Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1932. September (Jahrgang 59, nr. 17812-17837)

1932-09-15 / nr. 17824

J­­ Taxeie plä­­­ nite in numä­­rar ord. Dir, Gen. P.T.T. mn Allgemeine Volkszeitung für das Dentschtum in Rumänien Schriftleitung: Hermannstadt, Honterusgasle Nr. 11 Fernsprecher: Nr. 11 und Ar. 130 — Verwaltung: Königin Mariastrafe Ar. 25 Fernsprecher Ar. 237 — Bezugspreis für einen Monat: Hermannstadt: ohne Zustellung 90 Lei; mit Zustellung 100 Lei; mit Wortversendung: Inland: 100 Lei; Ausland: 135 Lei. Einzelnummer 5 Lei Nr. 17824, Hermannstadt, Donnerstag den 15. September 1932 59, Jahrgang nach der Reichstagauflösung in Deutschland Behördliche V­orsichtsmaßnahmen — Beruhigung zu erwarten Berlin, 13. September. Angefsts der gestrigen Vor­­gänge im Reichstage wurden sofort nach Schluß Der Sigung von der Regierung und der Polizei Sicher­heitsmaßnahmen getroffen. Schon in den frühen A­bendstunden waren auf den Straßen P­olizeipatrouil­­len und Polizeiposten verteilt, die um das Neidh?­­tagsgebäude einen doppelten Kreis bildeten. Bei der W­ache am Brandenburger Tor wurden mehrere Meder­­fallgautos aufgestellt, um nötigenfalls der Polizei so­­fort zur Verfügung zu stehen. As auf den Straßen die Sonderausgaben der Zeitungen erschienen, bildeten si rasch größere Ansammlungen, die die Vorgänge im Reichstag lebhaft besprachen, die aber immer wie­­der von der Polizei auseinandergetrieben wurden. So­­fort tauchte an das Gerücht auf, daß die Negie­­rung ji mit der Verhängung des Belagerung­zustandes beschäftige. Tatsächlich bestand auch bei dem Kabinett ein solcher Plan und es ist inzw­ichen auch bekannt BA Eben, daß m­­an in feiner ge Keen. Eigung IL Bes se ftifgen Reichstagsfrau­on beipriadgen ich gestern bis in die tiefsten Nachtstunden im Hotel Kaiserh­of mit Hitler. Die Konferenz fand hinter geschlossenen Türen statt und ihr Ergebnis wird streng geheim gehalten. Trogdem wurde bekannt, daß Hitler ji mit dem Vorgehen Goerings vollständig einvers­­tanden erklärte und ihn aufgefordert hat, Die Entscheidung des Staatsgerichtshofes mit Hilfe der von Nationalsozialisten regierten Länder möglichst bald Hex beizuführen. Vor dem Hotel hatte sich eine große Menschenmenge angesammelt, die Hitler, al­sr nach beendeter Konferenz mit Goering das Hotel verlieh, lebhafte Huldigungen darbrashte. Eine Durchsuchung des Reichstags­­gebäudes Reheingeplärten, re­­isung heute festhalten würde, Mer ri po­­lizeilich abzusperren und sofort durch die­­ Reichsmwehr besiegen zu lassen. Die Verhängung des Belagerungszustandes ist bis zur Stunde noch nit erfolgt, es wurden aber alle Maßnahmen getroffen, um nötigenfalls ihn sofort verfügen zu kön­­nen. Der Reichspräsident soll seine Zustimmung dazu schon erteilt haben. Die Regierung ist allerdings der Sicht, Das sie nicht gezwungen sein wird, zu einen Solden Maßnahme zu greifen und daß im Reich im den nächsten Tagen eine allgemeine Beruhigung eintreten wird. "Bu ihrer Beschleunigung recm­et matt np: mit der­­ Versündigung eines politischen Burgfriedens. An der Börse ist die Beruhigung schon heute bormit­ag eingetreten, besonders als das Gerücht aufs­tauche, daß ein neues Uniformverbot, bzw., ein Verbot der nationalsozialistischen SW, geplant­es. Eine nationalsozialistische Besprechung Reichstagspräsident Grering, Göbbel und eine An­zahl weiterer führender Mitglieder der nationalsoztale­­Berlin, 13. September. Der Polizeipräsident teilt mit: Ber er einer a = Racııri der ‘ u · FR « Werber eine Derofee im Re " da der Verdacht eines beabsichtigten Sprengstoff­­anschlags vorlag Diese Durchsuchung konnte dem­ Reichstagstpräsidemen und dem Polizeipräsid­enten v­on hier nicht mehr angekündigt werden,da beide Herren telephonisch nicht zu e weichen waren Die Durchsuchuug war um ihr 70Niinuten beendsetJertzungszim­mer der Kommunistischen Partei wurde die Durchsuchung durchgeführt Kurze Zeit darauf erfolssender­ Verwal­­tungsdirektor des Reichstages Geheimrat Galle,er­­hob gegen diesenlntersuch­ung energischenontiest und teilte mit,daß er diese Angelegenheit bei den zuk­­stan­digen Stellen des Reichstages zur Sprache bringen werde Regierungsrat Werder setzte trotzdesin­­stes die Durchsuchung wed­er fort Anhaltstpunkte auf einen beabsichtigten Anschlag wurden nicht gefunden In dem Fraktionszimmer der kommunistischten Partei wurden zwei Hetzschriften ind ein Buch über Eyenbahn besch­lagsnahmt Der Proslizierpräsident hat eine weitere Un­tersuchung in­ diesser Angelegenheit angeordnet »An Gigantenkampf in­­ Deutschland —n. Der am 31. Juli I. 3. gewählte Deutsche Reichs­tag hat eine kurzes Leben gehabt. Zehn Wochen nach seiner Geburt, zu Beginn seiner zweiten Situng ist er von seinem Ende ereilt worden und nun mit das Deutsche Reich zum zweitenmal in einem Halbjahr Die Aufregungen einer Neuwahl dDrchmachen. Die Tatsache der Auflösung an ji Hat niemanden überraschen kün­­nen. Nur darauf waren wir Fernerstehenden nicht ge­­faßt, daß nicht einmal die Negierungserklärung und die sich daran schließende Aussprache der Parteien möglich sein werden. Unter den gegebenen Umständen, angesichts der unüberblüdbaren Gegenzage, vor allem zwischen der National-Sozialistischen Deutschen Arbeiter- Partei und der Regierung des Herrn de, Prapen wäre es in der Tat überflüssig gebwesen, mit Reden noch viel Bett zu verlieren, da ja d jedoch am Endergebnis, der Niederstimmung der Regierung, nichts geändert worden wäre. Weberflüssig war aber allerdings auch — nach unserer Auffassung imd unserem es — die formalistische Fingerzieherei z­wischen dem Man in­präsidenten und der Regierung. Der erstere mgsverordnung Des pr Yugenbh­t übernehmen und berfinden, in Di­e8 im dom Reichsfangler überreicht wurde und mußte Die Ab­­stimmung auch sofort einstellen. Die Zurückweisung Der Verordnung, die dann als Grundlage für die Tiftelei dienen sollte, daß die duch den Ausgang der Abstim­­mung gestürzten Minister zur Gegenzeich­ung der Auf­­lösungsverordnung nicht bereitigt seien, erscheint uns der großen Vorgänge, die sich nun abspielen, nicht unwirdig. Doc ist dies ihließlich ein Ziwischenfall, über den man, an­falls ji noch, weitere staatsrechtliche Erörterungen daran jehliehen sollten, bald zur Tages­­ordnung übergehen wird. Bei dem Abstimmungsergebnis müssen wir einen Augenblick verweilen. Nach dessen endgültiger Feststel­­lung haben sich von den 607 Reichstagsmitgliedernt 567 an der Abstimmung beteiligt, 3 haben somit nur 40 gefehlt, ein Umstand, der wohl weniger auf Nennung absichtlichen Fernbleibens zu liegen, als auf äußere Ursachen der Abhaltung zurückzuführen ist. Von den 567 Stimmen sind 512, also die „erdrücende" Mehrheit auf den Antrag auf Mißtrauen gegen die Regierung Papen und auf Ablehnung der Vegten Notberordnnungen gefallen. Nur 42 Abgeordnete haben ausdrücklich ge­gen den Antrag gestimmt und 13 haben si zu seiner Stellungnahme entschliegen können, was man wohl im gegebenen Fall an eher als ein Zeichen der Ableh­­nung als der Zustimmung ansehen darf. Wie fest sich nun die Zahl der ablehnenden Stimmen zusammen? Die 230 Nationalsozialisten, 133 Sozialdemokraten und 89 Kommunisten geben zusammen erst 452 Stimmen. Die Frage ist nun, woher die 60 weiteren Ablehnungs­­stimmen herrühren? Abgesehen von den ganz kleinen Parteien haben eine ansehnlichere Mitgliederzahl nochh das Zentrum mit 75, die Deutschnationale V­olfspartei mit 37 und die Bayrische Wolfspartei mit 2 Mann. Im Aagenblid sind wir wo nit in der Lage anzu­­geben, welches die Haltung dieser Parteien ge­wesen ist. Da erscheint dies nebensächlich angesichts der großen Frage, die an uns hier näher angeht, warum Die Nationalsozialisten diese Stellung eingenommen haben. Für uns, die wir ung nit für befugt ansehen, deutsche Parteipolitik zu treiben, ist es zunächst eine traurige Tatsache, dad eine aus hervorragend tüchtigen Männern