Oedenburger Zeitung, 1884. April (Jahrgang 17, nr. 76-100)

1884-04-08 / nr. 82

«­­DER Burn = Be Ex ,.I-’7«·c.s.« RETTEN - r­ ein, =” 1 ge­gen: C­an’s Af­ter einen Paragraph und zwar jüngern Datums als 1723 finden wird, es ist aber an der Zeit, daß sich unser Abgeordnetenhaus aufwaffe, um sein Ansehen nit ganz einzubüßen, denn ein geistgebender Körper, wo die immuni­­tätsgefälbten Mitglieder desselben frisch, fröhlich und frei über ihre Duelle vereh­ren, führt das Land zu kosmopolitisgen Platitüden, zum Indifferen­­tismus gegen das Geieg, zum moralischen Ruin! Sollte dieß Alles der Antisemitismus am Gewissen tragen ?? Warum folten wir in eine Musik voll fal­­scher Töne mit einstimmen? Warum sollten wir die Wirkung zur Ursache stempeln? „Mögi Ahr, gleinviel wie beschaffen sein, seid doc wenigstens immerdar gerecht” lautete das „geflügelte Wort“ eines Nömers, das auch unsere Zeitgenossen meis­­tern solte. > K—.ch, ® Sönig Wismawitre ! Motto: „DO König Wismawitza, „Was für ein Ochs bist Du! “Daß Du gekämpft und gebüßet „Und Alles wegen einer — Kuh!“ 9. Heine: Seit dem pharaonischen Könige, von dem der große Dichter — laut obigem Motto — so tief­sinnig sprich, also fast seit der Grun­dsteinlegung zu den vier­tausendjährigen Pyramiden, hat eine Rindviehfrage keine so weittragende Bedeutung gefunden, als gegenwärtig der durch den Statthalter von Niederösterreich Baron Bo­f­­finger, vermöge der voreiligen Erschwerung der Einfuhr ungarischer Ochsen nach Wien, deraufbes­chworene Niederkonfliz. Dieser Baron Poffin­ger ist wahrlich sehr übel berathen gewesen. Er, oder vielmehr eigentlich der­ österreichische Adel­­bauminister Grafgall­enhain, ohne dessen Zustimmung der Vorgenannte er gewiß nicht ge­­wagt hätte unter Zoll- und Handelsbünd­­niß mit der andern Leithanischen Weicgshälfte so brutal zu verlegen, Graf Halkenhain also kämpft fegt und büßt vielleicht auch schon zum Beten der Wiener Fleischfonsumenten, denn ihm dürfte die erste, an der Grenze bei Marchegg abge­wiesene ungarische Kuh, sein P­ortefeuille kosten. — In einem der Telegramme unserer vorgestrir­ten Zeitung haben wir die Erklärungen der Mi­­nister Tipa und Szechenyi publizirt, womit dieselben energisch Stellung gegen die österreichischer Seite unseren Vierproduzenten geworfenen Fuß­­angeln nehmen; inzwischen aber hat Graf Ap­­ponyi im ungarischen Abgeordnetenhause seine „tiefe und gerechte Entrüstung“ ausgesprochen, daß man so willführlich drüben mit unserm Zoll und Handelsbündung umspringt. Ein Erlag wie der des Wigmamitra ... . , pardon­ des Heren von Boffinger, wäre höcstens dann zu ent­sculdigen, wenn thatsächlich in Ungarn eine Vierseuche Herrschen würde. Doc dies ist nicht der Fall, und speziell in Preßburg und Umge­­bung ist seine Spur davon Wenn Ungarn ein analoges Borgehben beobach­­ten wollte, könnte er unter dem Vor­wande, eine Choleragefahr abwehren zu wollen, wie Rei­­fenberger und Brünner Tudhe an der Grenze anhalten dassen, damit dieselben einer Desinfektion unterzogen werden. In der Ab­­weisung unseres Hornvichs liegt also, den Un­­gar­n gegenüber, eine flagrante Gefeges­verlegung. Thatfadhe ist, daß Ungarn große Opfer bringt, um das gemeinsgaftlige Zollge­biet aufrechtzuerhalten und deßhalb muß er die­­selben Rechte haben, welche