Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1898. Juli (Jahrgang 25, nr. 7459-7485)

1898-07-31 / nr. 7485

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Seraphin, Heltauergafse, Elisabethgafse Nr. 29 bei Gustano Gürtler, Ede bei Burger» und Schmiedgaffe bei Sofef Zimmermann und Gaggaffe Nr. 8 bei Sofef Schwarz, Kaufmann, auswärts bei den am Kopfe des Blattes ge­­nannten Firmen. Der Berlag des „Siebenbürgisc­ Deutschen Tageblatts.” (Hermannstadt, Heltauergaffe Nr. 23.) Pränumerationen und Inserate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauer­­gasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, G. A. Reissen­­berger, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, Kauff­mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. V. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile fostet beim einmaligen Einladen 7 fr., das zweite­­mal je 6 fr., das D­rittemal je 5 fr. d. W. ex­­klusive der Stempelgebühr von je 30 fr. 1898 Die Buren in Südafrika, Vorbilder nationaler Zähigkeit. 1. Albrecht Wirth: „Die Geschichte Südafrikas." Bonn, Verlag von Stark Georgi. 2. N. 3. Hofmeyr: „Die Buren und Samesons Einfall in Transvaal,” Bremen, Verlag von E. Ed. Müller. Die Vorrede des ersten Buches ist auf San Francisco datiert; der Berfaffer des zweiten lebt in P­rätoria, Südafrika. Beide Städte haben vor fünfzig Jahren nicht existiert, die Länder, deren Hauptstädte sie heute sind, lagen am Rande der Welt, man konnte damals nicht einmal jagen: am Rande der zivilisierten Welt. Er öffnet sich nicht durch diese beiden einfachen That­­sachen dem Geist eine Fülle von Ausbilden und Vorstellungen ?! Doch will ich mich nicht in Betrachtungen über das gewaltige An­­wachsen unserer Kenntnis von der Erde und über die unwiderstehliche Aus­­breitung europäischer Herrschaft und vergl. vertiefen; ich will von dem Inhalt der beiden Bücher, die sich gegenseitig ergänzen, berichten, so weit ich glaube, für Diesen Inhalt bei den Lesern dieses Blattes Teilnahme zu finden. Die Holländer haben im 16. und 17. Jahrhundert ihre große Zeit gehabt. Es war die Zeit, wo sie soviele Schiffe besaßen wie England und zehn andere Königreiche zusammen. Im Jahre 1595 waren sie zuerst an der Küste des Kaplandes gelandet, aber erst 1652 gründeten sie dort ihre erste Niederlassung. Und die war bescheiden genug. Aus den Soldaten der landenden­­ Schiffe haben ss die ersten Buren gebildet. Der Wohlstand der Heinen Kolonie wuchs langsam, aber stetig, auch die Zahl der Kolonisten. Franzosen, die nach Aufhebung des Ebik­d von­­ Nantes ihres Glaubens wegen die Heimat verließen, wanderten zu, auch Deutsche kamen. Franzosen und Deutsche sind bald mit den Holländern völlig verschmolzen, wenn auch gewisse körperliche und geistige Eigenheiten bis auf den heutigen Tag die Abstammung nicht unfeintlich zu machen vermochten. Ende des 16. Jahrhunderts war seine Niederlassung weiter als 70 Kilometer von dem Kleinen Fort an der Anselbai und den 80 um dasselbe stehenden Wohnhäusern, die damals die Capstadt bildeten, entfernt. Bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts war die Zahl der Weißen almählich bis auf 10.000 gestiegen. Die Holländisch-ostindische Kompagnie führte in allen ihren Befigungen ein hartes, selbstsüchtiges, oft ungerechtes Regiment. Auch hier. Sie hatte das ausschließliche Recht Ein- und Ausfuhrhandel zu betreiben, sie bestimmte den Preis aller Waren, selbst der Lebensmittel, sie