Pester Lloyd - esti kiadás, 1929. április (76. évfolyam, 73-97. szám)

1929-04-02 / 73. szám

Einzelnummer an Wochentagen 16, an Sonntagen 32 Heller. Abaunement: i£Sr Budapest: mit täglich zweimalige! »■Qötellang und fü» das Inland Morgen­nnd Abendblatt: (Vierteljährlich 18 P, monatlich 6.40 P. jFür das ffiorganblatt allein vierteljährlich II P, monatlich 4P. Auoh auf das Abend­blatt allein kann unter den gleichen Bezugs­bedingungen abonniert werden. Für die eeparate Zusendung des Abendblattes nach der Provinz sind vierteljährlich 1 Penge zu entrichten. Für Wien auch durch Herrn. Qoldsohmid' Für das Ausland mit direkter Kreuzband »endtmg vierteljährlich : Für Oesterreici und Feien 20 Pengő, für Jugoslawien 24 Pengő, für alle übrigen Staaten 30 Pengő. Abonnements werden auch bei sämtlichen ausländischen Postämtern entgegengen ornmen. Manuskripte werden nicht zurüokgestelU. Telephon der Redaktion : 848-30-PESTER LLOYD ABENDBLATT I nseratenaatnidime 2 ln Budapest, in der Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: J. Blookner, J. Blau, Győri & Nagy, Haasenstain & Vogler, Ludwig Hegyif Simon Klein, Cornel Leopold, Julius Leopold, Magyar hirdető-iroda, Anton Hezei, Rudolf flösse, Jos. Schwarz, Sikray, Julius Tenzer, Generalvertretung des Pester Lloyd für Oesterreich : fl. Dukes Nachf. A.-G., Wien Wollzeüe 16. Blinzeln mnxuer für Budapest und für die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 32 Heller, Abendblatt 16 Heller. — Für Oesterreioh: Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr. — Für Jugoslawien: Morgenblatt an Wochentagen 3 Dinar, an Sonntagen 4 Dinar and Abendblatt 2 Dinar 50, Redaktion u. Adm.: V., Mária Va!éria-uooa 12, Telepben der Administration: 840-00-76. Jahrgang. Budapest, Dienstag, 2. April 1929, Nr. 73 A tislandscliau. — 2. April. — Ein tschechischer Apostel der Gottesfriedensidee. Zum Osterfest ist auch in Prag eine Friedens­taube auf gef logen, um der Welt eine Apologie der Idee des Gottesfriedens vorzugurren. Aber wer naher hinschaute, konnte in den Gesichtszügen dieser Frie­denstaube die Physiognomie des Herrn Dr. Eduard Benes erkennen, und war einmal diese Identität fest­gestellt, so ergab es sich von selbst, daß man den Klängen dieser Friedensschalmei eine beträchtliche Dosis Unglauben entgegenbringen mußte. Denn Herr Minister Benes ;st dafür bekannt, daß er nicht heil frieden will, sonden den Frieden, der die öster­reichisch-ungarische Monarchie zerschlagen und mit ihren Bruchstücken die Tschecho-Slowakei so ver­schwenderisch bedacht hat. Ein. Weltfrieden, der ihm 'diese Beute nicht sichert, ist ihm ein Greuel, und die Unausgesetzten Kriegsriistungen seines Landes be­weisen, daß es ihm einzig auf den Fortbesitz der Kriegsbeute, nicht aber darauf ankommt, der euro­päischen Menschheit die Schrecken eines neuen Krieges zu ersparen. In seiner Friedensbotschaft sagt er, „es könne für alle europäischen Staaten und Völker kein höheres Interesse geben, als die Schaf­fung dauernder Voraussetzungen für die Konsoli dierung der Verhältnisse und gesunder Vorbedingun­gen für eine positive schöpferische Arbeit auf politi­schem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiete, so­wohl innerhalb der einzelnen Staaten, als auch der Staaten untereinander. Wie ist es aber in Wirklich­keit um die tschechische Politik bestellt, und nament­lich um ihr Streben „nach Schaffung dauernder Vor­aussetzungen für die Konsolidierung der Verhält­nisse?