Oesterreich besigt. „Ich glaube — fuhr Upponyi in seiner Mode fort — daß 08 in Ungarn seinen Staatsmann und seinen Politiker gibt, welcher einen anderen Standpunkt einnehmen kann und ich füge bei, das ich als Abgeordneter unsere Regierung zur Ver­­antwortung zöge, wenn sie einen mit welchem Staate immer geschlossenen Vertrag verlegen würde. Was die Regierung tun wird, weiß ich nicht, aber ich will sagen, was ic­­hum würde: Ich würde, falls die österreichische Regie­­rung respektive das österreichische­­ Parlament,die V­erordnung nicht rückgängig machen wollte, wae Bünd­­nig mit Oesterreich als nichtig be­trachten und da es von österreichischer Seite verlegt wurde, nui auf den Standpunkt stellem, daß Das Zoll­ und Handelsbündniß nicht mehr einftirt." Da sich Ministerpräsident Tiga unverholen dieser Anschauung anschloß, so ist der Konflikt zwischen der ungarischen und öster­reichischen Regierung als sehr ernst aufzufassen. Auch wird bereits die Nachricht vom Nach­tritte des Ministere­s altenhain korporiirt. Bas uns betrifft, wie stehen auf einem noch viel schrofferen Standpunkt als Apponpi. Sein agrarisches Gewisen sträubt es dagegen, unsern Vierhandel zu Gunsten von Wiener Marktinteressen vergewaltigen­ zu lassen; uns binwieder feint jedes Zusammenleben im gemeinsamen Bollgebiete mit Defierrei­ eine empfind­­liche Schädigung unserer gewerblichen um­kommerziellen Interessen und wir ver­­werfen daher diess; gemeinsam seit ganz und gar. &8 sei und die neueste Windviehfrage ein willkommener Anlag völlig mit dem gemeinschaftlichen Zoll­gebiete zu bredhem # : Die Einführung ansehnlicher Schugzölle zu­gunften der österreichischen Zertilindustrie war in der That nur der erste Schritt auf dieser gefähr­­lichen Bahn der Verkehrspolitik; auf dem Gebiete des Finanzwesens und nunmehr auch auf dem Ge­­biete der Landwirt­schaftspflege mehren sich wedent­­lich die Gegenfage. Als sich die ungarische Regie­rung zu Kongessionen für Oesterreich fo foulant herbeiließ, ja zeigte sich die F Feindseligkeit der öster­­reichischen Regierung in evidenter Weise. Sie trachtete, uns die theuer bezahlten Früchte jener Vereinbarung möglichst zu versümmern. Seit die ungarische Regierung eine zielbewußte Verkehrs­­politik verfolgt, hören die Weibereien zwischen den Ministerien nicht auf. Oder, ist­ die Fahnenfluct des Ministers Dunajemwsfi in der Spiritus­­steuerfrage nicht bezeichnend für den Grad der Loyalität, auf welchen wir von jener Seite rechnen künnen? Man macht in Oesterreich systematisch unsere Spiritusindustrie konkur­renzunfähig. Fast gleichzeitig­­ wird der andere Schlag gegen die mit der Spiritusindustrie eng zusammenhängende Vierzucht und Viehk­räftung geführt. Man muß blind sein, um die Absicht nicht zu erkennen, ungarischen Produkte vom österreichischen Markte möglichst fernzuhalten, die österreichische Landwirth­­schaft von der Konkurrenz Ungarns möglichst zu befreien. Ungarn hat für das Handelsbünding mit Oesterreich finanziell und volkswirtss­aftlich einen hohen Preis bezahlt und dieser Preis ist durch den Sieg der protektionistischen Strömung bedeutend vergrößert worden. Aber Eines kann man von Ungarn nicht fordern und ein Opfer kann Ungarn slechterdings nich­t bringen: er kann dem Zoll­­bü­ndnisse nicht auch seine