Hermannstädter Zeitung, 2004 (37. évfolyam, 1859-1909. szám)

2004-01-09 / 1859. szám

Hermannstädter Zeitung Nr. 1859 / 9. Januar 2004 Navigationshilfe für die Zukunft Hermannstadt hat einen Entwicklungsleitfaden für die nächsten zehn Jahre „Keine Utopie, sondern realistische Vorschau und Programm der Stadtentwicklung der nächsten zehn Jahre" sei das vor kur­zem vom Stadtrat bewilligte „Leitbild der Stadt Hermannstadt", schreibt Bürgermeister Klaus Johannis im Vorwort dieses Buches, an dessen Realisierung 100 Vertreter von Institutionen und Inter­essengruppen sowie rund 1.000 Bürger beteiligt waren. Koordiniert hat die Ausarbei­tung des städtischen Entwick­lungsleitfadens die Akademie des Deutschen Beamtenbundes, finanzielle Unterstützung kam von der Gesellschaft für Techni­sche Zusammenarbeit in Esch­born bei Frankfurt a. M. Wie ein roter Faden zieht sich das Thema „Bürgerbeteiligung" durch den Band. Die Bürger der Stadt werden eingeladen, sich aktiv an der Stadtentwicklung zu beteiligen. Das Leitbild dient sozusagen als „Navigationshil­fe auf der Fahrt in die Zukunft" und ist eine „richtungsweisen­de und realistische Idealvorstel­lung" darüber, was die Stadt vorhat, wie sie sich sieht. Johan­nis: „Arbeiten an der Stadtent­wicklung heißt auch, das Lei­stungsangebot der Stadtverwal­tung qualitativ und quantitativ zu verbessern. Wir haben be­reits den ModemiSierungspro­­zeß in der Stadtverwaltung be­gonnen. Unser langfristiges Ziel ist die Verwaltung als bürgero­rientierten Dienstleister mit ei­nem Höchstmaß an Wirtschaft­lichkeit zu gestalten." Der Stadtverwaltung selbst ist allerdings nur das letzte Ka­pitel gewidmet. Aber in allen vorangehenden sechs Kapiteln (1. Bürgergesellschaft, Stadtge­staltung, Stadt mit Zukunft; 2. Altstadt; 3. Wirtschaft, Arbeits­markt, Tourismus; 4. Infrastruk­tur, Transport, Wohnen; 5. So­ziales, Gesundheit, Umwelt, 6. Bildung, Kultur, Freizeit) ist sie präsent. Sei es in Sachen Zu­sammenarbeit mit Vereinen, Verbänden und Interessengrup­pen, sei es in Sachen Verbesse­rung der Infrastruktur. In jedem Kapitel werden zunächst die Stärken der Stadt benannt und anschließend unter dem Titel „Hier wollen wir besser wer­den" eigentlich die Schwach­stellen aufgezählt. Zuletzt wer­den Ziele formuliert. Einige der wichtigsten Ziele sind laut Leitbild die Realisie­rung einer modernen techni­schen Infrastruktur, die Ein­führung der Mülltrennung, die Modernisierung des Bahnhofs, die Vergrößerung des Park­platzangebotes, der Bau von Umgehungsstraßen zur Entla­stung der Innenstadt, die Bereit­stellung bezahlbaren Wohn­­raums in ausreichendem Um­fang, die Verbesserung des An­gebots an sozialen Einrichtun­gen, die Erarbeitung eines Tou­rismuskonzepts für Stadt und Region, die Einführung einer Hermannstadt-Card für den Zutritt zu allen kulturellen An­geboten der Stadt. Im Bereich der Altstadtsanie­rung wird darauf hingewiesen, daß es ein Konzept zur behutsa­men Altstadtentwicklung gibt. Die Stadt strebt danach, daß die historische Altstadt (insbeson­dere die drei Plätze Großer Ring, Kleiner Ring und Huet­­platz) in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wird, sowie dafür, das Wohnen in der Altstadt zu sichern und zu verbessern. Da das Leitbild auch für po­tentielle Investoren gedacht ist, werden auch die „weichen" Standortfaktoren angeführt: zahlreiche Büdungs- und Wei­terbildungseinrichtungen, ver­schiedene private und öffentli­che Hochschulen, vielfältiges Kulturangebot, hoher Freizeit­wert und attraktive Kulturland­schaft, hochqualifiziertes und kostengünstiges Arbeitskräfte­potential. Den Autoren des Leitbildes sei durchaus bewußt, daß eine „Zielvorgabe der