Pester Lloyd - Abendblatt, September 1862 (Jahrgang 9, nr. 200-224)
1862-09-11 / nr. 208
Donncrflag,11.8eptembct.Nr.208. WLISM C Die estnzelnte Numer kostet 4 kr.s.W.) IT Der Wiederanschluß verfielenbürgischen,,Partei«,nämlich der Komitate" Mittel-Szolnok,Krapna und Zarand und des Kövcier Distriktes,an Ungarn wurde,wie dem«Magyarorp jg« geschrieben wird,dieser Tage durch den in dieser Angelegenheit als königlicher Kommissär entsendeten Marmareser Obergespan,Joseph Man,»faktisch und definitiv««vollzogen.Der Korrespondent spricht deannsch aus,daß diesem Wiederanschlsse der»Theile«der Wiesderanschlußdeannten folgen möge.—Einer Mittheilung des»Kol.Közl"o"ny«zufolge wurden deven gewählten Kommissionen der Komitate Inner-Szolnok und Doböka in Siebenbürgen von den Leitern der betreffenden Komitate auf den 25.d.zIteiner Kongregation einzuberufen. Die israelitischen Einwohner Bel sgrads, welche aus Anlaß der bekannten Ereignisse nach Semlin geflüchtet, und daselbst eine gastliche Aufnahme gefunden, haben plöslich die Weisung erhalten, das ihnen gewährte Asyl binnen wenigen Tagen sehton zu verlassen. Ueber die Bedeutung dieses Vorfalles, in welcher allenthalben gerechtes Befremden hervorruft, Äußert ict eine Semliner Korrespondenz der „Agramer dtg." vom 3. b. M. folgendermaßen : Die Belgrader Juni-Ereignisse haben bekanntlich Tausende von Deutschen und die gesammte Belgrader Sudengemeinde aus Gerbten vertrieben. Sie suchten und fanden auf österreichischem Boden , besonders in Pancsova und Semlin, Schu und Aufnahme. Viele der Flüchtlinge haben ihren Wanderstab weiter fortgefaßt , indem sie sich in anderen Orten Ungarns niederliefen oder in ihre Heimat zurükkührten . Viele aber, und vorzüglich Juden, haben ihr bisheriges Afyl nit verlaffen und größtenteils auch nicht verlaffen künnen, da sie mit Belgrad no in den mannigfachsten Beziehungen siehen, und dort noch namhaftes Vermögen befigen , welches sie bis zur Stunde noch nicht realisiren könnten , und ohne welches sie si als Bettler betrachten müssen. Es muß in halbem Grade rühmend hervorgehoben werden , daß sowohl Die in Pancsova und Semlin kommandirenden FE, Generäle, als auch die Magistrate beider Grenzstädte Werke Aristlicher Barmherzigkeit an den Flüchtlingen übten, welche ohne tiese Unterstügung in das bitterste und unbeforeinlichste Elend gerathen sein würden; es muß ferner die edle Bereitwilligkeit anerkannt werden, mit ,welcher die Semliner Organe der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft Tausende von Flügtlingen und ihre Habseligkeit, ohne einen Kreuzer Vergütung dafür zu nehmen, mit ihren Dampfschiffen von Serbien bieder beförderten. Um indes von der Hauptsache nicht abzufhiweisen und auf den eigentlichen Gegenstand meiner Mittheilung zurückzukehren , muß idh hier zuvor zwei Tatsachen vorangehen lassen, nämlichie, daß durch das Zuströmen so vieler Fremden nicht etwa in Semlin vier in Pancsova Theuerung oder Mangel, sondern sogar im Gegentheile dur die, begreifeten Marktes wegen entstandene, von fremden Orten zugeströmte Konkurrenz Meberflug an allen Lebensmitteln entsanden Tt; ferner, daß den Kaffen der Semiliner und Pancsodaer Ermeinden durch Die an diesen Diten etablirten Irrmden nachteinerlei Belästigung ermachen ist, da Desonders die Suben mit einer an’s Unglaubliche grensenden Simarkung für ihre Armen selbst sorgen , obgleich die Reicheren unter ihnen sehr große Beruste erlitten haben. Dahingegen ist Kura die Belegrap der Flüchtlinge nach Pancsova und ganz besonders nach Semlin ein feldbewegtes Leben