landwirts­­chaftlichen Interessen aufopfern. — — Wie man aber selbst von seinen Feinden lernen sol, so hat uns Baron Pofffinger gezeigt, was man seinen lokalen Interessen schuldig ist. Für den ungeschmälerten Wortbestand des Wiener Viehmarktes fcheut die niederösterreichische Statthalterei nicht, das ganze große Neid Ungarn herauszufordern und für mii das Tischtuch zwischen den beiderseitigen Regierungen entzwei zu schneiden. In jenseitige Minister schlägt sogar sein Por­­tefeuille in die Schanze, um dem Wiener Marfte zu retten, was nur irgend zu rettten ihm im Be­­reiche der Möglichkeit zu liegen scheint; und wir in Oedenburg!gaben fast ganz thaten» und widerstande­ 108 unsern Borstenviehbmarft an die Wiener­ Neustädter ab; obgleich das Bischen Wohlstand, das unsere Stadt, der aus­­wärtige Händler im Allgemeinen und der wegeren Marktverkehr insbesondere zu erwerben verrmag, durch den Berlust des Schweinemarktes in einer Weise reduziert ist, daß ss die meisten Geschäfts­­leute unserer Stadt von dem Schlage nie mehr erholen werden können. Warum haben wir nichts anderes zu t­un gewußt, alle zu jammern, daß Wiener-Neus­­tadt den Erwerb an sich reißt, den die ungarischen Borstenviehhändler unfern Geschäftsleuten entgegen­­trugen? E. M. O Zur Wahlbewegung. Die Unabhängig­­keitspartei im Gödöllder Wahlbezirk hat sich bereits Fonftituirt und den hauptstädtischen Advokaten Edmund Hets zum Abgeordneten­hans didirt. Eine Deputation aus Neupert,Rafos Palota und $6th Hat Herrn Hets aufgesucht und ihn aufgefordert, die Kandidation anzunehmen, welche derselbe au akzeptirt hat. Aus Lippa berichtet man: Schulinspektor Anton Marx ist von der Abgeordneten-Kandidatur zurückgetreten, so daß der Advok­t Ernst Yazar nunmehr als der einzige Kandidat der liberalen Partei erfeint. Die gemäßigte Opposition beab­­sichtigt den Grafen Nobert Zielengfy wieder zu Kandidhten. Die Anhänger der liberalen Partei in Arad konstituirten sich Sonntags in gut besuchter Sigung. Alterspräsident Demeter Bock betonte, daß von Dem Tage, a­m nächsten Reichstage von einer allgemein anerkannten Kapazität vertreten sein, und beantragte daher der Renner, er möge die liberale Partei Dr. Mar Halt ersuchen, die Kandidirung zum Abgeordneten der Stadt Arad anzunehmen. Nachdem noch Mathias Rozsnyai und Dr. Antalffy in gleichem Sinne sprachen, wurde auf Antrag des Alterspräsidenten ein aus 12 Mitgliedern bestehendes Komité gewählt, welches als provisorisches Aktionskomite zu wirken hat und damit betraut wurde Dr. Mar Salt nach Arad einzuladen. C) Die Hohe Justiz hat sich bereits des Ab­­geordneten Julius V Berh­ovay und seines Bruders Ludwig Berhovay wegen des Vers­crechens des Unterschleifes, der Veruntreuung und absigtlichen Irreführung der Gläubiger, be­­mächtigt und auch den Buchbruder Willens in Budapest in den Anklagestand verlegt. Gegen den Anarchisten Albin Schäff­­ler wurde wegen Theilnahme an dr Ermors­dhung der Polizeibeamten Hluber und Bloch die Untersuchungshaft verhängt und die gerichtliche Untersuchung angeordnet. Die Landeskommision der 1885­er Landesausstellung schreibt einen Konkurs zu Erbauung eines größeren Gasthauses auf dem zu Ausstellungszwecken überlassenen Gebiete im Stadt­wäldchen zu Budapest aus, welches während der Dauer der Ausstellung