Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1899. Oktober (Jahrgang 26, nr. 7842-7867)

1899-10-27 / nr. 7864

Yedoktion und Administration Herm­annstadt,Heltauergasse 23. Shtqnekonwbeiderk.ung.postsparkassa Nr.1305. Telephonanschluß ULTL Ersetzt mit xmsnahme des auf xomtsmed feertage folgenden Wochentages täglich. Abonnement für Hermannstadt monatlich 85kr.,vierteljährlich 2fl·50kr.,halb­­jährings-,ganzjährig 10 fl. ohne Zustellung in’ö Haus,mit Zustellung 1 fl.,fl.,6fl.,12fl. Abonnement mit Postversendung: Für das Inland: vierteljährig 3 fl. 50 Kr., halbjährig 7 fl, ganz­­jährig 14 fl. Für das Ausland: vierteljährig 7 M. oder 10 Fr., halbjährig 14 M. oder 20 Fres., ganzjährig 28 M. oder 40 Fred. Eine einzelne Nummer Tostet 5 Er. d. W. Unfrontierte Briefe werden nicht angenommen. a ET N 7864, XXVI. Jahrgang Siebenbürgi _ Hermannstadt, Freitag 27. Oktober Ein neues fähfsches Magnatenhausmitglied. Wir konnten gestern leider nur in gedrängtester Kürze die uns erst im festen Augenblick vor Redaktionsschluß bekannt gewordene Thatsache mitteilen, daß der Kurator unserer evangelischen Landeskirche U. B., Albert Arz von Straußenburg von Sr. Majestät in das Magnatenhaus einberufen worden sei. Zur Erklärung dieses Ereignisses sei zunächst bemerkt, daß die Einberufung auf Grund der im $­4, lit. B, ec) des 7. Gejegartifeld vom Jahre 1885 enthaltenen Bestimmung erfolgt ist, wonach u. a. die beiden amtsältestem Inspektoren (Auratoren) der evangelischen Kirchen A. B. für die Dauer ihres Amtes Mitglieder des Magnatenhauses sind. Es it hocherfreulich, daß es der Zufall so gefügt hat, daß unser Landeskirchen­­furator gegenwärtig zu den beiden amtsältesten der fünf ihm gleicstehenden Würdenträger der evangelischen Kirchen unseres Baterlandes gehört. Somit ist also unsere Landeskirche in die bisher noch nie dage­wesene günstige Lage verlegt, in der Höchsten geießgebenden Körperschaft Ungarns durch zwei Mitglieder, den Bischof und den Kurator, vertreten zu sein, eine glückliche Fügung, die in allen Kreisen unseres Volles Freude und Genug­­thuung hervorzurufen geeignet ist. Diese Empfindungen werden noch gesteigert duch den Hinblick auf die Persönlichkeit des mit der hohen Würde eines Magnatenhausmitgliedes Neu­­befleiteten. 8 bedarf nicht dieses Anlasses und nicht unserer Zeder, um unseren Bolfsgenossen die Bedeutung und Gewichtigkeit dieser Persönlichkeit vor die Augen zu führen. Wenn die 19. Landeskirchenversammlung vor wenigen Wochen Herrn Albert Arz von Straußenburg zum zweiten Male einstimmig der Hohen Ehre würdigte, als Vertreter des weltlichen Elementen unserer Landeskirche neben dem Bischof an der Spibe derselben zu stehen, so ist darin ein Ausbruch der Hochschrägung feitend unseres gesamten Boltes gegeben, wie es prägnanter und voller nicht gut möglich ist. Und daß Landeskirchenkurator Albert Urz von Straußenburg zugleich seit mehr als einem Vierteljahrhundert auch in politischer Beziehung eine führende Stellung in unserem Wolfsleben einnimmt, fällt angesichts der eminent politischen Bedeutung der Magnatenhausmitgliedschaft ganz besonders ins Gemicht. i So het denn unsere Kirche und unser Volt Grund genug, mit Stolz auf seinen neuen Vertreter im Magnatenhaus zu bilden. Daß Albert Y­ry; von Straußenburg auch auf dem neu eröffneten Felde seiner Thätigkeit seine volle Kraft, seine ganze­ Persönlichkeit für die Interessen seines Volkes ein­­ießen werde, ist die lebendigste Ueberzeugung aller der Volksgenossen, die, glei­c­h, dem verehrten Mann aus Anlaß seiner Bekleidung mit der neuen Würde ihre hochartungsvollen und herzligen Glühwünsche darbringen. es . Prämumerationen und Anferate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauer­­gasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, @. A. Reissen­­berger,Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, Kauff­mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. W. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt .M.G.L Daube & Co. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile fostet beim einmaligen Einladen 7 fr., das zweites mal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. V. ex­­klusive der Stempelgebühr von je 30 fr. in 1899 . Der Fremdenverkehr in Ungarn. —n. Die Hebung des Fremdenverkehr in unserem Vaterlande ist ein Thema, mit welchem man fs in maßgebenden Kreisen und in der Presse der Hauptstadt schon seit längerer Zeit recht intensiv beschäftigt, bis jegt freilich, wie es scheint, ohne greifbares Ergebnis. Vor einigen Tagen ging die zum Teil ironisch kommentierte Nachricht durch die Blätter, der Budapester Bürger­­meister beabsichtige eine Enquete zur Beratung über die Maßnahmen zur Hebung des Fremdenverkehrs zusammenzuberufen. Und nun berichtet der „Budapesti Napio“, Handelsminister Hegedüs entwickele eine energische Thätigkeit auf das­­selbe Biel 108, dessen Erreichung ohne Zweifel eine beträchtliche wirtschaftliche Förderung des Landes bedeuten würde. An seine Nachrigt über die Absichten des Handelsministers knüpft das genannte Blatt einige recht gute Gedanken darüber, auf welche Weise der Fremdenzufluß gesteigert werden künnte. In erster Reihe, meint er mit Recht, müsse eine umsfichtige Eisenbahnpolitik dafür Sorge tragen, daß der große internationale Verkehr von Westen nach Osten Ungarn nicht umgehe. Das sei hauptsächlich dadurch der Fall, daß gegenwärtig die am meisten befahrene Linie zwischen Berlin und Bukarest—Konstantinopel nicht über Budapest führe, sondern über Krakau—Lemberg—Ezernovit­­a selbst der Weilende aus London wähle nicht den anscheinend natürlichsten und in der Luftlinie fürzesten Weg über Wien und Budapest in die Ballonhauptstädte, sondern schlage eben­­falls die­­ Route über Berlin ein. Der Grund dieser Umgehung Ungarns sei leicht zu beheben durch eine einfache Erhöhung der Bahngeschwindigkeit auf den ungarischen Strecken, wodurch dieselben mit jener erwähnten Linie kon­­kurrenzfähig werden e Dne Verlängerung der aus dem Westen täglich bis Wien gehenden Luxuszüge bis Budapest, sowie ebensolche Luxuszüge zwischen Berlin und Budapest, woher dann der weitere Verkehr einerseits nach dem Orient, o andererseits nach Fiume und Italien vermittelt werde, könnten ein übriges thun. Das sei freilich, bemerkt das Blatt weiter, alles nur Durc­hgangsverkehr von geringerer Bedeutung. Das Hauptgewicht müsse darauf gelegt werden, dem Fremden den Aufenthalt im Lande selbst­, zumal in der Hauptstadt, an­­ziehend zu machen. Das könne geschehen, so schwer es auch sei, indem man mit nach und nach für europäischen Komfort und die gehörige Zerstreuung ebenso­wohl in Budapest als auch in andern von der Natur gesegneten Orten des Landes Sorge trage. Soweit der „Budapesti Naplo“. Seine, wie gesagt ganz richtigen Ber merfungen bedürfen freilich in einer Ergänzung nach einer Seite Hin, die ein magyarisches