Oedenburger Zeitung, 1879. Oktober (Jahrgang 12, nr. 118-131)
1879-10-01 / nr. 118
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Ein Wütherich fondergleichen, eine Bestie in Menschengestalt, erftach zwei hochachtbare Leute, erfchoß einen dritten Mann und jagte sich endlich selber eine Kugel durch den Kopf. Das Motiv dürfte Eifersucht oder getränkte Gattenehre gewesen sein, denn man fand an der Leiche des Mörders, nebst 89 fr. und einem ganzen Arsenal von Waffen, noch einen Zettel folgenden nhaltes: „Das habe ich Alles wegen meiner Frau gethan. hr Heidenwolf, hr sollt mir nicht begraben, feet meinen Körper den Vögeln aus, sie mögen ihn freien. Gott mit Eule, Ahr guten Freunde !" Die erschütternde Katastrophe zu Totis schildert man in nachstehender Weise: Michael Szögyi fuhr des Abends mit einem Burschen, der ihn nicht nannte und auf seinen Wagen aufnahm, von der Billeger Csárda Bis zu den Weingärten in der Nähe von Totis. Auf dem Wege wurde dem Kutscher vor seinem Begleiter bange, da dieser lachend von verschiedenen Meordthaten und Raubgeschichten erzählte. Szögyi stieg ab und ging dur die Gärten nach Tovaros, einem Vororte von Totis, wo er im Wirthshause einen Liter Wein auf einen Zug leerte, mit der Bemerkung: „Hai! das macht Kourage !’ Um ein Viertel auf 8 Uhr zog er die Ölode am Hause des Lederhändlers David Langheim, der eben mit seiner Gattin und erwachsenen Tochter beim Nachtmahle saß. Langheim, nichts Arges ahnend, öffnete und trug den in die Küche eintretenden Szögyi, was er wolle. Er habe ein Schreiben aus Komorn abzugeben, versetze Dieser und verriegelte die Kücenthüre. „Nun, reichen Sie mir da den Brief!“ meinte Langheim, bei diesen Worten aber hatte ihn Szögyi fon an der Brust gepact, niedergeworfen und indem er darauf den früppelhaften alten Dann mit den Snneen am Boden festhielt, schrie er: „Set hab’ ich Dich, Du sollst mir nicht entrinnen!" — „Ach, Erbarmen, ich bin ein alter kranker Mann, schonen Sie meine unschuldige Familie!“ jammerte das entjegte Opfer. Doch Szogyi öffnete die Kleider des Unglücklichen an der Brust. Die Magd, die ihn hindern wollte, stieß er mit dem Fuße in die Küche zurückk der verzweifelten Tochter, die ihn am Arme ergriff, erging er ebenso. Dann fühlte er nach dem Herzen des alten Mannes, zog ein haarscharf geschliffenes schmales Schlachtmesser und gab ihm den sicheren Todesstoß. Inzwischen erfüllten die Gattin und die Tochter des so grausam. Hingeschlachteten, sowie die Magd des Hauses,, als sie das Todesröeln hörten, die Luft mit ihrem Sammer und Geschrei. Da kam der erwachsene Sohn des Nachbars, des Advokaten Ludwig Antal, herüber. Unmittelbar darauf trat der eben mit seiner Gattin aus dem Weingarten heimkehrende städtische Eizenotär Franz Rang auf das Wehgeschrei zum Thore herein. Lang erkannte sofort die Gefahr und wollte den Mörder ergreifen. Ein wohlgezielter Stich traf ihn im’ Herz! „Retten Sie sich", rief er zurücktaumelnd dem jungen Antal zu. Mit aufgehobenen Armen, in jeder Hand eine Pistole, entfernte sich Szögyi langsamen Schrittes von der Blutstätte. „Wehe dem, der mir nachbekommt!“ drohte er der erschrochenen Menge, die ihm scheu aus dem Wege ging. Der Kutscher des Advokaten Ed. Bauer, def Horpväth, welcher einige Schritte entfernt vom Schauplatz wohnte, hörte die entfeglichen Rufe: „Mord Mörder!" Er ging auf die Wasfe, sah den Mörder und ging ihm mit dem N Rufe: „Halt, bleibe stehen,‘ mit offenen Armen entgegen, um ihn (Horváth war von berfulishher Kraft) unschädlich zu machen. Trogdem Szögyi wüthend fühlte: „Hinnweg, wen das Leben theuer ist!‘ wich der muthige Kutscher nit aus. Szögyi erhob‘ die Pistole und [hob ihm mit einer Doppel- Ladung in die Brust. Die Volksmenge war unterdessen hinter dem dreifachen Mörder angewachsen. Man schlug nach Szögyi, der taumelnd zu Boden stürzte; plöglic erhob er si jedoch auf ein Knie, zog deneun er geuilleton. Velsen-Ausflüge. Bon 9. (Fortlegung.) Yn der alten gothischen, und erst in jüngster Zeit stylgerecht restaurirten Stadtkirche ein herrliches Madonnenbild von Earlo Dolce.m Jahre 1426 wurde Auffig von den Hussiten zerstört, und 1639 ward es von den Schweden erobert. Eine Stunde von der Stadt ist das Schlachtfeld von Kulm mit drei großen Siegesdenkmälern zu Ehren der hier im Kampfe gegen die Franzosen am 30 August 1813 gefallenen Russen, Preussen und Oesterreicher. Don Auffig machte ich einen Ausflug per Dampfschiff durch das Eldethal nach Dresden. Diese wunderschöne Partie