Neppendorfer Blätter - Lustige Welt, 1929 (Jahrgang 27, nr. 1-52)

1929-01-01 / nr. 1

Mi Meppendorfer Blätter Seite 3 Der verfaufte Wind. Dem Grafen Erikjena von Friesland bot ein Kaufmann achttausend Gulden, wenn er ihm den Wind verkaufen wolle, der über Friesland wehe. Der Graf nahm das Gebot lanyend an und erlaubte dem Käufer, einen Aufruf zu erlassen, daß er den Wind in ganz Friesland gekauft habe und jeden trafen lassen werde, der sich demselben ohne seine Erlaubnis bediene. Die Bekanntmachung wurde auch im ganzen Lande beladjt. Aber als man sah, daß der Käufer die Sache ernsflich gemeint habe und mehrere um eine empfindliche Summe strafen ließ, die Getreide auf der Tenne von der Spreu gereinigt und Tauben hatten fliegen lassen, ohne einen Erlaubnisschein von ihm gelöst zu haben, erkannte man erst das Unglück. Das Land mußte eine große Geld­­summe zusammenbringen, um damit dem Belißer des Windes denselben wieder abzukaufen. Ein weiser Richter. Der Zuchfenbauer in Schwaben fühlte si beim Vierhandel betrogen und hatte seit dieser Zeit einen großen Sohn auf den Händler. Als dieser eines Tages an seinem Hofe vorüberging, nahm der Bauer einen gewichtigen Stein und warf ihn nach dem Händler. Der Handelsmann aber war gewandt, bückte sr und der Stein fuhr dem Nachbarn ins Fenster. Der Nach­­bar erhob darauf gegen den Fuchssenbauer Schaden erjaßklage beim Schultheisen und dieser entschied: „Der­­ Händler muß die Scheibe bezahlen, denn hätte er sich nicht gebückt, wäre die Scheibe ganz geblieben.“ Er holt seine Uhr nach 30 Jahren. ‚Wie ein Märchen mutet die Geschichte an, die unser durchaus glaubwürdiger Gewährsmann aus einem kleinen Orte im Lauenburgischen berichtet. Es kommt da zu einem Uhrmacher ein älterer Mann und will seine zur Wiederherstellung gegebene Taschenuhr abholen. Das ist an und für sich nichts Seltenes, aus dem Rahmen des Alltäglichen fällt die Sache aber heraus, wenn man hört, daß besagte Uhr vor dreißig Jahren zum Uhrmacher gebracht wurde. Der Befißer konnte sein Eigentum nicht mehr abholen, da er wegen Totschlages von einem Gendarm verhaftet und zu le­­benslänglichem Zuchthaus verurteilt wurde. Wegen guter Führung hat man ihn jet begnadigt, und nun kommt der frühere Zuchthäusler, um­ seine Rechte geltend zu machen. Aber noch wunderbarer wird die Geschichte, wenn man dann weiter hört, daß der Geschäftsinhaber an Hand der Bücherei seines Vor­­gängers feststellt daß die so heiß begegrte Uhr noch vorhanden ist und sich in einer alten Schatulle vor= findet, die eine­­ Reihe ähnlicher Geltenheiten enthält. Man soll man nun bewundern, die Anhänglichkeit und das gute Gedächtnis des alten Belißers oder das zähe Sesthalten des Uhrmachers an der Ehrlichkeit. Naiv. Seeoffizier(erzählend):Und wir suhren so schnell, daß wir 24 Knoten in der Stunde machten. Backfitch:Ja,sagen Sie mir nur einmal,wer muß denn die vielen Knoten wieder aufmachen? Unverfroren. Sie haben gestern in Ihrer Betrunkenheit meiner Tochter von Liebe vorgefajelt und ihr schließlic einen Auß gegeben. Haben Sie ihr am Ende auch die Ehe versprochen ? — Nee, — so besoffen war ich nicht! Nobel, Sträfling (bei seiner Entlassung zum Gefängnis­­direktor): Bitte, wie viel Trinkgeld gibt man dem Märter hier? Ueber das „Klitichen!“ Ein höchiff angenehmer und nüßlicher Seitvertreib an langweiligen Wintertagen ist das Klitichen auf den Gehwegen. „A­ngenehm“ für die „Kliticher“, weil es die alte Sehnsucht der Menschen, rasch vorwärtszukommen, einigermaßen befriedigt, und „nüßlich“ für die „Nicht­kritischer“, da diese durch fortwährendes Ausgleiten und Hihfliegen gezwungen sind, ihre Körper mit gymna­­stischen Uebungen, hauptsächlich mit Gleichgewichtser­­haltung, zu f­ählen. — Was ist schon dabei, wenn einmal eine liebe Schwiegermutter mit festen­ Grund­­füßen aus ihrem Gleichgewicht kommt und den Grund unter den Füßen verliert? — Oder wenn ein Abge­­ordneter, der ja im Parlament schon viele rednerische Entgleisungen zu Schulden kommen ließ, auch einmal vor der Oeffentlichkeit ausrutsscht? — Unsere sportbe­­geisterte Jugend sorgt dafür, daß si in der Mitte aller Gehwege eine regelrechte Klitikbahn befindet; nur ist es zu beklagen, daß diese Bahnen noch nicht allgemein ausgenüßt­ werden, aber leider gibt es no) einige Anhänger der veralteten Gehtradition, welche diese Neuerung unterfließen und sogar bekriteln. Erst bis das „Alitiken“ Deffentlichkeitsrecht erhält, wird die Menschheit rascher vorwärtskommen! (Nicht umsanft schreiben viele Philosophen von dem schlüpfrigen Boden der Textzeit, und dürfte es jedenfalls angebracht sein, wenn man der kommenden Generation „Hals= und Beinbruch“ wünscht.) 2.61. — =

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