Die Woche, 1972. Januar-Juni (5. évfolyam, 211-236. szám)
1972-01-14 / 212. szám
Die Woche Nr. 212/14. Januar 1972 Die II. Landestagung der Ornithologen Rumäniens fand, wie berichtet, in Cluj im September 1911 statt. Sie war Naturschutzbestrebungen gewidmet und dürfte somit von allgemeinem Interesse sein. Angesichts der vielgestaltigen und. reichen Vogelwelt unseres Landes wäre nichts naheliegender gewesen, als dass sich nicht nur. auswärtige Vogelkenner, sondern vor allem einheimische wissenschaftliche Kreise eingehend mit der so eigenartigen Vogelfauna des Landes befassen, dass nicht nur gediegene Vogelbestimmungsbücher und Literatur aller Art die Kenntnis über Vögel verbreiten, sondern auch Vogelwarten und sonstige Forschungsstätten (mindestens seit 1928 ist solch eine dringend im Donaudeita nötig!) eine systematische, wissenschaftliche Erkundung ermöglichen. Naheliegend wäre auch gewesen, diesem nationalen Besitz an lebenden Kostbarkeiten volle Aufmerksamkeit und wirksamen Schutz angedeihen zu lassen. Zwar gab es ständig, besonders regionsgebunden, Bemühungen einzelner Ornithologen um vogelkundliche Fragen, deren zweifellos wichtigste zunächst die Erfassung der in Rumänien vorkommenden Arten war. Jahrzehntelang bemühte sich die Rumänische Ornithologische Zentrale, die Vogelberingung voranzubringen. Fragen der Systematik, der regionalen Verbreitung, des Vogelzugs und sonstigen. Verhaltens, der angewandten Vogelkunde, des Vogelschutzes usw. wurden in zahlreichen Arbeiten behandelt. Woran es aber mangelte, war die Koordinierung der Ziele und Arbeitsgebiete, die Vereinigung der zersplitterten Kräfte und Energien zu gemeinsamem Einsatz. Spät — sehr spät, bedenkt man die Dringlichkeit dieser Probleme — ermöglichte 1966 die Naturschutzkommission unterstützt von der Direktion für Museen, den Ornithologen die Abhaltung ihrer I. Landestagung in Braşov, die sich hauptsächlich den Fragen der Schutzmöglichkeiten für die im Aussterben befindlichen Vogelarten zuwandte. Wichtigstes Ergebnis war die Vereinbarung mit den Jagdbehörden, künftighin die Greifvögel, mit Ausnahme von Habicht, Sperber und Rohrweih, zu schützen. Auch wurden regionale ..Zentren zur Zählung der Greifvogelbestände“ eingesetzt mit dem Auftrag, die noch existierenden Brutpaare im Lande zu erfassen und damit den oft völlig falschen Schätzungen genauere Zählungsergebnisse entgegenzustellen. Die im Laufe von fünf Jahren von einem Beobachternetz eingelaufenen Daten aus Siebenbürgen, dem Banat und der Maramuresch (in den übrigen Landesteilen unterblieb die Durchführung der Zählung aus Mangel an geschulten Beobachtern) ergeben eine Bestandsliste der Greifvögel in Rumänien, die alarmierend ist. Natürlich kann auch diese Bestandsliste, den misslichen Umständen solcher Zählungen entsprechend, keine exakten, wohl aber der Wirklichkeit sehr angenäherte Zahlen anführen. Danach brüten von den ursprünglich vier vorhandenen- Geierarten des Landes drei nicht mehr (Bartgeier ausgerottet um 1935/1939?; Mönchsgeier 1965; Gänsegeier 1965); der in der Süddobrudscha noch vorhandene Schmulzgcier ist mit einem einzigen Brutpaar vertreten. Für die Adlerarten wurden folgende Zahlen von Brutpaaren ermittelt: Steinadler unter 30 (der weitaus grössere Teil in Nordsiebenbürgen und in der Maramuresch). Schelladler um 5, Kaiseradler weniger als • 20, Schreiadler um 30, Zwergadler um 5, Seeadler im Delta 8 bis 10, Schlangenadler um 15 Paare. Der gleiche katastrophale Rückgang lässt sich auch bei den Falkenarten feststellen: ausser dem Turmfalken, der noch um 150 Paare zählen mag, gibt es nur im Verschwinden