Pester Lloyd - Abendblatt, Mai 1859 (Jahrgang 6, nr. 100-123)

1859-05-04 / nr. 101

sein mag, werden wir unter allen Umständen zu erfüllen wis­­sen; aber ich zähle zugleich auf den so einsichtigen und wei­ßen Geist der römischen Bevölkerung, um mir diese Aufgabe zu erleichtern.“ Auch der päpstliche Nuntius erhielt befriedigende Erklärungen von Seite des Kaisers, der versichert, daß, wenn es die Ereignisse erheichten, Marschall Baraguay d’Hilliers Befehl habe, eine französische Division dem Papst zur Verfügung zu stellen. Der Kaiser beauftragte auch von Kardinal Morlot, den französischen Klerus von diesen feinen Intentionen zu unterrichten. Gehen wir zum Kriegsschauplase über, so meldet Feldzeugmeist­er Graf Gyulai aus dem Hauptquartier Lomelly 2. Mai 5 Uhr Nachmittag , bag Die Armee den Bormarsch bis in Die Höhe von Can- Dia und Bairov ungehindert fortgefecht, und daß bis jest nur Heine V­orpostengefechte vorgenommen , die zu Gunsten der österreichischen Armee ausfielen. Ein Turi­­ner offizielles Blatt enthält, wie uns bereits telegraphissch berichtet wurde, die Mittheilung : Der Feind hat Ber­celli belebt; in Rovara werden von den Oester­­reichern beträchtliche Nequisitionen von Lebensmitteln und Fourage ausgeschrieben werden; Nichterfüllung wird mit der Strafe des fünffachen Werthes bedroht. — Aus Turin sind ferner folgende Berichte eingelaufen : Der König hat eine Proklamation an die Nation erlassen, welche von dem Grafen Cavour gegengezeichnet ist und am 30. April zu Turin und allenthalben im König­­reiche veröffentlicht wurde. Die wichtigeren Stellen lauten: „Oesterreich greift uns an, während es Friedensliebe vorgibt ; nachdem es verweigert hat, unsere Differenz einem europäi­­schen Kongresse zu unterwerfen, verlegt es die England ge­machten Beisprechen ; es verlangt von uns , Die Zahl unserer Truppen zu vermindern und alle die Tapfern zu entlassen, die von allen Seiten Italiens zu eng herbeigeeilt sind , um die­ heilige Sahne der italienischen Unabhängigkeit zu verb­eiingen. So vertraue die Regierung des Staates meinem vielgeliebten Retter­ an und ergreife wieder mit meinen Soldaten Den Degen. Mir werden zusammen Tümpfen für Die Freiheit und die Gerech­­tigkeit, während uns die tapferen Soldaten des Kaisers Napoleon, meines evelmüthigen Verbündeten, so wie jene derBelfer Italiens, zur Kette stehen. Desterreich greift Piemont an, weil es stets die­ Sache des Baterlandes an den europäischen Konfeils ber­hauptet hat, und weil es nicht unempfindlich blieb für eure Schmerzensrufe. Desterreich bricht heute Die Verträge, es hat dieselben jedoch nie geachtet. Gegenwärtig ist das Recht Der Nation frei; ich kann ge­wissenhaft die Gelübde erfüllen, die 19­ auf­ dem Orabe meines erlaub­ten.Baters geleistet Habe. Vertrauend auf den Allmächtigen, auf unsere Eintracht, auf die Tapferkeit der italienischen Soldaten, auf das Bündnis der edlen französischen Nation, auf die Gerechtigkeit der öffent­­cien Meinung , geht mein Ehrgeiz nur dahin, der erste Sol­­dat der italienischen Unabhängigkeit zu bin Es Iebe Italten!“ Hinz Carignan hat seine Administration­samit inaugurist, Daß er eine supplementäre Aushebung für Die Marine bderreiírte. — Die allgemeine Amnestie für politische Flüchtlinge, heißt es, werde sich auf alle die nicht sardinischen Gebiete erstrecen, welche sich in dem jenigen Auf­­stande unter die provisorische Leitung Piemonts stellen würden. Meiter wird aus Italien berichtet : In Florenz werden durch Erlässe der revolutio­­nären Regierung zwar die Gesebe aufrecht­erhalten und die­jebigen Beamten bleiben in Wirksamkeit, bei Defre­­ten und Urtheilen jedoch, dem Namen des Orasherzogs bei der provisorischen Regierung substituert. Der Präfekt und dr Gonfaloniere von Florenz sind wegen ihrer Anhänglichkeit an ihren legitimen Souverain en­t­­wassen worden. Die Armee wird zum Behufe ihrer Mobilisirung organisirt und die Anwerbung von Freiwil­­ligen eröffnet; eine Finanzkommission ist niedergefegt, ein Kommissar in die Provinzen geschü­pft worden. — Der Groß­­herzog von Toscana ist