Pester Lloyd - Abendblatt, September 1857 (Jahrgang 4, nr. 198-222)

1857-09-19 / nr. 213

Eises­»Hät­­Die einzelne * Redaktiong- Bureau, Do­­ ! 1 tr. EM. Ri Det 8k Abendblatt Des Vefter I loyd. zig: eríten Stod, KH Hk Nummer foftet ——-u Jiro, 213, Peft, 1857. Samftag, 19. September. Politische Rundschau, 19. September. In Indien gehen uns heute sowohl satttige Details als unbefangene Kom­­mentare zu. Den vorgestern in Triest angelangten ausführlichen Berichten von Bombay, 15. Aug. und Kalkutta, 8. August, entlehnen wir nach der „Liriester t“." Folgendes: „An der Spite der Ereignisse glänzt vor allen General Havelod. Er legte mit seinen Truppen in acht Tagen 126 Meilen zurück, flog Nana Sahib’s an Zahl weit überlegene Schaar in 4 Gefechten und nahm derselben 24 Kanonen ab — unter dem brennenden Himmel Indiens im Juli! Als er am Morgen des 17. Juli in Camwapore einmarsch­te, bot sich ein sehrer­­les Scauspiel dar. Dieser Ort, eine der wichtigsten und blühendsten britis­­sen Stationen in Dostindien,­ wo sich angesehene Kaufleute, zahlreiche in der Nachbarschaft begüterte britische Tamilien , und viele Pensionisten niedergelassen hatten, die dort ihren­­­uhegehalt verzehrten, war ein blutiger Schutthaufen. 28 Offiziere und 190 Mann vom 84. britischen Infanterieregimente, 70 Frauen, 120 Weiber und Kinder, Angehörige der Mannschaft des 32. S Infanterieregi­­ments ,und die gesammte v europäische, und s­chriftliche Bevölkerung des Ortes, gegen 400 an der Zahl, waren niedergemebelt worden. Der Hof vor dem Gebäude, in dem Nana Sahib sein Hauptquartier hatte, schwamm in Blut. Eine große Zahl Weiber und Kinder, die man nach der Kapitulation für ein schlimmeres Schicsal als den Tod aufgespart, wurden am Morgen vor dem Einzuge General Havelod’s in barbarischer Weise niedergemacht — die rauen entfleidet, getöpft und in einen Brunnen geworfen, die Kinder lebend ihnen nachgeschleudert. Nur vier entlamen, und es ist zu fürchten, daß das Gewähtiig biefer Greuelthat die Britischen­ Soldaten zur blutigsten Wiederver­­geltung entflammen wird. Nach kurzer Kaft lebte General Havelod seinen Marsch fort, die auf dem Wege Rhitur­m niederbrennen, erreichte den Feind am 29. Juli, flog ihn wiederholt und befand sich am 30. in Bupirgunge, etwa 16 Meilen von Camwa­­yore. Am 31. hoffte er Ludnom zu erreichen. Anderen Nachrieten zu­­folge habe er jedoch eine rüdgängige Bewegung nach Camapore machen müssen, um seine Stranfen, V­erwundeten und die erbeuteten Kanonen unterzubringen, und müsse, ehe er weiter vordringe, Berstärfungen abwarten, da an die Cholera unter seinem Heinen Korps Verheerungen­ angerichtet habe. Nach dem Entsate von Ludnow soi, wie es hieß, Rudh geräumt und ein Korps an einer günstigen Stelle konzentrirt werden, um sobald die Jahreszeit es erlaube, weiter vorzuraden. In anderer Fassung lautet diese Nachricht dahin, General Havelod wolle nach dem Entfabe Studnows von dort den gegen 190 Meilen langen Weg nach Delhi antreten. Von frchterem Plate hörte man nicht viel Tröstliches. Im Fort von Agra sollen ungefähr sechstausend Personen eingeschlossen sein, die ängstlich auf Entfalt warren. Die Rebellen von Sealfote sind: auf ihrem Wege nach Delhi von Brigadier N'Holton’s Truppen bei Gur- Daspore gänzlich vernichtet worden, und in Zentral-Indien sol, nachdem Oberst Stewart’s Korps Moon und Indore erreicht, die Ruhe wieder hergestellt (2) sein. Arra, gegenüber von Dinapore, am linken Ufer des Gora, soll von den Truppen aus Chaz­pur entfernt worden sein, nachdem ein früherer Bersuch mißlungen war und den Angreifenden schwere Opfer gefottet hatte.” Der „Offerv. tr." entnimmt dem in Alexandrien erscheinenden „Pro­­geeffo D’Egitto" eine Deprfdie, melche