Blatt nicht gerne Hervorführen wird. Sie betrifft einen Punkt, wo im magyarischen Denken das­nteresse an der Hereinleitung des Stembenstrnmes nach Ungarn in einem schwer zu Lösenden Widerspruch zu dem Bestreben steht, Ungarn nach außen hin möglichst „national fonsolidiert“ d. 5b. recht magyarisch erscheinen zu Lassen. Die Folge dieses septeren Be­­strebens macht fs in gewissen äußeren Umständen geltend, die bei Hebung des Fremdenverkehrs zum mindesten nicht förderlich sind. Wenn wir und fragen, welcher Herkunft die große Mehrzahl der gegen­­wärtigen oder erhofften zukünftigen Weisenden in Ungarn sind oder sein werden, so wird zur Antwort gegeben werden müssen, daß es Deutsch aus dem Reiche sind, die einfach infolge der geographischen Lage Deutschlands und Ungarns das größte Kontingent der Naturschönheiten genießenden, ethno­­graphische Studien treibenden und­­ Geld im Lande lassenden Fremden stelen und stellen werden. Die Engländer bleiben in der Regel in den Alpen stehen und gelangen nicht bis in ungarische Tiefebene. Franzosen und Italiener sind nicht reisende Völker und die Russen ruhen, sobald sie nach Westen gehen, die Brennpunkte der höchsten Zivilisation auf. Ungarn wird also wohl oder übel in acht von zehn Fällen dem deutschen Reiseonkel Gastfreundschaft gewähren müssen. Nun ist aber freilich gerade das Deutsche die „Schwache Seite” des Magyarentums. Nicht etwa der Haß gegen die von außen kommenden Deutschen, sondern das ängstliche Bemühen, die Thatsache zu vertuschen, daß das inländische Deutschtum und seine Kultur wie seit Jahrhunderten, so auch jegt noch einen Höcht wichtigen Faktor im Lande bildet, veranlaßt die leitenden Kreise zum Beispiel der in erster Linie in Betracht kommenden Hauptstadt schon seit Jahrzehnten, alles, was deutsch ist, auszumerzen. Das ist nun sehr fatal für ein Land, dessen offizielle Sprache seine Weltsprache ist, sondern außerhalb seiner Grenzpfähle von seinem Menschen verstanden wird. Ein solches Land müßte, sofern es ihm nicht etwa daran liegt, von einer chinesischen Mauer umgeben zu sein, geradezu darauf bedacht sein, eine Weltsprache als Mittel des internationalen Verkehrs bei sich einzu­­führen und ernstlich zu pflegen. Ungarn braucht diese Weltsprache nicht erst einzuführen, er hat sie — im­mer deutschen. Denn diese verunwünschte deutsche Sprache wird etwa von zwei Millionen ungarischer Staatsbürger al Mutter­­sprache gesprochen und Millionen Gebildete anderer Zunge beherrschen sie mit größerer oder geringerer Sicherheit.­­ Unter solchen U­mständen ist es aber auch bhöricht und unzweckmäßig, daß im Ver­leugnen der deutschen Sprache ein so großer Eifer entwickelt wird. Keine deutsche Aufschrift weist in der Hauptstadt auf der Straße,in der Umgebung,bei den Sehenswürdigkeiten in Museen u.s.w.dennemdenzu· recht;die Eisenbahnkondukteure,selbst auf den hauptliniem setzen etwaö dreim nichtdeutsch zu sprechenz wenn der deutsche Fremdling sich abends in Budapest unterhalten will,so wird er vergebens das deutsche Theater suchem welches durch Jahrzehnte auch den Bedürfnissen eines großen Teiles des dortigen Publikums Genüge leistete und nur dem Chauvinismus weichen mußte, mit einem Wort: Sprachliche Schwierigkeiten ärgern den Fremden auf Schritt und Tritt und verbittern ihm den Genuß der landschaftlichen und anderen Schön­­heiten. Man wird nicht einwenden können: wer in ein fremdes Land kommt, muß sich sprachlich