Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1930. März (Jahrgang 57, nr. 17013-17043)
1930-03-01 / nr. 17013
BE ER, EN EU BER ALSCHATZUNGA. « RER EN EEE EL a a RE RE EEE EUR REDEN « "« | | Br Richt nordatiert! N : Museum für ronasnische Litere*" 'tur u.Kultur Pflicht, Sibj « "Hermannstadt : -—-—-— .— .. . nn nn. bürgisch- on geblat Für Schriftleitung: Hermannstadt, Hontern’ gafje Mr. 11. Fernsprecher: Nr. 11 dımd Nr. 130. Verwaltung: Königin Martafte. Nr. 25. Fernsprecher: Nr. 237. Bezugspreis für einen Monat: Hermannstadt: ohne Auftelung L 90 °: mit Aufteilung L 100 °—; mit Bestversendung: Inland: Lei 100’—; Ausland: L 185 °—; Einzelnummer 1.» —; Sonntagsnummer 1,66 Nr. 17013 er Volkszeitung Hermannstadt, die das Deutschtum in Rumänien annabend den 1. März 1939 ee Jahrgang | J Beisarabien im Streite der Parteien Abgeordneter Oberpastor Daniel Saaje über die Rage in Bessarabien (Eigener Telephonbericht.) Bukarest, 28. Februar. Nicht nur die Bessarabienpolitik Sowjetungland, sondern in mindestens gleichem Maße auch das Verhalten einzelner rumänischer Politierer und der ihnen zur Verfügung stehenden Breise soregen dafür, daß es auch weiter eine bessarabische Frage gibt. Das Gewissen dieser Politiker verbietet ihnen nicht, immer wieder über Vorgänge zu berichten, die — wenn sie den Tatsachen entsprechen — die Meinung aufkommen lassen künnten, das mit einem unerschütterlen Berut der Provinz jenseits des Bruthaus Gründen, die in dieser Provinz selbst liegen, nicht mit Sicherheit zu rechnen sei. Durch die Heranbildung einer öffentlien Meinung, die mit einer solchen Entwicklung der Dinge zeichnen lernt, wird aber der roten Regierung im Moskau in die Hände gearbeitet. Er war darum gar nir sehr übertrieben, daß ein Hauptstädtisches Blatt unter eines seiner nicht selten die Lage glänzend cja= valterisierenden Bilder einen Text setze, in dem «8 einem Führer der OOpposition die Frage an Stalin in der Mund regte, was er im Bessarabienno ins Werk zu jegen gedenke, um den Moskauer Dikator hierauf antworten zu lassen: „Zu tue nichts ,mehr, du, tust genug!“ . v » .. Aber nicht nur die Opposition,sondern auch die Presse,die nicht in ihrem Dienst steht,verficht die Sachse Bessambiens mit geringem Geschick,wenn sie,wiegieftern »Euntul«,große Manöver ankündigt,die noch im März d.J.zwischen Pruth und Dnjestr stattfinden sollen, und sie nicht sehr überzeugend damit begründet,daß sie die Truppen mit den neuen,dem technischen Fortschritt angepaßten Einführungen bekannt machen sollen. Wenn man nicht in der Frühjahrswitterung,die den Manövern in Bessarabien eine verschwindend geringe Bewegungsfreiheit einräumen würde,und in den für diese Jahreszeit unergründlichen Straßen dieser Provinz,in denen auch die genialsten strategischen Vorstöße rettungslos würden steckenbleiben,eine sehr glaubhafte Widerlegung dieser Meldung zur Verfügung hätte, so würden alle kategorischen Dementis,die ihr gegenüber gestellt werden,den Schaden kaum wiedergutmachen, der durch sie dem Landeszugefügt werden könnte Man wird jedenfalls damit rechnen müssen,daß die Meldung,die offenbar dem Sensationsbedürfnis entsprechen sollte,nicht die letzte sein wird,die fernstehende Betrachter der Lage in Bessarabien zu beunruhigenden Schlußfolgerungen gelangen lassen könnten. Obwohl es,was diese Prvinz anbelangt,für alle Parteien nicht eine Regierung Mani,sondern nur eine rumänische Regierung geben dürfte,durch die der einheitliche Wille des gesamten Rumänentums verstreten wird,ist Bessarabien allzu sehr ein Tummelplatz der politischen Leidenschaften geworden,als daß man annehmen könnte,daß Verirrungent und Verstöße gegen das Landesinteresse hin künftig ausbleibe werden. Da die in den einzelnen rumänischen Parteien über die Lage in Bessarabien vertretenen Anschauungen zum Teil dem Parteinteresse dienlich sein wollen,schien Guns gebotem die Meinungsäußerung eines Mannes über die Zustände in Bessarabien einzuholen, der Die Lage in diesem Landesteil aus eigener Anschauung kennt und in den Streit der Parteien nicht verhwidelt, sehr wohl dazu ausersehen sein kann, ein zuverlässiges