Siebenbürger Bote, Juli-Dezember 1852 (Jahrgang 62, nr. 104-207)

1852-07-02 / nr. 104

————— . — 51 g­ ünstigen Ernteaussichten wollen die Getreidepreise noch immer nicht Alten, im Gegentheile waren die legten Wochenmärkte fast ohne Zufuhr, und die Preise scheinen langsam noch Höher Hinauf gehen zu wollen. Jedenfalls läßt sich eine bleibende und nachhaltige Minderung der ge­­genwärtigen Theuerung der Lebensmittel erst nach vollendeter Ernte erwarten; fest halten noch sehr viele Verkäufer mit ihren Vorräthen zurück. Das Getreidegeschäft mit Ungarn hat im heutigen Jahre einen großen Aufschwung genommen, und beschäftigt die Schleppc­iffe der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft auf das Lebhafteste. Mit den Getreidepreisen werden auch die der übrigen Lebensmittel zurückgehen und den Gewerbsmann hoffentlich in die Lage verlegen, bei Ausfertigung der Rechnung seiner Erzeugnisse endlich einmal eine etwas billigere Hand zu führen. Das Obst betreffend zählt das gegen­­wärtige Jahr durchaus nicht zu den gesegnetsten. ‘Dagegen verspricht Die Kartoffelpflanze reichlichen Ertrag. Möchten die Hoffnungen so vieler und namentlich der Armen nicht getäuscht werden! Brody, 18. Juni. Die Gutsbefiger haben dem Kreisamte un­­längst eine Bittschrift überreicht, worin ihre Verhältnisse zu dem Land» voll in eindringlicher Weise auseinandergefegt, und um gefegliche Re­­gelung der Arbeitslöhne gebeten wird, da eine solche gegenwärtig als das einzige Mittel erscheint, die ewigen Zwistigkeiten einer für beide Theile befriedigenden Lösung entgegen zu führen. Man steht allgemein mit der größten Spannung der Erledigung dieser Bittschrift entgegen. Ausland Stuttgart. Der „®. St. A.“ enthält einen von dem Chef des Justizdepartements, Staatsrath Frhrn. dr. Pleffen vorgelegten Ge­ jegesentwurf in Betreff der Bestrafung der Verbrechen gegen den deut­­schen Bund; derselbe lautet: Wilhelm, von Gottes Gnaden König von M­ürtemberg. Nach Bernehmung Unseres Geheimen Raths und unter Zustimmung Unserer getreuen Stände verordnen und verfügen Wir, wie folgt : Einziger Artikel. Der Artikel 148 des Strafgefegbuches vom 1. März 1839 in Betreff der Verbrechen gegen den deutschen Bund ist wieder hergestell. Der Artikel 22 des Gefeges vom 13. August 1849, betreffend die Abänderungen einiger ee des Strafgefegbuches und der Strafprogeßordnung, ist aufgehoben. Der Ar­­tikel 148 des Strafgefegbuchs vom 1. März 1839 sagt: „Wenn ein Angriff oder eine Verschwörung gegen das Dasein, gegen die Integri­­tät oder gegen die Verfassung des deutschen Bundes gerichtet wird, so kommen die Strafbestimmungen ded Art. 141 (bezüglich des Hocverr­ats) zur Anwendung. Ist zu einem Stiege gegen den deutschen Bund aufgefordert oder in einem wider den Bund entstandenen Kriege der Feind auf die in dem Art. 145 angegebene Art unterfragt worden, so sind die im Art. 147 festgelegten Strafen (des Landesverraths) wider den Thäter zu verhängen.“ In das Gefeg vom 13. August 1849, be­­treffend die Abänderung einiger Bestimmungen des Strafgefegbuches und der Strafprügeßordnung, war in Folge der damaligen politischen Lage Deutschlands die Vorschrift aufgenommen worden (Art. 22): „Die Bestimmungen des Art. 148 des Strafgefegbuches gelten nunmehr von dem Verbrechen gegen das deutsche Reich.