Pester Lloyd - Abendblatt, August 1855 (Jahrgang 2, nr. 178-202)

1855-08-08 / nr. 184

Mittwoch, 8. August. Nro. 18%. SAS Za see Se S N! HE Ar / un­­ ARE Del, 1855. Abendblatt des Pefier IX Rußland und die Legitimisten. Ein gestriges Journal, so lesen wir im „Constitutionnel“ vom 5., ver­öffentlichte eine Korrespondenz aus Bayonne, in welcher man sich über die strengen Maßregeln beklagt, welche die französische Regierung gegen die spanischen Tarlisti­­schen Flüchtlinge, bei Gelegenheit ihrer legten Aufstandsversuche in Navarra und Katalonien, ergriffen hat. Die Regierung Ihrer katholischen Majestät verlangte von der französischen die Internerung und V­erweisung einer Anzahl von Flücht­­lingen, die von französischen Legitimisten unterstüst, auf französischem Boden an einer Schilderhebung der spanischen Grenze arbeiteten. Bei den Schritten, welche die französische Regierung in Folge dieses Verlangens gethan hat, wurden in den Wohnungen verschiedener Flüchtlinge Schriftstücke aufgefunden, welche die Tendenz der vorgehabten Bewegung verrathen, und unter denen umstreitig folgender Rapport an den Grafen Montemolin von besonderem Interesse ist. Dieses Dokument ist aus London 24. November 1854 datirt: „Ich bin seit drei Tagen sehr verschnupft, hoffe aber zu genesen, sobald die Sonne zum Borschein femmt. 34 hatte die Ehre Se. H. zu sehen, die ich bei besserem Befinden traf, als man mir es glauben machte. Ich habe auch den General G. (Gabrera) ge­sehen. Aber bevor íg von dem spreche, was diese Herrn betrifft, will ich Ihnen über die Mission des M. d’Escars Nechenschaft geben. Dieser und ein gemiller Chapot stellten sich mir ‚vorgestern vor, und M. d’Escard erzählte und sein Zusammentreffen mit G­or­­tshakoff in Wien. 34 leß ihn diesen Bericht wiederholen, um ihn auswendig zu willen, und um ihn Ihnen mitzutheilen, wie ich Dies hier auszugsweise und in der Form des Dialogs thue, damit Sie in die Sache besser eindringen. VEscard. Mein Fürst, ich komme vom Grafen Montemolin, um Ihnen diesen Brief für den Satier zu übergeben. Es ist eine Bestätigung der Unterhandlung, welche mit Ihnen für den Grafen Chambord eingeleitet worden ist. Gortshakoff. Vergebung, Herr Graf, wenn ich Sie unterbreche, aber­ in die­­sem Beginn sind zwei Fehler. Graf Chambord hat mit mir gar nicht gesprochen. Der Herzog de­r....­ hat ich mir vorgestellt, und mit mir von den Angelegen­­heiten Spaniens, abs einer Sache, die ihn persönlich berührt, gesprochen. Aber was er mir sagte, hat nur den Charakter einer Konversation, ohne daß man derselben den einer Unterhandlung beilegen konnte, weil ich in dieser Beziehung Feine Ermächtigung habe. Descars (ein wenig überrascht, weil man ihm gesagt hatte, es sei der Graf Shambord gewesen, und weil er in dieser Mederzeugung gesprochen Hatte), Wie Sie wol­­len, mein Fürst. Aber um dieser Konversa­tion mehr Nachdruck zu geben, und um Die von Gabrera gegebenen Details zu bestätigen, schreibt der Graf Montemolin dem Kaiser. Gottscharoff. Ich weiß nicht, ob ich diesen Brief übernehmen sol. Wissen Sie, was er enthalt? DEscard. Gemwiß nicht, aber ich vermuthe, daß er die Bestätigung der Note des Generald Gabrera enthält, damit der Kaiser an deren Inhalt nicht zweifle, um ihm die Situation Spaniens rar zu machen, und um ihn zu überzeugen, wie vortheilhaft für Rußland eine Diversion wäre. Gortschakoff. 