Süd-Ost, Juni 1936 (Jahrgang 2, nr. 125-146)

1936-06-10 / nr. 130

2 der Welt. Für Frankreich bedeute der Frieden die Achtung des internationalen Rechtes und der Friedensverträge, sowie die Einhal­tung des gegebenen Wortes. Franke reich sehnt sich danach, daß es der Organisierung der kollektiven Sicherheit gelinge, dem unbändig­en Mettrüsten Einhalt zu tun, und es mwünscht dementsprechend das Zufstandekommen einer internationalen Bereinbarung über Bekanntgabe der Rüflungen zum Zweck ihrer allmählichen Herabfegung und mirksamen Ueberwachung. Die außenpolitischen Richtlinien der Nos gierung sind durch diesen einmütigen Friedenswillen be­­stimmt, der jedoch keinesfalls ein Zeichen der Energie= Iofigkeit oder der Schwäche­n­. Die ersten Sturmszenen Nach der Rede des Ministerpräsidenten begann die erste Aussprache, in der es bereits recht farmisch herging. Der rechtsgerichtete Abgeordnete Laurent ver­langte verschiedene Aufklärungen über die Einstellung der Regierung zu den Sühnemaßnahmen gegen Italien, zum Schutz des Franken und zum Ei­­gentumsrecht. Ein anderer Abgeordneter unterzog die Währungspolitik der früheren Regierung einer schar­­fen Kritik und verlangte von Blum Mitteilung über die d­iesbezüglichen Absichten seiner Regierung. Zwischenfall zwischen Seuerkreuzlern und Kommunisten Zu Harmischen Auftritten mit den Kommunisten kam es, als der Seuerkreuzler Ballat u. a. bemerkte, es geschahe zum erstenmal in der Geschichhte Frank­­reichs, daß dieses Reich von einem Juden re­iert werde. Der Kammervorsißende Herriof wies alles zurecht und erteilte ihm eine Rüge. Die Sikung dauerte mit Unterbrechungen bis in die Nacht. — Am Schluffe der Sigung ergriff Ministerpräsident Blum noche­mals das Wort und erwiederte auf die Einwände der Abgeordneten. Die Regierung wolle nicht mit Vollmachten regieren, aber sie wolle Berbefferungen an den parlamentarischen­ Einrichtungen vornehmen. Er gab abschließend die BVersicherung, daß das neue Kabinett die Öffentliche Wohlfahrt schaffen werde. Bei der Abstimmung wurden 384 Stimmen für und 210 gegen die Regierungserklärung abgegeben. Einigung zwischen Arbeitern und Unternehmern großdem weitere Streiks Paris, 8. Sunt. In der Nacht auf Montag kam es zu einer grundläßlichen Einigung zwischen den Vertretern der Wibeitgeber und der A­rbeitnehmer mit folgenden Hauptpunkten, für deren Folgen aber die Arbeitgeber jede Verantwort­ung ablehnen: Einführung von Kollektivverträgen, das Acht der Ar­­beiter zum Eintritt in die Fachge­werkschaften, Lohners­­höhungen von 7 bis 120.95, Bildung von A­rbeiterräten in den größeren Betrieben, Strafe Iosigkeit für die Streikenden, Fefließung von Mindestlöhnen, Erhöhung der Beamtengehälter und schhteklic die Unterbreitung von Gefäßentwürfen im Par­­lament über Kollektivverträge, geießlich bezahlten Urlaub und die Einführung der 40-Stundenwoche. Troßdem diese Einigungen getroffen und bekanntgegeben wurden, werden besonders aus der Provinz neue Arbeit­er­­aufstände gemeldet. Polen und Südslawien gegen die Zus­ammen­­arbeit mit Rußland Die Wiener „Reichspost“ stellt in einer Besprechung des Besuchs des polnischen Außenministers Rick In Belgrad fest, daß Warschau ebenso wie Belgrad einmalig die aktive Mitarbeit Sowjetrußlands an der Bürgschaft des europäischen Friedens ablehnen, da beide nicht wünscheln, daß das rote trojanische Pferd nach Europa hineingeschmuggelt werde. Sü­­dHst Mittwoch, den 10. Juni 1936 — Folge 130 in Jugendherbergen in Deutschland Dad, Was sind Jugendherbergen und was haben sie für eine Bedeutung für das deutsche Volk ? Der „Reichs­­verband für deutsche Jugendherbergen“ verfügt über 2140 Gebäude, verstreut über alle Gaue Deutschlands, darunter riesige Schlösser und Burgen, die ausschließlich dem Zweck dienen, wandernde Jugend zu beherbergen. Die Zahl der Uebernachtungen stieg von 46 Millionen im Jahre 1933 auf 6,5 Millionen. Um die Bedeutung der