die vom „Bentint“ am 11. dahin ge­­brachten Nachrichten, die mit den obigen vielfach übereinstimmen, zusammenfaßte. Sie lautet ihrem wesentlichen Inhalte nach folgendermaßen: „Derht ft immer noch in den Händen der Rebellen: zwanzig Gefechte haben unter seinen Mauern zwischen den Unseren und den Meuterern stattgefunden. General Havelo­d it bis auf 25 Meilen von udn­om vorgerückt und hat dabei in drei Gefechten 21 Kanonen erobert , fah ft aber genöthigt, sich nach Cawmapore zu­­rückzuziehen, um dort seine Verwundeten, Kranken und die erbeuteten ®efchige zu Yaffen- Sept kann er nicht eher wieder in’s Feld rüden, als bis er Verstärkungen erhalten haben wir, da die Cholera in seiner kleinen Armee große Vemwüstungen angerichtet hat. In der Nähe von Agra fand eine furchtbare Schlacht statt gegen das Kontingent von Kotab und andere Insurgenten, die dabei vernichtet wurden. Nach der Empörrung von Dinapore ist ein Theil des 37. und 10. Föniglichen Regiments vorgedrungen und hat einen nächste­ten Angriff auf Arat unternommen, die Truppen mußten sich aber zurücktehen mit einem Berluste von 200 Todten und weiteren 100, die kampfunfähig geworden waren. Marshall ta­w­fit in Behr und General Dutram marshirt auf Dinapore , eines Scheiles der, den entwaffneten Wachen gehörigen Pferde haben sich die meuterlschen Soldaten bemächtigt. Die Belagerung von Arat ward durch Truppen, die von Gha­­zepur aus zu Hilfe eilten, aufgehoben. Der­ Gang der Geschäfte wird immer sehnste­­tiger : alle Indigopflanzer von Tifhoof und Chupra sind nach Dinapore aufgebrochen. Ein Brief aus Kalkutta vom 7. August berichtet: „„Die Rebell­­lton macht weitere Fortfährttie: Chupra, ein Theil von Sirhut, Diaha­­bad, Behar und Ranghur stehen im Begriffe, mit den frisurgtrten Distrikten gemein­­same Sache zu machen. Die schlechte D­erwaltung von­ Dinapore hat den Aufstand bis vor die Thore Kalkutta’s selber fortgepflanzt. Auch von anderen Orten her laufen ungünstige Nachrichten ein. "" Auch der „Offers. Triest." berichtet, bat Nana Sahib zu Cama­­yore 88 Offiziere, 190 Soldaten, 190 Frauen und Kinder der Militärs — und außerdem fast die ganze europäische und christliche Bevölkerung, an Zahl 400 Seelen, getötet hat. Nur vier Individuen, worunter eine Traun, gelang es zu entfliehen. Am Kommentar zu diesen Ereignisse lassen wir Hier die Londoner Korrespondenz der „Deutsch. Allg. 319." folgen. Sie lautet: Der summarische Inhalt der neuesten Ueberlandpost hat trog der offiziellen Be­­sehönigungen in den meisten politischen Kreisen des Westend und in der City einen sehr ungünstigen Eindru­c hervorgerufen. Als Kardinalpunkt der allarıni­­senden Nachrichten wird der­ Ausbruch der Rebellion in Bombay und die daselbst enthalten Versämpfungen betrachtet.. Wie Übel es mit der Präsidentschaft Bombay stehen muß, das binreist, daß Lord Canning, der Generalgouverneur von In­­dien, und Sir $. Pottinger am 4. August in Bombay angekommen sind. Diese Mit­­theilung hat vornehmlich in der City einen ungewöhnlich allarmirenden Eindruck her­­vorgerufen, denn man regte mit diesem ungewöhnlichen Schritt zahlreiche andere Ge­rüchte in Verbindung, deren Bestätigung allerdings erst abgewartet werden muß. Je­denfalls steht fest, daß die Treue der Bombaytruppen erschüttert und daß die Meuterei des 27. eingebornen Bombayregiments weder ein vereinzelter Ball ist, noch ohne wei­­tere Konsequenzen bleiben kann. Die Entdbedung der mohamedanischen Verschwörung in Kiefer Pros, die Verhaftung der eingebornen Bürsten, der A­usbruch in Kolapore Ueber die Ereignisse und der panisch Schreden, welcher in den bedeutendsten Städten der Bombaypräsi­­dentschaft herrscht, gelten hier allgemein als Betreffe, daß die