“ Baris, 22. Juni. Die heutige Sagung des gejeggebenden Kör­­pers, in welcher die Budgetdebatte eröffnet wurde, begann um 4 Uhr. Hr. Kerdrel verlangte das Wort in der allgemeinen Diskussion. Er sagte, das Budget sei das Schlachtfeld der ehemaligen politischen Kämpfe gewesen. Er werde dieselben nicht verläumden, heute gebe es keine Tribune mehr, das Budget sei eine bloße Finanzfrage. Was dann nun der geießgebende Körper in Finanzangelegenheiten tun? Darum handle es sich. Macht und Verantwortlichkeit bedingen sich gegenseitig. Man wird mir den Einwurf machen, rief der Redner, daß man von d­iesem Jahre, welches ein Ausnahmsjahr ist, nicht auf die fünfzigen schließen dürfe. Dann hätte man und aber auch später zusammenrufen oder und nach Hause fleiden sollen, bis der Staatsrath die Gefegpro­­teste sattsam studirt hatte. Dies ist so wahr, daß ein Brief, der dieser Tage aus einem Departement hier ankam, fragte, wann denn eigentlich der gefeggebende Körper zusammentreten werde? In einer Epoche der Revolution muß man nicht Reformen und Neuerungen einführen wol­­len; man muß warten. Warten wir denn, bis Frankreich wieder im ordentlichen Sahıwasser ist, damit das Schiff nicht an den Klippen, an die es bereits stieß, scheitere. Um das Budget zu prüfen, sollten die Bureaus der Verwaltung uns offen stehen. Sie sind uns geschlos­­sen. Wenn Ihr als Bittsteller kommt, werden sie Euch geöffnet, wenn She als Aufseher des öffentlichen Schaßes fommt, bleiben sie versperrt. She seht weder die Eliefs der einzelnen Dienstzweige noch die Minister. Bloß der Staatsrath bleibt Euch übrig. Was ist denn der Staats­­rath ? In der Budgetangelegenheit sollte er eigentlich nichts sein,­ er ist Alles. Das ist ein Unglück; denn wenn es sich um das Budget handelt, braucht man praktische Männer, und die Staatsräthe sind dies nicht. Doc lassen wir den Staatsrath ; ich gehe zur Budgetkom­­mission über. Warum werden die Amendements, die Derselben zuge­­­­­hrt werden, nicht veröffentlicht ? Für die Amendements ist die Oeffents b­reit eine Prüfung, man würde sie mehr erschöpfen. Wederdies hofft’ Jeder, der ein Amendement gestellt hat, daß die Kommission dasselbe­­ auf seine Rechnung vortragen werde. E83 fommt die Diskussion, Euer Amendement fehlt, die Konstitution verbietet, daß Ihr Euer Amendement selbst vorbringt. Ich Fomme regt zu einer noch wichtigeren Frage, zum Votum des gefeßgebenden Körpers. Seid Ihr bei demselben frei? — Nein. Der Staatsrath hat Euer Amendement verworfen; es ist null und nichtig, als ob er niemals d­agewesen wäre. &8 bleibt Euch nur noch der eine Ausweg, den ganzen Budgetartikel, auf den sich das Amendement bezog, zu verwiekn, aber dieser Artikel kann z. B. gerade den Budgetposten für den Gendarmeriedienst betreffen, und den fanur doch Niemand verwerfen. Da, wenn es sich um ein bloßes Gefeg han­­delte ... , das könnte man verwerfen, wir haben ein ganzes Arsenal davon; aber bei einem Budgetartikel muß ich die absolute Unterwers­­ung vorziehen, denn die Gewalt zwingt mich dazu. Es ist dies das vollendeteste Beto. — Wie die Dinge fest stehen, ist die Regierung bei dem ebrauche, den sie von unseren Finanzen macht, nicht Hinlängs­lich Kontrollrt. — Der Vorfigende, Hr. Billault, bemerkt, daß er aus Achtung für die Person des Redners indenselben seine Rede habe fortl­iegen lassen, aber daß er ihn hätte unterbrechen können, ja unterbrec­hen sollen (Nein! Nein!); denn er habe mehr von der Konstitution, als vom Budget gesprochen. — Hierauf bekommt Hr. Devind das Wort. Er hält eine längere Rede, in welcher er die Budgetkommission lebhaft angreift. Ihm antwortet Hr. Chaffeloup-Laubat, Berichterstatter der Kommission, in gleich lebhafter Rede. — Sodann ergreift Hr. v. Montalembert Das Wort. Er erklärt, daß er hauptsächlich von dem Geschäftsreglement der Kammer sprechen wolle und den Präsidenten