Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1897. Juli (Jahrgang 24, nr. 7156-7182)

1897-07-31 / nr. 7182

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Ueber die weltgeschichtliche Bedeutung Bismarcs sind ja die Urteile wahrsceinlich von geschlossen — eine ruhig abwägende Gerechtigkeit wird dieser Gestalt auch nach Jahrhunderten tiefgehendes Interesse zumenden und ihre einschneidende Wichtigkeit auf die politische Gestaltung unserer Tage an­­erkennen müssen. Wer so Großes leistete, mußte Großes gewollt haben. Er kann sein kleiner Mensch sein. Aber eines ergiebt sich von selbst aus solchen Erfolgen: manches Einzeligidjai mußte unter den mächtigen Schritten des Riesen zertreten werden. Was sich ihm hemmend in den Weg stellte, mußte der Vernichtung anheimfallen. So seid baldgewaltig mutet uns die affenbelegte Tragödie des Herrn von Diest» Daber an, dessen Leben im ohnmächtigen Ankampf gegen den Bismarck’schen Feld zertrümmert wurde. Der Fall beansprucht umso tieferes Erfassen, als er geeignet ist, auch Bismard — den man so sehr gewöhnt ist, sich bloß als einen politischen Koloß vorzustelen — von einer menschlih-schwachen Seite zu zeigen und darüber hinaus wo für die Rücksicht spricht, melde man an allerhöc­hjiter Stelle in Deutschland auf Bismard zu nehmen gewohnt war. Der Hal liegt eigentlich ganz Mar. Busch schreibt in „Bismard und seine Leute”, daß „der Kanzler sich dahin ausgesprochen habe, daß er, nach den anderen Erfolgen, nun auch reich werden wolle.” Der Berfafser der obigen Broschüre teilt hierüber mit: „Dies Ziel Hat er erreicht, denn er hat bei Varzin nach und nach 35.000 Morgen zusammengelauft. Es sind dies die Güter Varzin, Wulfow, Puddiger, Seeli, Choroniw und Reinfeld. Ebenso hat er bei Friedrichsrohe eine Anzahl Höfe zugetauft und auch Schönhausen bedeutend vergrößert, besonders durch die Sammlungen, welche man vielfach mit dem Namen „Ditopfennig“ belegte.” „Auch deflarierte er, wie verlautet, viele Millionen als Kapitalvermögen. “ Eine Reihe­­­onservativer Männer, die — mie er scheint — der agrarischen Bewegung sehr nahe standen und unter denen sich auch dr. Diet Daber befand, verbanden sich nun zu dem Bmece, Bismarc, der die­­­er­­waltung seines Vermögens dem Hause Bleichröder übertragen hatte, von diesem jüdischen Bankier freizumachen, in der U­eberzeugung, „daß die Gefahren, welche für Deutschlands Ehrengüftigkeit und für das gesante Staats­wohl daraus hervorgehen mußten, wenn der erste Staatsmann de Deutschen Reiches dem ersten Bankier und Großjuden Generalvollmacht für seine Ver­­mögensverwaltung erteilte, wie die geschehen war, enorm groß und un­­vermeidlich waren.” Da einmal die Verwaltung des Bismarck’schen Vermögens — mie Dieft-Daber doch einen vertrauensunwürdigen Gewährdmann erfährt — un­­gefähr 8 Prozent jährlich abwarf, dürfte wohl für den Fürsten die Zuspikung der Stage zulegt eine ganz persönliche geworden sein. Denn er mußte sich fragen, ob er das Recht eines einfachen Privatmannes, sein Vermögen von wen immer verwalten zu lassen, dadurch verwirkt habe, daß er als erster Staatsmann an der Spibe des Reiches stand? Für uns ist die Beantwortung dieser Frage, die für Heren d. Dieft-Daber gar nicht zu existieren scheint, aus dem Verhalten die Fürsten an zu erkennen. Er schien eben gegenüber den I Infinuationen der