Pester Lloyd, Februar 1908 (Jahrgang 55, nr. 42-53)
1908-02-16 / 42. szám
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Goldberger, Győri 4 Nagy, Jaulus , Co., Jul. Leopold, Ant. Mezei, Rud. Mosse, Jul. Tenzer, Jos. Schwarz. In Wien: bei Ed. Braun, J. Danneberg, B. Dukes, Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse, Rafael Witzek, H. Schalek. Im Auslande: Berlin: Rudolf Mosse, Daube & Co.; Paris: John F. Jones & Co. Einzeln : Morgenblatt in Budapest 12 Heller, in der Provinz 14 Heller. Abendblatt in Budapest 6 Heller, in der Provinz 8 Helfer, Redaktion und Administration : V., Mária Val £ria-utera 12. — Manuskripte werden in keinem Falle zurückgestellt! — Unfrankierte Briefe werden nicht angenommen. 55. Inhranny Budapest, Sonntag, den 16. februar 1908. Az. 42. ká EVCITETE samftszírmisi Budapest, 15. Februar. Baron Desider Bánffy sett seinen Worten die Sordine der Designation auf. Das gibt viel zu denken. Seit fast zwei Jahrzehnten war man stets gewohnt, aus seinem Munde nur schmetternde Fanfaren zu vernehmen. Als er im Jahre 1892 nach den eisigen Winterwahlen unter dem Grafen Julius Szapáry zum ersten Male das Parlament betrat und als Novize sofort zu dem Präsidentenstuhle emporgeschnellt wurde, tönte seine Energie in raschen Schwingungen dur den Beratungssaal der Boltárvertretung. Und als er zwei Jahre Später von Pla des Miinisterpräsidenten einnahm, wurde sein Wort auf den Schallmeilen der Position durch ganz Europa getragen. Auch als er, von dem Gipfel der Miacht herabgestiegen, eine neue Partei zu werben anhob und das Schlagwort von dem chauvinistischen nationalen Einheitsstaat in das Land hinauswarf, hatte es den Anschein, als ob es genug Schlagkrast besäße, um ein mächtiges Echo zu werden. Seine Politik hatte in allen Stellungen einen Husarenmäßigen Einschlag und seinen Gegner kennzeichneten ihn als rücksichtslosen Draufgänger. Wenn nun eine Persönlichkeit solcher Vergangenheit und solcher Eigenart in die Dämmerstube der Designation einführt, hat man alle Ursache, nach den Gründen zu foren. Entweder befindet sicie Imbividualität selbst in dem Stadium einer neuen Evolution, oder die äußeren Verhältnisse nehmen eine Wendung, die allen Vorauslegungen jenes Bolitifers widerspricht. Baron Bánffy hat in der ungewöhnlich interessanten Unterredung mit einem unserer Redakteure die ihm günstigere der beiden Möglichkeiten als die Ursache seiner Designation hingestellt und ‚ die Lage Ungarns als eine äußert Frittiche, bezeichnet. Darin stimmen wir ihm vollkommen bei, troßdem der äußere Schein, der regelrechte Gang in der Abwicklung der täglichen Geschäfte Dieser Behauptung zu widersprechen Scheinen. Wenn aber der Staatsmann und Patriot zur Erkenntnis einer For Frittichen Situation gelangt, it es, wenn er sonst noch den Anspruch auf Geltung erheben will, nicht seines Amtes, die Flinte ins Korn zu werfen, sondern erst verpflichtet, den Fatalismus, der uns im Blute liegt, zu überwinden und mit äußerster Aufpattung auch des Neszes seiner Kräfte an der Befeitigung fold einer Situation mitzuwirken, Baron Banffy it denn auch auf fole Mahnung nicht angewiesen. Er behält sein Pandat, zieht fr vom politischen Leben nicht zurück, das Die Gabe besißt, die Resignation der Betrübnis, gleichsam über Nacht, wenn eine Chance sich zeigt, in die himmelhochrauchrende Stimmung erneuter Energie zu verwandeln. Es ist männlicher, auf dem Posten auszuharren. Besonders in diesem Parlament der Nullen, dessen Götterdämmerung wir uns gottlob mit jedem Tage nähern. An diesem Punkte ist jedoch unsere Uebereinstimmung mit Baron Bánffy über die Ursachen der frittichen Situation auch Schon zu Ende. Wir suhren sie anderwärts und wollen mit den Ergebnissen unserer Nachforschung auch nicht hinter dem Berge halten. Zunächst flößen uns hurtige Worte ausbietungen dem Munde eines Meinisters nicht soviel Nespert ein. Drinister kommen und gehen wie die Tage des Kalenders und gleichen sich nicht. Das weiß Baron Banfiy aus eigener Erfahrung. Baron