Kommunal­politik für den Erhalt und die Verbesserung gesundheitsför­derlicher lokaler Rahmenbedin­gungen fehlt". Hier herrsche großer Handlungsbedarf für Stadtverwaltung und Stadtrat. Das Leitbild ist in rumänischer und deutscher Sprache verfaßt und soll vorrangig an Investoren und Vertreter der Partnerstädte verteilt werden. B. U. (Fortsetzung von Seite 1) ner Hände Arbeit geschaffen ha­ben. Daß in Rumäniens Land­wirtschaft ausländische Investo­ren gesucht werden, hatten die Biobauem aus der Zeitung er­fahren. Das war noch in Frank­reich, wo sie 13 Jahre lang ein eigenes Weingut betrieben ha­ben. Doch die durch Klimaände­rung verursachten Emteausfälle ließen sie ernsthaft über einen anderen Lebensort nachdenken. Warum nicht nach Rumänien, dachten sich Judith und Rolf Härle, verkauften ihren Hof bei Bergerac und siedelten um. Sie lieben die vielgestaltige Land­schaft und das Klima hier, und natürlich spielte für ihre Ent­scheidung herzukommen auch eine Rolle, daß in Siebenbürgen eine deutsche Minderheit behei­matet ist. Die achtjährige Julia geht in Burgberg zur Schule, noch gibt es hier eine kleine deutsche Abteilung, die großen Brüder, Raphael und Daniel, be­suchen das Hermannstädter Ghibu-Gymnasium. Die Familie hat sich eingelebt und möchte hierbleiben, obwohl sie dafür bis heute von vielen Alteinge­sessenen ungläubige bis miß­trauische Blicke erntet und im Arbeitsalltag immer wieder neue Probleme auftauchen. Weil es noch keinen nennens­werten Markt für Bioprodukte in Rumänien gibt, exportieren die Härles den Großteil ihrer Ernte, darunter Sojabohnen und Sonnenblumenkerne, die entwe­der als Rohware oder als kalt ge­preßtes Öl verkauft werden. Für die erstklassige Qualität ihrer Bioprodukte erhielten sie schon viel Lob aus Deutschland. „Mit konventionell angebauten Pro­dukten kann man hierzulande kaum Rendite machen", so Rolf Härle. Die meisten Leute auf dem Lande können aber noch nicht viel mit biologisch-organi­schem Anbau anfangen. Häufig sehen die Härles, daß Bauern undosiert und in ungesunden Mengen Pestizide spritzen und trotz schlechten Ernten an Monokulturen festhalten - eine solch regressive Agrarpolitik vertritt selbst die regionale Landwirtschaftsdirektion. „Doch die meisten Sorgen be­reiten uns die Schäfer. Sie zie­hen mit ihren Herden über die Felder und richten immer wie­der große Schäden in den Kul­turen an. Das ist so üblich in Rumänien, da greift niemand ein, da gibt es.keine Strafen. Es gibt auch Leute, die die Ernte von den Feldern stehlen. Da muß man sehr aufpassen und mit gewaltigen Verlusten rech­nen", berichtet Rolf Härle ent­täuscht. Früher weideten die Schafherden beispielsweise aus Răşinari überwiegend in Ge­­birgsnähe, doch seit die Staats­farmen aufgelöst wurden, sieht man überall auf ehemaligen Ackerflächen in Südsiebenbür­gen Schafherden. Viele Schäfer der Region arbeiten leider weit­gehend ungestört am Fiskus vorbei, auch getreu dem Motto: „Nach uns die Bodenerosion." Auch Polizisten essen gern Tele­­mea-Frischkäse und sind vor al­lem an Sonntagen schwer zu er­reichen. Die Härles beklagen, daß in Rumänien „nur Landwirt­schaftsbetriebe in der Größe un­seres Hofes steuerlich erfaßt sind, all die anderen fallen durchs Netz und zahlen eben nichts" - in der EU ein Ding der Unmöglichkeit. Obwohl Rumä­nien ein klassisches Agrarland sein könnte, werden bereits 43 Prozent der Lebensmittel im­portiert, Tendenz steigend. „Aber der Staat subventioniert Kleinbetriebe bis fünf Hektar, die eigentlich nur für die Selbst­versorgung produzieren. Diese Leute bringen doch nichts auf den Markt!" Nicht nur Rolf Här­le fragt sich, wie zukunfts­trächtig das ist. Da denkt je­mand