Pester Lloyd - Abendblatt, September 1862 (Jahrgang 9, nr. 200-224)
1862-09-16 / nr. 212
Dienstag, 16. September. Ar. 212. del, 1862. (Die einzelne Klammer tostet 4 Ar. 5. WS.) Abendblatt... eeen, 15. September. Der Reichsrath hat heute seine Sieungen wieder eröffnet. Beide Häuser haben aus ‚Anlaß der glückischen Genesung Ihrer Majestät ber Katsertin Abreffen votirt. Das Abgeordnetenhaus beschäftigte ss mit dem Einführungsgefege zum allgemeinen deutschen Handelsgeseghbuche. Die alte Kompetenzfrage machte sich geltend , ob der tagende engere Reichsraths zur Berathung dieses Gegenstandes Kompetent sei , nachdem die „Handelsfahen“ dem Gesammtreichsrathe zugewiesen sind, den Berichten werden Sie das Nähere entnehmen ; ich berühre"den für Ungarn ebenfalls interessanten Gegenstand nur deshalb, um darauf hinzumelfen, daß selbst nach dem Feberpatente und dem Oktoberdiplome die Ansicht sehr wohl zu vertreten ist, das Hanvelegefeßbuch sei Feine von den gemeinsamen Angelegenheiten.Dieses Gefeß falle in das finfte Bereich der Muftiggefeßgebung und biete oft weder nag dem Oktoberdiplome noch nach der Federverrafung als eine Reichsangelegenheit erklärt, die vollkommene selbstständige Behandlung versellen für das Königreich Ungarn den legislativen Faktoren desselben vielmehr verbürgt,. Danach wäre der Neichsrath als engerer Kompetent ; Ungarn aber gäbe sic sein Handelsrecht, wie es sich sein bürgerliches Geiet, sein Strafgefeg selbstständig geben wird. Morgen nimmt der alte Finanzausschuß seine Giltungen wieder auf. Es handelt sich um Leststelung des Finanzgefeges für 1862. Der erste Artikel lautet : Das Gesammterforderniß des Staatsvotanschlages für 1862 wird mit 388,711,095 fl. 94 fl. genehmigt und für die einzelnen Hauptrubriken Abtheilungen und Unterabtheilungen die Herausgabung folgender Beträge unter den beigefegten Bekäufungen bewilligt. Dementsprechend wird auch die Bedrtung genehmigt und bewilligt. Der Titel lautet : „Sistig für das ganze Reich.” Die Anforderungen, Erwartungen, Wünsche und Bemerkungen des Abgeordnetenhauses, welche dem Finanzgesebe beigefügt sind, betragen die Zahl von 227 — (eine höchtrefperzable 3a0D, in welchen oft in die minutiösesten Details eingefangen wird. Politische Nundichen, 16. September. Herr v. Lagueronniere gibt heute endlich seine längst verheißene Lösung der italienischen Frage: Branfreich, sagt er in seinem „L’Europe et la Papru’6“ überschriebenen Artikel, hat heute zwei Dinge zu thun. Erstens die großen Staaten Europas zum fehleinigen Zusammentritt eines Kongresses vorzubereiten und zweitens die Grundlagen der Berathung zur vorhergehenden Genehmigung zu bringen. Diese Grundlagen sind folgendes 1. Cheilung Italiens in drei durch einen Bundesverband geeinigte Staaten; 2, europäishe Garantie für das von Rom und dem Erbgute Petri gebildete gayfisihe Gebiet3 3. Borbebhalt zum Vortheil des heiligen Baters, von dessen Souveränität über die Marien und Umbrien, sowie eines Tribute aus den Einkünften dieser Provinzen, deren Verwartung einem der beiden italienischen Souveräne anvertraut würde; 4. militärtreue, diplomatische, gerichtliche Einheit, sowie Zoll- und Münzeinheit zwischen „allen“ Staaten Staltens, Herr v. Lagueronntere rechnet bei diesem Mane Benetten nit zu Stalten, Kein vernünftiger Mensch künne daran denken, Denetten mit Gewalt Oesterreich zu entreißen, Stalten ,müsse sich also außerhalb dieses Theiles seiner Nationalität organisiren. Die Zeit allein sei ein hinlänglich großer Diplomat, um Transaktionen herbeizuführen, melde den Habsburgern gestatten, ohne sich zu schwächen,, knadzugeben, und ohne Nachtheil für das Ansehen und die Würde ihrer Krone, auf eine Herrschaft zu verzichten, welche ihnen die Eroberung gegeben hat, und melde die Gewalt ihnen allein erhalten kann. Wenn nun aber Turin und Rom sich weigern, dem europäiccen Schiedsspruche sich zu unterwerfen , so sollen beide Theile oder der eine von ihnen nur dard) bewaffnete Intervention zur Unterwerfung unter denselben gezwungen werden. Der Status quo, die französifge Begehung von Rom würde fortdauern, bis der Widerstand sich gelegt hätte. Von der italienischen Einheit will Herr u. Lagueronniste durchaus nichts willen aus den schon früher von ihm angeführten politischen Bedenklichkeiten, es sei denn daß diese Einheit für Frankreich durch Gebietserweiterungen, welche diese Eventualität des Zustandekommens der italienischen Einheit unumgänglich nothwendig macht, aufgetragen würde, und Privatmittheilungen, welche die „Patrie”, erhielt, wäre der Zustand Garibaldig viel weniger befriedigend, als die offiziösen Nachrichten versichern. Die Herzte sollen der Mehrheit nach eine Amputation für nothwendig halten. Auch das Ministerium scheint auf einen üblen Ausgang zu rechnen. „Man scheint ‚entfohloffen”, sagt Rattazzi’s „Diecufligne”, „im Falle Baribaldis Krankheit sich in die Länge zieht, von dem Prozesse abzustehen und eine allgemeine Amnestie zu bewilligen, von welcher nur einige Personen ausgenommen würden." Nun entsteht aber die Schwierigkeit, daß die Annahme der Amnestie nichts weniger als gewiß is. Mattazzi hat den General Türr zu Garibaldi gefeiert, um Diesen darüber auszuholen, doch scheint der Bote seine günstige Antwort erhalten zu haben. „Wir wollen seine Gnade”, ruft der „Diritto” , 0948 Organ der Aktionspartei: „wir wollen Gerechtigkeit," Man erzählt sich in Bezug auf die Garibaldi’she Expedition ein Wort des Kaisers Napoleon : „Der Komet ist untergegangen, Aber der Schweif ist geblieben". vorläufig ist indessen auch der Komet selbst noch vorstanden, und das französische Komite, welches sich im Jahre 1859 in Paris zur Unterflüßung der Garibaldianer gebilset und auch 1860 sehr thätigen Antheil genommen hatte, hat demselben eine Beileivsadrefse zugesendet. In diesem Komite befinden sich u. a. Henri Martin und E. Arago. Zur richtigen Beurtheilung der Militärbudgetfrage in Preußen liefern die Kammerverhandlungen nicht immer die besten Daten, vielmehr kann man aus weniger feierl lichen Neuierungen im Lande oft die besten Aufschlüsse über die Ansichten und Bestrebungen erhalten, die hier im Streite liegen. Einen solchen haltbaren Beitrag gibt folgende Korrespondenz: aus Herford, L1. September Das Erkenntniß in der ehrengerichtigten Untersugungssache wider den Sekondelieutenant Schönfeld ist dieser Tage, nachdem es die Bestätigung Sr. Majestät des Königs erhalten, demselben publizirt worden. ı Es lautet auf Ent-