Konservativen in dieser Hinsicht gänzlich unzugänglic Er lehnte auch persönliche Vorstellngen stets ab und antwortete auf schrift­­liche Eingaben des Landrates in verbindlicher, aber doch aus­weichender Form. Durch die Leidenschaft des Herrn von Diest-Daber scheint nun die Sache in ein ganz falsches Geleite gekommen zu sein. Daß er vielfach Brofelyten zu machen suchte, ist ja begreiflich. So steh­en si denn — nach seiner Darstellung — nit nur Feldmarschal Moltke, der General der Infanterie von Schwarzhoff, sondern sogar auch der verstorbene Kaiser Friedrich II., damals Kronprinz Friedrich Wilhelm, auf seine Seite, deren vornehme Tendenz sie gewiß angezogen hatte. Als dann aber troß dieser hohen Gönner Die Proselytenmacherei auch auf das öffentliche Gebiet übertragen wurde und von Dietz-Daber im Herbste 1879 mit seiner ersten Schrift: „Geldmacht und Sozialismus“ hervortrat, in welcher er, nach seiner eigenen Angabe, „die innere Politik des Fürsten Bismarc und die Förderung des Sozialismus durch dieselbe beleuchtete” — da mußte man mehr fon annehmen, daß der Kanzler sich zur Wehre fegen wiürde. 1876 fegte er den Kampf gegen Bismarc in der Schrift: „Der sittlcce Boden im Staatzleben” fort. Und nun kam der Schlag. Nachdem v. Diest längst auf seine Landratsstelle vers­­ichtet hatte, wurde im Auftrage Bismarold gegen ihn die Verleumdungsklage erhoben, er sei durch Zeugen glaubhaft erwiesen worden, daß er — vdl. Dieft- Daber — behauptet habe, „daß dem Fürsten Bismard mit oder ohne sein Vorherwissen dadurch ein Vermögensvorteil zugewandt worden sei, daß durch seinen Banquier und Generalbevollmächtigten Bleichröder oder die Diskonto­­gesellshaft im Jahre 1870 eine größere Anzahl von Ak­ien der neu fon« zessionierten „Preußischen Zentral-Bodenkreditgesellschaft” zu dem dem Publikum nicht zugängigen Kurse von 108 Prozent für ihn gekauft oder sonst über­­nommen, die dann zu dem ersten wirklichen Börsenfarfe von 128 Prozent verkauft worden seien und daß der Gewinn für den Fürsten Bismarc gebucht und in der Jahresrechnung gut geschrieben­ei.” Der daraus sich ergebende Gewinn sol etwa 83.000 Thaler, also etwa 1­, Million Mark betragen haben. Man sieht: Hier erhält die Angelegenheit, die man anfangs für eine rein persönliche Ansichtssache halten konnte — die Frage nämlich, ob ein Bigmard sein Vermögen durch Bleichröder verwalten lassen dürfte oder nicht — einen Stich ins Trübe, denn er mußte wie eine Art Bestechung ers fcheinen, die Fürst Bismarc sich von der neugegründeten Bodenkreditgesellschaft in der Form des Burogewinnes gefallen ließ. Den Häßlichsten Deutungen war Thor und Thür geöffnet. Diest-Daber erschien aber schon durch seine Schrift: „Ueber den sittlichen Boden im Staateleben­, die gegen das Gründertum und die Korruption in Berlin gerichtet war, besonders prononziert. Der vom Fürsten Bismarc ge­­stellte Strafantrag, hatte dann an den Erfolg, daß von Dietz-Daber zu drei Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Muß man nun zugestehen, daß im leidenschaftlichen Kampf für seine Ueberzeugung, der einstige Elberfelder Landrat zu weit gegangen war, meisn er auch nur im Privatgespräche, jene ihm in glaubhafter Weise überlieferte Nachricht von der Partizipation Bismarck an einem Kursgewinne, leichtsinnig verbreitet Hatte — so tritt doch eben Hier, in dem gegen