und die Kammer im vorhinein darauf aufmerksam mache. Der Präs­­ident läßt ihm das Wort. Hr. v. Montalembert sagt, er würde lieber von allgemeinen Prinzipien sprechen, aber die Zeit sei denselben nicht günstig. Er werde seine Bemerkungen blos auf die Unzukömmlichkeiten des Mechanismus, der die Kammer regiere und den die Regierung leicht ändern könne, beschränken. Der Redner hält sodann dem parla­­mentarischen Regime, dem Regime von 1814 bis 1848, eine Lobrede, ohne jedoch dasselbe ganz so wie er war wieder hergestellt zu wünschen. Er behauptet, daß die parlamentarische Regierung binnen 30 Jahren die Staatsschulden durchaus nicht vermehrt habe. — Hr. v. Montas­lembert geht sodann darauf ein, zu zeigen, wie der Geschäftsgang, den die Konstitution vorschreibt, wohl für gewöhnliche Gefege ausreichen möge, seineswegs aber für die Prüfung des Budgets, und knüpft dann an die Bemerkungen des Hrn. Keredrel über das Schicsal der Amendements an. Welche Bedingungen besigt der Staatsrath, daß er (statt der Minister) mit und das Budget disfutirt ? Er bereitet es nicht vor, er nimmt es nicht ein, er gibt es nicht aus. So ein armes Amens dement kommt ganz allein, oine Advokaten, wie ein Delinquent, vor den Staatsrath, wird gerichtet, verurteilt und abgethan, ohne daß man seine Vertheidigung hört. — Der Redner stimmt nun auf das Amens dement wegen der Neduktion der Armee. Die Armee, sagt er, betru vor dem 2. Dezember 360.000 Mann, jegt will man sie auf 400.00 Mann bringen. Warum? Sollte etwa Europa zaubern, Die gegens­wärtige Regierung anzuerkennen ? Das glaubt Niemand. — Sollte etwa Die Gefahr im Innern sein? Man sagte und in der Kommission, daß die Ruhe nur auf der Oberfläche sei und ging sogar so weit, uns die Zahl der Mitglieder der geheimen Gesfschaften im Herault-Depar­­tement auf 63.000 anzugeben. Mein Erstaunen hatte den Gipfel er­­reicht, denn wenn die Freunde der Regierung so reden, was sollen dann ihre Gegner sagen? Was wäre die Lage Frankreichs gewesen, wenn die Regierung 400.000 Mann in ihre Heimath entlassen hätte? Dieses legtere wollten wir und hätten Damit 50 Millionen erspart. Aber wie konnten wir mit einem solchen Amendement beim Staats­rathe durchdringen? Um zu einer Diskussion zu gelangen, hätten wir der Kammer die Verwerfung der ganzen 160 Milionen für die Armee vorschlagen müssen. Da ich ein solches Resultat vor mir flah, sagte ich zu mir, daß alles unnüß sei, denn was vermag die Kammer? — Nichts! Glaube Niemand, daß ich für den geießgebenden Körper ein glänzendes 208 geträumt habe. Wir sind feine Berühmtheiten. Diese figen nach den Worten der Proklamation vom 2. Dezember im Senat und im Staatsrat­. Wir sind, Dachte ich, einfach ehrliche Männer, Die da sind, um zu wotiren .. . um die Einnahmen und Ausgaben zu kontroliren, eine Art Departementalrath), der über das ganze Land auss­gedehnt ist. Doc nein, wir sind nichts; wir sind eine Fiktion, und ich für meinen Theil, ich nehme diese Rolle nicht an. Ich werde das Budget der Einnahmen votiren, das der Ausgaben werde ich verweis­­en. Ich maße mir nicht an, jemandem einen Rath zu geben. Ich spreche für mich. — Die Rede Montalembert’s wurde mit Beifall aufs genommen. Mehrere Staatsräthe antiworteten Darauf: Die Rede des Staatsrathes Stourm erregte bedeutende Igitation, indem er erklärte, die Versammlung greife die Konstitution an, die sie beschworen habe. Noch größere Sensation erregt ein Schreiben des Staatsministers, welches vom Präsidenten der Kammer vorgelesen wird, und worin im

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