Freies Leben, 1956 (3. évfolyam, 1-42. szám)

1956-01-07 / 1. szám

2 Die Tätigkeit der Landesphilharmonie KULTURABENDE MIT HINDERNISSEN Die Lichter des Kulturheims erloschen. Der deutsche Vortrags­abend ist zu Ende. Lachen und fröhliches Gespräch ertönt in den sonst stillen Dorfstrassen, ln hei­terer Stimmung begeben sich die Zuschauer nach Hause und be­sprechen unterwegs die schön­sten Momente des Kultur­abends. Wisst Ihr, liebe Leser, welch angestrengter Arbeit, genauer Vorbereitung so ein Kultur­abend bedarf? Wisst Ihr, dass sich die Darsteller, und das Fachpersonal im Schweisse ihres Angesichts vorbereiten müssen? Der Weg bis zum Publikums­erfolg ist nämlich kein leichter Weg. Darüber berichtet Frau Kasimir Kovács, Sekretärin der „Landesphilharmonie“: — Wir veranstalten unsere Vortragsabende im Einverneh­men mit dem Ministerium für Volksbildung. Es ist aber nicht leicht, Möglichkeiten, Gegeben­heiten und Ansprüche auf den gleichen Nenner zu bringen. Manchmal klappt es z. B. mit der Rollenverteilung nicht. Die Schlichtung dieser Differenzen, — sagt Frau Kovács lächelnd — bedarf daher besonderer diplo­matischer Fähigkeiten. Wenn diese Fragen als gelöst erschei­nen, dann halten wir eine Ge­neralprobe, bei der die Experten dabei sind, so z. B. die Vertre­ter des Ministeriums für Volks­bildung, des Kulturverbandes der deutschen Werktätigen, der „Landesphilharmonie“ und der Presse. Nun werden noch gewis­se Änderungen vorgenommen, und die Sachverständigen kom­men zu Wort. Erst jetzt kann unser Beauftragter mit Plaka­ten ausgerüstet auf’s Land hin­aus und sich mit den zuständigen Stellen in Verbindung setzen. — Seit wann beschäftigt sich die „Landesphilharmonie“ mit der Veranstaltung deutscher Kulturabende? — Seit August waren wir auf fünf Tourneen. Wir begannen zuerst mit Gemeinden der Ko­­mitate Komárom, Fejér, dann ging es in die Baranya, ins Ko­mitat Veszprém und schliesslich auch in die Umgebung der Hauptstadt. Insgesamt zählen wir 62 Vortragsabende. — Wieviel Künstler nahmen an diesen Veranstaltungen teil? — 20 Künstler wurden einge­setzt. Unter anderem besuchten sie folgende Gemeinden: Vil­lány, Véménd, Bonyhád, Lány­osok, Németboly, Versend, Bu­daörs, Budakeszi, Törökbálint, Etyek, Ajakrendek, Városlőd, Úr­kút. Mehr als 3500 km bewäl­tigte unser Kraftwagen. Mitun­ter gab es auch Pannen und der moderne Thespis-Karren wurde von den Künstlern und Künstlerinnen in Wind und Re­gen stundenlang geschoben, nur um rechtzeitig an Ort und Stelle zu sein. — Wollen Sie uns bitte nicht auch einige Worte über die Plä­ne für 1956 sagen? — Über Einzelheiten könnte ich Ihnen noch nicht berichten, die Vorbereitungen sind aber im Gange. Nur soviel: wie dieses Jahr Schiller, wird 1956 Hein­rich Heine in den Vordergrund gestellt. Was uns Freude macht? Die vielen, vielen Zuschriften der deutschen Werktätigen vom Lande. Auf welchem Gebäude in Budape: befinden sich die oben ab­gebildeten Skulpturen? Kaum hatte ich die Villa auf dem Land gekauft, da rannten mir die Agenten der „Olympia‘ die Türe ein, ich sollte mich doch versichern. Lange wehrte ich mich. Endlich musste ich klein beigeben — wie folgt: die Tante gegen Unfall; die Villa gegen Hagel; die Möbel gegen Brand. Aber ich habe mit der „Olympia“ im ganzen wenig angenehme Erfahrungen gemacht. Was soll ich Ihnen sagen — am 13. August, einem Freitag, schlägt der Blitz bei uns ein, schlägt die Tante tot, vernich­tet einen Regenschirm, und das Klavier fing an zu brennen. Gut. sagte ich mir — wo die Tante tot ist — ich selbst bin nicht musikalisch — lass es brennen! Unterdessen sah ich die Police durch, hinten die gedruckten Statu­ten, und fand da einen § 19, ich müsste den Schaden sofort anmelden. Schaden an­melden kann ich doch erst, wenn ich weiss, wie weit die Sache mit dem Klavier gedeihen wird. — Es erlosch von selbst, nachdem die rechte Hälfte, ungefähr bis Fis, vom Feuer verzehrt war. Am selben Tag noch, mit Windeseile, kam der Gene­raldirektor der „Olympia“ und fragte: „Also! Was ist los?