ihn geführten Prozesse menschliges Mitgefühl für ihn ein. Die Verurteilung dr. Diefz’3 erfolgte auf Grundlage einer anonymen brieflichen Erklärung, die der Staatsanwalt Feige, der die Klage erhoben hatte, verlad und worin das Verhältnis des Fürsten zum Angeklagten fest­gestellt wurde. Bergeloli erhebt dr. Diefz-Daber wider den Fürsten die Lage imegen Beleidigung und Verleumdung, da er der Ansicht ist, der Kanzler habe in jener anonymen Zeugenaussage ihn gegen besseres Wissen der Lüge geziehen. Man fühlt hier, daß in der That dem zu dreimonatlicher Haft Verurteilten, der als Mann erscheint, der seiner Lüge fähig ist, schweres Unrecht geschah. Aber was er nun an thun mag, vor und selbst nach dem Sturze des AU- gewaltigen, er erreicht nicht, er kann ihn nicht zur Verantwortung ziehen. Das Zivilgericht weist seine Lage gegen den Fürsten zurück, t­eil dieser als General vor ein Militärgericht gehöre. Er wendet sich an dieses. Sein eigener Freund, der kommandierende General dr. Schwarztoff, muß in Beobachtung der Gesehe die Angelegenheit dem Kaiser zur Entscheidung vorlegen. Auf mehr­­fache Urgenzen dr. Diesz-Dabers teilt ihm das Generalkommando am 22. April 1879 mit: „Die Sr. Majestät dem Kaiser und König zur Entscheidung unter­­breitete Frage betrifft ausschließlich formelles Recht, wogegen der Anhalt Ihrer Eingabe und des Nachtrages dazu Lediglich materielle Rechtsfragen berühren, deren Prüfung und Entscheidung dem für zuständig erachteten Richter zufallen und diesem nicht entzogen werden künnen“. Sie wurden dem kompetenten Richter dennoch entzogen, denn der Kläger erhielt niemals einen Bescheid auf seine Klage. Und auch der Sturz des Kanzlers brachte Hierin seine Wandlung. Die Gegnerschaft, in der sich Wilhelm II. zu dem Fürsten befand, mochte es seiner vornehmen Natur uns möglich machen, ihr einen solchen Ausdruch zu gestatten. Darum blieben wohr die neuerlichen Anklagen v. Dieft3 gegen Bismard sei noch tiefer verborgen, als unter Wilhelm I. insbesondere, da inzwilchen ihm zwei seiner mächtigsten Gönner, Kaiser Friedrich und Moltke starben. Nun ist dr. Dieft-Daber — ein Greis von fast 80 Jahren. Seine jüngste Schrift ist wohl ein lechter Versuch, das Werk seines Lebens zu retten und sich zu rehabilitieren. Sie wird von der Liberalen Presse totgeschwiegen und nur wenige Blätter nehmen Kenntnis davon. Wie ein Ankämpfen gegen das Schicsal erscheint das Streben dr. Diest« Daber? — und er mußte unterliegen, wie die Griechen ihm unterlagen. Dieses Schickal aber heißt: Bismard, fi e3 ein Trost zu wissen, daß er zugleich das Schickal Deutschlands bedeutete? Diese Episode im Leben des Giganten wird verwehen, und sein Bild wird doch weit die Mleinlichkeit über­­strahlen, weil es ihm gegönnt war, in der Sonne der Erfolge groß zu werden. Und diese Erfolge waren alles! Was will das Einzelsgi­jal ihnen gegenüber bedeuten! Für den Be­­troffenen mag es bitter sein. Für die Allgemeinheit aber verschwindet der Einzelfall. *, „Bismarc und Bleichröder.” Deutsches Rechtsbewußtsein und die Gleichheit vor dem Gehege. Lebenserfahrungen aus Akten, Tagebüchern und Briefen. Ein ernster Mahnruf an jeden wahrhaften und festen deutschen Patrioten von dr. Diefz-Daber. — München, 1897; Verlag des „Deutschen Wolfsblattes.