“ Objektive ausländische Beurteiler der Zu­stände in der Tschecho-Slowakei, auch solche, die, wie etwa Seton Watson, aus ihren Sympathien für die in Herrn Benes verkörperte politische Richtung kein Hehl machen, stellen auf Grund an Ort und Stelle gewonnener Erfahrungen nun schon seit Jahren fest, daß die Prager Machthaber in der Slowakei und in Karpathorußland nicht bloß die ungarische und ruthenische Minorität unterdrücken und ver­folgen, sondern auch im slowakischen Volke selber durch ihre konsequente Tschechisierungspolitik dauernde Unzufriedenheit züchten. Slowakische Po­litiker und Publizisten, auch solche, die dem Ver­bände der Slowakischen Volkspartei angehören und mithin in engeren politischen Beziehungen zur Pra­ger Regierung stehen, können in der Tat nicht umhin, zuzugeben, daß die unter dem ungarischen Regime auf slowakischem Boden errichteten Indu­strien zugunsten der tschechischen Konkurrenz von Staats wegen systematisch zugrunde gerichtet wer­de^ daß ein Teil dieser Fabriken bereits stillgelegt ist und ihre brotlos gewordene Arbeiterschaft, zu­meist aus Slowaken bestehend, den Wanderstab er­greifen und nach Übersee emigrieren muß. Aus eng­lischen Schilderungen weiß die Welt ferner auch, daß im Slovensko die meisten Verwaltungsämtcr mit tschechischen Personal besetzt, die freiwerden­den Volksschullehrer- und Postmeisterstellen an Tschechen verliehen werden. Dem ruthenischen Volk der Waldkarpathen wird die ihm im Friedens- Vertrag zugesicherte Autonomie willkürlich vorent­halten, und der Pittsburger Vertrag, der dem slo­wakischen Volke weitgehende Selbstverwaltungs­rechte gewährleistete, wird von den Prager Macht­habern als ein Fetzen Papier behandelt. Der unga­rischen Bevölkerung wird ihr Grundbesitz wider­rechtlich abgenommen, und in ungezählten Tausen­den von Fällen wird sie durch Aberkennung des Domizilrechts und der Staatszugehörigkeit staaten­los gemacht. So sieht es in der Tschecho-Slowakei um die „dauernden Voraussetzungen für die Konso­lidierung der Verhältnisse“ aus. Und Herr Minister Benes selber sagt ja, daß ohne diese dauernden Vor­aussetzungen die Friedensidee nicht zur Geltung gebracht werden, keine Friedenspolitik mit Aus­sicht auf Erfolg gemacht werden kann. Die Friedensbotschaft aus Prag setzt große Hoffnungen auf die internationale Zusammenarbeit, Sn der sie „ein Instrument des Willens zum Frieden“ jerblickt. Unter internationaler Zusammenarbeit jaber versteht Herr Benes, daß die Siegerstaaten auf {allen Linien ihren Willen durchsetzen und die in iiden Friedensverträgen zerstückelten und verstüm­melten Nationen sich hoffnungslos in dieses Schick­­isal ergeben. Auch den Völkerbund feiert Herr Mini­­ister Benes ais einen Faktor, der die in Europa jetzt bestehenden Verhältnisse zu stabilisieren hat und darüber hinaus höchstens noch fromme Wünsche, wie bespielsweise in der Abrüstungsfrage, äußern darf. Speziell in der letzteren Frage gibt er zu, daß die aus den englisch-amerikanischen Differenzen in der Frage der Seeabrüstung entstandene Stagna­tion einen Schritt nach vorwärts nicht erwarten läßt. Benes vertröstet sich jedoch damit, daß in Amerika sich eben erst ein Regierungswechsel vollzogen hat und England an der Schwelle der Neuwahlen, alle Aufmerksamkeit auf seine inneren Fragen konzen­trieren muß. Man versteht nicht recht, wie das alles die tschecho-slowakische Regierung verhindern kann, in der Abrüstungsfrage mit gutem Beispiel voranzugehen? Die Tschecho-Slowakei ist ja — wenigstens einstweilen — noch keine Seemacht, und wie immer die Neuwahlen in England ausfallen mö­gen, so werden sie höchstens darüber entscheiden, ob England sich in der Abrüstungsfrage zu einem energischeren Schritt entschließt; aber an der Tat­sache, daß die Tschecho-Slowakei von einem völlig entwaffneten Ungarn sich keines bewaffneten An­griffs zu versehen hat, wird das Ergebnis der engli­schen Wahlen nichts ändern. Wenn also Herr Benes tatsächlich der Idee eines europäischen Got­tesfriedens zur Verwirklichung verhelfen will, braucht er seinem Lande bloß zii sagen, daß es füg­lich an die Herabsetzung seiner Kriegsrüstungen herantreten darf, weil schon die gegenwärtige inter­nationale Lage in Europa seine Sicherheit gegen alle Gefahren