darnach einrichten. Wenigstend vom Standpunkt dessen, der die Hebung des Fremdenverkehr wünscht, darf diese Einwendung nicht gemacht werden. Sie wird entkräftet wieder durch den Hinweis auf die sprachliche Iicliertheit des Magyarentums., Wenn ich nach Frankreich oder England reise, so erwarte ich selbstverständlich nicht deutsche Aufschriften und deutsches Theater, denn ohne Kenntnis der Sprachen dieser Länder, die Welt­­sprachen sind, mache ich mich dahin gar nicht auf. Wer aber auf ein paar Wochen nach Ungarn kommt, um die wunderschöne Hauptstadt oder die Tatra- Landschaften oder die siebenbürgischen Berge kennen zu lernen, von dem kann unmöglich verlangt werden, daß er sich in monate- oder jahrelangem Studium die Kenntnis einer für den Indogermanen äußerst schwierigen Sprache erwerbe. Zu dem „europäischen Komfort“, den „B. N." für die Fremden fordert, gehört bei und zu Lande jedenfalls, daß man ihnen sprachlich auf das foulanteste entgegenkomme, auch dann, wenn sie Deutsche sind. Das Fallen­­lassen unberechtigter nationaler Eitelkeit und Eifersüchtelei wird also zum mindesten als negative Borbedingung bei der Frage der Förderung de­­fremden anwesend in Betracht kommen. E38 fehlt die Selbstüberwindung, einen Auftrag Die Erwerbs- und Konkurrenzverhältnisse Der heimischen Industrie. Ueber dieses Thema erhält der „Peiter Lloyd“ von fachmännischer Seite die nachstehenden Ausführungen: Unsere junge Industrie hat mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen; das Hauptübel derselben aber liegt darin, daß sie das „Geldmachen“ nicht versteht. Arbeiten, mit voller Kraft arbeiten, Heißt es, immer nicht verdienen, abzulehnen, wenn sich zu dem Bestellungspreise sein oder nur ein minimaler Nugen ergiebt. „Mache ich es nicht, so macht es ein anderer,” ist Die aus­­schlaggebende Argumentation, und der Auftrag wird angenommen. Um dann dennoch etwas ins Verdienen zu bringen, wird bei der Ausführung auf Kosten der Dualität gespart, was immer die Unzufriedenheit bed Bestellerd zur Folge hat, oft an die Verweigerung der Uebernahme nach fs zieht, stets jedoch eine Reklame für die ausländische Industrie bildet. Eine ruinöse Konkurrenz giebt es auch im Auslande, aber die kapitald­­kräftige Industrie läßt den sinnlosen Konkurrenten sich langsam an den Lieferungsverpflichtungen verbluten und tritt erst dann wieder auf den Plan, wenn ddiese Konkurrenz abgethan ist. Bei uns jedoch nimmt auch die Kapit als­­kräftige Hand an der Konkurrenz teil, läßt sich vom Strudel fortreißen und erleidet Verluste. E83 ist eine allgemein bekannte Thatsache, daß die Lieferungen für die fünf ungarischen Staatsbahnen seit Jahren immer verlustbringend für den Lieferanten sind, einzelne Artikel ausges­loffen, wie die Waggonlieferung, bei denen die Auftraggeberin den Selbstlottenpreis aus ihrem eigenen Betriebe fennt und ein Untergebot den Sabrikanten um seine Vertrauenswür­digkeit bringen würde. Bei uns fennt man nur die Konkurrenz im Breise, die Kon­­kurrenz in der Dualität ist far noch unbekannt.