“ Beniffeton. Schwer gebüßt. Kriminalroman von TH. Schmidt. (26. Fortlegung.) „Je nachdem der Fang ist, in der Regel um elf Uhr”, antwortete der Einarmige, ohne zu ahnen, daß der Kolporteur bei diesem Geständnis vor Brenden einen Luftsprung hätte machen mögen, aber davon verrieten seine Mienen nichts, ruhig blieten seine scharfen Heinen Augen nach den weißen Angelkorken. Nach einer Weile fuhr er fort: „Wenn’s euch recht ist, nenne ich euch meinen Namen. Ich Heiße Spis, Kolporteur Spik aus Leipzig. Wie Heißt ihr denn?” „SH Heiße Marschmann und wenn ihre für mich etwas thun könnt, ihr kommt ja weit umher, so wide ich und meine Familie euch ewig dankbar sein. Einem Bosten als Boten oder Portier könnte ich wohl noch vorstehen.“ „SH will euch gern behilflich sein, Marschmann, nein, ich verspreche euch bestimmt, daß ihr, wenn ihr gute Zeugnisse besißt, einen derartigen Posten erhalten soll. Ich heffte viele Bekannte und Freunde, namentlich unter den Kaufleuten, die solche Stellen zu vergeben haben.” „D, wenn euch das gelänge, ich will gern arbeiten;. meiner Zeugnisse brauche ich mich nicht zu Schämen!" rief Marshmann mit glänzenden Augen und drühte dem Kolporteur warm die Hand. „Es ging mir früher gut, bis der Menschenschinder dort auf das Schloß kam und ich kontraktlich gezwungen ward, auf lange Jahre als Heuerling gegen einen wahren Hungerlohn zu arbeiten. Und dann ward ich eines Tages ein Krüppel und Bettler zugleich. Aber noch ist nicht aller Tage Abend, denn über uns herrscht ein Richter, der Harer sieht als die Richter Hier auf Erden. Bis auf das verbotene ifhen Hier bin ich ein ehrlicher Kerl geblieben, wenn ich und die Meinen manchesmal auch Hungrig zu Bett gehen mußten. Sch sage euch nur das Eine: Bin ich an nur ein schlichter Arbeiter, mit wem da auf dem Schlosse möchte ich um seinen Preis tauschen. Er seht mich groß an, und haltet mich vielleicht für verrüct oder für einen Schwäper ?* „Ich denke gar nit daran, Marshmann. Ihr wollt mit eurer Bereicherung doch nur sagen: Was wüßen uns alle Reichtümer der Welt, wenn das Gewissen uns seine ruhige Stunde läßt. It’ nicht so?“ Marshmann nichte, Hüte sich aber in Schweigen, obschon der Kolporteur von ihm eine Erklärung seiner Worte erwartete. Scheinbar, nur um etwas zu sagen, nahm der Kolporteur nach einer Weile das Gespräch wieder auf. „Es will mir scheinen“, begann er, „daß der Baron Wolf hier viele Feinde besigt und daß die Bürgerschaft in Mühlbach recht schlecht auf ihn zu sprechen ist. Ich habe in den a1 Tagen, die ich erst hier bin, so aller­­hand munteln Hören; es scheint so, als müßten die Leute etwas Arges über ihn zu sagen, aber niemand will so recht mit der Sprache heraus. Na, etwas Habe ich aber doch Herausgehört aus dem Getuschel, und wenn das wahr ist, was ich gehört habe, dann möchte ich für seinen Kopf keinen Nickel wetten.“ „Was sagen denn die Leute?” fragte Marschmann in sichtlicher Er­­regung und mit birgenden Augen. „Fa, Marschmann, ihr als Ortseingesesfener müßtet das eigentlich besser mwissen, als ich“, erwiderte der Kolporteur, und sein lauernder Blid forschte eifrig in den Zügen des Einarmigen. „Na, ich merke schon, auch ihr befürchtet, durch ein unbedachtes Wort euch den Baron auf den Hals zu laden”, bemerkte der Kolporteur, als Marschmann finstern Blides den Kopf zur Seite wandte und schwieg. „Es Fällt mir gerade ein“, fuhr der Kleine Blufenmann ruhig