getroffenen Vertheidi­­gungsmaßregeln der Europäer, namentlich in Sattara, nur in Folge der drohenden Rebellion ergriffen worden sind. Man bemerkt ferner, daß die Ausdrück der offiziellen Depesche über den Unterdrückungsversuch absichtlich dunkel gehalten wurden; denn es wird blos gesagt, daß „europäische Truppen gegen die Meuterer entsendet wurden und, wie man sagt, die Emeute unterdrückt haben.” Mit anderen Worten will das sagen, daß die Bombayrebellen ni­ch­t bezwungen wurden , und sehr begreiflich tut es, bad DR. SEHHER die Rebellion werde im Bombaygebiet denselben Verlauf nehmen wie n Bengalen. 4 Es hat Hier ferner nicht genig Beunruhigung verursacht, daß der Telegraph nichts von der Ankunft jener Truppen meldet, welche von der Chinaexpeltation zurückberufen wurden, und die um jene Zeit, welche das Datum der Yepten Nach­d­­­en aus Kalkutta trägt, daselbst eingetroffen sein sollten. Zwar sagt die Regierungs­­bereiche, daß­s Verstärkungen vor Delhi anzukommen beginnen, aber sie mlüssen unan­­sehnlt sein, denn von Kalkutta konnten sie nicht ankommen, und das Pendihab Fan wahrlich nichts von seinen Truppen entbehren. ALS folgenlajt­er wird auch die Nahe nicht re daß die Rebellen in Bi­bh­ar, eine noch drohendere Haltung angenom­­men haben. So viel sich die ministeriellen Journale bemühen, Variationen auf die Weis­­heit der „Bombay Times“ zu singen, so ist doch die beste Nagh­ajt , da Ludnom aushält und daß General Havelod, nachdem er eine Insurgentenabtheilung flog, die indessen nicht unter Nana Sahib gestanden zu haben scheint, der bedrängten Gar­­nison und den zahlreichen Flüchtlingen daselbt zu Hilfe eilte. Allerdings ist damit nicht gesagt, dab er den Plag entfegen und überhaupt einen besondern Vortheil erringen muß; aber der Vorteil liegt darin, daß eine Insurrektion stets im Nachtheil ist , wenn sie nicht die Offensive ergreift, und eine geregeltere Regierung gewinnt Alles, wenn sie Zeit gewinnt. Aber selbst die ministerielle „Morning Pot“, so rosen­­farben sie auch die neue Depesche anzustreichen bemüht ist, seufst Dod aus Herzens­­grunde darüber, daß „die Ereignisse in Ostindien jegt eine so große Ausdehnung ge­­wonnen, die Entfernungen so groß und unsere Truppen zu wenig konzentritt sind, um entfehindende Schläge ausführen zu können.” Derselbe Korrespondent theilt eine zu Mid­mon­d abgehaltene Pr­e­digt mit, die das Urtheil eines protestantischen Orthodoren über England und sein Verfahren gegen Indien wiedergibt; es. All dies die beste Meitferti­­gung für Kardinal Wiseman. „Die Gedanken aller guten Christen”, begann der Reverend, „sind auf die Zer­­störungen in Indien gerichtet und besonders auf die­ unbetreiblichen Leiden und Schändungen, welche an­ unseren Landsleuten, Männern, Weibern und Kindern, von den siegreichen und triumphirenden Nebellen verü­bt wurden. Aber verschieben oft die Auffassung, welche diese Ereignisse erfahren. Die im Solde der Machthabenden ste­­hende Presse gibt vor, die Befühle des Publikums wiederzugeben, indem sie laut nach Race freit. Die Diener der Staatsti­he Englands haben jedoc­hie Brauen ein, die Ereignisse so aufzufassen, wie es die heilige Schrift befiehlt ; se for­­dern euch auf, nationale Kalamitäten als Züchtigungen für nationale Sünden zu be­trachten. Der Herr im König der Könige und seine Diener der Religion legen die Prinzipien des neuen Testaments aus, indem sie dieselben auf die Handlungen der Staatsmänner anwenden. Diese Prinzipien sind entgegen den Sinvasionen, Usurpa­­tionen und Annorationen, deren fi englische Staatsmänner in Indien schuldig ge­­mat; diese Männer haben intriguirt , verraffen und mieseln Waffen, und wenn ihr sie vor den Richterflucht biblischer Prinzipien stellt, so werden sie verurtheilt werden müssen. 