Aehrenthal war nicht der Künder einer neuen Rechtsauffassung, weder des Hofes, no jener undefinierbaren Kreise, die man bei uns als die Wiener Sreife zu bezeichnen übereingekommen , ist. Der Herr Minister des Neußern hatte für eine Meile den Diplomaten abgestreift und erschien als der Desterreicher von reinstem Waller, der seine Geburt nicht verleugnen konnte, als er zu Oesterreichern prechen mushte. Er war also nicht der Apostel eines neuen, eigentlich, aber sehr alten Evangeliums. Und wenn er es gewesen sein wollte, ist die ungarische Nation immer noch stärker und gewichtiger, als der mächtigste Mann. im Staate. Wir glauben nicht an das Gespenst des Zentralismus,weil wir in uns die Kraft verspüren, es "zu verscheuchen, wenn es aus feinen Schlupfwinkeln am hellen Tage erscheinen wollte.. Ebenso wenig erscheint es uns statthaft, den Klatschmalereien über höfische Einflüsse der Gegenwart oder der Zukunft ernsthaft Gehör zu schenken. Denn " Die Erfahrung lehrt, daß die Regierung einer Großmacht die von des Schiesals oder von Gottes Gnaden Dazu Berufenen auf eine Warte stellt, von der aus der Blid ins MWeite sich dehnt und weder in der Parteiung, noch in der Einseitigkeit persönlicher Neigungen verfinden darf. Das ist ein Gebot der Selbsterhaltung. Dieser Trieb aber ist auch bei den Negierenden in unseren Tagen der Miündigkeit der Völker viel kräftiger entwiwkelt als je zuvor. Aus diesen Aspekten also würde uns die Situation nichts weniger denn eine frittiche erscheinen. Wenn wir sie dennwch in Uebereinstimmung mit Baron Vänffy als eine trostlose beurteicht,sind dafür von den politischen Motiven abgesehen auch ethische Gründe maßgebend.Wirxverdett es bis zum Ueberdrusse oft wiederholen:Treu und Glauben sind aus unserem öffentlichen Leben verschwunden.«Und wie im wirtschaftlichen Verkehr .de«rMangel·an«Kr"edit vernichtet1 d1 wirkt,so«wirkteraich".im«polljtisch»en.L«erbä"n«--is"geradezu verheerend- Was trug sich jüngster Tage in der ungarischen Delegation zu2 Da erhoben sich der sieiherfach die Sprecher einer Partei,welcher bis zur Erlangung der Macht niemals auch nur fsisirdien BilligIung des normalen Rekrutenkontingentes so zu haben"war,und machten sehr gemeinverständliche Anerbietungen zur Lösung der Militärfragen,was gleichbedeutend ist mit der seit sechs Jahren zurückgestellten sehr beträchtlichen Erhöhung dieses Kontingents.Freilich unter der Voraussetzung einer Befriedigt 111g der nationalen Aspirationen.Ueber das Maß der letzteren aber haben sich diese antimilitaristischen Armeefreunxde ä laminute mit einer Gründlichkeit ausgeschmiegelt,die jedem Trappistenmönch zur Ehre gereicht hätte.Ist es denn niemandem aufgefallen,daß keiner von den sogenannten siebenundsechziger Politikern,an denen die ungarische Delegation durch die Teilnahme der Magnatenhausmitglieder durchaus nicht arm ist,diesen Augbietungen und Unersekundierte?Zum Danke dafür wurden sie von einem staatsrechtlichen Losgeber der Universität, der bei Lebzeiten eines Defiver Szilágyi sein Licht in nicht leuchten laffen durfte, mit einer Seftigkeit angerempelt. Die in einen öffentlich geführten , häuslichen Krieg der Koalitionsparteien ausartete. Und wie demutsvoll fangen diese Vorwürfe der siebenundsechziger Grafen, die fast ein Wohverhaltungszeugniß für ihr rücsichtsvolles Verhalten in der Koalition verlangten, während der Herr Universitäts-Professor Amety sie mit Hohn und Spott überhob. Sind wir wirklich Thon so weit? Am Ende aber, er weist es sich, daß Die Ausbietung in Wien auf eigene Faust veranstaltet wurde. Einer der vorgeschritteneren Gesinnungsgenossen legte sofort sein Mandat für die Deser gation zurück, und hier im Klub der Partei entstand ein seltsames Gemisch der Stimmung, zusammengefegt aus Entrüstung und Entgegen. Darum halten wir an unserer ursprünglichen Auffassung fest, daß diese Bereitwilligkeit wieder nur ein taftliches Umgehungsskanöver gewesen, damit die Erledigung der Wahlreform Hinter dem Paravent der Armeefrage verschwinde. Melde