fort, „daß ihre, wenn ihr alle Tage hierher zum Fischen kommt, eigentlich die Leiche der Schwester de Müllers wohl zuerst hättet finden müssen. Die Geschichte, von der Hier alle Welt spricht, scheint mir wo nicht ganz aufgeklärt. Wie ich höre, sol die Rätin abends auf dem Hei­mwege von der Brücke dort ins Wasser gestürzt und ertrunken sein. Wenn das richtig ist, so müßt er ihr, der ihr Hier bis elf Uhr abends regel­­mäßig gesu­ht habt, doch die Rätin gesehen und den Sturz und Wasser zum mindesten gehört haben; denn ein Mensch pflegt, bevor er untersinkt, ver­­zweifelte Anstrengungen zu machen, um sich aus dem nassen Grabe zu retten. Habt­­ an dem Abend denn gar keinen Hilferuf oder Lärm bei der Brühe gehört Marimann, welcher schon bei den starke Neugier verratenden Fragen der Kolporteur unruhig geworden war, sprang bei der legten Bemerkung deöselben bestürzt auf und rief ängstlich: „Herr, wer seid ihr, daß ihre mit solchen Fragen kommt? ch weiß von nichts, will von nichts unwissen. Mit großen Herren ist nicht gut Ririchen offen. Hüte jeder seine Zunge.“ Bei den Worten der erregten Zu­cherd spielte um die fein geschnittenen Lippen des Kolporteurs ein eigentümliches Lächeln, das der erstere aber nicht bemerkte, auch wohl schwerlich zu deuten verstanden hätte. Ruhig blieb Spik auf seinem Plage figen, zog aus seinem Bücherranzen eine kurze Pfeife und einen Zabassbeutel, stopfte erstere und erst als er einige Züge aus dem in Brand gefegten fleinen Magen gethan, sagte er in gleichgültigem Zuge: „Ihr habt Recht, Hüte jeder seine Zunge. Aber daß ihr mir mißtraut, habe ich doch wohl nit verdient. Mein Gott, man spricht doch mal über solchen Fall, besonders wenn alle Welt hier sich davon unterhält. Und ihr, Marich­­mann, troßdem ich euch soeben bestimmt versprochen habe, euch aus der Not zu helfen, ihr seid in diesem Augenblicke nicht aufrichtig gegen mich. Da ihr selbst vorhin sagtet, daß ihr jeden Abend hierher zum Fischen fämet, so Liegt doch nichts näher, als daß ich euch frage, ob euch an dem Abend nichts Verdächtiges bei der Brüde aufgefallen is. Wenn ein erwachsener Mensch höchstens Hundert Schritte von mir ins Wasser fällt, noch dazu unter dem Krachen des brechenden Brüdengeländers, das bei der hier herrschenden Stille zweifellos ‘auf eine viel weitere Entfernung zu hören sein mußte, dann eile ich hin und versuche, ihn zu retten.“ Marshmann geriet noch mehr in Verlegenheit. „Wer war nur der Mann da vor ihm im Grafe?” fragte er sich. Er sah ja fast bis auf den Grund seiner Seele. Das schauerliche Geheimnis, das sein Inneres verbarg, verbergen mußte, da er ja im andern Falle jemand eines Verbrechens hätte beschuldigen müssen, der Hoch über ihm stand, und der ihn, den einzigen Beugen, vernichtet haben würde, hätte er längst anderen mitgeteilt, wenn das nur ohne Gefahr für ihn selbst geschehen konnte. Wohl hatte er, als er starr und zitternd vor Schred und Abschen dem kurzen Kampf auf der Brühe zub­aute, si vorgenommen, den Mörder der Rätin zu derselben Stunde dem politische Neberficht. Hermannstadt, 30. Juli. Ueber Nacht, über Nacht sind die Blumen aufgewacht, konnte man heute mit Bezug auf die parlamentarische Lage in Ungarn jagen. Während man vor drei Tagen weder in der Regierungspartei noch bei der Opposition .

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