Oedenburger Zeitung, Mai 1921 (Jahrgang 53, nr. 98-120)

1921-05-01 / nr. 98

Sonntag, 1. Mai 1921. Amerika und der Friede. NB Washington,­­30. April. Im Senat begammen die Beratungen über die Resolution des Senators Knorr betreffend den Kriedensichluß mit Deutschland. Senator Ster­ling stellte einen Zufußantrag, daß der Kriedensichluß mit Deutschland seinesfalls die Forderungen der Alliier­­ten in der M Wiedergutmachungsfrage be­­einträchtigen dürfe. Senator Zodge suchte Sterling zur Zurückziehung eines Antrages zu veranlassen, da eine Vek­nüpfung der M Wiedergutmachungs­­frage mit dem deutschen­ Friedensschluß eine schlechte Politik sei. Nelson be­­tonte, daß die Abstimmung über Die Resolution KAner Deutschland zum Widerstand gegen die Alliierten ermuti­­gen würde. Amerikanische Hilfe für Oesterreich. "Drehb­ericht der „Dedenburger Rettung” NE. Berlin, 30. April. Aus New Yort wird gemeldet: Hoover, der während seines europäischen Auf­­enthaltes persönlich die Unmöglichkeit Desterreichs feststellen konnte, in den im Friedensvertrage festgelegten Gren­­zen wirtschaftlich zu existieren und die erste Hilfeleistung für das gepeinigte Land organisierte, hat, nachdem er jett unter Harding zur Macht gelangt it, in Aussicht gestellt, daher Deutsch- Österreich die für einen viermonatlichen Bedarf ausreichende Mehlmenge von 200.000 Tonnen und einen gemilsen­ Be­­trag bewilligen werde. Mit dieser amerifaniigen Hilfe fann­ Deutschöster­­reich vor dem Zusammenbruch jei­es Ernährungswesens, der für Ende Mai bevorstand, gerettet werden. « qullilåudifåle klillelhefuiktiente Dtadtbericht der·,.D,ed»mbutget8ettung«.i­SB. Wien, 30. April. Die Finanz­­kommission des V­öl­erbundes bat der der­ reichischen Regierung ein Memorandum überreicht, welches die Bedingungen enthält, unter welchen Oesterreich eine­ ausländische Anleihe zur Steigerung de Wertes der österreichischen Krone erlangen­ann. Die Kommission verlangt, daß die Österreichische Regierung weitestgehende D Vorkehrungen hiefür treffen solle. Die österreichische Re­­gierung hat nach Empfang des Memoran­­dums ein großzügiges­ Projekt zur Sanie­­rung ausgearbeitet und trat mit den Füh­­rern der politischen Parteien in Fühlung. Unter den geplanten Vorkehrungen befindet sie die Abstempelung der Banknoten, die Reduktion der Ausgaben der staatlichen Unternehmungen, eine zweiprozentige Hypo­­thekaranleihe auf die Mobilien und Im­­mobilien zwece Garantie der ausländischen Anleihe, ferner die Reduzierung des Be­­amtenstandes und die vorläufige Weglassung der Gehaltsregulierung der Staatsbeamten. Die englische Bergarbeiterbewegung. Wrachtber­ant der „Debenburger Hertung ; NB. London 30. April. Die Bergleute haben es abgelehnt, mit den Grubenbe­igern weiter zu verhandeln, da sich diese weigern, die Frist zu ver­­längern, während welcher sie auf ihren Gewinn verzichten. Die Regierung hält außerdem ihren Standpunkt aufrecht, wonach es unmöglich sei, den Gewinn in eine gemeinsame Karse fließen zu lassen. * SB. London, 30. April. Der Borfigende des Handelsamtes Sir Ro­­­bert Horne erklärte im Unterhause, die­ mit­ dem Bergleuten eingeleiteten Verhandlungen seien bedauerlicherweise, trot des Hochherzigen Angebotes der Re­­gierung gescheitert. Er könne nicht hof­­fen, daß die Arbeitseinstellung, die, wie sich jet Herausstellt, politische Ziele verfolge, bald ein Ende nehmen wird. Die Wahlen in Fiume. SR. Fiume, 30 April. Das Er­­gebnis der Wahlen ist folgendes: In