Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1893. Oktober (Jahrgang 20, nr. 6023-6048)

1893-10-24 / nr. 6042

« Medaktion und Noministration Heltauergasse 23. Erscheint mit Ausnahme des auf Sonn- und Leiertage folgenden Wochentages täglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 Kr., ‚vierteljährlich 2 fl. 50 kr., Halb­­jährig 5 fl., ganzjährig 10 fl, Dans Bustellung in’s Haus, mit Zustellung 1 fL, 3 fl. 6 fl. 12 fl. Abonnement mit Postversendung: Für das Inland: bierteljährig 3 fl. 50 kr., RE 7 fl., ganz­­­­jährig 14 fl. Für das Ausland: bierteljährig 7 NM. oder 10 Fre3., halbjährig 14 RR. oder 20 De ganzjährig 28 AM. oder tcB. Eine einzelne Nummer fostet 5 fl. d. W. Unfrantirte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurücgestellt. Nr. 6042, AX. Jahrgang Siebenbürgisch-Deutsches Sageblatt. Hermannstadt, Dienstag 24. Oktober 1895 Srnem­mers­ionen und Inserate Wosstehen außer dem Hauptbureau, Heltauers Waffe Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, H. Dresswandt’s Nachfolger, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, Schässburg Carl Herrmann, Bistritz G. Wachsmann, Sächsisch-Regen Carl Fronius, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Lehrer, Wien Otto Mass (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A Opelik, M. Dukes, Dieinrich Schalek, J. Dannas­berg, Budapest A. V. Goldberger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co., Hamburg Adolf Steiner, Karoly­n Liebmann. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmonbzeile fostet beim einmaligen Einladen 7 kr., das zweites mal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. MW. ex­­celusive der Stempelgebühr von je 30 fr. Die Frage in Ungarn. Der Münchener „Allgemeinen Zeitung“ wird aus Budapest vom 15. d. geschrieben: Der ungarische Reichstag, der am 25. September wieder zusammentrat, hat sich gestern abermals auf drei Wochen vertagt, nachdem er in diesem ersten Abschnitt seiner diesjährigen Wintersession nicht weniger als zehn Sigungstage mit ebenso heftigen al unfruchtbaren Debatten über die Antworten des Skönigs in Borogfebes und Güns verbrangt hatte. Diese Antworten des Monarchen an die ihn begrüßenden geistlichen und weltlichen Deputationen hatten schon vorher die Tagespresse, insbesondere die Zeitungsorgane unserer oppositionellen P­arteien aufs eifrigste beschäftigt, und er wurde schon hier vom Ministerium Merkerle mit dem leidenschaftlichsten Angriffe im Parlament gedroht. Diese Oppositionsparteien, respettive deren journalistische Vordenker­­ und Ratgeber, wollten in ihrer patriotischen Entrüstung erkannt haben, daß jene königlichen Antworten Ungarns Staatsidee verleugnet, die magyarische Nation auf das Niveau der Übrigen Nationalitäten des Landes herabgefeßt, die berechtigten „nationalen Apirationen“ verunglimpft, die Opposition in unpatriotischen In­­tentionen verdächtigt haben, daß sie die „drohenden Gefahren einer allseits hervorbrechenden Reaktion” signalisieren u. j. m. Man muß wahrlich staunen über die Willkür, Srivolität und Bös­­uütigkeit, mit welcher öffentliche Kundgebungen der Krone hier behandelt, aus­­gedeutet und eigenmächtig beurteilt werden. Das Erstaunen steigert sich aber zum Widerwillen, wenn man beobachtet, zu welch tadelnswerten Partei, ziveren die ebenso Haren als gerechtfertigten Worte des Königs mißbraucht t werden. Was sagten diese königlichen Antworten ? Im Borosfebes tadelte der König die „Betonung leerer Schlagworte“, den „übertriebenen Chaubinismus und die verdammensunwürdigen Straßenaus­­­breitungen”, welche