Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1923. September (Jahrgang 50, nr. 15076-15101)

1923-09-15 / nr. 15088

kikimis in Bernau­­­­d mit Bonogssend­ung al eig. Lei 109 ° — ährlich . 210 einzelne Nummer Lei S— Rr, 15088 ge Hermannstadt, Sonnabend 15. September 1 1923 ‘ Bezugsbestellugen und Anzeigen Setungswelt beine en: ot 8 Bes­enpreis: Der Raum einer einspaltiges Bet­tzeile tostet beim gr wmaligen Einräden Bat Kar­ung 50. Jahrgang der Völkerbund und die ialienischen Konflikte.­ ­—­ Pie auch immer die von Italien produzierte Krise des Weltfriedens enden möge, dürfte jedenfalls ein Opfer verzeichnet werden können. Und das ist das ohne­­hin nicht allzu große Ansehen des Bölferbundes. Daß die Genfer Staatskunst einem Nichtmitgliede gegenüber verfagen mußte, Tief sie aus dem Geiste dieser Ginrich­­tung heraus immer noch leicht begreifen. Ultra poste nemo teneatur. Niemand kann über seine Kräfte hinaus­­gehen.­­Aber daß sie auch zwischen regelrechten Mitglie­­dern­ versagen werde, haben nicht einmal gemäßigte Schwarzjeder vorausgesehen. Die Ansicht Mussolinis, Italien werde aus dem D­ölferbund austreten,­­wenn er sich im griechischen­asienischen Konflikte für zuständig er­­klären sollte, gehört besonders deshalb zu den interessanten ften­ Geststellungen, weil dieses hohe D­örfertribunal sich tatsächlich einschüchtern wie und nach, kurzer­ Verhand­­lung der Botschafterkonferenz den sch­weren Sall überließ. Die Bollmacht der Botschafterkonferenz geht ja auf die­selben Stellen zurück wie die Bollmacht der Bölferbünd­­er. Weder da noch dort fsten Vertreter der Bölfer, son­­dern­­ überall bloß die Beauftragten, der­­ Herrscher, aber 28 macht doch immerhin einen Unterschied aus, daß in Paris bloß die Botschafter der Großmächte tagen, unter denen si)­che eine Prozeßpartei selbst befindet, die andere aber nicht, während in Genf Anfläger und­­ Angeklagter Beiße:­bertreten sind und ebenso eine Anzahl mehr oder­­ ig . Den­n ge­bren „es etwas machen es die Ansicht Stafiens bleiben,‘ man künne aus dem­ Belferbunde einfach, austreten, wenn man vor der Gefahr stehe, wegen ÜBerfegung der Satungen abgeurteilt zu werden. Der Ball erinnert einiger­­maßen an den früher einmal bestandenen österreichischen Antiduellverein, dem es sehr um Die Beteiligung der Reserveoffiziere zu tun gewesen wäre und Der sich bereit erklärte, Reserveoffiziere aufzunehmen, ihnen jedoch zu gestatten, den DBerein zu verlassen, wenn sie zwischen ihren Ritter­ und ihren DBereinspflichten zu wählen hät­­ten. Und unter der Bedingung, im Konfliktfalle alszu­ treten, bat Die j seinerzeitige f. u. Ef. Heeresleitung Neu­serveoffizieren den Beitritt zum Antiduellverein gestat­­tet. So hatte der Verein seine Mitglieder und die ritter­­liche Anschauung über das Duell blieb ebenfalls intaft. Dem vorstehend angedeuteten Standpunkt aus ist das Vorgeben Italiens schließlich vielen — Schreiber dieser geilen gehört als dazu — begreiflich erschienen, Die sonst mit dem Mussolinismus nicht in jedem Punkte einig geben. Aber die Rechtslage ist vollkommen klar. XArtifel 10 des Statutes garantiert jedem Berferbundsmitglied die Unversehrtheit des Gebietes und die politische Unabe­hängigkeit. Artifel 12 verpflichtet alle Mitglieder, Streit­­fragen dem D­ölferbundsrat oder einem Schiedsgericht zu unterbreiten und in seinem Falle vor