Oedenburger Zeitung, 1920. November (Jahrgang 52, nr. 251-274)
1920-11-03 / nr. 251
TO x - Rittwod, 3. November 1900, Dedenburger Zeitung Pr. 2351. — Seite 3. ' Ba8 „SSR: Herbfi-Mastenfeit.“ Aie erste Herbstveranstaltung veranstaltete der hiesige „SSH*’:Sportverein zugunsten einer Pfadfindermannschaft Somntaa, den 31. Oktober) im großen Kartupsaale einen sehr gelungenen Ball. Das Arrangement der ganzen Unterhaltung ruhte in den Händen des Sportimanns Dr. Schwarz, welcher demverdienstvollen Prüfes des Besiger Bereiters Herrn Griebler eine wirkliche Stüge war. Um das Büfett bemühten sich nebn anderen in aufopfernder Weise Die Damen Bummer, Holler und Roözli Mirazel. Für die Mufik sorgte die anerkannt gute Zigeunertapele Böczi und Baräth. Sehr großen Auffang beim Bublikum,welches die ganze Zeit Big dur in glänzendster Zauıe war, fand die amerikanische Auktion, bei welcher ein stattlicher Sundhupf zum Abschlagspreise von 1600 Srymen endlich seinen glücklichen fand. Einem Bedürfnisse der tanzenden Jugend wurde dur die „Weltpost“ Rehmung getragen, zu welchem Zwede imder Verlag dem Bergnügungskomitee, mit Rücksicht auf den wohltätigen Biel, einige Hundert Hübiche Ansichts- Abwesenheit gostharten Kostentos zur Verfügung gestellt hatte. Die Jugend kam jedenfalls auf ihre Kotten und dem gerannten Zwede wird eine ansehnliche Summe zufließen. Wohnungseinschleicher haben in der im SHaule Theatergasse 19 wohnenden, in Spitalbehandlung stehenden Schwägerin der Frau Hermine Bereiter,mittel Nahschlüffel einen Einbruch verübt und Belieivungsfuüche in Hohem Werte entwendet. Eine ‚genaue Absrägung de Schaden‘ konnte bei der gestrigen Gnthecung noch nicht erfolgen, da die ganze Wohnung in Unordnung gebracht war und der Inhalt der Küsten zerfirent auf dem Fußboden herumlag. Die Untersuchungen wurden sofort eingeleitet. Es scheint zwischen den Wohnungseinbrüchen der legten Zeit ein gemilser Zusammenhang zu bestehen. (*) Die Kältewelle. Nach 48indigen SSO-Wind trat in der heutigen Nacht endlich ein Nachtaffen der unheimlichen Kälte ein. Nach dem Temperaturminimum von — 12 ° in der Nacht vom Sonntag auf Montag und einem Tagesmittel von — 3 ° war die tiefste Temperatur von geitern auf heute — 6 °. Mie »oraudzusehen, Löste der Heftige Nordhwind a Nacwirkung einen entgegengelögten Luftstrom aus, der erwärmend sollten jouöte, da er unter dem Ginkluffe des Klimas über dem östlichen Teil des Mittelländischen Meeres steht. Die Kältemeile breitete sich über Mitteldeutschland weiter nach der Schweiz aus und dürfte für ıımd nit mehr in Frage kommen. Die langsame Erhöhung der Temperatur hängt in erster Linie von der erwärmenden Wirkung südlicher Luftströme ab, da die Sonnenstrahlen in dieser Jahreszeit bereits zu schräg einfallen und zu kurze Zeit wirken können, um dem argen Wärmeverlust mettzumachen. Jedenfalls ist begründete Hoffnung vorhanden, daß wir die „Allerheiligenfülte“ bald überstanden haben. Meim riesigen Mangel an erschwinglichen Heizmaterial wäre ein weiteres Anhalten dieser Temperatur eine achte ägyptische Plage für alle, die weder reich, noch fost versorgt sind und zu ihrem Unglückk nichts, rein gar wir sind, also umständige Menchen. Volkszählung. Die für 1920 anberaumte Volkszählung wird auf Anordnung des Handelsministers derart abgehalten, daß als Suchtermin die Mitternacht vom 31. Dezember 1920 auf den 1 Januar 1921 gilt. Die Zählung wird am 1. Januar 1921 begonnen und dauert 10 Tage. Gleichzeitig wird auch eine Zusammenschreibung der Wohnungen und der Anzahl der in jeder Wohnung untergebrachten Personen, endlich aller im Kriege