dem „wahren Patriotismus“ fernstehen, und er empfahl dagegen wiederholt und eindringlich „den gesamten Staatsbürgern Ungarns”, da sie „ohne Unterschied der Religion und Sprache, im engen Zusammen­­halten und in gegenseitiger Eintracht ruhig den Segen des Friedens, des Fort­­schrittes und des Wohlseins genießen sollen“ ; er ‚ermahnte ganz besonders die Bischöfe der romanischen Kirche, dahin mitzuwirken, daß dieser Friede zwischen den Nationalitäten, sowie die „Achtung der Verfassung und der Gehege des Landes überall und überhaupt in dieser Gegend s­orgsam gepflegt und ges­­ichert“ und das Volk „von jenen schädlichen Aufreizungen ferngehalten werde“, die „in manchen Gegenden die Irreführung des D­olfes bezi­ehen“. Welcher vernünftige Mensch vermag in diesen tadelnden und ernst mahnenden Worten des Monarchen auch nur den Schein einer „Aufmunterung der siörrischen Nationalitäten“, einer „Demütigung der herrschenden magya­­rischen Nation“ zu erbliden? Unsere Oppositionsparteien brachten diesen Kunst­­stüc zu­stande. Ja, sie fanden in den Antworten des Königs zu Ging eine erhebliche Mehrung und Verstärkung der „Oravamina von Vorossebes“. Jun Süns berührte unsere patentierten Patrioten auf Seite der „Aeußersten Linken“ und der „Nationalpartei” ganz besonders schmerzlich das königliche Tadelwort betreffs der „Bethörungen“ und der „unfruchtbaren Bersprechungen“, vor denen das Volk zu bewahren sei. Ueberdies erachteten diese Oppositionellen die „bes­rechtigte nationale Aspiration“ Ungarns für verlegt, weil der Monarch den staatrechtlichen Ausgleich des Jahres 1867 als ein „bilaterales Ueberein­­kommen“ bezeichnete, dessen „Erschütterung sowohl den Glauben in den be­­stehenden geieglichen Zustand schwächen, als auch den wahren Interessen des Landes, sowie der ganzen Monarchie und infolge dessen auch den Regenten­­pflichten des König entschieden widerstreiten würden. Diese bei dem feierlichen Anlasse der Monarchenbegegnung so entschiedene Sprache des Herrschers Hat die Freunde des bestehenden staatsrechtlichen Zu­­standes höchlich erfreut und beruhigt und unzweifelhaft bei den verbündeten Mächten Oesterreich-Ungarns die Zuversicht auf die Stetigkeit und Dauer der inneren gefestigten Staatsordnung der habsburgischen Monarchie gekräftigt, da­­gegen die Gegner und falschen Freunde dieser geieglichen Ordnung auf das heftigste erbittert. Sie erblichken darin wohl mit Recht eine scharfe Verurteilung ihrer destruktiven sezessionistischen Bestrebungen, denen sie so gerne das ver­­lobende Mäntelchen der „berechtigten nationalen Aspiration”, der „Aus­gestaltung und Entwicklung“ des Ausgleiches im „nationalen Geiste“ um­­hängen, um die Menge, politische Kinder und ehrgeizige Streber, zu berücken. Man irrt indessen unserer Ansicht nach gar sehr, wenn man das k­önigliche Tadelhwort nur gegen das Trennungsgelüste in Ungarn gerichtet meint; der staatsrechtliche Dualismus Hat ja leider auch in Oesterreich seine Gegner, und diese mußten sich durch die Worte des Monarchen nicht minder getroffen fühlen. Nach der parlamentarischen Theorie und Praxis machte auch die unga­­rische Opposition für die königlichen Erwiderungen die Regierung, speziell den Ministerpräsidenten, verantwortlich, und um diesen Akt der parlamentarischen Aburteilung erfolgreicher vollstreben zu können, haben die feindlichen Brüder der „Aeußersten Linken“ ihre getrennten Fraktionen verlassen und sind voll Reue in die „Mutterpartei” zurückgekehrt, wo man sie mit Jubel und offenen Armen aufgenommen hat; nur der frühere Bräses der