in Betrieb gefegt werden sol. Die Kommission fordert alle jene auf, die bezüglich, des Aufbaues, eventuell der Niedernahme des Gasthauses zu fonfurieren beabsichtigen, ihre schriftlichen Offerte bis 15. April, Mittags 12 Uhr, in den Amtsloyali­­täten der Landeskommission in Budapest (NAL6’sches Haus, 1. Stod) einzureichen, wo sie auch Aufflärm­­­en über die Bedingungen des Aufbaues des Gebäu­­des erhalten können. Entsprechend dem lebhaften Interesse, welches Staponien für die Budapester Ausstel­­lung fundgibt, ernannte die Regierung eine spezielle Ausstellungskommission für den Effegger Kammerbezirk unter dem Präsidium de Mbgeordneten Grafen Gu­­stv Norman. Ins Komité wurden Vertreter der Agrikultur, des Handels, de Gewerbes und der Publi­zistit­ berufen. O Die Wiener Trammway. Wir haben in­ der legten Nummer dieser Blätter ein Telegramm aus Wien aufgenommen, dahin lautend, daßs der Fahr­­preis auf der Trammayn einfünfzig statt der bisherigen 12 fr. nur 10 fr. betragen werde. Diese Angabe war nicht ganz genau, denn eigentlich soll die Fahrkarte in­­nerhalb der Linien Wiens gar nur 9 fr. betragen ; 12 fr. werden für Fahrten über die Linien hinaus eingehoben und? 6 fr. von den Memijen bis zu dei Linien, Dornbach und andere entferntere Oite unter­liegen einer noch höheren Fahrtare. Dem entgegen hat der Verwaltungsrath der Trammwapgesellschaft eine Sigung gehalten und beschlossen, eine Eingabe an die Statt­­halterei zu richten, mit der Bitte, den Fahrpreis statt auf 9 fr. nur auf 10 fr. herabzulegen. O Sculinspektoren und Schulstühle. Nach­­dem Fälle vorgenommen sind, daß Bolksschulverwal­­tungen und Gemeindeschulstühle Besschlüfse faßten, ohne hievon den Schulinspektor in Kenntniß zu feen, so daß dieser vor der Effektüb­ung keinerlei Verfügungen mehr zu treffen vermochte, hat der Unterricht­­minister mittelst Birkularerlasses angeordnet, daß Boltsshulverwaltungen und Schulstühle jeden Monat eine ordentliche Sigung zu halten und die Protokolle derselben binnen 8­ragen, in dringlichen Angelegen­­heiten binnen zwei Tagen, an den Schulinspektor ein­zusenden haben, welcher die Rückendung — mit oder ohne Bemerkung — gleichfalls binnen acht Tagen zu effektuiven gehalten ist. Beanstandete Beischlüfse sind bis zur Entscheidung duch den Verwaltungsausschuß in der Schwebe zu halten.­­ Der Ochsenkrieg an der ungarisch­­österr. Grenze. In Marxdegg traf bereits eine behördliche Kommission ein, an welcher auch der Ge­­neraldiretor der Staatsbahn Herr De Serres, sowie­ngenieure der Staats- und Nordbahn, und ein Delegirter der Staatseisenbahndirektion theilnah­­men, um den Punkt für die Anlage der Schlachtvieh­­ausladerampe zu vereinbaren. Es werden außer der Ausladerampe wo kleinere passagere Unikationen für Funktionäre und als Am­tslokalitäten erbaut werden. Die Arbeiten müssen bis 14.» Nach­mittags fertig gestellt werden. Am 15. sol die Ausladerampe bereits in Funktion kommen und wird die Befhau durch den Landesbezirksthierargt Heren Sal Wittmann aus Groß-Enzersdorf vorgenommen werden. Ein Transport lebender Schlacht­­thiere m­it ungarischer Provenienz wurde am 5. d. in Marchegg erwartet, jedoch ist die Sendung nicht ein­­getroffen, welche dahin"geht, die] 9 &: =

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