Ablauf von drei Monaten nach erhaltenem Schiedsspruch zum Kriege zu schreiten. Der Artifel 16 fest fest, daß jedes Mitglied, welches vorzeitig zum Kriege schreitet, als feindlich allen übrigen Bundesgliedern angesehen werden solle.. Dem­­nach ist die Zuständigkeit des Bölferbundsrates zweifel­­s 08 gegeben und die Belegung Korfus stellt nicht bloß­­eine Derlegung Griechenlands, sondern eine Berlegung aller­­ Bölferbundsmitglieder dar. Die Behauptungen Italiens, der Bölferbund sei für nationale Ghhrverlegungen unzuständig und die Bewegung Korfus sei sein Krieg, sondern bloß eine Zwangsmaßregel zur Pflichterfüllung, sind natürlich undiskutierbar. Ebenso unjuristisch sind Die Ausführungen, der Botschafterrat sei für die Verlegung seiner Sanktionäre allein zuständig. Das biete denn doch Richter in eigener Sache sein, wobei der eine Richter jed­­gar au; noch Anfräger sein könnte! Die Haltung Stanfreihs in die­ser Börferbundsfrage entspringt zum Teile der Abneigung der Republik gegen den Belferbund überhaupt, dann aber auch wohl der Scheu, die Welt fünne Aehnlichkeiten zwischen den Vor­­fällen im Q­uergebiet und der Besiegung Ko­rfus wahr­­nehmen. „SJournal des Debats“ hält hier den Hieb für die beste Parade, wenn es den Standpunkt Poincarés verurteilt, da gerade doch­ Stanfreids Opposition gegen den Belferbund der Verdacht entstehen künne, man fürchte in Paris derlei Rücschlüsse Natürlich ist das genannte große fran­zösische Blatt der Ansicht, die Rudi- und die Korfubewegung seien ganz andere Dinge. Recht bezeichnend ist auch die Ansicht Lloyd G aorges, der darauf hinweist, Italien hätte gegen Frankreich­ und England kaum ähnl­iche Mafregeln verfügt, wie es sie gegen Griechenland anwendete, wenn irgend­ein beamteter Italiener auf fran­­zösischen oder englischem Boden ermordet worden­ wäre. Und aus der Schweiz hört man­­ die Ansicht, Griechen­­land habe nur für die Bestrafung der Mörder die Ver­­antwortung, nicht aber für das Attentat serbst, denn. sonst müßte die Schweiz sich von Moskau unter Berufung auf DBotschafterrat und D­ölferbundsrat noch böser Angriffe gewärtigen, da ja da auch auf ihrem Gebiet der russ­­ische Vertreter Worofsfi ermordet worden sei. Man kann nicht sagen, daß der Vertreter Mussolinis, Herr Salandra, die Sache seines Meisters glücklich ver­­treten hätte. Da war zuerst die Betonung des Stand­­punktes, Italien als Stoßmacht dürfe sich derlei nicht gefallen lassen, wie ihm in Griechenland­­ widerfuhr. Der Hinweis auf die Borrechte der Großen gegen die Kleinen brachte den Belgier Hymans in Aufregung und er vertrat das Recht der Kleinen so geschicht, daß Salandra in Ver­­legenheit das gleiche Recht der Großen und der Kleinen zwar zugab, aber darauf Hinwies, es­ sei ein Staat be­­teiligt, in dem der Mord ein Element der Politis sei. Der Grieche Politis erwiderte auf diese Anflegelung sehr diplomatisch. Damit künne Griechenland nut gemeint sein. Jeder Anwesende konnte sich die Fortlegung dieses Gutes ausdenken. Die Ieicht auf die zahlreichen politischen Toten hätte anspielen künnen, welche den Siegesmarsch des Lai­­zismus­ begleiteten. Und dann hat Salandra noch zulegt einen weiteren­ Schritt zurück gemacht. Er formulierte den Stand­­punkt seines Law an Dieses könne­ die­ 8 tenz cbundetates ohne Inter­vention Sea­d­eng nicht anerkennen. Also protestiert Italien fest