der Stadt selbst erhielt Die Autonomi­­stenliste Zanellas 4800, die Yas­­zistenliste Groljics 350 Stimmen. In den Gemeinden der Umgebung fielen 1600 Stimmen auf Zannella und 1063 Stimmen auf Groljics. Im der Stadt herrscht bereits Ruhe, in den Straßen marschieren italienische Wipint und ganze Kompagnien Karabinieri. Alle öffentlichen Lokale sind gesperrt. * To EEE ER x RE­ERS Tr SE TELLER NEE EDEN TERWEOSTEUEN. se a en > ee se Dedenburger Zeitung Noch ein Beitbild. Es gibt in der Zeughausgasse Nr. 3 ein Haus, das durch seine, seit Jahr und Tag bestehende, notorische Ruimenhaftige­keit nachgerade zu einer der vielen­ ent­­mutigenden Sehenswürdigkeiten der Stadt Oedenburg gehört. Aehnliche Häu­­ser befinden ss auch im Wirtschaftsbür­­gerviertel, z. B. Schlippergasse 18. Die „Wohnungsnot“ ist da immer eine will­kommene Ausrede der Behörden, wenn es heißt, für Familien, die in solchen Häusern wohnen, dann für Kellerge­­ilogbewohner mindesitens eine für bes­­sere Haustiere bewohnbare Räumlichkeit oder einen Waggon als Obdach zuzumes­­sen. In Höhlen, die wir heute gesehen haben, würde sein Agrarier jemals sein Vieh halten, bei uns werden Men­­schen darin gelassen, nicht vorziehen wollen, im Freien zu tampieren. Zu gleicher Zeit gibt es aber in Oedenburg eine erfledliche Einzahl von Wohnungen, die für die darin wohnende Partei ganz bedeutend zu groß sind, weit über das in der neuen Wohnungsver­­ordnung vorgeschriebene Maß hinaus. Um diese Himmelschreiende Ungerechtig­­keit etwas zu vertiefen, versprach man schon des öfteren, die überzähligen Räumlichkeiten grober­ Wohnungen zu requirieren. In Mehrheit geschah nichts, rein gar nichts. Sene überirdische Macht, die es da­­rauf abgesehen hat, die Drangsalierung der Kriegsarmen durch Menschen noch mit Elementarkatastrophen zu krönen, um sire im Wege des Verzweiflungsselbst­­mordes einfach und ohne Geschrei aus dem Leben zu schaffen, jene geheimnis­­volle Macht ließ seit einigen Tagen eine Reine Sintflut herniedergehen. Wir können uns nicht versagen, einige „N Re­­genbilder“ aus den genannten Höhlen des Sommers unseren Leiern vorzu­­führen. Zeughausgasse 3. 1. Eine quadratische düstere Kam­­mer, duch ein völlig­ finsteres Loch, „Küche“ genannt, zugänglich; im „Zim­­mer“ Dieser „Mahnung“ sind Töpfe, Ströge, Schaffel und aufgestett, in D diese Gefäße tüpfelt, tropft, rinnt das M­aister von der ge­wölbten Decke. In der „K­üs­te“ haben neben dem Herd und einem Kasten ganz knapp noch drei Stühle plaß, auf jedem fißt ein Mensch, Vater, Mutter und die vierzehnjährige Tochter. Sie weinen vor Erschöpfung. Die ganze Nacht verbrachten diese Leute jigend. Das vierte Familienmitglied, der zwan­­­zigjährige Sohn, it bereits im Friedhof, das glücklichste unter den vier Opfern dieser Gifthöhle. 2. Gepflasterter Vorraum. Aus den Jugen­der zum Zimmer füh­­renden geschlossenem Tür kriefelt das Master und überschwenkt das P­ilaster. Im ersten Zimmer Schaffel, Tröge usw., in und neben die das Wasser von der­­ Dede vinnt. Der &ı « «odenwhaxieH­ nst mit Steinparfetten belegt, der Werm hat den schwimmen im See, der si an sie Längst erweicht. Die einzelnen Brett­ 4 ihrer Stelle am Fußboden breit macht.