bestehende, von dem verehrungswürdigen Neichspräsi­­denten mit aller Entschiedenheit gefragte Rechtsregierung mit einem Misstrauensvotum bedacht und zu dem ent­­scheidungsschweren Schritt einer zweiten Neichstagsauf­­lösung binnen kurzer Zeit gezwungen worden ist. Die Erklärung aber, warum dies geschehen ist, ist leichter, als er auf den ersten Blick feinen mag. Die National­­sozialisten konnten unseren Erachtung gar feine an­­dere Stellung, als die der vollkommenen Ablehnung der Regierung Baden einnehmen. Sie sind nur eine Partei wie andere,und­, die irgendeine allgemeine Rich­­ten freien Fragen vertreten. Sie sind eine P­artei, die man wohl al­revolution­är im vollsten Sinne des Wortes ansehen darf. Sie wollen eine vollkommene Erneuerung des deutschen Volkes herbeiführen. Sie vertreten eine politische Weltanschauung, die Derjeni­­gen der bürgerlichen Kreise, denen die Negierung Ba­­dens angehört, stirngerecht entgegengelegt ist. Der Ge­­gentag bewegt si­e Darauf deutet ja ihre Parteibe­­zeichnung Mar genug hin — ebenso­ wohl auf nationalen, wie auf sozialem Gebiet, In der Betonung des völfischen Gepräges unterscheiden sie ji auf Das tiefste von den Kommunisten, aber auch von den Sozialdemokraten, in der des sozialen jedoch auch von den gutvölfisch gesinnten Parteien. Eine solche Partei gang eigene­ Art, ganz besonderer Auffassung und Willensrichtung kann ji ohne Gefährdung eben Dieser Eigenart au­f einen Ausgleich, auf seine Zusammenkoppelung und auf seine bedingungs­weise ausgeübte Zusammenarbei mit anderen Parteien einlassen. Cie fand es ebenso­­wenig, wie es im Grunde genommen die Sozialdemo­­kraten marristischer Prägung fühnen, Grade eben das Verhalten der Testeren von 1918 herwärts muß den Nationalso­ialisten ein warnendes Beispiel sein. Die sozialdemokratische Partei Deutschlands, zu Schwach, um dem Reich ihren Willen uneingeschränkt aufzuz­wingen, hat ss mit den Demokraten und dem Zentrum ver­­bindet, beides Parteien, mit denen sie weltanschaulich in scharfem Widerspruch stehen. Die Folge davon ar, daß sie ihre eigenen Grundmäße ver­wässerte, daß sie ihre Führer der Gefahr ausfegte, eine P­olitik per­­sansten Eigennußges zu treiben, die mit Net viel­­verurteilte „Bonzenwirtschafte, und andererseits Hat sie Jung, irgendwelche bestimmte sachliche Aufteilung in die folgerichtig Dentenden unter ihren Anhängern in den Kommunis­mus getriebe.Die Nationalsozialisten wurden durch Kompr­omißineigungen ein­e ähnliche Ver­setzung in ih­re Partei und in ihre Anhängserschaft brin­­gen.Für si­e gilt das sonst nicht anfechtbare Wort von der Politik,die ein ständiges Ko­mpromi­s ist,nicht,­ heute noch nicht Sie müssen,wie das beli­ebte Wort lautet,»austanzegehen«.Dahier haben sie w­ohl eine zeitlang mit dem Zentrum verhandelt , ob Dies eine Schwächeanwandlung war oder Die Befolgung einer Taktik, vermögen wir nicht zu entscheiden — Haben aber hierbei solche Bedingungen gestellt, dass eine Einigung mit Dieser Partei nicht zustande kommen konnte. Dann aber Haben sie auf den Bruch mit der Negierung, richtiger gesagt, auf die Auflösung des Reichstages hingearbeitet. Sie wollen den gewaltigen Kampf um die Stimmen des Deutschen Volkes von neuem durc­­h ämbien, wollen alle Kraft zusammennehmen, um bei den binnen z­wei Monaten erfolgenden Reichstagswahler nie Have und unz­weideutige Arbeit zu erringen. Es wird ein gigantischer Kampf werden, dessen Aus­­gang heute niemand mit Sicherheit voraussehen und voraussagen darf. Wir Hier werden heifen Herzens und mit verhaltenem Aten auf feinen Ausgang harten! Barlamenishbericht Kammerfigung vom 13. September Lafarest, 13. September. Zu Beginn der heutigen Kammerfigung protestierte der Lupist Leon gegen das Vorgehen des Polizeipräfesten und der Gendarmerie bei der Kundgebung der Wirtschaftsfront am Sonntag. Der Liberale Negura verlangte Nachtritt des Polizei- j·

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