am 2. b. M. über Rovigo in Pa­ D­un eingetroffen und hat um 31­ Uhr Nachmittags Die Reise nach Nabresina per Post fortgefegt. In Sizilien sol, nach einem Pariser Börsenge­­rüchte, ein Aufstand ausgebrochen sein, an dessen Soige der Graf von Syracus stehe. Aus dem Lombardo-Benetianischen bringt Die „Wien, Ztg." folgende Drei Prokla­­mationen: T­agsbefehl, aus dem Hauptquartier der Armee in Pasta, 29. April 1859, Soldaten! Se. Majestät unser allergnädigster Kaiser und Herr ruft Euch zu den Waffen und Shr begrüßet freudig das kaiferliche Wort, weil Shr gewöhnt und fol; darauf fehd, in demselben einen Ruf zum Siege zu vernehmen. Shr vers det für geheiligte Rechte, für Ordnung und Geieglich-­keit, für den Ruhm und Die Wohlfahrt Oesterreichs Kämpfen ! Schaart Euch­ also um unsere glorreichen Fahnen! Binnen wenigen Stunden merdet Ihr sie über die Grenzen des Rei­­ches hinaus gegen einen Feind tragen, der sie noch­ von Volta und Mortara bet­rennt und den Sihr auch diesmal wie bei Eustvsza und Novara niederschmettern werdet. Piemont hat die Großmuth vergessen, die ihm Oesterreichs Monarch schon zweimal angedeihen Ließ ; es hat von jeher unsere Manns­­zucht bewundert, es sol unsere Tapferkeit neuerdings kennen lernen. Auf Euch sind die Blicke unseres Kaisers gerichtet, mit Euch ist der Geist des alten Helden Nadessy ! Zu den Waffen also , Kameraden! Zum Siege mit dem freudigen Rufe: EsIebederf Kaiser! Gyulai, FZM,, Kommandant der Armee. Proflamation, an die Repvdelierung der Lombardie und des Benettantid­en Die Herausforderungen, welche eine, jeder Ordnung und jedem Rechte feindliche verwegene Partei im piemontesi­­schen Staate gegen die kaiserliche Regierung gerichtet hat und die Hartnädigkeit, mit der sie jedes Wort des Friedens und der Mäßigung zurückweist, haben die großmüthige Langmuth unseres erlauchten Kaisers und Herrn ermüdet und ihn bes­nimmt, mit Waffengewalt die Sache des guten Rechts und der Gerechtigkeit­ zu fchügen und sieghaft zu machen. Durch den Willen des Monarchen zum Oberbefehl der Armee beru­­fen, werden in dem Augenblick, in welchem die kaiserlichen Adler und unsere glorreiche Fahne die piemontesische­ Grenze überschreiten, auf Allerhöchsten Befehl für die Dauer des Krieges die Ge­walien der Zivil- und Militärregierung im lombardisch­­venetiantischen Königreich in meinen Händen vereinigt. Die Schnelligkeit, mit der Eure Jugend von Euren blühenden Flu­­ten weg zu den katserlichen Waffen geeilt ist, die Frei­willig-­keit, mit der Ihr für die Bedürfnisse unseres tapfern Heeres gesorgt habt, das allgemeine Pflichtgefühl endlich bürgen mir für die Aufrechthaltung der Ruhe und der öffentlichen Ordnung Angesichts jeder persiven Einflüsterung der Umsturzpartei. Zum Schuse Eurer Sicherheit, falls irgend ein Wahnwisiger sie stören sollte, wird eine ausreichende Macht in Eurer Mitte bleiben, um über Eure Ruhe zu wachen. Wehe demjenigen, der in irgend einer Weise es versuchen wollte die Ruhe zu std­­ten und die beiden des eigenen Landes noch zu erschweren, Gerechtigkeit, Achtung vor den Geseten, Gehorsam gegen die Autorität, so hat meine Devise von jeher gelautet. Franz Graf Gyulai, Sr. d­er Apostolischen Majestät FZM,, Kommandant der II. Armee und Generalmi­­litärkommandant des Lombardisch-Venetianischen Königreichs, Kundmachung an die Bevölkerung von Venedig, im Auftrag Sr. Erzeflenz des Herrn FZIM. Grafen Gyulat, Kommandanten der zweiten Armee, muß die Stadt und Teilung Venedig, mit den in ihrem Fortifikationsrayon mit inbegriffenen Inseln und Gebieten in Belagerung­s­zusand erklärt werden. Der Belagerungszustand , der morgen (80. April) beginnt und mit dessen Anfang­­­ mit der Militärgewalt auch die der Polizei verbinde, hat vorzugs­­weise den 3wed, Ordnung und Ruhe aufrecht zu halten und die Sicherheit der Personen und des Eigenthums der Bewoh­­ner zu fehtigen,­ damit jeder Bürger ungehindert der vollen Ausübung seiner rechtlichen und friedlichen Beschäftigungen nachgehen kann. Es wird seine Ueberschreitung zum Mach­theile der Bevölkerung geduldet werden ; andererseits