feit. Statt dies zu tun, predigt Herr Benes der Welt den Frieden und rüstet auch weiter­hin unaufhörlich zum Krieg. Seine Osterbotschaft ist also Lug und Trug, und in der ganzen Welt wird sich kein Gimpel finden, der einfältig genug wäre, sich von ihr cinfangen zu lassen. Graf Stefan Tißa und die Kriegs­­schuldfrage. Die jüngste Nummer der von Professor Julius Szekfü redigierten Revue Magyar Szemle enthält in­teressante Beiträge unseres Mitarbeiters Dr. Gustav Gratz und Prof. David Angyals über die Frage der Kriegsverantwortung Stefan Tißcis. Bekanntlich ist es dokumentarisch nachgewiesen, daß Graf Tißa in seiner Eingabe an den König vom 1. Juli 1914, ferner im gemeinsamen Ministerrat vom 7. Juli und in einer zweiten Eingabe vom 8. Juli sich noch entschieden gegen jede diplomatische Aktion ausgesprochen hat, die zu kriegerischen Verwicklungen Anlaß geben konnte. In dem zweiten gemeinsamen Ministerrat vom 19. Juli hat indessen Tißa bereits auf diese starre Haltung verzichtet und weiter keinen Ein­spruch gegen die Beschlüsse des Ministerrats er­hoben. Gratz wirft nun in seiner historischen Unter­suchung die Frage auf, was denn Tißa dazu bewegen mochte, seine entschiedene Opposition gegen die Kriegspolitik aufzugeben, d. h. ob Tißa nur seine äußere Haltung, oder auch seinen Standpunkt gegen­über der Kriegspolitik verändert habe. Zur Klärung dieses Problems teilt Gratz eine sehr interessante per­sönliche Begegnung mit, die er mit Tißa am 14. Ok­tober 1918 hatte. Gratz war damals Sektionschef im gemeinsamen Außenministerium, und anläßlich einer amtlichen Besprechung fragte er Tißa, weshalb er denn sich niemals gegen die gehässigen und weit­verbreiteten Anklagen, er wäre einer der Anstifter des Krieges, verteidige. Die Gründe, die sein (Tißasl Schweigen bis dahin erklärt haben, bestünden ja nicht mehr, und der Nachweis der Wahrheit würde dem Lande sicherlich von großem Nutzen sein. Tißa hörte Gratz aufmerksam an und entschloß sich wohl unter dem Eindruck seiner Argumentation, den König um die Ermächtigung zu einer Rede zu bitten, in der er seinen Standpunkt bei Kriegsausbruch klären wollte. Der König wünschte nun eine kurze Skizze der geplanten Rede zu sehen, worauf Tißa folgende Eingabe an ihn richtete: Allergnädigster Herr! in Befolg des allergnädigsten Befehls habe ich die Ehre, die zwei Auszüge aus vertraulichen Akten, die ich infolge der allergnädigst erteilten Ermächtigung in meiner nächsten Rede zu veröffentlichen gedenae, nebst einer kurzen Skizze des hierauf bezüglichen Teiles meiner Rede alleruntertänigst vorzuiegen. Freilich hätte ich viel schlagendere Beweise meiner Bestrebungen, den Frieden zu sichern, aufführen können, wenn ich, von höheren Gesichtspunkten geleitet, nicht alles vermeiden müßte, was auf das Vorhandensein von kriege­rischen Intentionen bei anderen österreichisch-ungarischen und deutschen Faktoren schließen lassen würde. Tißa István s. k. Der nachfolgende Anhang dieser Eingabe ent­hält den kurzen Gedankengang der geplanten Rede: Unsere Situation nach dem Bukarester Frieden war eine sehr ungünstige: das feindlich gesinnte Serbien ver­größert, Bulgarien gebrochen, Rumänien entfremdet, dem Abfall nahe. Andererseits viele Anzeichen, daß Rußland große Vorbereitungen trifft, und in ein bis zwei Jahren vollständig gerüstet und kriegsbereit an unserer Nord­grenze stehen wird. Es mußte unser Programm sein, unsere Lage auf dem Balkan zu bessern, einen Bund mit Bulgarien einzu­gehen und hiedurch Rumänien zum Festhalten an unse­rem Bündnissystem zu bewegen oder wenigstens in Schach zu halten. Gerade als die Vorarbeiten dieser Aktion in ein er­folgverheißendes Stadium traten, erfolgte das Sarajevoer Attentat und stellte uns vor die Möglichkeit kriegerischer Verwicklung. Unter solchen Umständen war es vom Anfang 3n mein Bestreben, den Krieg, wenn irgend