Urteil über die Zustände abzugeben. Wir fanden diesen Mann in der Rerson des bessarabischen deutschen Abgeordneten ,berpastor Daniel Haase, der uns auf die an ihn gerichteten Fragen bereitwilligst Auskunft gab. Geklärungen des Abgeordneten Oberpastor Daniel Saafe Die Frage, ob in Bessarabien eine zunehmende bolsshhewistische Bewegung festzustellen sei, wurde von Oberpastor Daniel Haase verneint. Auf dem Lande greift Diese Bewegung jedenfalls nur um sid) und auch in den größeren Orten und Städten hat sie nir mehr Bedeutung, als in andern Gebieten des Landes. Unbestreitbar vorhanden ist auch in Bessarabien eine allgemeine Unzufriedenheit, die jdoch nur auf politische Ursachen zurückgeht, sondern mit der wirtschaftlichen Lage zusammenhängt. Der Grund zu dieser Unzufriedenheit besteht darin, daß für Die Bodenerzeugnisse seine entsprechenden Preise zu erzielen sind und die Steuerlast infolgedessen umso drühender empfunden wird. Dieeste Ernte ist zum Großteil noch unveräußert, namentlich mitt Dies von Gerste und Mais, von beunruhigenden Strömungen innerhalb der Bevölkerung, die in ihr selbst entstanden wären, it, wie uns Abgeordneter Oberpastor Haase erklärte, nichts zu beobachten. Beunruhigung wird in die Bevölkerung von Zeit zu Zeit ausschließlich duch gewisse Blätter getragen. Wenn man diesen Blättern hätte Glauben scheinen wollen, so wäre bei den Kreiswahlen zum mindesten mit dem Ausbruch einer Nebolution zu rechnen gewesen. Tatsächlich haben sich diese Wahlen jedoch in musterhafter Ordnung abgespielt. Die Sicherheitsorgane hielten sich vollkommen im Hintergrund und griffen in keiner Weise ein: Was bei den Parlamentswahlen des Jahres 1928 no ungewohnt (6.) Wenn im des, Länder mit kompliziertem parteimejen Tich keine "Deutlichen parlamentarischen Mehrheiten ergeben und also parlamentarische Negierungen einerseits schwer zustande kommen, andererseits rasch und manchmal grundlos, in jahrihy kritischen Augenblicken und oft aus persönlic-egoistischen Gründen fallen, verweisen Die Verteidiger der parlamentarischen Demokratie auf jene Länder, wo der Parlamentarismus reibungslos funktioniert. Die schweizerischen und amerikanischen Verhältnisse sind in weitesten Freien zu wenig bekannt, aber auf England verweiss man dann gerne. Denn € 3 gilt als Ideal, wenn ‚in einem Parlamente bloß zwei Parteien vorhanden sind, dann fanıt die eine mit der anderen in der Regierung jedesmal abwechseln, wenn die an der Macht befindliche Partei ji verbraucht hat. Wenn wenige Parteien bestehen, können sie leicht Wahlbündnisse eingehen, die namentlich dann Mehrheiten liefern können, wenn das Wahlgeje die Bildung von Mehrheiten ohne Rücksicht auf die tatsächliche Parteienzersplitterung erleichtert. Demokratisch ist dieser Zustand ja nicht, aber er erleichtert trogdem Mehrheitsbildungen und damit Das Funktionieren des Parlamentarismus. Das einzig wirklichhdemokratische Wahlrecht, das jede halbwegs nennenswerte Anschauung im Bolfe auch im Parlament widerspiegelt, bereit in Deutschland Das Gegenteil davon besteht in England und auch in Frankreich ist es möglich, daß eben jet 1 Million Kommunissten 10 Abgeordnete haben, 1 Million Katholische .Republikaner aber 100. Da sei im folgenden vom Wahligsten abgesehen. Bis zum Beginne des jenigen Jahrhunderts gab es in England nur zwei Parteien, die Konservativen und die Liberalen; ihre Scheidungsgrenze war eher vertikal als horizontal, so daß beiderseits alle Berufsstände und Klassen vertreten waren. Vor 30 Jahren entstand in England die Arbeiterpartei, die eine außerordentlich rasche Entwicklung erlebte. Sie gründete sich zum Grack für England nur auf die Theorien des in London lebenden Karl Marz, sondern ‚hauptsächlich auf die praktischen Gedanken von Robert Omen, so daß sie stets gut national blieb und im festen Jahrzehnt Daher auch regierungsfähig wurde. (Anderswo regieren Marristen ja auch, nur sind sie nicht regierungsbefähigt!) Das parlamentarische Gleichgewicht war, jedoch duch das Dreiparteiensystem bereits empfindlich gestört. Aber die Spaltungen gingen bald weiter. Zuerst zerfielen die