nur noch gegen die ausschließliche Kompe­­tenz der genannten zwischenstaatlichen Organe und will bei der Rechtsprechung in seiner eigenen Sache mitsprec­hen. . Dies ist noch der Beginn eines Rüdzuges und daher interessant, wenn auch diese neueste Ansicht Muffo­­linis weder mit dem N­echtsgefühl noch dem Berferbunds­­statut in Ginslang zu bringen ist. Der Gründe für diesen Rüdzug Muffoli­­nis mag es mehrere geben. Einmal seine Absichten auf Siume, dann die Gegnerschaft Englands, weiter die Ber­­mutung, daß Stanfreich sie­chestenfalls neutral werde verhalten müssen, da er zwar seinen Ruhrgenossen nicht im Stiche lassen wolle, seine Freunde von der Kleinen Lntente und Belgien aber auch nicht. Und schließlich ist Italien dur die österreichische, die Donaufrage und andere Ä ähnliche Probleme starf an den Bölferbund ge­­rettet. Eine Grefation des Wölferbundes gegen sich, Wo­ zu England sich angeblich als Büttel gemeldet, befürchtet Rom sicherlich nicht. Die Herren in Genf, Paris und Rom nennen das schöne alte deutsche Lied dem Krähminster Landsturm gewiß nicht, aber sie tragen ihm Rechnung..S­päter habe die leitenden Alliierten, zu denen Italien ja nie gehörte, Stume und wohl auch Dalmatien den Serben angeboten, jedenfalls als Ausgleich für gerieinte serbische oder den Serben versprochene Gebiete, mit denen Bulga­­­rien gefedert werden sollte. Nach seiner großen Niederlage von Tolmein scheint Italien selbst sogar dem Berzicht auf Siume zugestimmt zu haben, aber nach dem Zerfall der habsburgischen Monarchie erneuerte er seine Forderung. Eo begann alsbald die Slawen so zu fürchten wie bis dahin die Desterreicher, ja mehr wo; man wußte in Rom sehr gut, daß Das italienische Element in Desterreich von HJ und Regierung stets gefördert worden war. Noch im März 1918 spielte ich, Italien gelegentlich, des Slaw­enfangreifes in Rom als P­rotestor der Slaven auf und maßte sie an, an die Stelle Wiens und sogar Petersburgs als Slawen­­vormacht zu treten. Ein Jahr später, als es die scharf natio­­nale Hand der Jugoslawen an der Arbeit sah, erklärte es sich als Feind der Kanaten und Slowenen, welche es, wieder etwas später, recht gegen die Serben unterjtügen möchte! Der Kampf um Fiume dauerte lange. Wenn man dem bekannten Amerikaner DBafer glauben will,­ leitete Lloyd George Die Italien feindlichen Tendenzen. Er bot ihnen zuerst einen Erlat in Kleinasien, den er aber auch schon den Griechen versprochen hatte, und der zum Türkenkriege geführt hat. Dann sprach er vom Somaliland. Schließlic aber bekam Italien gar nichts; man nahm ihm das übri­­gens zu 95 vdl. 9. südsranische Dalmatien bis auf Zara ganz weg und stellte in Siume den heutigen Zi­itter­­auftand ber, den der eberfall d’Annunzio wenig beeinflußt und über den seit Damals eigentlich­ ununterbrochen berg handelt wird. Die in Rom tagende gemischte Kommission ist au­f einem , woraus sich das am 15 September­ ablaufende italienische Ultimatum Italiens Pr Jugoslawien erklärt. Ob eine Verlängerung erfolgte, ist bis zur Stunde, da diese Zeilen geschrieben werden, nicht bekannt gew worden. Aun hat Muffolini den Befig der Stadt Fiuriz’ samt einem Gebiet, als nationale Frage erklärt. In Jugsilas­cien sieht man die Sache wohl auch nicht viel andere an, wenn man auch weniger Geuer dafür aufbringt, da Die Regierung eben ferbish, Fiume jedoch­ froatisch