Achtundvierziger, der Abgeordnete Karl Eötvös, blieb mit etwa sechs Genosssen draußen und gründete mit seinem Häuflein Getreuer eine neue „Unabhängigkeitspartei, an deren Lebensfähigkeit jedoch die Gründer selbst nicht glauben. Die vereinigte staatsrechtliche Opposition zählt im ungarischen Abgeord­­netenhause heute über hundert Mitglieder und bildet mit den ungefähr siebzig Mann der „Nationalpartei“ des Grafen Albert Apponyi eine bedeutsame Kon­­zentrierung parlamentarischer Kräfte, wohl geeignet, um den politischen Kampf gegen die Regierung und ihre Partei andauernd, wenngleich nicht erfolgreich aufzunehmen. Eine Probe dieses Kampfes lieferten diese Oppositionsparteien in der soeben abgelaufenen leidigen Gravaminaldebatte. Es wird immerhin zu den ungewöhnlichen Vorgängen gehören, daß ein Ministerium selber seine Zustimmung und Mitwirkung giebt, um die parla­­mentarischen Angriffe gegen sich desto umfassender und allseitiger gestalten zu lassen. Der Ministerpräsident Dr. Weierle offenbarte durch diese feine Haltung nicht nur eine seltene Loyalität gegenüber­ der Opposition, sondern er befundete durch seine Einwilligung, in eine „großangelegte Gravaminaldebatte” Hin­­sichtlich der königlichen Antworten in Borosfebes und Güns einzugehen, zugleich ein ebenso nicht alltägliches Selbstvertrauen und Kraftbewußtsein. Und so erlebten wir nun das Schauspiel, daß eine Regierung mit ihrer Zustimmung zur parlamentarischen Verantwortung gezogen wurde wegen Aeußerungen der Krone, über deren Korrektheit, Berechtigung und Zeit­­gemäßheit bei allen besonnen wenfenden Bolitifern sein Breifel obmwalten konnte. Ob ein solches­ Entgegenkommen von Seiten des Ministerpräsidenten Weferle politisch Hug und heilsam gemwesen, darüber gehen auch heute noch die Meinungen unter den Freunden de Stabinets auseinander. Die abgelaufene zehntägige Oravaminal-Debatte bewies allerdings, mit welch einem hohen Grad von Leichtfertigkeit, ja Frivolität die Oppositionsparteien des ungarischen Ab­­geordnetenhauses die wichtigsten und heitelsten Fragen des Staatlichen Lebens behandeln; diese Debatte war abermals ein Bewei von der sinniosen Ver­­schwendung von Zeit und Kraft, welche auf langwierige, unfruchtbare, sogar Höchst­schädliche Wortgefechte vergeudet wird, anstatt endlich ernstlich Hand anzulegen an die dringlichst notwendigen Reformen. Endlich machte diese Debatte neuerdings selbst dem blödesten Auge dar, daß außerhalb der heutigen liberalen Regierungspartei in Ungarn dermalen seine politische Partei oder Sra­tion vorhanden ist, welcher König und Volk die Führung der Regierungs­­geschäfte mit Beruhigung und Vertrauen in die Hand geben konnten. Und dieser Umstand muß im­­ Interesse des Landes als eine schwere Kalamität be­­dauert werden. Für die Regierung und ihre Partei haben diese jüngsten Parlam­ents­­debatten allerdings manches Erfreuliche geboten. Daß die Regierung in ihrer Haltung gegenüber den Nationalitäten pflichtgemäß gemwesen und nicht den verhängnisvollen Weg des übertriebenen Chauvinismus gewandelt ist, ja fs bereit zeigt, die offenkundigen Fehler in der bisherigen Nationalitätenpolitik duch das Ergreifen versährlicher Maßregeln gut zu machen, das muß vor allem als ein erfreuliches Moment, in dieser Debatte bezeichnet werden. Wir haben an dieser Stelle schon wiederholt ausgeführt, daß drakonische Strenge, Polizeimaßregeln und gerichtliche Verfolgungen und Verurteilungen, sowwie Ausschließung von der­ Anteilnahme an den allgemeinen Staats­wohlthaten keineswegs die geeigneten Mittel seien, um die Nationalitätenfrage