gab Etikette­ und Mode­­ordnungen. Der Drud wurde immer lästiger und gerade Drud konnte der holländische Bauer am allerwenigsten ertragen. Sie unternahmen ihren ersten großen Trn. Sie überschritten die fehmwarzen Berge, drangen in die so von seinem Europäer betretenen Steppen der Sarroo. Gegen Löwen und andered Naubgetier, von dem er damals dort wimmelte, gegen die zwwerg­­artigen, ganz unzibilisierbaren Bushmänner „die Vettern des Bavians”, gegen die Hottentotten begannen sie einen Vernichtungskampf. 3 war ein hartes, gefahrnolles, entbehrungsreiches Leben, das sie führten, aber sie waren frei. Der mächtige Ochsenmwager, der Sahre lang ihr einziges Obdach war, die Bibel und die Flinte waren alles, was sie zum Dasein brauchten. Die Jagd und die Pfeife waren die höchsten Gewüsse der Buren, Herden besonders von Schafen, die oft nach Tausenden zählten, die allerdings in würren Jahren auch nach Tausenden dahin starben, waren ihr Reichtum, mit Arbeit, die Knechten und Sklaven überlassen wurde, plagte man so nicht stark. Die großen, politischen Erscütterungen, die am Ende deö vorigen und am Beginne des jet zu Ende gehenden Jahrhunderts die Welt heimsuchten, wirkten auch bis an diesen unweltabgeschiedenen Erdfleh zurück. Im­­ Revolutions­­zeitalter war Holland in die batavische Republik verwandelt worden, deren Gebihce mit denen Frankreichs unlegbar verknüpft waren; dann wurde es n­­ach Provinz Frankreich einverleibt und in alle dessen Kriege hinein­­gerissen. Schon im Jahre 1795, genau zweihundert Jahre seit dem Zeitpunkt, da die Holländer zuerst am Fuge des Zafelberges gelandet waren, hatten die Engländer vorübergehend das Land belegt, 1806 zum zweiten Mal. Als dann nach dem Sturze Napoleons der Welt ein dauernder Friede und eine neue politische Ordnung gegeben wurde, hatten die Engländer den Wert des Kaplandes, das ziemlich in der Mitte des Weges nach Jubien lag und als Zwischenstation geradezu unfließbar war, so sehr erkannt, daß sie dasselbe den ursprünglichen und rechtmäßigen Befigern seinesfals zurückgeben wollten. Sie zahlten lieber 120 Millionen Mark Entschädigung für das Land, das damals noch m­it 30.000 meiße Bewohner zählte und haben gerade durch die so hohe Bemessung der Summe zugleich die Höhe des von ihnen begangenen Unrechtes bemessen. Die Holländer hatten im Lande fast ausschließlich landwirtschaftliche Kultur gepflegt. Die Engländer pflegten Gewerbe, Industrie und Handel und die Entwickklung der Kolonie nahm überhaupt ein rascheres Tempo an. Aber je mehr diese auch räumlich nach Norden und Nordosten sie ausdehnte, verto häufiger kamen Zusammenstöße mit den kräftigen, tapferen und waffenkundigen Kaffernstämmen vor und in den Grenzgebieten hörten die Kämpfe niemals auf, die in ihrer bunten Abmwechelung, Ueberfällen, heldenmütigem Widerstand, Zweikämpfen, Zwiegesprächen und Verhandlungen nicht selten an die homerische Zeit mahnten.­­ Zugleich aber begannen die Mißhelligkeiten zwischen den Engländern und Holländern.Die letzteren lonnten es nicht vergessen daß ihnen das Land, indem sie ursprünglich die Herren gewesen,von den ersteren entrissen worden war;auch war ihnen das ganze Gehalten der ersteren unsympathisch.Und die Engländer verstanden es nicht,oder wollten es nicht verstehen,durch billige Berücksichtigung der Verhältnisse und Eigenart den Uebergang zu erleichtern und die Eingewöhnung zu beschleunigen-Einzeer Gewaltthätigkeiten und Ungerechtigkeiten