möglich, zu ver­meiden, und so habe ich noch am 8. Juli in diesem Sinne an unseren hochseligen allergnädigsten Herrn berichtet und gegen die sofortige Entsendung eines Ultimatums an Serbien Stellung genommen (als Beweis dient Beilage 1). Infolge der immer deutlicheren Beweise der Mitschuld der serbischen Regierung an dem Attentate und der sich häufenden Provokationen von seiten der serbischen Presse und verantwortlicher serbischer Organe, war cs nicht zu umgehen, ein Ultimatum an Serbien zu stellcnr es wurde jedoch gleichzeitig mit der Feststellung des Textes desselben der in der 2. Beilage niedergelegte Be­schluß gefaßt, welcher den definitiven Charakter der etwa eintretenden kriegerischen Komplikationen auf alle Eventualitäten sicherstellte. Nach Gratz weisen nun diese beiden Dokumente darauf hin, daß Tißa zwischen dem 8. und 19. Juli nicht nur seine taktische Haltung, sondern auch seinen politischen Standpunkt gegenüber dem Kriege verändert habe. Professor Angyals Untersuchungen aber laufen darauf hinaus, nachzuweisen, daß Tißas Wandlung mit der Einsicht zusammenhing, die Führer des Deutschen Reichs hätten den Zeitpunkt für einen Defensivkrieg damals als gekommen er­achtet. Tißa wurde solcherart durch ihre, sowie Con­rads Argumentation von der Notwendigkeit der Kriegspolifik allmählich überzeugt, und schloß sich dann der reichsdeutschen Politik mit dem Einsatz seiner ganzen mächtigen Persönlichkeit an. Die bei­den interessanten Aufsätze beleuchten den tragischen Kampf Stefan Tißas um die Entscheidung der großen Frage „Krieg oder Frieden“ mit sachlicher und wis­senschaftlicher Präzisität. Ihre Ergebnisse verdienen nicht nur von der heimischen, sondern auch von der internationalen Kriegsschuldforschung beachtet zu werden. Eine englische Stimme über Ungarn. Der ausgezeichnete Freund unseres Blattes Sir Charles Wood veröffentlicht in der Aprilnummer der Contemporary Review einen außerordentlich klaren und instruktiven Aufsatz über die öffent­lichen Zustände; in Ungarn aus Anlaß der zehnten Jahreswende des Waffenstillstandes. Sir Charles hat Ungarn das erstemal vor genau acht Jahren besucht, und in den Worten, in denen er damals die Lage schilderte, zitterten die bitterböse Stim­mung und die kritische Spannung im Seelenleben unseres Volkes nach. Vor kuxzem besuchte nun Sir Charles wieder einmal Ungarn, und den ge­waltigen Unterschied zwischen damals und heute gibt er in folgenden Worten wieder: „Die bitteren Erfahrungen der ersten Jahre, die beklagenswerten Versuche König Karls, nach Ungarn zurückzu­kehren, die Festigkeit, mit der die Kleine Entente und ganz Europa ihm entgegentraten, blieben augenscheinlich nicht ohne nachhaltigen Eindruck. Auch hat schon die Zeit viel Erbitterung hinweg­geschwemmt, und obwohl man es nicht ohne wei­teres zugibt, ist dies besonders in der gemilderten Rivalität der politischen Parteien und in der Stel­lungnahme der Öffentlichkeit zu den internationalen Fragen zu bemerken. Den Stammesbrüdern unter fremdem Joch wird immer noch viel Sympathie entgegengebracht, es wurden jedoch die meisten, die aus dem Kriege heimgekehrt sind oder von den entrissenen Gebieten nach Ungarn abwanderten. allmählich im alltäglichen Leben aufgesogen, und diese Tatsache allein hat die Wellen glätten ge­holfen. Vor zehn Jahren standen Staat und Gesell­schaft am Rande des Ruins, heute verfügt die Staatskasse, zum Teile auch das Publikum über ansehnliche Geldmittel, deren Sicherheit man nicht gern aufs Spiel setzen möchte. Obwohl die Bevölkerung nicht über das volle und unbe­schränkte Recht verfügt, bei den Wahlen frei ab­­stimmen zu können, und obwohl die Agrarreform nicht in dem Maße wie in den Nachbarländern durchgeführt wurde, so haben die teilweise und be­schränkte Ausbreitung und Ausübung des Stimm-

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