und zum Teil jedeniisch ist. Außerdem­ scheint man in Belgrad nicht abgeneigt, den Italienern das Stadtgebiet Fiumes im ir­­gend­einer Weise mitüberlassen zu wollen, wenn man nur knapp Daneben einem jugoslavischen Hafen für sich errich­­ten kann. Damit wäre darin freilich der vollständige Ruin dieser einst blühenden Hafenstadt besiegelt, die auch schon fest in den fetten Zügen liegt, da ihr das Hinterland weg­­genommen ist, und sie, die einst Ungarns stolzer Hafen war, in Italien weit hinter dem auch mühsam vegetieren­ Triest rangiert­­en. Und ganz Des Botjänjie die Finmaner Frage: Mussolini hat den Befig Fiumes für eine nationale Stage Italiens erklärt, an der er m­it zweifeln Lasse. Er dulde seine Vermittlung und gebe nit nach. 8 Scheint, daß die nationale Bedeutung Fiumes im dem Aus­­maße wachse, als die Erhaltung Korfus schwieriger wird. Es macht auch den Gindrud, daß England sich leichter mit einem italienischen Fiume als mit einem italienischen Korfu abfinden könnte, während der Widerstand der ugs­laden nicht so schwer ins Gewicht fällt, als die maritime und wirtschaftliche Uebermacht Englands, dessen Kohlen für Italien eine Lebensbedingung sind. Der italienische Anspruch auf Fiume entstammt dem Londoner Geheimvertrage von 1915, als England und Frankreich überall in­ der Welt Bundesgenossen suchten und sie mit Stüden aus dem Körper der Zentralmächte, zu denen damals Bulgarien noch nicht gehörte, föderten. Italien war anfangs 1915 noch neutral und 88 ver­wendete die Zwischenzeit zur Erzeugung der nötigen Kriegsstim­­mung in dem ganz kriegsunlustigen Bolfe und zur Her­­richtung seines im­ Tripolisfriege­sstars­s reduzierten Kriegsmateriale. Die vielseitige Tätigkeit der beiden D Botschafterr PRennel Road und DBarrere auf bei­­den Gebieten ist bekannt genug. Erst als man dem Kabinett Salandra-Sonnino die militärische und wirtschaft­­liche Vorherrschaft in der Adria anbot, wozu Stieji, Stume, Pola und möglichst viel Dalmatien gehörten, entschloß sich­ Italien zum Kriege gegen seine Verbündeten. Einige Zeit Sähgere Gefährdung des deutsch bessarabischen Schulwesens. Von der­­ Telegraphen- Agentur „Luz“ erhalten wir folgende Nahrut: DBufarest, 13. September. Die D­eutsche Parla­­mentspartei erhielt soeben von der D­eutschen Zeitung DBessarabiens in Sarutino folgende Depesche: Knabengym­­nasium und Mädchenlyzeum geschlossen. Volksschule und Serienschule romanisiert. Lehrerseminar abgebaut. Es wurden telegraphisch die Einzelheiten abverlangt und werden dieselben nach Erhalt sofort bekanntgegeben. Bis zum Eintreffen dieser näheren Nachrichten enthalten wir und einer Stellungnahme dazu, da die Folgerungen­­ dieser Nachrccht von so tief greifender politischer­­ Be­­deutung sein werden, daß sie nur bei genauer Kenntnis des gesamten Sachverhaltes erörtert werden können. Rückkehr REN Ministerpräsidenten. DBufarest, 13. September. Der Ministerpräsident Bratianu ist­ aus der Tschechoslopatei in Azuga angekom­­men und wird morgen dem Könige in Sinaia Bericht erstatten. Montag fehrt DBratianu nach DBufareft zurück und wird sofort einem Ministerrat vorjagen. Aenderung des Gelehes über indirekte Steuern. DBufareft, 13. September. Im Finanzministerium wird an einem Entwurf zur Abänderung des S­jeges über die indirekten Steuern gearbeitet.

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