3 ist wahr, sie Haben manches Gute auch getbant aber ihre Absict war nur Gehinn und Vergrößerung des Raubes. Deshalb it ihre gegenwärtige Stellung eine demüthigende, und sie fühlen dies durch eine anmaßliche blutdürftige Sprache zu verlieden. Es­st zu spät. Sie haben die Indier Waffen führen gelehrt, sie haben die Grausamkeiten und das Genesel unterfragt, das sich nun auf uns entladet.­­ Bei der Erstürmung von Istaliff,während des zweiten afghanischen Kriege, ist eine Bevölkerung von 15.000 Seelen durch Feuer und Schwert vernichtet worden. Sie haben manchen die Trunksucht eingeführt,den Opiumhandel unterstützt und so jenebemoralisiert,welche sonst nur Produzenten und handeltreibende waren.Die Machthaberianbien haben die freie Lehre des Evangeliums nicht gestattet,und so werden wikiegt von dem­ Seapovo gezüchtigt,die wir nicht bekehren durfte.Es war ein Skandal,wie die Diener der Religion von jenen Personen behandelt wurden, welche sich zu derselben Religion bekennen.Nukdasmeuzwak und ist im Stande, Indien zu erhalten, nicht das Schwert. Ich habe dieser Tage in einem der Organe unserer temporären Negierer gelesen, daß unsere Befigungen in Indien durch die Bez­­iehung Gottes errungen wurden. Ich aber sage eu, daß sie durch die Beziehung des Satans erworben wurden.­­Vergeblich haben sich die Missionäre bemüht, diesen Blu abzuwenden, und. Viele sind in dem gegenwärtigen Gemegel Als Opfer des göttlichen Borna gefallen. Europa sieht mit Erstaunen auf das Land der Missionare und Bibeln, und fragt, wie sich Christus mit Beelzebub einigt. Lasfet uns vor Gott protestiren, das wir weder Eroberungen noch Rache wollen, und wenn mir unser Reich Din ohne Unterdri­fung und Blutvergiefen halten können, so wollen wir es nicht alten !" Mie.aus Konstantinopel vom 12. d. telegraphirt wird, haben viele in­­dische Schiffe ihren Untergang auf dem rothen Meere gefunden. Der Shah von Persiten gedenkt, wie verlautet, den Prinzen Entr Nizam als T­hronerben zu proklamiren. Die „Teheraner Zeitung“ sagt, daß die persische Regierung jeit dem englischen Gesandten, Herrn Murray, nur al­s Lob spenden künne, und daß sein Benehmen sicher zur Befestigun der freundlichen Beziehungen beider Regierungen beitragen werde. Aus Paris wird der „D. A. 3." berichtet, daß die Kälte, welche Stankreich in der rechten Zeit gegenüber von Oesterreich verräth, da selbst dem Umstande zugeschrieben wird, dag Desterreich der Weigerung des Papstes, den Kaiser Napoleon zu krönen, nicht ferne stehen sol. Gleichzeitig wird von einer gleichlautenden Note berichtet, welche von Paris und von London aus nach Rom abgehen wird, um die päpstliche Regierung von der gegen die Substri­­benten der bekannten Petition geübten Strenge abzumahnen und auf die un­­verzügliche Freilassung des Professors Benita zu dringen. In der Note soll auf die geießliche Weise hingewiesen werden, in welcher angesehene Bürger ihr Anliegen vorzubringen suchten, und auf die Grundlosgkeit einer Strenge, die nur erbittern und dem Weber, das man bekämpfen will, neue Nahrung geben muß. Es soll ferner auf die Bedeutung eines Ausbruchs von Unzufriedenheit im Kirchenstaat für Italien, für Europa hingewiesen werden, um den Schritt der Westmächte zu motiviren. Denn anderen Berichten aus Paris Glauben zu identen, so dürfte der Etar aus Frankreich besuchen, und si mit Louis Napoleon nach Fontaine­bleau begeben. Dagegen wird der in Aussicht gestellte Besuch Sr. Majestät des K­alifers von Deterreich in Berlin von einem Breslauer Blatte wieder bezweifelt. Das „Journ. de Cont." vom 9. b. bringt eine telegraphische Depefdje

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