Schul- und Kirchen-Bote, 1903 (Jahrgang 38, nr. 1-21)

1903-01-15 / nr. 2

18 Presbyterium war er freilich nicht ganz recht. ALS der Pfarrer entrüstet fragte: „Was denkt Ihr, was machen die jungen Leute bei zugedrehter Lampe im dunkeln Zimmer?“ antwortete der Kirchenvater mit leuchtenden Augen: „Noch heute denke ich gerne an diese Dinge zurüc. Soll­ man denn Den armen jungen Leuten gerade alles abschweiden? Wir haben es ja auch so gemacht und sind nicht gerade die Schlechtesten geworden. Was die jungen Leute da machen, das wissen wir aus Erfahrung, das braucht der Herr Bater nicht zu wissen“. Unweit leichter gelang es die Kinder an einen regelrechten Stirchenbesuch und Mitsingen zu gewöhnen, denn er hielt dafür, daß wir nur dadurch wieder zu fleißigen Kirchenbesuchern kommen könnten, wenn die Leute von Kleinauf an das Kirchengehen ge­­wöhnt würden. . Eng verschwistert mit Dem Schulmeister ohne Zopf ist der Schu­inspektor­ ohne Zopf, der nicht bei jeder Gelegenheit den strengen Vorge­­festen, im Gegenteil, wo nur möglich den wohlwollenden Menschen heraus fehrt. Dadurch ist er nirgends zum Kameraden seiner Untergebenen herab­­gejunfen. Mit Liebe und Aufrichtigkeit weiß er auch den Schwächsten zu sich empor zu ziehen. Er will nicht das Mädchen für alles werden, er er­­zieht sich nur die Krätte zur Lösung der Fragen in der Gemeinde und sieht es gerne, wenn seine Zunftgenossen geehrt werden und Einfluß gewinnen. Sie sind ihm der verbindende Mörtel zwischen dem Pfarrhaus und der Gemeinde, und er hält das Vorhaben derer, die ausnahmslos lieber Bauern zu ihren nächsten und besten Helfern und Beratern erziehen wollen, für das ausgezeichneteste Mittel eine Schar von Heuchlern und Schmeichlern um sich zu sammeln In ihm sieht der Lehrer den treuesten Freund, den zuverlässigsten Berater, die feste Stage, an der sich auch der größte Sturm­ brechen fand. 3 Bevor ich auf die beiden Kopfträger übergebe, erlaube ich mir zwei Zeitungsnotizen, welche sie auf den IX. Lehrertag bezogen, richtig zu Stellen. Die eine Notiz hieß beiläufig: „Mit Best­rzung vernahm man von einem 3,5 g zung Konflikt, der zwischen den V­olksschullehrern und den Behörden ausgebrochen“. Menschen, die mit Behörden in Konflikt geraten, haben meistens einen z­vei­­deutigen Ruf, und diese Beschuldigung darf auf den Lehrern nicht lasten. Die Sache verhielt sich anders. Durch Reden und Schreiben war zwischen zwei Hauptfaktoren unseres Wolfslebens, zwischen Pfarrern und Wolfsichul- Lehrern, ein sogenanntes feindseliges Fingerziehen entstanden, das sich in einem Kirchenbezirk bis vor Die Behörde verirrt hatte. Wer das Feuer entzündet und Die meisten Scheite zugelegt, über das wird vielleicht Die­­ Zukunft mehr Licht verbreiten. Weiter stand in einem Bericht über die verhandelten Thesen von Miorres, „Interessenvertretung”, daß nicht — nicht mit Fettdruck — die Anträge von Mierres angenommen worden. 30 selber habe mich an dieses „nicht“ nicht gestoßen, andere aber haben es, und die Nichtannahme der Morresischen Anträge, oder besser, das Zurücziehen derselben durch den Antragsteller, hat vielen die bittere Aeußerung abge­­rungen: Man sehe, wohin man komme, wenn man auf halben Wege stehen bleibe! Nun würden viele behaupten: E38 sei eigentlich viel Geschrei und wenig Wolle gewesen, und am Ende habe der treffende Berg denn doch nur eine Maus geboren. Diesen sei er­widert: Zwei oder drei Freunde wissen und billigen die Gründe, welche Morres bewogen, seine Anträge fallen zu lassen. Wären Diese aber zur Abstimmung auf dem IX. L­ehrer­­­ ‘ _ |

Next