gefallenen oder vermikten Männer vorgenommen. Die Volkzählungsbezirke werden 400—1200 Einwohner umstaffen. Die Zählungslonmissäre erhalten ein Taggeld, das sich nach der Leistung richtet; ed sind vier Stufen vorgesehen mit 30, 40, 50 und 60 Stomen. Gewinnung von Raftanienstärte. Die Raftanienstärke ist wie die Kartoffelstärfe roh und gekocht zu verwenden und ohne Eutbitterung für den menschlichen Genuß verwendbar. Die Gewinnung der Kastanienstärte für den Haushalt it folgende: Die braune Schale wird mit einen fpigen Messer gelöst ı und abgezogen (bei der flachen Seite der Kastanie beginnend). Dieses Entfernen it am besten im frühen Zustande vorzunehmen. Der Kern wird dann auf einer Neibe (Bröselmaschine) zerkleinert und die Maffe mit Maffer übergossen. Auf 05 kg Brei etwa 4 1 Wasler. Nachdem der Brei eine Stunde lang aufgelaugt is, giekt man das Maffer ab uus stellt es Darauf pießt man nochmals Wasser auf ,die faite Maße und läßt dieses unter Umrühren dur einen Durchschlag laufen (Passieren).. Die zurückgebliebene Mensse pießt man mit einer Obstpresse oder anderen Dandpresfe gut aus und läßt diese und die zuerst beiseite gestellten stärfehaltigen Lösungen ebenso wie das aus dem Durchschlag abgelaufene Wasser 24 Stunden stehen (ev. in einem Topf oder Eimer) und gießt dann das Wasser bis auf den Bodenfak ab. Der graue Boden» fag wird geklärt, indem man nochmals unter steten Umrühren M Wasser darauf laufen und 3—4 Stunden stehen läßt. Eventuell wird dies ein biß zimeimal unwiederholt. Stets muß das Wasser völlig bis auf den Bodentag abgegossen werden. Endlich wird die Maffe, die nıun rein weiß ist, auf Tüchern ausgebreitet und zerkleinert. Man läßt am besten Kieselbe an der Sonne und Luft trocknen. Die in der Pfesse zurückbleibenden Trebern geben ein gutes Futter für Schweine und Kaninchen. Die Kalilager im Elsas, die 1904 entdeckt wurden und sich im „Wittelßheimer Boden“, etwa 10 Kilometer nördlic von Mühlheusen bei der Ortschaft Mittelöheim befinden, sind bekanntlich in den Befig Frankreichs übergegangen. Wie reichhaltig Dieselben sind, geht daraus hervor, daß die zwei Schichten, aus denen sie bestehen — einer oberen von 0 8 biß 15 Meter und einer unteren von 37 biß 5.4 Dieter Mächtigkeit — nach Noth einen Vorrat von zirka 300 Millionen Tonnen Reinfall bergen, deren Wert von den Tranzofen mit 50 Milliarden Mark bereitet wird ,und die mit Nachsicht auf den heutigen Verbrauch hinreichen würden, die Welt 250 Jahre lang allein mit Kali zu versorgen. Die Vorräte in den Kalilagerstätten Deutschlands beziffert Noth mit 7 Milliarden Tonnen Reinkali, welche bei gleichbleibendem Berbrau die 6000 Jahre reichen würden. Der Berluft der elsäfftischen Kalilager ist also wohl zu verschmelzen; allerdings wurde dadurch das bisherige deutiche Kalimonopol durchbrochen und wird sich der Berluft dur eine veränderte Preisbildung bemerkbar machen. Kurrende. Die Polizeihauptmannschaft von Steinamanger surrendiert eine Diebin namens Karoline Fleifähnder, die dem dortigen Einwohner Stefan Julidee im Werte von 20000 K zahl. Einziehung des Bolichetwitengeldes. Laut Regierungderlaß Nr. 6922 vom Jahre 1920 werden die dür die sogenannte Räterepublik in Verkehr gelesten Fälschungen der „weißen“ Bankvoten der Defterr.Ung. Bank (27. Oktober 1918) eingezogen und gegen gelegliches Geld zu einem Fünftel des Nominalwertes eingelöst. Für die 200-Itronen- Fälschungen werden 40, für die 20ronennoten 5 Kronen vergütet. Nach dem 11. November hören diese Banknoten auf gewegliches Zahlungmittel zu sein. Die falschen Serien sind bei den 200-Kronennoten über 2000, bei den 25-Kronennoten über 3000. Die Einlösung fand bei den ungarischen Geldinstituten erfolgen; die Defterr.