begriffene kleinste Populationen (Wanderfalke um 5, Würgfalke um 5, Baumfalke weniger als 40). Der einst allgegenwärtige Habicht (Hühnervögel) zählt im ganzen Lande kaum 50, der Sperber weniger als 40 Paare, und steht damit kurz vor der endgültigen Ausrottung. Abschuss und Gift Wie aus der langen Liste der Totfunde hervorgeht, sind hauptsächlich Abschuss und Gift die Ursachen der ständigen Verminderung der Greifvogelgruppe. Die Vermehrung der Fasanerien mit der laufenden Vernichtung der dorthin gelockten Greifvögel dürfte, wenn sich an der bisherigen Praxis nichts ändert, in allernächster Zeit zur vollständigen Beseitigung einer Reihe „geschützter“ Greifvogelarten führen — ein unschätzbarer Verlust, der voll und ganz den Jagd- und Forstbehörden zufällt, die zuständig für die Verwaltung nicht nur der jagdbaren, sondern auch der nichtjagdbaren Tiere sind. Der auf der Tagung gefasste Beschluss weist aufgrund der dokumentiert aufgezeichneten Sachlage auf den notwendigen gesetzlichen Schutz aller Greifvögel hin, wie er bereits in neun europäischen Ländern wirksam ist. Womit — theoretisch nur — ein Fortschritt zur Erhaltung seltener Tierarten getan wäre, praktisch aber noch alles offen bleibt: die laufende Abnahme mancher „geschützter“ Vogelpopulationen erweist ohne weitere Kommentare die beschränkte Wirksamkeit papierener Erlässe. Zum erstenmal wurde in diesem Zusammenhang der Nachweis des Fortpflanzungsausfalls bei Adlern erbracht: die in der Turdaer Schlucht brütenden Steinadler ziehen seit drei Jahren keine Jungen mehr auf. Die Ursache ist — wie sorgfältige Untersuchungen ähnlicher Fälle in der DDR und Schweden ergeben haben — die giftige Wirkung landwirtschaftlich eingesetzter Biozide (DDT u. a.), die im Vogelkörper angereichert werden, die Eierschale rissig und dünn machen oder Unfruchtbarkeit hervorrufen. Der Mensch als Endglied gleicher biozidunterworfener Nahrungsmittelketten untersteht gleichen Folgen, Grund und Ursache dafür, dass letzthin in sechs Ländern die Anwendung der chlorierten Kohlenwasserstoffe (DDT) bereits verboten, bzw. eingeschränkt wurde. Beringung und Rückmeldung Die Beringungstätigkeit in Rumänien, in der Vergangenheit durch widrige Umstände behindert, nimmt in den letzten Jahren zu. Von den bis 1971 durch die Rumänische Ornithologische Zentrale erfassten 34 413 beringten Vögeln sind bisher 77 Rückmeldungen eingelaufen, darunter ein 1968 in der Dobrudscha beringter und darauf in Südafrika wiedergefundener Kiebitzregenpfeifer, Pelikane aus Ägypten und dem Sudan, Weissstörche aus Bulgarien bis Tansania und Malawi in Afrika. Die ab 1971 neubesetzte Rumänische Ornithologische Zentrale wird — nach übereinstimmender Meinung der Ornithologen — im jetzigen Rahmen, d. h. an eine landwirtschaftliche Forschungsstelle angegliedert und von dieser abhängig, kaum ihrer Aufgabe der Zentralisation und Datenverarbeitung einer grosszügigen Beringungsaktion gerecht werden können. Neben einer Reihe befriedigender Mitteilungen erfolgten — die Tagung stand ja im Zeichen des Naturschutzes — alarmierende Angaben über nutzlose oder den Schutzbestimmungen zuwiderlaufende Vernichtung von Vögeln: Es werden weiterhin überall Eulen und Greifvögel abgeschossen (sogar auf Treibjagden) und ausgestopft, „Hekatomben“ von geschützten Vögeln, besonders im Delta, erlegt, präpariert und zum Verkauf angeboten. In Fasanerien und an Fischteichen werden nahrungssuchende Vögel abgeschossen statt verscheucht, in Reservaten (Histria, Insel Sachalin) werden Gelege wertvollster V®gelkolonien von Schafen und Pferden zertrampelt usw. Beispiele für