Jugendherbergen für das heutige Deutschland zu verstehen, muß man in die Ges ichichte der deutschen Jugendbewegung vor und nach dem Krieg zurückgreifen. Als die deutsche Jugend in Opposition gegen verknöcherte Schule und philisterhaftes Heir ihre Erziehung selbst in die Hand nahm, war die Hauptbes­tätigung der entslehenden Jugendbünde das Wandern, die „Bahr“. In Gruppen zog man in die N­atur hinaus, übernachtete in Lelten oder bei Bauern und erlebte so die Natur, das Heimatland und das Bolk­oh stärker, als es sonst Reisenden möglich­st. Schon 1909 entstand der „Reichsverband für Deutsche Jugendherbergen“. Er besaß 1911 17 Jugendherbergen, in denen 3.000 Uebernachtungen stattfanden. 1924 waren es 2.000 Jugendherb­rgen mit 1,1 Millionen Uebernachtungen. 1933 war die Zahl der Herbergen etwa auf die jenige gestiegen mit 4,6 Millionen Uebernachtungen. Doc­­h­sse Herbergen waren zum großen Teil klein und notdürftig. Es handelte sich dabei zum großen Teil nur um Unterkil­ffe, in denen die Jugend ein Dach über dem Kopf hatte und auf Holzpfiltchen oder in Giroh während der K­abrien übernachten konnte. Das nationalsozialistische Deutschland hat bekanntlich die Selbsterziehung der Jugend in machtvoller Weise in die Hand genommen. GS’e wurde unter dem Reichsjugend­­führer­zentralister. Aus Stifferjugend, Bund deutscher Mädchen und Jungvolk erfolgte ein alle Gaue Deutschlands umfessender sorgsam gegliederter Aufbau, der heute die gesamte schulpflichtige Jugend umfaßt. Das zweckvolle Wandern nach selbstgerhafteren Wandergefegten unter der Reifung selbstgewählter Führer, ursprünglich das Bor«­recht kleiner Gruppen, ist eines der Hauptmittel der Jugenderziehung geblieben. Es mußte aber in der nah­o- naltograifilgen Riesenorganisation ein anderes Geficht­ekommen. Der Nationalsozialismus wil ja die ganze Jugend erfassen. Gerade auch die Aermiten, die Kinder aus den Hinterhöfen der großen Städte und der Kabrikotte sollen in die Natur und in das Landvolk hinein, ebenso wie die Bauernsöhne durch die Stätten slädlicher Kultur wan­­dern und auch Einblick in das schwere Leben der slädtichen Arbeiter tun soller. Dadurch währt die Zahl der Ware­dernden ins Unermeßliche. Deshalb die fi berhaften An­­strengungen, die Jugendherbergen zu vermehren und zu vergrößern. In beliebten Wandergebieten liegen die Jugendherbergen auf Berghöhen und in Waldtälern in einem Abstand von 15 bis 20 Kilometern, in den Städten erheben sich riesige Jugendhäuser und selbst in oberen Gegenden sind sie in einem Abstand von 80 bis 100 Kilometer zu treffen. Den­­noch genügen sie den Ansprüchen nicht, und in den Haupt­­wanderzeiten müssen Tausende abgewiesen oder behelfsmäßig untergebracht werden. Aber dem Nationalsozialismus genügt nur bloch die Unterbringung der Jugend, sondern er will, gerade weil er auch die Aermiten erfaßt, mit der Herberge erzieherische Swece verbindet. Hauptzwec­ker Zahıt If ja das Erlebnis des H­eimatlandes. Dazu gehört auch das Wohnen in einer Heimstälte, die in ihrem Charakter der Landschaft entspricht. Stolze Burgen und alte Türme, Hrrenhäuser und mählige Bauernhöfe sind in Jugend­­herbergen umgewandelt worden, es gibt schwimmende­ugendherbergen, wie in Hamburg und auf der Elbe. Alle Neubauten sind im vielgestaltigen Deutschland überall der Landschaft und Bauweise künstlerisch angepaßt. Man mache die größten Anstrengungen, für gute Schlafstellen in hellen Räumen zu sorgen, wohnliche Tagesräume, Worte und Durchgelegenheiten zu schaffen und so der Jugend Wohnkultur beizubringen. Durch feste Sausregeln — Rauchen und Alkohol sind überall verboten —, durch heilsamen Zwang zu Sauberkeit und Ordnung, durch gute und billige Verpflegung wird dieses Erziehungs­werk unterstüßt. Dem Werk der deutsschen Jugendherbergen entsprechen heute schon Ähnliche Vertretungen in 20 anderen Ländern.