“ Schon diese barsche Einleitung Hess mich nichts Gutes ahnen. Ich führte ihn zum Klavier und wies stumm darauf. Stumm zeigte ich ihm auf dem Kanapee die Tante. „Na, die war auch nicht mehr die jüng­ste. — Sonst noch etwas?" „Ja“, antwortete ich. „Was Sie jetzt viel­leicht für einen eisernen Besen halten ocOe: eine Vorrichtung zum Schaumschlagen, war heute morgen mein Regenschirm.“ „Der ganze Vorgang“, sagte der Direktor, „ist sehr verdächtig, um nicht zu sagen: kurios. Wie soll sich denn das abgespielt haben?“ „Oh, es ist rasend rasch gekommen, ge­gen drei. Wir sitzen gemütlich ...“ „Am offenen Fenster?“ „Ja.“ „Am of — fe — nen Fenster“, wieder­holte der Direktor und notie te sich's in sein Taschenbuch. „Wir sitzen so — die Tat e am Kla­vier — ich hier auf dem Stuh, — draussen wetterte es ein wenig. Tante ipielte ganz sachte die ,Eroica‘ und fragte nich so zwi­schendurch über die Schulter leg: ,lsst du eigentlich gerne Gänsebraten? — Das wa­ren ihre letzten Worte. Ur dötzlich ein furchtbarer Donnerschlag — n r wird blau vor den Augen — und als i h aufblicke, biennt das Klavier.“ „Mehr als kurios“, grollte er Direktor, schüttelte sein Haupt und sa) mich flam­mend an. „Der Fall will vom Gericht un­tersucht sein.“ „Herr!“ spmch ich. „Wieso? Meinen Sie, ich selbst habe die Tante angezündet?“ Ohne zu erwidern, trat er an das Kla­vier und schlug der Reihe nach die Tasten an. „Die tiefsten Töne gehen noch“, sagte er. Ich darauf — nun aber schon gereizt: „Na, Sie scheinen mir von Musik blutwe­nig zu verstehen. Die tiefen Töne bedeuten für sich allein gar nichts, das ist doch nur die Begleitung. Wo soll denn die jauchzende Freude herkommen, die unsere Herzen beim Klang eines Liedes durch­pulst — wenn die ganze rechte Hälfte des Klaviers, die fröhliche, kaputt ist?“ „Mein lieber Herr Roda, ich bin zwar kein Kapellmeister und kein Kömponist — aber soviel weiss ich: Wirklich ernste, getragene Musik wird hier links gemacht, mittels der tiefen Tasten. Der Blitz aber hat die Richtung nach rechts genommen — Ihre Tante hat offenbar einen Gassen­hauer lasziven Charakters gespielt. Am of­fenen Fenster, bitte. Bei Gewitter. Hatten Sie das Fenster geöffnet?“ „Nein.“ „Wer sonst?“ Das muss sich doch fest­stellen lassen. Und was mich stutzig macht, Herr Roda: der Schirm. Woher ha­ben Sie ihn? Ein Schirm fällt doch nicht vom Himmel. Zeigen Sie mir die quittier­te Rechnung, wenn Sie behaupten, ihn ge­kauft zu haben, wo man im Kaffehaus so viel von geklauten Schirmen hört. Übri­gens hat die Tante unterm Regenschirm gespielt? — Das Fenster offenhalten — mein Herr, das lockt den Blitz an. Was meinen Sie, wie oft den Sommer über auf dem Land der Blitz einschlägt? Wenn un­sere Gesellschaft jedesmal einen Schirm zu bezahlen hätte — wo käme die Gesell­schaft hin? — Wie hoch bewerten Sie denn die Tante?“ „Die Police lautet auf 10 000 Gold­frank.“ „Hahaha! Die alte Dame — 10 000 Frank! Da muss ich wiechemd lachen! Sie hat doch nichts verdient, die Tante, ist der Familie nur zur Last gefallen. Sie, Sie sollten uns was zahlen, Herr! Und die Dame — traurig, dass sie in ihrem Alter sich nicht schämt, aus Sensationslust im Gewitter unanständige Lieder zu spielen — noch dazu unterm offenen Regenschirm. — Nein, nein, mein Lieber, lesen Sie un­sere Statuten, § 31 a: ,Die Gesellschaft ist berechtigt, den Verlust in natura gutzuma­chen. indem sie einen dem beschädigten Gegenstand gleichwertigen Ersatz bei­stellt.' Zufällig haben wir eben aus einem Brandfall in der Kreisstadt eine Dame dieses Alters übrig — die können Sie ha­ben. Wir lassen Ihnen das Klavier auf un­sere Kosten neu lackieren und, bespannen — Sie werden mir eine Bestätigung dafür geben — damit basta! Es kann nicht Pfl'cht einer Gesellschaft sein, Ihnen einen Schirm aus dem Café zu klauen — das besorgen Sie gefälligst selbst.