verdient allein schon eine Meise hieher, denn sie ist eine der schönsten in Europa. Das Auge Fan nicht satt werden an dem stetig sich abwechselnden herrlichen pitoressen Anfihen. Prächtige Felsengruppirungen, himmelhohe Berge, altersgraue Burgen und Burgruinen, Kirchen und Kapellen dann wieder freundliche Dörfer und Städte erquiden die Seele. Bei Bodenbach rege Industrie, eine stattliche Kettenbrücke über die Elbe verbindet diesen Ort mit Teichen, dessen Schloß sich auf einem 40 Meter hohen Sandsteinfelsen erhebt. Tetschen ist eine gewerbsreisige Stadt mit 2400 Einwohnern an der Mündung der Polzen in die Elbe, ist Haupt-Stationspunkt für die Elbekampfschiffahrt, und mit ihren schönen, zum Theil noch wildromantischen Umgebungen ein Glanzpunkt der böhmisch-sächsischen Schweiz. Die Einwohner betreiben Handel mit Geteide und Obst. Das Schloß gehört dem Grafen Thun, und führt eine 266 Meter lange Auffahrt zum Theil in Felsen gehauen hinauf. Im berühmten Schloßgarten viele ausländische Gewächse, namentlich Orchideen, Viltorien, Ananashäuser mit zirka 4000 Pflanzen. Bei Tetcchen liegen die Mineralquellen Yosefsbad, und die landwirtschaftige Lehrantalt Liebwerd. Die Elbe führt neben Pirna vorbei, wo ein großartiges Gebäude, wahrsceinlich ein aufgehobenes Kloster, unheimlich vom Berge herabschaut — es ist das sächsische Landes Irrennstitut. Die Gegend erweitert sie ein schönes fruchtbares Sladland öffnet sich dem Auge mit freundlichen Orthaften, prächtigen Villen, und alle Anzeichen zeigen, daß wir uns der Hauptstadt nahen. Dresden. AS wir im Jahre 1866 den Krieg mit Preufsen hatten, hat wohl Niedmand daran gedacht, daß wir mit den selben Preufsen das uns so sehr gedemüthiget, und so unsäglichem Schaden zugefügt. Oesterreichs Führerstelle im Konzerte der europäischen Großmächte fammt der Krone Karl des Großen, einer schönen, exil neu eroberten Provinz abnahm, und hiefür si noch 30 Millionen Thaler bezahlen ließ, einst so intime Freunde werden, und deren Freiherrn Bitmarken, den Urheber all dieses Ungemahl nach dreizehn Jahren mit allen Ovationen in Wien wiedersehen werden — die sonst nur irgend einem ung befreundeten gefrönten Haupte zustimmt. Doch in der Politit kommen sonderbare Ersceinungen ans Tageslicht, die man im gewöhnlichen Leben für unmöglich hielte. Wer hätte je gedacht, daß der in Gifigie gehängte Graf Andraffy einst als der einflußreichste Nachgeber die treueste Stüße des Thrones desselben Königs sein würde, in dessen Namen man das Urtheil über ihn fällte, und heute die Huldigung und die markantesten Freundschafts-Beweise des größten Staatsmannes der Neuzeit, des eisernen Kanzler Deutschlands, des Fürsten Bismark im Städel-Gebäude der 1. Hofburg mit voller Genehmigung derselben Majestät empfange, gegen welcher er des Hocverraths angeklagt war ? Im Jahre 1866 waren die guten Sachsen mit uns verbündet im Kriege gegen Preussen, ein sächsisches Infanterie-Regiment lag — seine Verwendung erwartend im nahen Unter-Desterreich zwischen Baden, Pottendorf- Eberreichsdorf. — Kam, wie so viele andere kriegsbereite regimenter nie ins Feuer — während dem die Schlacht bei Königgräb zum Nachheile Desterreichs und seiner treuen Freunde geschlagen, und deren Schidsal durch den Prager Frieden entschieden ward. Sachsen, das biedere Sachsen kam so ziemlich mit heiler Haut davon, es ist heute noch ein Königreich, unter derselben väterlichen Dynastie, freilich stark unter Preussens Vormundschaft — sowie Bayern. Aber. „wer verantwortet die Gebahrungen der Volitit wider den Churfürsten von Hessen, und den charastervollen mit allen fürstlichen Tugenden gezierten König von Hanover ? ..» Die Offiziere bejagten sächsischen Infanterieregiments kamen zum Zeitvertreib öfters im Sommer 1866 ins Bad nach Laytha-Prodersdorf, wo auch ich zum eilen vorfuhr, um mich in diesem moch wenig gefannten daher nit gehörig gewürdigten Bade zu erquiden. E38 lebte damals noch mein unvergeblicher Freund, der Pfarrer von Laitha-Prodersdorff. Schiedinger, ein herzensguter gastfreundlicher Mann, der aufleng das Bad besuchte, so machten wir die Bekanntschaft mehrerer fährlichen Offiziere, und fanden an ihnen sehr liebe, gemüthliche intelligente feine und gebildete Herrn. Wir luden diese Herren, die uns nach jährlich protestantischer Art nur „Herr Bastor‘‘ und unsere Haushälterin „Frau Pastor nannten, manchmal auch zu uns ein, und so kamen öfters ‚mehrere dieser Herrn auch in mein Pfarrhaus nach Siegendorf. (Sortlegung folgt.)