-Ung. ‚Bank ist zur Einlösung dieser Falsifitate nicht verpflichtet. Ab 28. Oktober dürfen die obgenannten Banknoten nicht mehr nach Ungarn eingeführt werden. Banknoten. Die aus anderen Fälschungen zu stammen scheinen und solche, die aus berschiedenen Abschnitten zusammengeflecht erscheinen, oder Spuren von Mortelturen zeigen, endlich bereit. Durlöcherte (entwertete) Noten werden nicht eingeldst. Auflösung der interministeriellen Pressekontrollkommission. Laut Regierungserlaß Nr. 9222/1920. M. €. wird die Pressekontrollkommission, welche zur außerordentlichen preßpolizeilichen Ueberwachung der periodischen Presse auf deren Bitte organisiert wurde, aufgeldst. An ihre Stelle tritt eine interiministerielle Presseinformationskommission. Gediegene Wohnungseinrichtungen in großer Auswahl in allen Kreislagen betreite.‘ Athletik. Das Ergebnis des Wettlaufens des Jugendiumkreisfes der Kal ung. Staatsoberrealschule. 3000 Meter Feldrennen: 1. Sultan Jäger, 2. Ferdinand Dahner, 3. Madär Mühl. 100 Meter Wettlaufen: 1. Jäger, 2. Ernst Rihl, 3. Merander Val. 60 Meter Wettlaufen: 1. Karl Hauer, 2. %. Schmidl, 3 Eugen Schwarz. S Hochspringen: 1. Paul Menghardt, 2. Staat, 3. Merander Päl, « Schwerstwichiswucs,1.Ferd.Dihner, L.Ernst Greitinger,3.Ladiglaus Staar, Gustav Fruchtsäcke und Sackbänder, so auch wasserdichte Wagen- und Cristenplachen. 7., 8. und 9.er Seidengaze für Mühlen .“@nn Hatte die junge Frau wirklich eben Dieses eine Wort ganz Taut und hart vor sich Hingesügt, als sie gerade vor der Friedhofstür aus tiefen Gedanken emporbrechte? Sie wollte aber nicht über Dieses Wort Hinaus. Nur nit mehr jener Tage gedenken müssen, Die der kurzen Krankheit des Kindes, und dem Ende gefolgt waren. Wie sie den Gatten als Mörder angeklagt, wie sie geschrien und gerufen nach ihrem Knaben, und wie do alles so leer und totenstill im Hause geworden. Sie hatte auch den Mann nicht mehr ansehen können, der in wortloser Starrheit neben ihr einherging, und seine Gliderung gegen ihre Anklage gefunden hatte. Und so war's gekommen, Sie ging von ihm, der ihres Kindes Vater gewesen, und den sie lieb, Tieb gehabt Hatte! Ohne Wort und Gruß war sie eines Tages aus dem Hause ihres toten Glücks Hinausgelaufen und zu der alten, wunderlichen Mutter ins M Witwenstüb- Her zurück. » Er holte sie nischtx Er batfiie auch nicht-daß sie wiiederkommeni solla . Warum auch? Gie Hätte ja Doch nit wieder zu ihm zurücfehren können, nachdem sie so, — — — so von ihm gegangen. — — — Es war ein Zittern im der jungen Frau. Sie ging die Eichhofswege wie im Traume dahin. Es waren nicht viele Menschen mehr da. Nur Blumen, tausende von frischen Blumen über den Gräbern. Es regnete still‘ weiter. Lautlos greifte der Frauenfuß die nassen Gräser Die engen, oft von wilden Qaubwers überwucherten Pfade. Es wurde dunster, sie achtete es gar nit. Sie war so müde, so elend von allem Leide. Nun noch den kurzen schmalen Grasweg entlang, dann stand sie an dem kleinen Hügel, der ihr Glück begraben. Die mit Blumen gefüllten Hände der jungen Frau wollten sich erheben und tanzen Doc plölich nieder. Magda schaute si wie verwirrt um. War das wirflich Bubis Grab, das über und über mit weißen Rosen geschmückt und zu Häupten mit großen, tief herniederhängenden Walmenbäumen umstellt war? Ta, zwingen dem Grün rhint,mexte der lichte Stein, auf dem in goldenen Lettern Der Name ihres Kindes eingeprägt war. Die junge Frau tat noch ein paar Schritte vorwärts und ruhte nach einem freien Plägchen für ihre