“ Dies meine Erfahrungen mit der „Olym­pia“. VON RODA RODA (1872-1 945) FREIES LEBEN Aus den Volksdemokratien POLEN Eine polnische Fabrik führte kürzlich eine Neuerung ein, der­­zufolge rote, blauqi und grüne Tabletten hergestellt werden, welche sich in Wasser gelöst in keiner Form von den üblichen Tinten unterscheiden. Die Neue­rung hat den Vorteil, dass die Herstellung von Tintenfässern geradezu überflüssig werden wird, wodurch bedeutende Er­sparungen getroffen werden können. DEUTSCHE DEMOKRATISCHE REPUBLIK Die Herstellung von Violinbö­gen ist eine Spezialität deut­scher Bogenmacher in der alten Musikstadt Markneukirchen im Vogtland. Diese Kunst reicht auf eine Tradition bis 1740 zurück. Der Arbeitsplatz so eines Bogen­machers ist als Sammelstelle internationaler Behelfe zu be­zeichnen, er benötigt: Schweif­haare sibirischer Steppenheng­ste, edles Holz aus brasiliani­schen Urwäldern, schimmern­des Perlmutter aus den Gewäs­sern des Stillen Ozeans und glänzende Metallteile aus der DDR. Budapest, 7. Januar 1956. Vom Druckerlehrling zum „Druckerkönig“ PORTRAIT MATTHIAS TRATTNERS Es sind jetzt 210 Jahre her, dass in einer kleinen Ortschaft des Komitates Vas der Familie Trattner ein kleines Knäblein beschert wurde, dessen Name viele Jahre später fast in der gan­zen Welt, besonders aber in der Geschichte der ungari­schen Graphik und Drucke­reikunst berühmt werden sollte. Matthias Trattner, der in der Zeit von 1741 bis 1828 lebte und wirkte, ge­hört zu den bahnbrechenden Gestalten auf dem erwähn­ten Gebiete und hat sein ganzes Leben, obwohl er einer deutschen Familie ent­stammte, dem Aufblühen der ungarischen Kultur, bes­ser gesagt dem Druckwesen gewidmet. Der Weg von der Ortschaft Felsőőr bis Wien und Budapest hatte viele Stationen; die wichtigste und erste befand sich aber in Wien, wo der junge Matthias bei seinem Ver­wandten Johann Thomas Trattner in der damals schon weltberühmten Trattner- Druckerei als Lehrling ein­trat. Mit 21 Jahren fuhr er dann nach Paris, wo die Kunst des gedruckten Buch­stabens längst in ihrer Blü­te stand und wo er dann auch die französische Staats­bürgerschaft erwarb. Dann aber meldete sich eines Tages das Heimweh. Nun wanderte er 1779 nach Buda, wurde Direktor der Universitätsdruckerei, übernahm aber später auch noch die Leitung einer ähn­lichen Anstalt auf dem links­seitigen Ufer, im alten Pest. Sein Sohn, der ebenfalls Jo­hann Thomas hiess, setzte die Tradition des Vaters fort und entwickelte die Drucke­rei mit technischen Neue­rungen und bahnbrechenden Initiativen zu hohem Stan­de. In dieser Druckerei er­schien 1806 das Blatt Stefan Kulcsár’s „Hazai Tudósítá­sok“, das seinen Bestand fast gänzlich der Opferfreu­digkeit Trattners dankte. Zwischen 1817 und 1825 wurden in der Druckerei Trattner mehr als 400 Wer­ke und Bücher in ungari­scher Sprache hergestellt, und in seinem Hause ver­kehrten die besten Köpfe und Vertreter der ungari­schen und hauptstädtischen Literatur. Als dieser begabte Sohn dann plötzlich starb, übernahm der damals schon 80jährige Matthias Trattner, der „König des ungarischen Druckwesens“ die Leitung der Druckanstalt und über­gab diese in mustergültigem Zustande 1828 seinem Schwiegersöhne, István Ká­rolyi. Sie wirkte sodann un­ter dem Namen Trattner- Károlyi, wurde zur grössten Druckanstalt Ungarns und bildete bis 1867 eine der Grundlagen und festen Stüt­zen des ungarischen Presse­wesens und der Literatur. In diesem Zusammenhänge scheint es als erwähnens­wert darauf hinzuweisen, dass in Wien auch heute noch ein altes, unter Denk­malschutz stehendes Haus am Graben steht, das unter dem Namen „Trattner-Hof“ bekannt ist. £. Zs.

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