wahrhaft unverantwortliches Handeln sind folgende: Um 13 Ringe der seltenen, in Finnland beringten und bei uns wahrscheinlich bereits nicht mehr brütenden Raubseeschwalb.e sammeln zu können, sind viele Dutzende dieser Vögel — sie sind ja nur zum Teil mit Ringen versehen — getötet worden (es ist anzunehmen, dass der grösste Teil der nach Rumänien einfliegenden Raubseeschwalben hier vernichtet wird); das andere Beispiel bieten 14 in den letzten Jahren zum Abschuss gelangte Birkhähne — von einem Restbestand von etwa einem halben Hundert. Das sind angesichts der gesetzlichen Verankerung des Naturschutzes absurd anmutende Verhältnisse. Mit gesetzgeberischen Massnahmen allein ist nichts getan, wenn die Kontrolle und die drastische Bestrafung der Vergehen, d. h. der konkrete, praktische Schutz unterbleibt. Die evidente Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis bildet den neuralgischen Punkt im Naturschutz. Ob aber über dieser unverbindlichen Einsicht den aussterbenden Tierarten in Rumänien geholfen ist? Eine ernste Warnung — jenseits von Zweckoptimismus — ist im Ausspruch eines der jungen Ornithologen am Ende der Tagung nicht zu überhören: „Ornithologen tauschten unter sich ihre Wahrnehmungen und Befürchtungen aus — eingreifen können sie nicht ohne wirksame Hilfe.“ Sorgen um die Vogelwelt Zweite Landestagung der Ornithologen im Zeichen des Naturschutzes Von Prof. Werner KLEMM Die Geierart Gyps fulons juv. ist seit 1965 nicht mehr Brutvogel in Rumänien. Dieses Exemplar wurde 1896 bei Veştem erlegt Die Schleiereule (Tyto alba) ist eine der seltensten Eulenarten, trotzdem wird sie immer wieder verfolgt Seeadler (Haliaeetus albicilla) — nur noch acht bis zehn Paare nisten im Donaudelta Der Eisbär — das unbekannte Wesen Forscher wollen das grösste lebende Landraubtier vor Aussterben bewahren Einer ungewöhnlichen Aufgabe widmet sich der norwegische Zoologe Thor Larsen von der Universität Oslo: Larsen betreibt Eisbärenforschung. Seit sechs Jahren sucht der Norweger immer wieder die Begegnung mit den grössten lebenden Landraubtieren der Erde, die heute zu den von Ausrottung am stärksten bedrohten Tieren zählen. Die Forschungen sollen das noch spärliche Wissen über die unsteten Wanderer in der Eiswüste mehren und dazu beitragen, die Eisbären vor dem Aussterben zu retten. Eisbären leben im arktischen Pack- und Treibeisgürtel und an den Küsten des NordpolarmeereS. Da sie — im Gegensatz zu anderen Säugetieren — kein festes Revier haben, ist es schwierig, einen Überblick über ihre Zahl zu gewinnen. Auf einer Tagung, die unlängst in der Schweiz stattfand, schätzten sowjetische Biologen die Zahl der in Freiheit lebenden Eisbären auf 5000 bis 10 000. Die fünf Anlieger des Nordpolarmeeres — Norwegen, Dänemark (für Grönland), Kanada, USA und die Sowjetunion — kamen zu dem Schluss, dass alljährlich zu viele Eisbären getötet werden. Erschwerend fällt ins Gewicht, dass Eisbären nicht nur durch Jagdfieber und den Wert ihres Felles bedroht sind. Auch Veränderungen der Umwelt, so die Entdeckung von Erdöl in der Arktis und die damit verbundenen Folgen sowie die Bevölkerungszunahme der Eskimos, für die der Eisbär lebensnotwendig ist, wirken sich schädlich aus. Einigkeit besteht darüber, dass zum Schutz der Eisbären internationale Abmachungen unerlässlich sind, aber auch darüber, dass mehr Kenntnisse benötigt werden. Thor Larsen gehört zu der kleinen Schar kältefester und abenteuerlustiger Wissenschaftler, die den Spuren der Eisbären zu folgen suchen. Um Aufschluss über Zahl und Wanderwege der Eisbären zu gewinnen, fangen Larsen und andere Eisbärforscher