Kurzsichtigkeit und welche falsche Rechnung ! Die sie angestellt haben, beweisen uns wieder. einmal, daß sie allen Kontakt mit den breiten Schichten des Bosses verloren haben, zu dessen Vertretung sie durch die Wahlen berufen wurden. Um diesestage zu herr. drängen, ist kein taktisches Manöver fein genug ausgeflügelt und ,stark genug, angelegt. Vor zwei Jahren, als das Bolt zur Wahl aufgerufen wurde, Hallte Die Vekündigung der Wahlreform brausend Dur Die Lande, so daß Der geknafte Erdarbeiter auf den Markt pläben in den Städten des rein ungarischen Tieflandes ebenso Danách ruft, wie es von Den Schaaten Der Arbeiter gefordert wird, denen sich nun auch Die Arbeitgeber ohne Radhalt anliegen, weil ihnen sonst Die Eristenz, unmdali gemacht wird. Vergeblich spinnen si also die Herren Geießgeber in ihren Caucus ein. E35 gibt außerhalb‘ Desselben noch eine schöne, Weite ungarische Welt, von Der je völlig abgeschnitten. zu sein scheinen. Vergeblich Hoden sie in ihren Kionventifeln, von der blaffen Furt des Mandatsverlustes beseilen und grübeln darüber, wie der Lotzjeibetung dieses allgemeinen Stimmrechtes ausgetrieben werden konnte. Nicht einmal mehr „mit dem Beelzebub des Klaffervorurteils und des Machthungers. Was das ungarische Voll in jahrelange schweren Krisen geschleudert, Systeme umgestülpt, Regierungen gestürzt, Varteien zertrümmert hat, das wollen diese Tausend Jaffa im Hand umdrehen, binnen wenigen Wochen leisten. Sie meinen wirklich, Berge verlegen zu können, Die Toren! Und obendrein Schwaßen sie auch von einer Revision des pragmatischen Ausgleiches: Legen die Minister und Kampfgenossen von der siebenundsechziger Couleur ein: fad vor die Tür — alles das etwa, um die Alleinherrschaft der Unabhängigkeitspartei zu ermöglichen? Nein, Um noch einige Bortefeuilles zu ergattern und unter si) zu verteilen und um für Die fatale Erfüllung der Pflicht auf die Wahlreform eine Stundung zu erhalten. Wenn ein Sternungaer von der "dann Feuilleton, Die Amerikanerin, Bon Mar Nordau, Spit endlich auch an die ungarische Aristokratie die Reihe genommen. Sie erhält nun ihren gerechten Anteil an den Schäden Amerikas, Schäden von Schönheit, Eleganz und Gold. Etwas spät. Doch das erklärt sich geschichtlich und soziologisch. Ms die junge Gesittung Columbias so weit entwickelt war, daß sie ihren Gipfeltypus, den Milliardär, hervorbringen konnte, da er machte in den Erbinnen der Cmporgekommenen, oder jagen wir Angelangten, die natürliche Sehnsucht nach gesellschaftlicher Auszeichnung. Diese konnten sie nach ihrer Huffassung nicht in der Heimat, nur in Europa finden. Ihre ästhetische Bildung murzelte in europäischer Kunst, Dichtung, Literatur. Amerika war für sie das Land, wo man, Dollars macht, Europa das, wo man sie stattlich ausgibt. In Amerika herrschte die dem weiblichen Auftrnkt tief verhaßte Gleichheit, in Europa das wohlabgestufte Hang- und Kustenwesen, das den Vornehmen unerreichbar hoch über den Gewöhnlichen erhebt. Amerika war die platte, öde Prosa, Europa die ätherische, beinahe märchenhafte Roesie. Die Töchter der Milliardäre beobachteten seit dem Erwachen ihres Bewußtseins, daß jeder Amerikaner, den es nac edleren Anregungen und nach subtilerem Leben verlangt, nach Europa eilt, daß selbst der hartkrnftige, grobschlächtige Danfee es als eine Belohnung und als ein fest betrachtet, einige glückliche Wochen im alten Weltteil zu verbringen und seinen Hochmut eines demokratischen Freiheitsprägen vor der Vornehmheit geschichtlicher Stätten, überlieferungsreicher Bauten und Denkmäler, um fein Gold der Melt feiler Diuseen zu demütigen. Da ist es nur natürlich, daß Europa in ihren Augen von einem machtvollen Zauber umglänzt war und daß sie den Ehrgeiz hatten, "hier, nicht ob sentimentale Reisende zu sein, sondern in dem imposant zeremoniösen Gesellschaftsschauspiel Europas eine Rolle zu spielen,die aber die erste sein sollte. Zunächst mußten die amerikanischen Erbimmen an England denken. Das lag nahe. Sie fühlten sich den Engländern