der Behörden,dazu die Ausdrängung der englischen Sprache gaben die entscheidenden Anstöße und ein großer Teil der Buren beschloß, abermals das Land,in dem sie sich als Fremdlinge fühlten,zu verlassen. Und so vollzog sich in den Jahren 1834—36 der große Auszug.Ueber 10.000 Buren zogen,von jenen abgesehen,die sich nach Nordosten,nach Natal wandten,und die bald wieder und dauernd unter englische Herrschaft gelangten,über den Oranje-Strom. Nach Verwandtschaft,Sippe und Freundschaft schlossen sich die einzelnen Gruppen zusammen,wählten sich einen tüchtigen,land-und kriegkundigen Führer und wie in den Tagen der Völkerwanderung zogen sie mit Weib,Kind und Knecht und ihrer beweglichen Habe hinauf in die unbekannte,weglose Berne, si eine neue Heimat zu gründen. Aber diese neue Heimat, das Gebiet zwischen dem Dranje und Baal mußte erstritten werden. Bahllose Kämpfe sind durchgefochten worden, noch heute wird die Erinnerung an einen derselben, aljährlich am 17. Dezember festlich erneuert. An jenem Tage hatten 26 Auswanderer am Bechtfoß ein Lager geschlagen, das von zahllosen Matabelescharen berannt wurde. Ein einziger von ihnen fand im schüßenden Ring der Wagenburg den Tod, aber an dem ununterbrochenen Feuer ihrer nie fehlenden Büchsen zerschellte Kampf­­und Angriffsmut der Kaffern, und als diese auf dem Rückzug von den auf 400 Mann verstärkten Verfolgern überfallen wurden, räumten sie das Land und wichen über den Limpopo zurück. Damals ist auf benachbartem Gebiet, in Natal, der Fall vorgekommen, daß die Buren, nach einigen verlustreichen Kämpfen entmutigt, ihren Frauen die Entscheidung überließen, ob sie den Kampf fortlegen sollten. Diese entschieden auszuharren, denn das vergorene edle Blut müsse gerächt werden. So wurde der Krieg fortgeseßt, freilich nur zum Vorteil der Engländer, welche alsbald das von den Bauern eroberte Gebiet sich aneigneten. (Sortregung folgt.) N Rufiische Goldankäufe. Die russische Regierung steht nicht um­­sonst im Rufe, in ihren politischen Maßnahmen ebenso weitsichtig wie ziel­­bewußt zu sein. Einen neuen Beleg h­iefür liefern die Bestrebungen, die Müngzborräte des Landes fortdauernd zu vergrößern. Der Londoner „Nottingham Daily Guardian“ schreibt zu diesem Kapitel: „Finanzleute möchten gern mwissen, weshalb Rußland solchen immensen Goldvorrat anhäuft. Die Frage ist gewiß an für den Politiker interessant. Eine große Goldreserve schließt ein, daß es im Falle eines Krieges nicht an dem nötigen Bargeld mangeln sol. Warum wir Rußland, welches schon mehr Gold aufgehäuft hat, als irgend ein anderes Land, den Vorrat immer noch vermehren? Die Anhäufung begann vor 2 Jahren und sol anscheinend fortgelegt werden. Die jüngsten von Rap in London eingetroffenen Goldsendungen sind sämtlich von Rußland angekauft worden. Vorher schon belief sich der russiische Goldvorrat auf 120,000,000 Pd. St. Beachtenswert ist, daß die russischen Goldläufe eine Beit lang aufhören, sobald etwas darüber in der P­resse verlautet. Aber sie werden sofort wieder aufgenommen, sobald nicht mehr öffentlich davon die Rede," Die Annahme, Rußland erbliche in dem Befug größtmöglicher Mengen Edelmetall, eine der wesentlichsten Bedingungen für die Möglichkeit, in den Kämpfen der Zukunft den Sieg davonzutragen, hat etwas für sich. Es dürften indes Kämpfe wirtschaftlicher Natur sein, auf die sich die ruflische Staats­­leitung in solcher Art vorbereitet. Bolitische Hebersicht. Hermannstadt, 30. Juli. Mit