die Tiere, untersuchen und markieren sie, damit sie sie bei späteren Begegnungen wiedererkennen können. Von einem Schiff als Stützpunkt nähert sich Larsen den auf Eisschollen treibenden Tieren mit einem Motorboot. Mit Hilfe eines Spezialgewehrs . f Eisbären zu Besuch In Jakutien verhessen zwei Eisbären die Eiseinöde und tauchten bei der Siedlung Aleko-Kjujel, 400 Kilometer vom Nördlichen Eismeer entfernt auf. Die Einwohner sehen die Tiere, die sich Menschen und Haustieren gegenüber ganz gleichgültig verhalten, recht oft. Der Grund dieses aussergewöhnlichen Besuchs ist bisher ungeklärt. schiesst er den Bären eine Spritze, die ein Betäubungsmittel enthält, in den Pelz. Sobald der Bär das Bewusstsein verloren hat, wird er mit einem Netz an Bord gezogen und untersucht. Die Forscher wiegen die mächtigen Tiere, die über zwölf Zentner schwer werden, zapfen ihnen eine Blutprobe ab und ziehen ihnen auch einen kleinen Bakkenzahn, der Aufschluss über das Alter gibt. (Wie alt Eisbären in freier Wildbahn werden können, ist noch unbekannt.) Zum Wiedererkennen pinselt Larsen den Bären auf beide Hüften eine rote Zahl. Die gleiche Zahl wird den Tieren auf die Oberlippe tätowiert, und sie steht auch auf zwei Schildchen, die an die Ohren der Bären geklammert werden. Vierfach, meint Larsen, hält besser. Larsens Begeisterung für seine Aufgabe kennt anscheinend keine Grenzen. Sogar im Winter setzt er seine Forschungen fort. Mit drei Mitarbeitern und elf Eskimohunden überwinterte er im letzten Jahr auf der Insel Edgeöya, die zur Inselgruppe von Spitzbergen gehört. In Kälte und Polarnacht hielten die Forscher aus, um Eisbären auch im Winter untersuchen zu können. Die Tiere wurden vor dem Winterquartier in Fallen gefangen und dann zur Untersuchung und Markierung betäubt. Naturschutz Uhu im Verschwinden Vor einigen Monaten wurde in unserer Zeitung der gesetzwidrige Abschuss einer grösseren Anzahl von Eulen anlässlich einer Treibjagd verzeichnet. Wie sehr „in aller Stille“, also unbeobachtet oder dem Einschreiten der Naturschutzbehörden entzogen, vor allem der Bestand der grössten Eule, des Uhu, verringert wird, geht aus dem nachfolgenden Bericht des Lehrers und Tierfreundes R. Gündisch aus Slimnic hervor: „Schlimm steht es mit unseren Uhus. Meines Wissens nach gab es auf der Gemarkung der Gemeinde zwei Nistplätze, einen in der ,Sievertrutsch’ (500 Meter westlich vom Dorf) und einen in einem Bergrutsch ,Hinter dem Rech’ (neun Kilometer entfernt). Ein Uhu hatte seinen Stand (nicht Nistplatz!) auf den Mauern der Burgruine. Alljährlich konnte ich seinen urweltlichen Ruf in dunklen Spätherbstnächten hören und freute mich jedesmal über den seltenen Vogel. Seit zwei Jahren habe ich den Uhu nicht mehr gehört. Welches ist das Schicksal der Uhus aus der ,Sievertrutsch’? Vor Jahren brachte man mir von dort in die Schule zwei unflügge Junge. Ich Hess sie zurücktragen. Vor zwei Jahren fing ein Jugendlicher dort einen erwachsenen Uhu und wollte dafür viel Geld bekommen. Er verkaufte ihn in Sibiu um 15 (!) Lei. Ob es Jlinter dem Rech’ noch Uhus gibt, weiss ich nicht.“ Auf ähnliche Weise, wie hier geschildert, verringert sich der Bestand dieser Vogelart überall im offenen Land, wo er schwer ungefährdete Brutplätze findet. Dazu wird er gefangen, um mit seiner Hilfe Krähen und Elstern zum Abschuss heranzulocken. Neuerdings mehren sich die Fälle, wo man tote Uhus unter den elektrischen Überlandleitungen findet. Um so wesentlicher wäre es, Schutzgesetze für Tiere nicht nur zu erlassen, sondern sie auch anzuwenden. 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