gebracht , die Geldzirkulation hat fichergestalt vermehrt , Kaufgewälbe , Gasthäuser und der gesammte Markt sind, in so hohem Grabe gehoben, daß für Semlin nicht allein , sondern für alle umliegenden Grenzorte die Belgrader Katastrophe ín der That eine Quelle des Mohlstandes und des Berbttensirs geworden ist. Man sollte nun denken, daß von Seiten der Pehörden der günstige Augenblick benügt worden sei, um Das, was biesser Moment gebracht hat, dauernd zu machen und mit allen Kräften dahin zu wirfen, daß Gemlin seine alte Handelssuperiorität wieder erringe. In der That erfahren wir auch, das in dieser Hinsicht nicht allein Schritte hohen Ortes eingeleitet sind, sondern daß auch die Semliner Gemeinde in richtiger Erkenntniß ihres wahren Vortheiles si) gegen die bisherige Beschränkung der Niederlassung von Juden in Semlin, und für die unbedingte Aufnahme derselbden In den Gmliner Gemeindeverband ausgesprochen hat. Um so entmurthigender mußte daher eine gestern hier angelangte Berorchnung wirken, durch welche den Fremden ihr Asyl in Pancsowva und Semlin dergestalt gefündigt wird, daß alle von Belgrad in die genannten Städte geflüchteten Fremden mit Ende September und eventuell mit Ende Oktober selbst in dem Falle abfiebeln müssen, wenn sie aufrechte Geschäftsverbindungen mit Belgrad wahhweisen künnen. Wenn diese hohe Berordnung wirklich ins Leben treten und nicht etwa durch Die Weisheit der höcsten Behörden modifizirt werden süllte, so wird dann Semitn in kurzer Zeit wieder eben so verüdet sein wie es in den legten Sabren wars der rechte Nugenblic, Semlin wieder zum Stapelplage des orientalischen Handels zu machen, wird dann verpaßt und Die Quelle des aus dem Handel fließenden Reichtums wieder verstopft sein, Wir maßen uns nit an, Über Herafregeln rechten zu wollen, dur‘ welche die Grenze selbst in Rücksicht auf Handel und Verkehr gewisse Beschränkungen erleiden muß; aber das glauben wir aussprechen zu künnen, daß Feine Negel ohne Ausnahme sein kann, und daß es solche Ausnahmen anch im Grenzgebiete gibt, wo eben die speziellen Berdingungen dieses Ausnahme höher stehen, als die allgemeinen Bedingungen der Grenzorganisation. Eine folge Ausnahmsstellung gebührt z. B. Semlin dur feine Lage, durch seine Tradition und durch die Derfihiedenheit der Verbhältnisse, welche zwischen dem rechten und linfen Gane-Ufer besteht. Semlin it die natürliche Rivalin Belgrad’s, und es hängt nur von der Weisheit und der Einsicht der bHödhíten Behörden ab, aus Semlin das zu machen, was es sein solte, nämlich der Stepelvlap des türstfch-ferbisih- österreicichen Provosten- und Manufakturenhandels, Daß dabei aber allerdings ein Stück vom Grenzprinzip geopfert werden müßte, das wollen mir jedenfalls zugestehen, Feinestwegs aber bedauern. Semfin hat schon einmal einen günstigen Augenblick für sich verpaßt, als die Donaukampfstfffahrts- Gesellschaft Winterhafen und Werften am Semliner Donat- Ufer aufbauen wollte, aus vielerlei Gründen aber ihr grobes Etablissement nach Warcsowa an einen weit weniger passenden Ort verlegte. Aber dem ungeaachtet flaggen am Semliner Ufer nos fortwährend zahlreiche Dampfbote und Wägentransportschiffe, welche Donau auf- und abwärts, forte in die Theiß und Cave, an deren merfantiem Kapntenpuntte Semlin Iegt, vertrebten. Und Semlin selbst, dıllen merzwürdige Lage an einem Flußsystem von einer Ertensive, wie es im europäischen Weltlande nicht feines Gleuben hat, gewissermaßen den Handel herausfordert, fich dort niederinfafe fen — biefeg Semlin ist spp und nichre welter — als eine :