb wünsche er Aufklärung über die Vor­­fälle in Griechenland und die Beziehungen des griechischen Hofes zur britischen Regierung. — Lord John Ruffelt sügt die Vorlage der betreffenden Doku­­mente zu. Jede Nachricht — fügt er hinzu — die von Griechenland der Regie­­rung durch ihre Konsuln daselbst zukommt, bestätigt,, daß der Hof von Athen den Aufstand nach Kräften gewährt hat, daß Personen selbst vom Haushalt des Königs über die Gränze gegangen sind, um die Christen gegen die Tür­­ken aufzureizen. Diese Fasten seien vom Minister des Auswärtigen nicht einmal geläugnet worden . Dieser habe blog allgemeine Redensarten von der naturgemäß Ben Sympathie für die christlichen Türken fallen lassen. Kein Zweifel, daß viele Ehhristen nicht mit der Herrschaft der Tü­rken zufrieden seien ; zur offenen Empi­­rung jedoch seien sie erst durch Emissäre des griechischen Hofes vermocht worden. Was die britische Negierung betreffe, so habe diese durch ihre Schiffe griechische Fahrzeuge mit Waffen und Munition für die Insurgenten angehalten , und in Ber treff der Ausweitung der Griechen könne er nur sagen, daß der Sultan ein Recht dazu habe, Das Eoh­t von Nantes sei ein ungefehteter Vergleich ; denn im vo­rt liegenden Salle habe der Sultan nicht seine eigenen Unterthanen, sondern gefähr­­liche Ausländer ausge­wiesen. Ob dieser Schritt auch politisch gewesen, sei eine andere Frage, über die Gründe dazu seien der britischen Regierung seine Mit­­theilungen gemacht worden. Wenn man aber von Grausamkeiten der türkischen Irregulären spreche, dürfe man nicht übersehen, daß die Griechen leider eben so barbarisch gegen die Türken verfahren. Das sei nur eine Folge der ehrgeizigen Angriffe des Kaisers von Rußland (lauter Zuruf), die sie vorangsehen ließ, da Türfen und Christen wechselseitig gegen­einander gehegt wurden. Für diesen nicht zu rechtfertigenden Ehrgeiz habe sich aber bis fest außer dem ehrenmerthen Mitgliede für das MWest-Riding von Yorkshire (Cobven) kaum ein Vertheidiger gefunden. Bright sieht die Vertreibung der Griechen lediglich im Interesse der griechischen Firmen in England an, und da diese zu Schaden kommen, frage es sich einfach, ob es nicht Pflicht der englischen Regierung sei, gegen diese Mafregel zu protestiren. Es wäre längst geschehen — denn der Schritt sei offenbar unpoli­­tisch gewesen, — hätte England nicht einen Gesandten in Konstantinopel, der über den Hals in diesen Verwiclungen stehe. Man habe den Hof von Athen angekragt. Weßhalb ? Weil er auf das Verlangen ver­pforte Die freie Presse in Griechenland nicht unterbinden wollte? Der enne Lord habe auch den Kaiser von Rußland angekragt; dieser aber sei nie von Cobven vertheidigt worden. Der enne Lord habe das Verfahren des Kaisers trandulent ge­holten Lord John Ruf­sell: die russische Regierung­ — — — nun wohl, das tumne auf Eines hinaus, da der Kaiser die Regierung sei. Lord Palmerston habe in noch­ heftigeren Ansa­gen die Ruffen und heißt es, :

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