Blumen. Dabei zuchte sie mit Teilem Schrei zurück. Hinter den Balmenbäumen, von wallerden Abends hatten umsponnen, und ein Mann, stand Bubis Vater. Er war totenblaß, und auf Der unbedeckten Stirn lag es wie seine Regentropfen. Darüber aber — die junge Frau konnte es noch deutlich erkennen — Darüber zogen ji Dur das früher so Dunkle Haar weiße Fäden, die dem jungen Gesicht etwas Müdes, Vergrämtes gaben. Frau Magda griff es ans Herz. Sie wollte ihn umwenden und wieder fortgehen und stand Doc wie gebannt vor diesen ersten weißen Haaren.Und so sahen si die beiden Chegatten zum erstenmal nach langen, langen Moden stumm in die Augen. Die junge Frau senfte zuerst den Kopf. Sie mußte plöklich am Grabe ihres toten Anaben niederfaien, und tief, tief das Haupt in die feuchten Blüten pressen. Bei dem leidvollen Antlig des Mannes Da drüben, den sie Tieb, ab, so sehr Tieb gehabt hatte, war es ihr plögisch zum Bewuhtsein gekommen, wie viel schwerer er litt, wie viel mehr er mit dem Kinde verloren hatte. Alle Liebe, alle Treue, Die ihm sein Weib am Altar geschworen, als der Prediger gesagt Hatte: „Deine Freude sei meine Freude, dein Leid sei mein Leid, wo Du hingehst, da will ihm au hingehen, und nur der Tod kann uns scheiden.“ — — Frau Magda schluchzte auf. „Bubi,“ — — tief sie, und doch war es ihr, als mühte sie Heinz rufen, bittend, flehend, immer wieder „Heinz“ — Er stand auf ihm neben ihr. Er legte die Hand auf ihre Schulter, so daß sie fühlen konnte, wie seine Finger echten. „Steh’ auf, Magda, — — — Mu erfältert Sich) auf der nassen Erde.“ Sie schüttelte den Kopf. Es kam aber bei seiner Bürsorge wie ein stiller, süßer Irost über ihre einsame Seele. „Steh’ Du auf,“ bat er noch einmal. „Das Kind will’s gewiß nicht, daß seine Mutter weint. Ich wünschte, ich könnte cu weinen, Magda.“ Seine Stimme wurde Heiler. „Tränen wären gewiß wie eine Erötung aus all’ der furchtbaren Pein, der furchtbaren Anklage, Die du gegen mich erhoben.“ Sie richtete sich empor und umflammerte seinen Yım. „Rein.“ Ich fuhzte sie auf, „nein, nein, ich Hab’ *ja nicht gewaht, was ich damals zu dir sagte, Heinz, — — ach Glaub's mir, dieser Gedanke in Heinz, ich bin ja wie irre in meiner Verzweiflung gewesen.“ Er lächelte trübe: „Vielleicht hattest du an veht, Magda! Vielleiht Hätten wir Das Kind noch, wenn ich vorsichtiger gewesen wäre, furchtbarer, als alles Leid um den kleinen Schläfer, den ich Heut zu Mllerseeler mit Blumen überschütte, als könnten meine Schuld tilgen, als“ — — Sie unterbrach ihn. Etwas in seinem Antlig ließ ihr Herz erzittern, undsie konnte gar nicht anders, als mit leisem, leisem Finger über die Furchen treiben, die in diesem Antlig waren. „Wenn Du mich wieder Tieb Haben könntest — — Heinz — — wenn wir gemeinsam juhten zu veraeilen,“ — — stammelte sie haltlos. Er stand regungslos und hielt Die Augen geschlossen, da ihre Hand so wei und heimlich darum rührte. „Wenn du das wohtest, Magda, wenn wir wieder neun hoffen, neu Lieben und neu leben könnten“ — — — Sie nikte unter Tränen. Durch den dammernden Novembertag kam es zwischen den geschmückten Hügeln daher, kam es wie fleine, trippelnde Fükchen, wie ein blondes, vertrautes Kindertüpfchen, das ein Lächelm um die Lippen hatte. — Sie sahen es beide wie eine Vision am Allerseelentag. Und sie standen Herz an Herz ad wuhten, daß über dem Vergangenen das junge Leben emporwächjst und über den Gräbern neues Glük und neues Hoffen aufersteht. i sind zu haben in der Teppich-, Vorhang- u. Kotzenhandlung Gustav Schöll’s Nachfolger Geza Banlı :Sopron, Grabenrunde wog. an « »« . « «;xg.«:«kE-·E-J«Mw.'ss