34 übernehme den Brief, aber nur aus Höflichkeit, und nichts weiter. Verstehen Sie d53 wohl, Herr Graf, und 1% bitte Sie, dies weiter mitzutheilen. Unstreitig wäre eine Diversion in Spanien sehr un sich. Aber die Details, welche man mir gegeben hat, sind sehr vage, und der Satfer kann sich nicht in einer Affaire kom­­promittiren, die vielleicht nur Strobfener is. Die Parteien machen sich sehr viele Fu­­sionen, und halten das gern für wahr, was sie wünschen, D’Edoard. Das ist möglich, aber die Lage Spaniens ist genug bekannt, als daß zu fürchten wäre, die Sache, für welche man die Unterstüßung des Kaisers verlangt, sei nur Strohfener, und mit einigen Millionen konnte man das Gelingen derselben her­­beiführen. Ach gebe voraus, der Kaiser werde die erste Note erhalten haben, und viel­­leicht haben Sie irgend eine Antwort erhalten. Gortscharoff. Sie missen, daß Rußland mit ganz Europa in einen Kampf verwidelt ist, und daß er daher all’ seiner Neslourcen bedarf. (Nichts über das an den Kaiser gestellte Verlangen.) DEscard. Gewiß, Fürst, aber aus dem Grunde, aus welchem Sie Hunderte von Millionen ausgeben, könnten die fünf, jede oder sieben, deren wir ‚bedürfen, auf Ihre Angelegenheiten Teinen Einfluß haben. CS scheint, daß der Kaiser die fraglische Note gesehen haben muß, und vieleicht künfte man seine Absichten hierüber erfahren. Gortidatoff. Es ist Har, daß eine Sache wie diese zu seiner Kenntniß ge­langen mußte. Aber ich Habe Feine Sufteuition, und wie ich Ihnen bereits gesagt habe, ich wünsche, daß Sie unsere Konversation wiederholen, und daß Sie sagen, ich hätte Ihren Brief nur aus Höflichkeit übernommen; wiederholen Sie Ihre Details und diese Konversation als Fingerzeig, und ohne einen andern Charakter­ gut wäre, Chambord, Moline und der Berry zu schreiben, und sich in ihrer Stadt mit den vorzüglichsten Persönlichkeiten zu verständigen, um zu sehen, ob man­ Ew. Majestät helfen könne. Man kann es thun, ohne sich zu kompromitteren, wenn der Zwei ist, einen 7­D-Escars glaubte, es sei unnüg weiter zu beharren, und er kam nach London, um es Gabrera zu jagen, der mit Ungeduld martete, weil die ersten Nachrichten, die man ihm gefettelt hatte, und welche d’Escard ihnen mitgetheilt haben muß, ihn zu folhmeich­­terischen Hoffnungen veranlaßten, welche indeß diese Konversation nicht bestätigt hat. Da er mich hier­ traf, beauftragte er mich, ihnen davon Kenntniß zu geben, weil er nicht Zeit hatte, und weil er sogleich wieder abreiste. Nach dieser Erklärung sprach man im Allgemeinen von Geldangelegenheiten, es jeeint, es­ sei seine Möglichkeit, welches zu er­halten. Idh fehte dann Ihre Idee auseinander, si mit dem Infanten, Chambord, Mor Iume, Gabrera­­c. jeder nach seinen Kräften zu stifiren, um die Grundlage eined Stamm: Tapitald zu Schaffen. Was mich betrifft, so glaube ich, daß dies gegenwärtig der für­­zeste Ausweg ist, den Sie haben. Außerdem ist noch der Umstand zu berücksichtigen, daß die Herren in Paris und hier, und besonders Chapot, der ein verständiger Mensch zu sein scheint, glauben, es wäre nicht unmöglich zu unterhandeln, sobald man einen ersten Fond hat. Demzufolge haben wir ihnen sehr stark empfohlen­,dies bei dem Grafen Chami bord geltend zu machen­,obwwohl sie sa­gen,er könne nicht vielthum weiter seine Fonds engagirt ha­be.Da ichmn di­ssem Au­genblicke keinem­inderen­ Au­sweg sehe,als bis die Vorsehung uns einen­ andern bietet,so m­ußiniin au­f den einen hin­arb­eiten­,sin­d indem ih­m eine Meinung der Approbation Em. Majestät unterbreite, so glaube ich, daß es vertrauenswert den Rangster zu finden, bei welchem man die Fonds depontrin wird; bei dieser Gelegenheit dürfen nur die Namen Em. Majestät, der Infanten und dee Grafen de Morella zum Dorschein kommen. Mit diesen respertablen Namen und den vereinigten Fonds hofft man, so runterhandeln zu können, daß man auch etwas mehr erhalten wird. Die Franzosen sind übereingenommen, daß ihr Name nicht genannt werden darf. Indem ich mit diesen Herren die drei Hauptfragen, Die mir anvertraut wurden, verhandelte, stellten wir dieselben in folgender W­eise fest: . 1)Halten sie es si«"n­ den­ Augenblick nicht für nothtwendig,daß Ew.Majestät Neapel verlassen­;aber Sie müssen zur Abrede bereit sein,sobald dies nothwendig ist, sei es öffentlich,sei es geheim­. 2)Weis das Geld betrifft,so haben sie Nichts gethan­,und Alles,was sich hieri übersagen läßt,hasbet el)weiter oben au­sführlich entwickelt. 3)In Betreffdi­ss­en­,was sich in Spanien­ oder im Au­slandet­iinläßt,so m­u­ß man"sich im J­ilan­de,bis miin Ressourcen hat,gut organisiten,ehe der Tanz losgeht. Ich habe Cabrera ersuch­t,mir Leute zu bezeichnee i,welche die nöthigen Eigenschaften be­­sitzen,um an die Spitze der Provinzen gestellt zu­ werden-Er hat nu­r versprochen, daran zu denken und mir Vorschläge zu m­essen,sobald er passen­de Individuen gefunden haben werde. · In­ einem,vom Grafen v.Mon­tem­olin selber unterzeichneten und eben­falls saifirten Briefe las m­an:,,Cabrera wird Dir,wenn­ an ihn siehst, sagen,welchen Nu­tzen man aus Rußland ziehen zu­ kön­nen­ glau­bt.«t Angesichts dieser Dokumente wird man,statt die französische Regierung der Härte anzuklagen,wohl eher ihre Langm­u­th gegen die spanische­n Flüch­ itli­nge bewundern und besonders gegen Fran­zosen,die an nichts weniger gearbeitet haben,als an­ einer Diversion zu­ Gunsten­ Russ­lands jenseits der Pyren­äent­s Telegraphische Depeschen der»­Oesterr.Korrespondenz.«« Triest,6.Au­gust.Gestein Nachmittag wütdete hier ein orkani­rtiges unwetter eine halbe Stunde lang.Die Schiffe waren in großer Gefahr.Am Molonelscileveri sank die griechische Brigan­tin­e»Demetrio«.Die Ketten einer amerikanischen Barke und einer spanischen Brigg im Lazaretbassin sin­d gesprungen,letztere strandete.Größere un­d kleinere Schiffe sind m­ehr oder weni­ger beschädigt.Der vom­ Hafenamte bereitwillig ge­­leistete Beistan­d verhütete größeren Schaden. Triest,7.Augu­st.Sonnaben­ds wütdete der Sturm längs desztrianer Wests­küste.Bei Fissana sind ein Trabakel sind zwei Barken,bei Rovigno vier Trabakel un­d zwei Lootsenbarken,bei Parengo ein Trabakel,bei Cu­gnetto eine griechische Brigg an den Strand gerathen­.Viele kleine Watten sind zerschellt,Olivenbäume entwurzelt.Glück­­licherweise ergab sich nirgends ein Verlust an­ Menschenleben. Madrid,4.Au­gust.Die»Gazetta di Madrid«dementirt das Gerücht,daß den Gesandten der Westmächte eine Note Spaniens zugestellt worden sei-worin­ dieses dem Bündnisse der Westmächte beizutreten sich bereit erkläre. Aspest,8.August.Was die neuen Friedenshoffnungen und die angebliche Reise des Generals Letang bettrifft,so kön­nen wir­ einstweilen Nichts weiterthi­n,als unter Paris un­d London die