­­ Wie ander sind da die Verhältnisse im Auslande. Entsteht da in irgend­einem Artikel ein neues Etablissement, so kann unter hundert Fällen neunzigmal angenommen werden, daß die betreffende Fabrik mit höheren Preisen hervortreten wird, dafür aber etwas Besseres, Schöneres oder Praktischeres in den Verkehr bringt, daß sie sich einen Spezialartikel aussuchen wird, in welchem sie etwas Besondere leisten will. Der sichere und höhere Verdienst ermöglicht ihr dann, jene Reklame zu entfalten, welche ihren Ruf in die ganze Welt hinausträgt, eine Reklame, welcher unsere Industrie wohl staunend, aber hilflos gegenübersieht. Da heißt es dann, ja die kann sich das Feisten, denn Menilletee, Novelle. Bon Baron Josef Edmonds. Mederregt von Franz Arz. (13. Fortlegung.) „So lange ich fürchtete, man würde uns einholen, fragte ich nicht viel darnach. „Es mag einmal auch ein anderer mein Pferd puten“, dachte ich bei mir „ich mache mir wirklich nicht“ daraus, wenn ich weder meinen Herrn Lieutenant no die Reitstute jemals wiedersehe.“ Aber als wir zulegt in Sicherheit waren, und ich auf die Grenze zurückblickte, da erst wurde ich mir bewußt, was ich gethan hatte. Vielleicht hätte ich, wie mein Rittmeister versprocen Hatte, zuleßt Doch wieder Korporal werden Fünnen, oder unser Regiment wäre nach Ungarn geschieft worden, wie man ebenfalls öfter gejagt hatte, oder man hätte mich nach Hause beurlaubt, oder wenigstens in meinen alten Tagen wäre ich als ausgedienter Soldat zurücgekührt. Jegt ward mit all diesem für ewig vorbei. IH war landesflüchig geworden, mein Vaterland konnte ich nie mehr im Leben sehen. Ich war so traurig geworden, daß ich, wenn ich allein gewesen wäre, vieleicht zurückgegangen wäre. Aber meine Kameraden hielten mich zurück. In dem Regiment waren in den legten Wochen mehrere desertiert, und der Oberst Hatte gesagt, daß er den, der von nun an entlaufe, nieder­ Dane loste; und so sah auch ich ein, daß es Hügel war, wenn ich hier seb. „Nedrigens fehlte es uns an nichts; der erst­e Bauer, zu dem wir kamen, hielt und gut, und auch an Arbeit fehlte es nicht. Gerade zur Zeit des Mähens waren wir gekommen, und als die Bauern sahen, daß wir nach Art rechtschaffener Leute unser Brot verdienen wollten, nahmen sie uns bald zusamm­e bald einzeln auf, wir aber b­aten unser Bettes und zwar nur darum, damit die deutschen Michel sähen, wie ein Ungar zu arbeiten ver­­möge. Solche Schwaben, wie die, wo wir mähten, hatte man in der Schweiz noch nie gesehen.“ „So kam ich auch zu diesem Hause. Mein Schwiegervater, damals freilich dachte ich gar nicht daran, daß er einmal mein Schwiegervater werden sollte, nahm mich als Mäher auf. Als wir das Mähen beendet hatten, fragte er mich, ob ich nicht auch zur Ernte bei ihm bleiben wollte, später wollte er mich nicht entlassen, 5ie wir den Anbau vollendet hätten, und als er sah, daß ich auch das verstand und daß ich beim Vieh aufge­wachsen war, nahm er mich als seinen Dienstboten auf. Freilich, daß Dresd­en verstand ich nicht recht, aber mein Schwiegervater sagte, ich würde es bald lernen; ich aber bedachte, daß man hier überall dresb­e, und daß den Winter über auch ich nur so mein Brot würde verdienen können, und ich gab mir so viel als möglich Mühe, obgleich mir die Erlernung dieser slowakischen Hantierung schwer tourde. * „Einen besseren Herrn, als meinen Schwiegervater, hätte ich auf dem ganzen Erdenrund nicht finden können. Er forderte tüchtige Arbeit, aber wer sie that, dem konnte er nirgend besser gehen. Wenn ich ihn manchmal ansah, kam mir mein lieber Vater in den Sinn. Selbst in seiner Haltung glich er ihm, wenn er ich anders ankleidete, könnte er füglich wo immer im Alfeld einen Richter abgeben.