blutsverwandt, sie sprachen dieselbe Sprache, sie hatten dieselben Sitten und Gewohnheiten, ihre Boltszerinnerungen wiesen auf die alte „Inselheimat im Osten zurück und mit vielen ausgezeichneten Stammeseigenschaften hatten die Pilgrimväter in ihrer „Mayflower” auch ein Stüdchen des Snobismus eingeschifft, das nun einmal vom echten Angelsachsen unzertrennlich scheint und von dem sich ganz ansehnliche Neste durch den Buritanertrog, die Washingtonische Menschheit sschwärmerei und die demokratische Selbstherrlichkeit hindurch bis zum heutigen Tage im amerikanischen Bolt erhalten haben. Das Töchterchen des erfolgreichen Wahlmachers, Städtegründers, MWallstreetfreibeuters, Eisenbahneroberers fühlte sich von der Krone und dem Hermelin der Peers von Großbritannien und Irland angezogen. Die Mi wollte Lady heißen und sie trat ihre Argonautenfahrt nach London mit der ausgesprochenen Absicht an, das goldene Vließ eines Titels und Wappens zu erobern. Denn so war es anfangs. Die Amerikanerin kam herüber und pirschte energisch auf Lords. Erst später kehrte sich das Verhältnis um und aus der Führen Jägerin m wurde ein Jagdwild, dem die Träger vornehmster englischer Namen in seiner Heimat eifrig nachstellten. Und die Amerikanerin triumphierte zuerst gar nicht so leicht. Sie Hatte am Beginn der Viktorianischen Mera manche Hindernisse zu überwinden. Pian war in England für Das junge Gemteinwesen jenseits des Ogeans wenig eingenommen. Königin Viktoria hatte für amerikanische Damen nichts übrig, denn sie fühlte sich von ihrem selbstbewußten Auftreten, das an Dünfel grenzte, abgestoßen. Die Aristokratie war sehr ausschließlich und die amerikanischen Mitgiften, ‘die damals wo nicht nach Dußenden von Millionen, sondern nach Millioneneinheiten zählten, hatten noch nicht ‚die überwältigende Wucht, der Fein Geburtsstol und Rang‘bewußtsein -standhält. Man. Fan Die vergoldeten Amerikanerinnen an den Fingern zählen, die bis zu den englischen upper ten errangen. Nach England war Italien das meistbegünstigte Land. Es war arm, es hatte eine unheimlich zahlreiche Aristokatie mit außerordentlich schwimmenden Grenzen und es zog die transatlantischen Goldkäfer und Atlasfalter duch seine Schönheit und seine ehrwürdige Kunstvergangenheit an. In Rom, Florenz, Neapel, Venedig entstanden amerikanische Solonien, deren Salons ebenso viele Heiratsmärkte mit äußert regen Umgab wurden. Die schönen Amerikanerinnen brauchten gar nicht Millionen zu befssen, um ganze Scharen hübscher, Lebhafter, eleganter und Hochtrabend betitelter Kavaliere als temperamentvolle Freier um sich zu sammeln.. Schon einige Hunderttausende schienen manchem italienischen Herzog, Fürsten und Marquis ganz ausreichend, um einen alten Wappenschild neu zu vergolden, den vielleicht Päpste, Kardinäle, Heilige und regierende Herren geführt hatten. Es wurde in Newyork und Bolton beinahe Modell unter den ewig blauen Himmel Italiens einen Principe oder Duca als Schwiegersohn zu holen. Baris trat früh mit Rom und Neapel in Wettbewerb. Unter dem Kaiserreich war der Hof für Amerikaner leichter zugänglich als die meiten Clubs von New York, und eine Mik, die sich zur Gesellschaft zählte, betrachtete ihre Erziehung nicht für vollendet, so lange sie nicht in den Zuileben getanzt hatte. Die Kammerherren und Parkettoffiziere Napoleons waren verführerisch, der Malzerflirt entwicklte sich leicht zur solideren Herzensidylle mit Verlobung als Abschluß, und der Ball wurde häufig zum Ehezstifter. Unter der Republik verlor die französische Gesellschaft für die amerikanischen Millionäre viel von ihrem Brestige. Sie war ihnen nicht mehr feudal genug. Sie hatten das Bedenken, daß sie sich mit ihr encanaillierten. Es kamen verhältnismäßig wenig sensationelle Verbindungen zustande und diese nur mit den unversöhnlichsten Rückschrittsfamilien.. Um als Werber für eine amerikanische Erbin in Betracht zu kommen, genügte es nicht, daß ein Franzose in seinem Kreise Marquis oder Comte genannt wurde — man weiß in Nemwuorf ;