­­Vielfach gelten die Ausweise der ausländischen Verbände in Deutschland und die des deutschen Reichsverbandes in den Jugendherbergen in den anderen Ländern. Scheitern der englisch-ägyptischen Verhandlungen Zondon, 9. Juni. Englische Blätter bringen die Nachricht, da­ die english-äonglischen Verhandlungen gescheitert seien. Die Aegypter haben u. a. auch die Zurückziehung der englischen Truppen aus dem Innern des Landes, aus Kairo und Alexandrien gefordert, was die Engländer ablehnen mußten. Japan und Südchina. S­riegsvorbereitungen in Ostasien Shanghai, 9. Juni. Eine Meldung der Nenter Agentur über die erfolgte Kriegserklärung der südchinesischen Regierung an Sapan­it verfrühkt Diese Regierung hat tatsächlich die allgemeine Mobilisierung angeordnet und in die Provinzen Awantung und Awansie nahezu eine D Viertelmillion Mann entsendet, amilih wurde aber der Krieg noch nicht erklärt. In Anbetracht der fieberhaften V­orbereitungen scheint jedoch der Krieg zwischen Südchina und Japan unvermeidlich zu sein. Die Nankinger (nordchinesische) Regierung is in einer Äußerst peinlichen Lage. Es ist kaum den­kbar, daß es ihr gelingen wird, die Neutralität zu bewahren. Im Ernstfalle wird sie wahrscheinlich gezwungen sein, entweder an der Seite Sidchinas oder an der Seite Japans in den Arteg einzugreifen. (Neueste Nachrichten auf der 4. Seite) und nennen m­io Tagesneuigkeiten Deutsche Gelbsihilfe in der Dobrudscha. Aus Mangalia in der Dobrudscha wird berichtett Da die Deutschen hier verschiedenen Bekenntnissn angehören, von ihnen aber nicht eine einzige Gruppe in der Lage­rt, allein eine Kirchenschule zu eröffnen, so hat mann fi als Volk zusammengeschlossen und eine deutsche Schule gegründet, die keiner kirchlichen Behörde unterstellt ist. Der Schulvorstand be­sfehl aus Volksgeroffen evangelischen, babiistischen und katholischen Bekenntnisses. Dir Do­­fand hat bisher eine vorbildliche Ausdauer bewiesen und in­ folgedessen auch erstaunlich viel erreicht. Möge dieselbe Einigkeit uns stets umschließen damit wir unser gemein­­sames Siel nicht aus den Augen verlieren, Besonderen Dank schulden wir dem Obmann der deutschen Dobruds halehrershaft, Herrn Golid, Weingärtner, der unsere Sache den staatlihen Behörden gegenüber vertritt. Dank seiner tatkräftigen Mithilfe kann unsere Schule unge­­hindert arbeiten. Die Gemeinde hegt nun den Gedanken, ein eigenes Schulhaus zu errichten. Wir wollen hoffen, daß auch dieser Schöne Gedanke Wirklichkeit wird, Solgenschwerer Zusammensturz einer Tribüne in­­ Epiroceni, Mit großen Bedauern erfahren wir aus Bu­­karest, daß gelegentli­ der fant so glänzend aufgezogenen Beier des 8. Juni ein furchtbarer Unglücksfall die Ge­ müter in Trauer stürzte. Während der Jugendfeiern auf dem Felde von Gotrocent brach ein Flügel der ersten Tribüne zusammen, auf der sich etwwa 3000 P­arsonen befanden, darunter zum größten Teil Angehörige der vormilitärischen Jugend. Die Zahl der Tokin beträgt bisher 13, die­ der Verwundeten 653, davon 200 Leichtverleßte. Der König, Prinzregent Raul und Eduard Benesh haben den Verwundeten eine hohe Summe zur Verfü­gung ge­ ltellt. Generaladjutant Sleafen­d­ stattete ihnen im Auftrage Sr. Majestät einen B­ruch ab. — Siebin Architekten des Bürgermeisteramtes wurden in Haft genommen. Eine sonderbare Geschichte, Die „Ban. D. 3.“ b­e­richtet: Im April 1932 starb in Groß- Karol der Staats= beamte N. Baumgartner. Seine Witwe reichte bereits im Mai desselben Jahres ein Gesuch um die Witwen­­pension ein. Das Gesuch wurde nach Bukarest weiterge­­leitet, während die Witwe auf die Erledigung wartete. Als bereits mehrere Monate verftungen waren und sie noch immer keine Antwort hatte, 309 sie Erkundigungen ein und brachte in Erfahrung, daß ihr Gesuch samt allen Akten verloren gegangen se. Da sich diese Festft­llung 18 Monate hindurch hinausgezogen hatte, konnte sie ihr neues G­ juh erst im Januar 1934 einreichen. Diesmal wurde ihre Angelegenheit erledigt, doch sprach man ihr die Pension erst vom 