­­ Die Möbel sind übereinandergestellt. Die Dede it mit einer Tapete überzo­­gen; an einer Stelle löst sich das Papier Dütenförmig los: ein ganzer Sturzbad) ergießt so auf den unglücklicherweise in der Nähe stehenden M­äschefasten. Das zweite Zimmer rechts it ganz ausge­­räumt. Hier sind auch feine Gejäche mehr aufgestellt, ein plättchernder See mit herumgondelnden Parkfettenreiten. Das dritte Zimmer links, die eine Yaus­­ede, gleichzeitig Zimmerwand, droht einzustürzen. Durch Haffende Riffe flieht Regenwasser herein. Meiter rückwärts die Betten. Wuf Diefen Teller und Schüj­feln, in die von der Dede Majfer tropft. Nebenan ein Fückenähnlicher Raum, gepflastert, die Wände und die Br ganz Durchnäht, es regnet auch ter. So sieht es im Hause Zeughausgai­e Nr. 3 aus. Die Baupolizei hat zwar schon längst die Delegierung angeordnet, aber das MWohnungsamt weit seine Wohnung zu. Das Bauamt hat bereits vor MWokhen Baumeister Boor mit den Reparati­­onsarbeiten, Die der störrige Wiener Hausherr nicht vornehmen lassen will, betraut, bisher wurde‘ jedochh erst Der eingebrochene Dachstuhl vermessen .Das M Wohnungsamt gibt dem verzweifelten Parteien den Rat, ins Asylwoh­­nen zu gehen! (Und die Möbel?) Schlippergasse 18.­ ­3. In der Schlippergasse Nr. 18 ist­­ die „Mahnung“ in ein Walserboden ver­­wandelt. Man hat alles ausgeräumt und bei der Nachbarschaft — dort gibt es noch mitleidige Nachbarn — unterge­­bracht. Die Partei hat sie ebenfalls zu Nachbarn geflüchtet. Sonst wie unter 1. Es war zu viel! Die Nerven hielten die Besichtigung non weiterer Jammerstät­­ten nicht aus. AU dies war zu sehen am 29. April des Jahres 1921 nach Christi Geburt in der königl. ungarischen Frei­­stadt mit selbständigem Munizipalrecht Oedenburg, ohne daß sich Deswegen nur irgendjemand aus Reue oder infolge Gemeil­enshilfe erhängt oder erschollen hätte. Jeder Kommentar hiezu müchte destruftiv wirken. Wir lassen ihn daher lieber weg, wenn Diese es. wma­­­ ie -. . -------------- EHI! 316 Kronen. Ein Lehrer mit 33 Dienstjahren erhält vom Staat jage und schreibe 316 Kronen monatliche Pension, das sind 10 Kronen 50 Heller pro Tag. Gewiß, unser Staat ist arm, bettelarm. Aber als Finanzminister würde ich nicht nur trachten, die Krone zum Steigen zu bringen, sondern auch, daß jene Leute, die dem Staat zeitlebens ehrlich und treu gedient haben, vor dem Verhungern bewahrt bleiben. Und was mich betrifft, würde mir Herr Hegedurß noc­h vielmehr imponieren, wenn er außer einem anhaltenden Steigen der Krone auch noch verkünden könnte: „Ich habe erreicht, daß alle Beamten, Lehrer und sonstigen Staatsange­lten, Be fie nam noch Dienst leisten oder bereit u­mstänbter sein, wenigstens halbwegs die Be­­zahlung bekommen, die sie vor Hunger und äußerster Not jringt, die sie nicht zwingt, im ihren alten Tagen den Straßenkehrerbesen in die Hand zu nehm­en.“ Ich Bin der festen Webterzeugung, daß eine Solche Erklärung ‚unseres Finanzministers den Wert unserer Krone ungleich mehr steigern würde als alle seine finanzpolitischen Maßnahmen, die ja recht ant sind oder sein mögen, von denen jedoch nie­­mand abbeigen kann. Was nitz e& dem alten Lehrer, daß der innere Wert der Kzone ji von Tag zu Tag hebt, wenn er seine hat? Ich muß ehrlich sagen, ich besige viel Lieber eine Anzahl uinderguter Szenen als Seine, aber dafür gute Und ich­ glaube, ich bin mit dieser Auf­­fassung nicht allein. · Dr.Bulldogg. Der 1. Mai (Sonntag). Rogate. —. Katholiken und Protestanten Philipp, Jakob. — Gedenktage: 1213 Rudolf von Habsburg auf Schloß Limburg geb. — 1872 Er­­öffnung der Kaiser-Wilhelmsuniversität zu Straß­­burg. — 1878 der englische Afrikaforscher David Lipningstone am Baungiveolosee in Afrika gest. — Soinenaufgang 4 Uhr 44 Min., Unter: 