Unterbrechung ihrer Sommerferien war die Mehrzahl der unga­­rischen Minister, wie bekannt, zu einem Ministerrate zusammengetreten. Wie man verlautet, ist man in diesem Ministerrate dahin sehlüssig geworden, daß derzeit für die ungarische Regierung seine Notwendigkeit vor­liege, gegenüber der österreichischen Situation endgültige Beschlüsse zu fassen, die ungarische Regierung hal­e an ihrem ursprünglich eingenommenen Standpunkt fest, daß sie nur mit einem konstitutionellen Oesterreich auf Grund des 12. Gesekartikel3 vom Jahre 1867 Abmachungen treffen wolle. „Beiti Hirlap" bemerkt mit Rücksicht auf die Nachricht, daß die ungarische Regierung in ein Provisorium auf unbeschränzte Dauer gemilligt hätte, daß hievon wohl die N­ede sein künne, aber nur als Wunsch der österreichischen Regierung. „Sprechen wird man hievon erst im September können, wenn es si­ erweist, daß das österreichische Parlament noch immer arbeitsunfähig ist und der König eine solche Vereinbarung will,” Benifleton. Um Geld und Gut. Noman von DO. Elfter. (37. Fortfegung.) Traugott wandte si ab; eine Weile blichte ihn Henning mit forschendem, mitleidigem Blid an. Dann fragte er langsam und leise: „Und Hast du die Komtesse wiedergesehen ?“ „Graf Werner lebt mit seiner Tochter hier in Lantow. Da war ein Wiedersehen nicht zu vermeiden.” „Und du bist ganz ruhig bei diesem Wiedersehen geblieben ?" „Zaß und von etwas anderem reden, Kallbrint, Die alten Geschichten, die alten Leidenschaften, Hoffnungen und Wünsche müssen für immer vorbei sein.“ „&3 wäre freilich das beste”, meinte Kallbrinkt nachdenklich. Sehe es dir an, daß sie für dich nicht so ganz vorbei sind, ist denn gar seine Hoffnung mehr vorhanden?” „Lab das, Kallbrint, ES ist vorbei.” — — „Du bist doch jegt in leidlich günstigen Verhältnissen”, fuhr aber der Rittmeister hartnädig fort, „wie du mir schriebst, als du mir vollständig unnötiger Weise die zehntausend Mark zurückjandtest, die ich einst für dich ausgelegt hatte... . Der Graf freilich ist vollständig ruiniert. Weißt du, auf welche heimtückische Weise sein Bruder, der Präsident Graf Stefan, das Fideicommiß in seine Hände gebracht hat?“ „Ich bin mit den näheren Verhältnissen nicht vertraut.” „Der Präsident und sein Sohn, als die einstigen Erben des Fidei­­kommisses, haben den Grafen Werner als V­erschwender unter Kuratel stellen lassen.” „ad!“ „Die Geschichte hat ihrer Zeit viel Staub aufgewirbelt. Die Meinungen waren sehr geteilt, aber der Präsident mit seinen vielen guten Verbindungen seie seinen Willen buch. Graf Werner wurde unter Kuratel gestelt und erhielt nur eine Heine Appanage. Der Graf brach unter der Wucht dieser Thatsache zusammen; ein Schlaganfall warf ihn nieder, von dem er si nie wieder ganz erholt haben sol; auch geistig hat er gelitten, so daß feßt an eine Aufhebung des Auratels nicht mehr zu denken sein soll. Man mollte ihn noch sogar in einer Anstalt für Nervenleidende unterbringen. Da nahm sich Freiherr Ted v. Waltersdorff, der stets ein Gegner des Präsidenten gewesen war, des unglücklichen Grafen an. Seitrem lebt der Graf — e3 mögen sechs Jahre Her sein — unter dem Schule Fred v. Waltersdorffd. E3 ist eine traurige Geschichte; der Präsident und Graf Stefan, sein Sohn, der übrigens als Rittmeister in einem Regiment steht, haben sich die Krankheit des unglücklichen Grafen Werner vortrefflich zu Nage gemacht.