in Ungarn zu lösen. Man muß nur lebhaft wünschen, daß die besonnenere Politik, welche Minister Hieronymi den Nationalitäten gegenüber angekündigt hat, als bald in bestim­mten und konsequenten Thaten ihren Ausdruch finden möge ; denn hier ist wahrhaftig Gefahr im Verzug. Mit großem Beifall wurde er ferner begrüßt, daß das Ministerium Welerle die verschiedenen Anläufe gegen die Machtspure der Szone mit Energie zurückwieg und den Nachweis führte, daß Ungarns König kein Schattenfürst sei und nicht zum bloßen „gekrönten Vollstreber der Beischlüsse der jeweiligen P­arlamentsmajoritäten” Herabgedrüht werden dürfe e­ine willen» und ges­­chlechtslose Herrscherpuppe nach der Historisch­mie staatsrechtlich interiesten Auffassung des schablonenhaften Parlamentarismus kennt das ungarische Staatsrecht nit. Unsere Oppositionsparteien wünschen aber aus engherzigen oder kurzsichtigen P­arteis oder Nationalinteressen diese Entstellung des Nechts­­und Machtkreises der Krone des heiligen Stefan. Wie in dieser Beziehung, so war es auch hinsichtlich der Auffassung über die staatsrechtliche Natur und Wesenheit des Ausgleichsgeleges vom Jahre 1867 von guter Wirkung, daß sowohl der Ministerpräsident als auch der Justiz­­minister die Zweiseitigkeit dieses staatsrechtlichen Webereinkommeng auf Grund der pragmatischen Sanktion vom Jahre 1724, die ein bilateraler Vertrag ist, aufs nachdrückichste verteidigten, daß die Stabilität dieses Ausgleiche, der in den Beziehungen Ungarns zu Oesterreich für unabsehbare Zeiten ein Definitivum geschaffen hat, ganz besonders betont und dabei hervorgehoben wurde, wie die Regierung und ihre Partei an diesem Ausgleiche unverbrüchlich festhalten, davon nicht aufgeben, aber demselben auch nichts hinzufügen wollen. Diese Fertigkeit und Entschiedenheit hatte unstreitig ihre guten Wirkungen, melche sich auch im Schoße der Regierungspartei selbst äußerten. Se heftiger die Angriffe der Opposition gegen die staatsrechtliche Ordnung vom Jahre 1867 wurden, desto enger schlosfen sie­ die Reihen der etwas geloderten Regierungspartei; denn hier will niemand an dem staatsrechtlichen Zustande Ungarns etwas ändern lassen, weil von all den drohenden inneren Uebeln ein staatsrechtlicher Streit das größte Unglück des Landes wäre. E 3 unterliegt wohl seinem Zweifel, daß dieses entschiedene Eintreten des Kabinets Wekerle für die intakte Aufrechterhaltung der königlichen Majestäts­­rechte und für den staatsrechtlichen Ausgleich vom Jahre 1867 die Position des Ministeriums auch der Krone gegenüber gefestigt hat. Die Folgen dürften schon dennächst so zeigen, da­ßs kaum noch fraglich erscheint, daß der König seine Einwilligung zur Vorlage des Ehegesees auf Grundlage der obligator­ii­hen Bivilehe nicht länger vorenthalten werde. Der Kultusminister gab übrigens in dieser Beziehung exit gestern seiner zuversichtlichen Hoffnung Aus­­pruck. Noch ehe der Reichstag in die Debatte über das nächstjährige Budget eintritt, wird er im Befige des vierten und wächtigsten kirchenpolitischen Ges­­egentwurfes sein.­­ Mit der endlichen Vorlage dieses Gesetzentwurfes hat jedoch das Kabinet Weterle die ihm entgegenstehenden Schwierigkeiten und Hindernisse noch lange nicht beseitigt;ja der ernste Kampf wird erst dann beginnen.Abgesehen nämlich von der gefährlichen Gegnerschaft,welcher diese kirchenpolitischen Reforms vorlagen­ nach wie vor beidem­ Klerus,im Volke und in den Kreisen des Hochadels begegnen,haben die jüngsten Parlamentsvorgänge diesen Reform­en neue Gefahren gebracht.Bekanntlich bestand in einem Teile der,,Aeußersten Linken«unter Führung des Abgeordneten Karl Eötvös eine Fraktion,welche die Kirchenreform der Regierung m­it Freuden begrüßte.Diese Fraktion und ihr Haupt erlitten im Schoße der eigenen Partei eine harte Niederlage,und der Zusammenschluß der Fraktionen Polonyi und Ugron unter Ausstoßung der Fraktion Eötvös bedeutet zugleich einen Verlust an Unterstützung für die Benilleten. Ein Varurteil. Roman von Doris Freiin vd. Spättgen. (46. Fortlegung.) 