25. Januar 1934 und nut vom Todestage ihres Gatten en zu. Die Pensionskarla berief ich darauf, daß die Witwe ihr Besuch binnen 6 Monaten nach dem Tode ihres Gatten hätfe einreichen müssen. Da das Gesuch aber binnen 6 Monaten in Bukarest nicht eingetragen wurde, kann die Pension erst vom Datum des zweiten Gesuches an gerechnet ausbezahlt werden. Die Witwe strengte nun einen Prozeß an, wurde aber sowohl in der ersten Instanz als auch beim Obersten Ge­­richtshof mit der gleichen Begründung abgewielen. Sie wandte ih nun an den Kuffal­onshof, der das Urteil der zwei ersten Instanzen aufhob und aussprach, daß die Eintragung des Gesuches in das Einlaufsverzeichnis der Finanzadministration genü­ge, um die Pension vom Todese fage an zu beanspruchen. Gleichzeitig wurde die Pensiong« ‚kaile verpflichtet, der Witwe die rückständige Pension aug= zubezahlen. Das Sonderbarfte an dieser Geschichte If, daß es­­ erst nach eines Urteilsspruches des obersten Ge­­richtes im Lande bedurfte, um eine ganz selbstverständliche und dem einfacsten Berstand einleuchtende Rechtsfrage ins Reine zu bringen! Darüber vergingen volle vier Jahre, bis eine Witwe zu ihrem Recht gelangen konnte, Fliegertod des deutschen Generalleutnants Wever­ An demselben Tage, da die sterblichen Affe des be­­kannten Heerführers General Ligmann beigeseßt wurden, das die junge deutssche Wehrmacht einen schweren Ders­­uff erlitten. Am 3. Juni stürzte Generalleutnant Wever, der erste Chef des neugeschaffenen Generalstabs der Luft­­waffe, ab. Mit ihm fand auch der Bordmechaniker des Flugzeuges den Tod. Generalleutnant Werner war eine markante Persönlichkeit innerhalb des neuen deutlichen Heeres. Seine Bedeutung geht schon allein daraus her­­vor, daß er zum Chef des Generalstabes der Luftwaffe berufen wurde. In seinen Händen lag also ein großer Teil der Verantwortung für den Aufbau der neusten Maffengattung im Reichsheer. Wever ist seit 1906 Dffte­ter gewesen. Ein politischer Prozeh gegen Deutsche in Bolnisch- Oberschlesien. Vei dem Bezirksgericht in Rak­owig hat am Mittwoc, der vorigen Woche der schon dem äußeren Umfang nach größte politische Prozeß begonnen, der je­­mals in Oberjulesien durchgeführt wurde. Die Anklage erstreckt sich auf 119 Mitglieder der sogenannten „Natio­­nalsozialistischen Deutschen Arbeiter- Bewegung“, die vor einigen Monaten ausgehoben wurde. Sämtliche Anges­klagten stehen unter dem Vorwurf, sie seil dem Jahre 1934 bis zum F­bruar 1936 in Karlowiß, Chorzow und anderen Ortschaften Oberschlesiens mit anderen Personen verständigt,­ bzw. in einer geheimen Organisation unter dem Namen „Na­toralsozialistische Deutsche Arbeiter-B­e­wegung“ zusammengearbeitet zu haben, mit dem Ziel, polnisch Oberschlesien von Polen zu trennen und es Deutschland anzugliedrn. Giben Angeklagte hätten si außrdem, um dieses Ziel zu erreichen, mit Personen verk­ändigt, die im Interesse eines­ fremden Staates arbeiteten. Sonnenfinsternis am 19. Juni. Eine Sonnenfinsternis, die am 19. Juni in der Zone zwischen dem Schwarzen Meer und dem Stillen Ozean für die Dauer von nur 152 Sekunden fichrbar sein wird, wird von 25 sowjete­ruflischen und 19 ausländischen, insgesamt also von 44 Er«­peditionen allein in der Sowjetunion beobachtet werden. Die B­eobachtungen werden auch von Flugzeugen aus angestellt­ werden, die mit besonderen Beobachtungs- und Photo­nn­­strumenten ausgerüstetet sind. Die Flugzeuge werden in­ Höhen bis zu 7000 Meter aufsteigen. Die Spezialinstru­­mente, die in den Flugzeugen mitgeführt werden, werden gegenwärtig In Kühlanlagen für Arbeiten bei mehr als­ 65 Grad Kälte erprobt. Politik und zerissene Strümpfe. Aus Paris wird gemeldet: Der Senat hielt am Dienstag der vorigen Woche eine kurze Sigung ab. Während der Ged­ächling­­rede des D­orfikenden für den verstorbenen Minister Sheron warfen Frauen vor der Empore Flugzettel in x

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