“ Tief erschüttert hörte Traugott zum erstenmal die Einzelheiten dieser Familien­­katastrophe. Er verstand sehr die Erregtheit bed Grafen, wenn die Rede auf Familienangelegenheiten kam; er glaubte auch jecht den eigentlichen Berweg­­grund zu verstehen, der Lemgard zu ihrer Handlungs­weise ihm gegenüber betrogen hatte, und ein tiefes Weh, ein schmerzliches Mitleid mit dem unglück­lichen edlen Mädchen zerriß sein Herz. Das ernste Gespräch der freunde wurde durch das Wiederersc­heinen Ehriftels unterbrochen, die mit freundlichem Lächeln anfragte, ob sie das Frühstüc auftragen Lassen sollte. Henning fand sofort seine muntere Laune wieder, als er Ehriftel so jugendfrisch und reizend in ihrer weißen Frühlings­­toilette vor sich stehen so. „Ein famoser Gedanke, gnädiged ® Fräulein”, rief er lächelnd, „viefes Frühflüd hier auf der sonnigen Terasse im Unbild des grünenden Waldes und der tiefblauen, unwogenden See! KLaffen Sie auftragen, Fräulein Christel! Und anstoßen wollen wir mit funtelndem Rheinwein auf die alte Freundschaft und die neue Bekanntschaft. Doppelt freue ich mich jei, daß ich für diese Expedition nach Lantow acht Tage Urlaub genommen habe, da ich meine Heine Jugendfreundin wiedergefunden habe. Diese acht Tage sollen der Freundschaft gewidmet sein, gnädiges Fräulein, denn Hoffentlich nehmen auch Sie mich in Ihre Freundschaft auf.” „Mein Bruder Hat mir so viel von Ihnen erzählt, daß ich Sie schon seit langer Zeit zu meinen Freunden rechnete.” „D weh, wenn ir Bruder nur nicht zu viel erzählt hat. Viel Gutes ist von mir nicht zu berichten.“ „Sie haben meinem Bruder in edelmütigster Weise geholfen . . .” „Wissen Sie an von der dummen Geschichte? Traugott, das war nicht recht, mich vor deiner Schwester so zu blamieren.” „Herr Rittmeister­, sagte Ch­ristel mit inniger, bewegter Stimme: „ich habe schon immer den Wunsch gehabt, Ihnen für jenen meinem Bruder ge­­leisteten Dienst zu danken. Ich freue mich von ganzem Herzen, jeßt dazu Gelegenheit gefunden zu haben.” Sie reichte ihm mit herzlicher Bewegung die Hand, melche Henning vorh ergriff und warm umfaßte. Er frah ihr tief in die blauen Augen, während er umt feine Lippen wie von verhaltener Rührung ruete. „Wollen wir Freunde bleiben, Fräulein Christel?“ fragte er reife und innig. Sie erwiderte seinen fragenden, bittenden Blic frei und offen, während eine feine Röte in ihren Wangen emporstieg, und erwiderte mit fester Stimme: „3a, Here dv. Kallbrint, wir wollen Freunde bleiben.” Er führte ihre Hand in ehrerbietigem Ruß an die Lippen, während seine Augen sich tief in ihre Briefe versenzten. IX, Durch die Anwesenheit Henning dv. Kallbrint’s war in die kleine Ger­sellschaft Santos ein angenehm belebendes Element gekommen. Seine muntere Laune, fein leichter, doch gutmütiger Spott, mit dem er alle Angelegenheiten zu betrachten pflegte, die andere so umendlich schwer nehmen, fein treffliches Herz, das für jeden Unglückkichen helfendes Mitleid empfand, feine gesell­­schaftliche Gewandtheit, feine scherzende Unterhaltung — das alles brachte in den Umgang des Kleinen Kreises von Schloß und Kurhaus Lantom eine Ab­­wechslung, die von jedermann willkommen geheißen wurde. Mit dem alten Grafen hatte er ihn nach wenigen Stunden den Beisammenfeind Freunds­­chaft geschlossen. Gegen Irmgard zeigte er sich von einem achtungsvollen, ehrerbietigen W Respekt, der eine stile Anerkennung der opfermütigen Liebe [ und seiner Schlauheit „aber ich Armer Freund,

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