17. Kapitel. „Aber, Maud, um des Himmels willen, was fällt Ihnen ein? Gie es Sie mit dem tollen Husten werden si doch nicht etwa gar an der lawn-tennia- Partie da draußen beteiligen wollen?! Nein, für so verrüdt halte ich Sie nun doc nicht. Wenn die anderen solche Narren sind, bei nur 6 Grad Wärme im­ Freien den blödsinnigen Unsinn zu treiben, so mögen sie es doch thun. Allein Sie dürfen das nicht! Wollen Sie mir nicht folgen, so laufe ich schnur­­ftrade zu Mr. James und ersuche denselben, daß er als ihr Eheherr ein Veto­­ dagegen einlegt.“ „Das würde nicht das geringste Füßen, beste Miß Larford. James stört mich niemals in meinen Vergnügen, da er ganz genau weiß, daß ich in dergleichen Dingen gern den Kopf auflege, daß Heißt: tue und lafe, was ich will,” lautete die von einem spöttischen, halb trogigen Lachen begleitete Antwort. Maud Clifford hielt die Glasthür des sogenannten Wintergartens,in welchem sie mit ein­er älteren Dame stand und die ihr darin den Weg ver­­sperrte,bereits in der Hand und machte Miene,zu entschlüpfen. Im­ selben Augenblick wurde sie jedoch ziemlich energisch am Arm erfaßt. »Stops Noch zwei Minuten bleiben.Sie stehen,ehe Sie dort draußen in den Tod rennen.Wir beide sind jetzt gerade ganz allein im Palmenhause; keine Menschenseele hört uns,daher will ich endlich einmal frisch von der Le­­ber herunter reden. Gie Dr daß ich eine verdreßte alte Kungfer voller Narrenspofsen und Exzentrizitäten hin, die den Leuten so gern Drobheiten an den Kopf wirft und im stillen sich findlich darüber freut, wenn sie ‚einmal ein paar „gute Freunde“ gründlich zusammengehegt hat, daß diese glei Kampfhähnen auf einander 108 fahren. Natürlich macht und spottet man heimlich über mir, weil ich mich trog meiner fünfzig Jahre und meines Budeld wie eine Balle­­tina Heide, eine unmögliche Haarfrisur und falsche Stirnlödchen trage. Heim­­lich macht man, denn eigentlich zittert doch alle Welt vor Olivia Lamford, deren juiges Sänglein gleich einer giftigen Schlange tötlich verwunden kann. Alt und Jung meinen: Olivia Lamford ist intrigant, jüdisch, fach und ohne jede Spur von Herz; in ihrer Brust würde man nur ein abgestorbenes Knorpel­­gebilde finden. Das glaubt man. D, ich kenne ja die guten Leute, die mir täglich schmeicheln, und deshalb Harfe und verachte ich diese heuchlerische Menge.“ Mrs. Clifford machte einen vergeblichen Versuch, sie zu befreien. Durch die hohen Glasscheiben der Thür sah sie, daß draußen die Partie bereits be­­gonnen hatte. Allein um so fester hielt die Dame sie fest, indem sie fortfuhr : „Da ich nun seit drei Wochen Ihre wie meines Better Gastfreundschaft genieße und nicht einmal danach frage, ob die verschrobene alte Jungfer auch gerne gesehen ist auf Clifford House, so regen sich in meiner Brust Doch zu­­weilen ganz närrische Gedanken. Es giebt Stunden, in denen ich, Olivia Lam­­ford, die Gefürchtete — mich in Unruhe und Bein verzehre, Und marım ? Weil ich es bisher noch nicht Habe ergründen können, wie Sie — grade Sie, Maud, im tiefsten Innern über mich denken.” Der jungen Frau Meine Hand, welche noch eben