Liberalen, von denen SalonpD George selbst auch nachdem Rücktritte Asquiths nie mehr als einen Teil um sich gruppieren konnte Man hofft vergeblich, daß etiva Die Gruppe Lloyd Georges fi mir der Arbeiterpartei verschmelzen werde, während die andere Gruppe von den Konservativen hätte aufgenommen werden können. Die Spaltung ging auch andere mwärts weiter, , und beinahe unglaubhaft war, daß Uebergriffe von Sicherheitsorganen nicht mehr zu befürchten sein sollten, ivar Diesmal schon eine sichere Voraussicht. Die feine Enttäuschung brachte. Im allgemeinen, so jhloß Abgeordneter Oberpastor Daniel Hanse seine interessanten Mitteilungen, jt zu sagen, daß man ji heute in Bessarabien einer viel größeren Bewegungsfreiheit erfreue als früher, und diese Tatsache wird von der Bevölkerung ohne Unterschied dankbar anerkannt. Somwjetrußland nach Bessarabien herüberbringen, sind sehr geeignet, Die Abneigung der bäuerlichen Bevölkerung gegen das bolidemistische System immer wieder zu vertiefen. Niemand in Bessarabien kann ernstlich glauben, daß ji Somjetrußland mit seinem noch unerprobten Heer zu einem Krieg gegen den Westen entschliegen konnte. Der bolschewistischen Bewegung gegenüber seint Borsicht allenfalls geboten und es gilt daher unter allen Umständen auch weiter auf Wade zu fliehen. ist aber sinnlos und verfehlt, den Teufel immer bwiede an die Wand zu malen. In den letzten Tagen hörte man von einer theume Partei,die der Zeitungskönig Lord Braverbrook (»Daily Expreß«und Inzern)ins Leben gerufen.Er nannte sie,,Vereinigte Reichspartei« (United Empire Party) und gab ihr zum Programm die Umgestaltung des Weltreiches innen, also zwischen Mutterstand, Rominien und Kolonien, als Freihandelsstaat, während nach Augen der Schußzoll herrschen sollte. Der andere Zeitungskönig Lord Rothermere („Daily Mail“ und Konzern), der bekanntlich in Ungarn so betriebt it, untersagt seinen Kollegen; umso mehr, als der eine bei den Blättern des andern finanziell statt beteiligt ist. Die neue Partei tritt jeder anspruchsvoll auf und erhofft sie bei dem nächsten Wahlen 200 Kandidaten. Sie stellt im ganzen eine Absplitterung von der Konservativen Partei dar und wird deshalb von Baldwin, dem Parteiführer und rechten Ministerpräsidenten, sowie von dem Carlton Club, dem konservativen Zentrum, scharf bekämpft. Ebenso erfuhr man in den allerfesten Tagen, daß MacDonald, Parteiführer der Arbeiterpartei und derzeit Ministerpräsident, ebenso wie Snomden, derzeit Finanzminister, ihren jahrzehntealten Zusammenhang mit der Unabhängigen Arbeiterpartei gelöst haben und nur in der allgemeinen Arbeiterpartei verbleiben. So übergeht die Leitung des Finten Flügels der Arbeiterpartei, der eben genannten Unabhängigen, an ihr wichtigstes Mitglied, an James Maxton. Seine Ideen sind verworren, aber verführerisch; er glaubt, daß jeder, der nicht arbeiten will, von denen, die arbeiten wollen, unterstüßt werden müßte. Die praktischen Engländer haben in weit überwiegender Ueberzahl den Widersinn Maytıns Lied schaut, aber eine gewisse Anhängerzahl hat er doch und im Parlamente führt er eine kleine Gruppe, von der die linke Opposition gegen MacDonald ausgeht. Mit dem Ausscheiden MacDonalds dürfte die Gruppe einigermaßen zunehmen und selbständig werden. Die fraujer Gedanken Martons bilden derzeit nochh seinen Uebergang zum Kommunismus, der heute in England ‚einen einzigen Abgeordneten hat, aber der im Wolfe immerhin doch Thon eine Anzahl Anhänger besißt, die zunehmen könnte, wenn die gegenwärtige englische Wirtschaftstrise fortdauert. Wir, haben, also jegt in England zwei konjerbastive, einei liberale, zwei Arbeiterparteien ı und eine kommunistische Partei. Mögen auch die eine fonserbative, beide liberale, die unabhängige Arbeiterpartei und der Kommunismus, wo sehr schwach sein, aber sieben Parteien finde8 doch! Und wenn sie einmal ein wirklich demokratisches Wahlecht in England erreichen sollten, werden sie auch im Unterlaus zu besterkbaren Vertretungen gelangen. Aber warum es England es besser haben als andere Wölter? Die Nachrichten, die aus Verfall des englischen Bartelmeiens | rer a # Be