in Bukarest offensichtlich nur bis zu den nächsten Wahlen. Genauso unsinnig schätzt der Biobauer die jüngste Regie­rungsinitiative ein, die mit 1.000 Euro Starthilfe junge Leute aufs Land locken will. „Sieht so eu­ropäische Agrarpolitik aus?" Trotzdem ist „der Domnul ein angesehener Mann im Dorf", sagt Judith Härle, denn er hilft gern und großzügig, wenn die Burgberger den hofeigenen Traktor mit Pflug oder Egge oder die Dreschmaschine brau­chen. Auch nach Feierabend. Zum nervenaufreibendsten Problem gestaltet sich für die Härles aber seit drei Jahren die Suche nach Land in der Nähe ih­res Hofes, der früher unter dem Namen „Ferma Jurcoi" bekannt war. Nicht nur, daß die Eigen­tumsfrage bei vielen infrage kommenden Flächen 14 Jahre nach der Revolution immer noch ungeklärt ist, auch die rumänische Landvergabepolitik erscheint den Biolandwirten sehr kompliziert und strecken­weise ohne Konzept. „Wir wür­den gern noch 120 Hektar Staatsland pachten, dann kämen wir gut mit der Fruchtfolge hin, denn wir wollen unseren Kun­den auch weiterhin sehr gute Qualität liefern. Aber für uns als Ausländer sind leider die admi­nistrativen Hürden sehr hoch, im Moment scheinen sie fast unüberwindbar. Dennoch geben wir nicht auf, wir haben uns das jetzt in den Kopf gesetzt und werden das durchziehen, als Bauer fängt man doch nicht alle fünf Jahre von vorne an". Grit FRIEDRICH Keiner glaubt, daß sie bleiben wollen Judith und Rolf Härle hatten letztes Jahr eine gute Soja- und Sonnen­blumenernte. Foto: die Verfasserin Rumänisches Fernsehen in deutscher Sprache Dienstag, 13. Januar, 15.00- 16.00 Uhr, TVR 2: Deutsche in Mal­­coci; Das Amarcord-Ensemble Leip­zig; Architekturbüro in Klausenburg; Europa aktuell. Mittwoch, 14. Januar, 15.00- 15.30 Uhr, TVR 1: Nachrichten; Presseschau; Rußland-Deportation 1945; Transilvania-Ensemble Klau­senburg; Hans Otto Roth. GESELLSCHAFT Seite 3 Hostel in der Salzgasse Jugendherbergenverein baut erstmals in eigener Regie Ein Teil der Salzgasse (Str. Constituţiei) soll so bebaut werden, wie er vor den Abrissen in der Ceauşescu-Zeit aussah. Das ist das Ergebnis einer Projektausschreibung für eine Jugendherberge in der Lücke an der Ecke zur Sporergasse (Str. Gen. Magheru). 24 Vorschläge liefen zu der von der Filiale Hermann­­stadt/Râmnicu Vâlcea des Ar­chitektenordens betreuten Aus­schreibung ein, darunter auch je einer aus Deutschland und Frankreich. „Youth Hostel" hat weltweit 4.500 Herbergen in 17 Ländern. In Rumänien gibt es etwa ein Dutzend der gesuchten Billig­hotels für Rucksacktouristen. Deren Besitzer haben ihre Gast­häuser den Vorschriften der In­ternational Youth Hostel Fede­ration angepaßt und sich in das Herbergennetz aufnehmen las­sen. In Hermannstadt entsteht nun erstmals ein Neubau, und erstmals wird der Landesver­band auch der Besitzer sein. „Seit 1999 ist dieses Vorhaben im Gespräch", erklärte Goran Beus Richembergh gegenüber der Hermannstädter Zeitung. „Wir sind mit der Entwicklung der Stadt in den letzten Jahren sehr zufrieden und wollen des­halb hier bauen." Der Kroate ist für die Youth-Hostel-Entwick­­lung in Mittel- und Osteuropa zuständig. „Ihre Stadt wird viel mehr junge Besucher bekom­men. Der Jugendtourismus macht ein Viertel des gesamten Reiseverkehrs in Europa aus, umsatzmäßig zwanzig Pro­zent." Den mit 750 Euro dotierten ersten Preis gewann der Her­mannstädter Petre Marian, der mit seiner Herbergenfassade - siehe Zeichnung - die Straßen­fronten der drei ein- und zwei­stöckigen Häuser wiederher­stellt, die hier vor 20 Jahren standen. Wolfgang FUCHS So könnte die Jugendherberge in der Salzgasse aussehen.

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