wird aber auch jeder Berunch einer Nähestörung Seitens der Ber­­­wohner dieser Stadt und ihres oder jedes anderen 28 des mit Strenge niedergehalten und nach den Belkim, der Militärgefege bestraft werden. Um Unordnungen, und daraus hervorgehenden Folgen vorzubeugen, wird Hiermit an empfohlen, Zusammenrottungen in den Straßen zu vermeiden und sich an öffentlichen Orten aller der Ordnung zum widerlau­­fenden Reden zu enthalten. Da die Verhältnisse keine Preß­­freiheit zulassen, so wird auch die Mahnung zugefügt, daß jede auf politische Erschütterungen abzielende Schrift für den Ber­­faffer und Bruder die Strafe herbeiführen würde , die den Störern der öffentlichen Ordnung namentlich während des Ver­lagerungszustandes gebührt, in welchem sich die Stadt und ihr Sortifikationsrayon befinden werden. Venedig, 29. April 1859, Baron Alemann, ER­FME, Stadt- und Festungs- Kommandant. Anderweitige Berichte melden : Das preußische Bundeskontingent (1., 2. und 3. Korps) wird unter dem Befehle des Prinz-Regenten, und das Österreichische (4., 5. und 6. Korps) unter dem des Erz­­h­erzogs Albrecht fliehen. Das achte Bundesarmee­­korps sol der Prinz von H­effen fommandiren. — Die Deutsche Bundessversammlung Hat vorge­­fern in außerordentlicher Sigung Oesterreich 3 Mitthei­­lung über den Kriegsausbruch in Italien entgegengenommen und einstimmig beschlossen,, ihren Dant dafür auszusprechen, und das Kommunikat einem Ausschulfe zur gutachtlichen­ Ber­ichterstattung zu überweisen. — In Hannover wird der Nachricht von Separatverträgen zwischen Desterreich und deutschen Bundesregierungen widersprochen. In Bern verlangte am 2. b. der Bundesrath von der Bundesversammlung Genehmigung seiner Neutrali­­tätserklärung, Ermächtigung zu weiteren Vertheidigungsmaß­­regeln, unbedingten Kredit zu Anleihen und Ernennung des DOberfeldherrn. Der Tf. f. österreichische Gesandte über­­reichte das Kriegsmanifel. «m Bezüglich des russisch-französischen Ver­­trages schreibt man, der „D. A. 3." : „Louis Napoleon hat sich zur Loyalisirung des Krieges auf der Halbinsel verpflich­­tet, und für den Fall eines glücklichen Waffenerfolges auf­­ jede Territorialvergrößerung Stanfreido Calfo auch­ somit auf eine Annerton von Savoyen im Wege einer anderweitigen Gebietsentschädigung an Sardinien) verzicht geleistet, dafür aber Rusland die Verpflichtung übernommen, bei einer Mo­­bilisirung und Frankreich bedrohenden Aufstellung einer preu­­ßischen oder Bundesarmee sowohl an der österreichischen als preußischen Grenze ein Observationskorps von 100,0000 Mann aufzustellen.” Aus Triest wird telegraphirt : Ihre Ef. Hoh, die durchlauchtigste Frau Erzherzogin Charlotte ist am 2. Morgens von Hier mittelst Eisenbahn nach Laibach abgereist. * Wien, 3. Mai. An der Vorbörse war die Stim­­mung eine gebrüchte, Kreditartien gingen von 136 auf 134 zur, während Nordbahn bei lebhafter Trage eine feigende Bewegung machten. An der Börse zeigte es Kaufluft für Sonde und Aktien, wovon für Inländische Rechnung ziemlich ansehnlich gekauft wurde; die Kurse blieben daher in allen Gattungen fett und zum Theil selbst höher, der Wechseldiskont ist in­folge größerer Liberalität der Bank bedeutend zurückge­­gangen, die Kurse ausländischer Devisen haben sich jedoch abermals um 2 pCt. höher gestelt. Die Nachbörse Schloß bei stillem Geschäft : Kredit 134.70, Nordbahn 1392, Staatsbahn 198.50, Bantattten 695, Dampfschiffartten 342, 5pCt. Mer­talfiques 58.60, National 62,80, London 133.50, Silber 36, Dufaten Mang­ 6,48, London, 30. April. Der Getreidemarkt war unter dem Eindrucke der Befürchtung, daß in Folge eines kon­­tinentalen Krieges die Zuführ ing Groden gerathen werde, sehr animirt, und haben 1i Weizenpreise fest voriger Woche um 7­­ Gb. gehoben. Seit Montag sollen Drdres auf Ankauf von mindestens einer Million Ars, Weizen nach dem Konti­­nente versandt worden sein. Verantwortliger Redakteur: Karl Weisskircher, Schneppreifendruch von Emil Müller, Dorotheagafe Nr. 12, — Verlag der Perler Moypgeselschaft. den.

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