so ungeduldig gezucht hatte, strich plößlich zärtlich über des alten mißgestalteten Fräuleins Schulter und sanft entgegnete sie: „Weshalb sollte ich das verschweigen? Ich meine, daß Mia Lamford dennoch ganz falsch beurteilt und ihr oftmals sehr wehe gethan wird; dann ferner, daß ungeachtet ihrer scheinbaren Härte und ihres zur Schau getragenen Menschenhaftes ein großes, warmes Herz in ihrem Rusen schlummert, daß...” „Bit, pit, und ftil mit solchem Bläßsinn!” fuhr die Dame polternd dazwischen, obgleich ein seltfanes Zuchen über die verwitterten Züge glitt. „IH müßte wie ein siebzehnjähriges Gänschen, dem das erste Mal von Liebe vor­­gewwinselt wird, erröten. Balsch beurteilt würde ich? Unsinn! Ein großes Herz ? Narrheiten ! Die ganze Menschheit ist, meiner Ansicht nach, al nicht einen Pfifferling wert — d. h. eine ausgenommen.” Halb ungläubig lächelte die junge Frau. „Vielleicht gehört es auch mit zu meinen Schrullen und Exzentrizitäten, daß ich plöglich als mein Interesse, als meine Sympathie auf eine gereifte Feine Maud Clifford getroffen habe. Das ist Höchst fomisch, nicht wahr?Doch wenn man der Sache auf den Grund geht,ist es so wunderbar nicht.Der häßlichen,boshaften alten Jungfer ist es nämlich im ganzen Leben nicht begegnet,daß jemand ihr warme Teilnahme und findlichen Respekt ent­­gegengebracht hat.Anfangs machte mich das höchst stutzig,weil ich es für Spott hielt;aber dann...«——die Sprecherin zögerte und weidete sich an dem­ Mienenspiel der schönen Frau­,»aber dann habe ich mir einm­al in einer schwachen Stunde­ mein Himm­el,jeder Men­sch hat wohl hin und wieder dergleichen Gefühlsan­wandlungen——zugeschworen,erstens,wo immer es sei,in der großen Welt oder im Familienkreise,über Sie zu wachen,Maud,und zweitens­ soviel es in meinen schwachen Kräften steht,Ihnen zu nützen! Aber bringen Sie diese sonderbare Schrulle meinerseits nicht etwa mit der aus geschmecktem verbrauchten Bezeichnung»Liebe«in Verbindung!Da ich weder Eltern noch Geschwister«habe,auch nie einen Geliebten besaß,so kenne ich diese Em­pfindung gar nicht.Mein Lebtag bin ich eine verbitterte Egoistin gewesen,dereand­ das eigene liebe Ich war.Sie,die schön­e,gefeierte Frau, mit dem reinen Kindergemüte und der engelhaften Duldsam­keit,deren Person ein Nimbus eisiger Unnahbarkeit umweht.Sie sind m­ir sympathisch und interessieren mich.Ich halte Sie für ein psychologisches Räthsel!Voilåidono!« »Nein,onein,sagen Sie das nicht,Miß Olivia,sie haben m­ich lieb, wirklich und wahrhaftig lieb,«rief Maud,des alten Fräuleins Gestalt mit beiden Armen umschlingend,wobei sie einen Momen­t den Kopf an dessen Schulter schmiegte.»Ach,rauben Sie m­ir doch den Glauben nicht,daß ich die wahre Zuneigung eines edlen Herzens besitzt.Ganz im Stillen hat mich das schon oft beglückt und mit Genugthuung erfüllt.Wenn ich ihre lieben Augen zuweilen so son­derbar auf mich gerichtet fühle,dann muß ich im­m­erdenken: in dieser Weise hätte die längst verstorbene Mutter mich wohlangeschaut-ist es doch wahrhaft wohlthuend und beglückend,hier,wo alles um m­ ich her so fremd ist,eine Seele zu besitzen,die es treu und gut meint.« .,Närrchen,was schwatzen Sie das Sie haben ja Jam­es,Ihren Gatten, der von Rechts wegen ihr bester,einzigster Freund sein soll.Was fragt solch’ jungverheiratete,glückliche Frau­ nach der Zuneigung einer halb übergeschnappten alten Cousine,«warf Miß Lawford in ihrer burschikosen Art lachend ein. Pen Bird verwandte sie jedoch von dem wie mit Blut übergossenen holden ejicht. \ ·

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