3,2 Up 11 Min. — Mondaufgang 1 Uhr 38 Min. nachts, Untergang 12 Uhr 8 Min. nach. : Es weiß eins Beileres, als sic_nach getaner Arbeit nur eine gu­te­ und flott redigirte Leithrung über die Greigniffe des täglichen Lebens Bericht erstatten zu lassen? — Sicherlich niemand! — verbreitete, meistgeletenste Zeitung Die allgemein beliebte, und­­ überall von ganz M­eitungarn ist mir die „Gedenburger Zeitung“ Daher hat sie auch allein weit mehr Abonnenten, als alle übrigen in Meitungarn in deutscher Sprache erscheinenden Zeitungen zusammen. Probenummer gratis! Bestellungen nehme tei ® entgegen Die Geschäftsstelle: Grabenrunde 72 und­ die Verwaltung: Denk-PInk 55 sowie sämtliche Trafifen in Dedenburg, II - Der 2. Mai (Montag). Als besteingeführte, altrenommierte Disenhandhıng empfehlen sich an Friedrich Langs Nachfolger Sedenburg, Grabenrunde 65. Telephonu 114. Todesfall. Am 29. d. M. starb die Witwe Elisabeth Graf geb. Kreiß im 77. Lebensjahr. Trauungen. Heute Samstag fanden folgende Chefkriegungen statt : Weingärtner Marimillian Moderer mit Susanne Kappel und Oelonom Ladislaus ILI­ rei mit Witwe Marta Yartaz geb. Ratsfay, Tochter des Professors Stefan Ratstap. . ‚Personalnachricht. Polizeihilfston­­sipist Dr. Zosef Iv­antovits, der von­ seinem Bosten als Sekretär des früheren Bezirksoberpolizeihauptmanns in Steinamanger nach Oedenburg verl­­egt wurde, hat vorgestern seinen Dienst in der V­erwaltungsabteilung der hiesi­­gen Staatspolizei angetreten. Dr. Iohn­­fopits hat den Dienstpreis des Polizei­­rates Dr. Bela Nagy de Felli— bisE übernommen und werden sein drittmaliges­­ Erscheinen in Oedenburg all seine zahlreichen Freunde und Be­­kannten mit ungeteilter Freude be­­grüßen. — Obergespan Dr. Stephan v. Ssemberg trifft Heute aus Budapest in Debdenburg ein. — Bürgermeister Dr. Michael Thurner um Bitbürgermeist: Dr. Andreas Schindler sind heute vor­­mittags aus Budapest, wo sie wichtige politische und wirtschaftliche Verhandlugen geführt haben, in Oedenburg eingetroffen. — Polizeitonzipist Eugen Zareczty ist heute in Dienstangelegenheit­­ nach Stein­­amanger gefahren. —­ranz Szijjarto, der Bräses der Steinamangerer Fußball: EBFegh­len ie moon in Oedenburg Katholiken: Athanasius; Protestanten: Sigis­­mund — Gebenstage: 1668 der erste Friede zu Aachen beendet den Devolutionskrieg. — 1729 Katharina die Zweite, Kaiserin von Rußland, geb. — 1915 Durchbruchsschlacht vor Gorlice- Tarnow. — 1919 Beginn der Friedensverhand­­lungen zwischen Deutschland und der Entente in Versailles. — Sonnenaufgang 4 Uhr 13 Min, Untergang 7 Uhr 12 Min. — Mondaufgang 7 Uhr 59 Min nachts, Untergang 1­hr 97 Min. nachn. etut, um bezüglich der des STR. und des gegenseitigen Anzeige en M­er­at die Untersuchung zu führen und, falls möglich, zu einem Abschluffe zu bringen. ‚ Die Maiandacht in der Dom­­kirche wird auch in diesem Jahre in der üblichen Weise abgehalten, und zwar an Sonn: und Feiertagen um 4 Uhr nach­mittags, an Mocentagen um '/,6­hr nacmittags. An den Sonntagen und jeden Dienstag ımnd Donnerstag findet eine ungarische Predigt statt. Nachnahmesendungen. Der Han­­delsminister hat eine Verordnmng erlassen, wonach im Inlandsverzehr Nachnahme­­sendungen bis zu 10.000 Kronen nachge­­nommen werden können. in m er San a. ETF a en REN ’­­. * = Ä a > a « si 3 »: ve] or Dr BU ET ER Fi . g-k-FE-——.ig-s-s:«ss««se·««-3.-k -«,-. ERBET RER EN .·­.. . & RE . 4 Ka # re ZA i sk

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