verschiedeen­, darüber kursirenden Gerüchte mittheilen­.Gloße Fabeln sin­d sie keineswegs; dennau­ch aus Wien schreibt man uns,daß Letan­g nach der Krimin reisen, s­nd vielleicht seine Rou­teübschiennehm­en werde.Die Berlin­er,,Kreuzzeitung« erfährt ü­ber diesen Punkt au­s offizieller Qu­elle: Der Graf von­ Nesselrode hat in einer Note dem österreichischen Kabinet s eine Anerken­­nung für dessen Bem­ühungen­ den­ Frieden herbeizuführen ausgedrückt,und gleichzeitig sehr deutlich zu­ weis stehen gegebei,das Nu­ßland den österreichischen Vorschlag angenom­m­en haben würde,daß es sogar jetzt noch bereit sei,ihn in ernstliche Eismägung zu­ ziehen.Die Existenz und dehnhalt dieser Note ist dem­ Horm­io.Boiiiqu­eneh in offiziöseis Weise m­it getheilt wor­­den;eine offizielle Kontim­inikation hat aber nicht stattgefu­nden Für die Gen­au­igkeit dieser Angabe könneni­ir bü­rgen­,und nicht weniger dafür,dass andemn Gerüchte,der Genemchs lang werde nach Wien zu­rückkehren,du­rchau­s ni­chts Wahres ist. » Auch die,,Bi­esl.·3.«erh­ält aiis Berlin Nachr­ichten,die für die neuen pazifikatorisch­en­ Bestrebungen Österreichs nicht u­n­gü­n­stig lauten: Oesterreich denkt,das Ziel des eu­ropäischen F­-icd­ ns sowohl du­rch eine neue Ents­wickelungseinc­iolom­atie,alsoiuc­­ du­rch­ eine gesteigeiste Position des deutschen Bundes zu erreichen.In der ersteten­ Beziehung erscheint da Verhältnis zw­ischen Oesteerreich und Frankreichrorbhdeu­tung.Man­ sieht sogar nun erweisen,die Situas­tion­ wesentlich bedingenden Kundgebung der fran­zösischen­ Regieru­ngiin­.,Mon­tolii­«entgegen, sind glau­bt,daß die Aufnahm­e,welche n­eu­e Vorschläzie Oesterreichs in Paris gefunden oder zu­gewärtigen­ haben,sich das«in bereits m­aßgebend zeigen würde. » » » Ueber Versu­che zur Stör­un­g der westm­ächtlichen Allianz schreibt man der,,D.A.Z.«aus Paris: Gewisse Gesandte in Madrid b­aten Alles, Frankreich, um es mit England zu übers­perfen, zu einer Intervention in Spanien zu bestimmen: freundschaftlich: Borstelungen des Londoner Kabinetes genügten zur Beseitigung des Projektes. Dann suchte man Napoleon zu überreden, bei der legten Ministerfrisis in Piemont als rittliger und absoluter Fürst seinen Einfluß dahin zu verwenden, daß ein Ministerium der Rechten zu Stande fine. Statt­dessen boten die Vertreter beider westlichen Großstiaten in einer besonders ihnen bewilligten Aupdienz­­es auf, um die Wiederernennung Bavour’s durchzufegen. » » Was Spanien­ betrifft,so h­at die fui­­ i­esische Regierung im dortigen Kabinett ihre fortgefegten Dienstleistungen angeboten: die Nachrichten von Car­breras Ankunft in Antalonien war falsch. Olozaga wurde am 5. vom Kaiser in Paris empfangen. In Hannover hat eine königliche Proklama­tion vom 4. August alle in dem Bericht des Bundestagsausschusss getadelten Bestimmungen der Verfassung von 1848 auf umd jeßt an ihre Stelle die Bestimmung­­ der Ber fafsung vom 6. August 1840 wieder z­­ntraff. Die Niterschaften werden Das durch wieder in den Beleg ihrer vollen­ Rechte gefett. Der Kön­ig von Preußen wird seinen Aufenthalt in Erdmannsdorf aus Gesundheitsrück­sichten mindestens bis Mitte August verlängern. Graf Cham­boro erwartet in Frohedorf die Besuche mehrerer angesehener Legitimisten. Vater Andern sollen der General Lislo und Legrennee dahin­kommen. ;

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