“ „Ich habe mich viel gegrämt, zumal anfänglich. Sie, gnädiger Herr, loben die Gegend. Im Sommer gehtt ja noch an, aber wenn es gleich nach dem Stt. Michaeldtag zu schneien anfängt und wenn man sechs Monate lang nichts anderes siehst und manchmal zweimal des Tages schaufeln muß, nur um vom Hause zum Stalle gelangen zu künnen, so wird der, der daran nicht gewöhnt ist, traurig. Auch das t hat mir weh, daß ich schließlich doch nur ein Dienstbote war und auch mein ganzes Leben lang bleiben würde, und wenn ich an meine Heimat dachte und mir in den Sinn kam, wie gut mirs dort gehen könnte, so bedauerte ich zumeinen, daß ich, als ich desertierte, nicht gefangen worden war; dann Hätte man mich wenigstens erschoffen und jet wäre alles vorbei. Aber später ge­wöhnte ich mich an die Gegend und auch an die Menschen.” „Sie glauben gar nicht, wie viel man mich nach Ungarn gefragt hat, nach meinem Vater und seinem ganzen Hause, wie viel Felder wir haben und wie wir sie bebauen, wie viel Rinder in die Schule gehen und wie wir das Rindvieh überwintern. Sie wurden nicht müde, stundenlang zuzuhören, und mir bhat es so wohl, von diesen Dingen sprechen zu können. Von meiner Kindheit her erzählte ich meine ganze Lebensgeschichte und alle meine Haus­­genossen kennen die Gemarkung von 2, so gut, als wenn sie jahrelang dort gewohnt hätten. Mein Schwiegervater erkundigte sich zumeist nur nach der Wirtschaft und nach den Angelegenheiten des Dorfes. Daß man bei uns nach einmaligem Adern und oft erst zu Weihnachten fiet, dad wollte ihm nie möglich in den Kopf und noch weniger, daß wir den Mitt ald Heizmaterial gebrauchen, so oft ich davon sprach, fing er an zu laden, Erzfi aber — damals hätte ich nicht geglaubt, daß no­ Frau Szücs aus ihr werden sollte — Erzfi brachte das Gespräch immer auf den Krieg. Wenn abends ihr Vater neben dem Ofen bisweilen eingeschlafen war, ließ sie sie stundenlang von mir erzählen; auch sechsmal ließ sie sich dasselbe jagen. Sie wollte alles wissen, von jeder Schlacht, von jener Minute an, wo bei den Vorposten der erste Schuß fiel, bis dahin, wo wir die Toten und Verwundeten auf dem Felde zusammenlasen; und ein Mensch, der Soldat gewesen is, braucht nichts anderes, als daß man ihm zuhöre, zumal so wie Erzfi zugehört hat. Wenn ich von meinem Nittmeister sprach, oder von einem meiner Kameraden, der neben mir gefallen war, traten ihr die Thränen in die Augen; wenn in meiner Erzählung darauf die Rede kam, daß ich in Gefahr geschwebt, blieb ihr fast der Atem aus, und wenn ich dann erzählte, wie wir und durchge­­hauen hatten und durch die Reihen der Feinde durchgebrochen waren, geriet­ sie ganz in Sener, und dabei war Erzfi wirklich ein nettes Mädchen !* „Hier giebt es sirenge Winter, und der erste, den ich hier zubrachte, war außergewöhnlich Tang, aber ich murbe feiner nicht überdrüffig. Bei so viel Bied Hatten wir den ganzen Tag genug zu thun. Abends that mir die Nuhe wohl.“ „Man sollte nicht glauben, wie gut man si in den stodhohen Holze bäufern fühlt, zumal im Winter. Bei uns wissen wir gar nit, was der Winter is. E38 giebt rauhe Tage, Schnee, der bis zu den Knien reicht, und manchmal haben wir auch mit dem Schlitten kaum zu unsrer Tanya gelangen künnen; aber das alles dauert höchstens eine Woche, und wer gerade Luft Hat, kann si auch mit dem Sturm ringend messen. Aber hier! Wenn der Wind von der Seite bläst, von wo Sie gekommen sind, so muß der ein stattlicher Bursche sein, der nur bis zum Stalle geht, mit dem Pelz auf dem

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