Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1884. April (Jahrgang 11, nr. 3130-3154)

1884-04-01 / nr. 3130

Seite 324 Hemannstadt,Dienstag Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt. 1. April 1884. Nr. 3130 stimmungzustimmte,welche heute die­ Vorlage charakterisiert dab nämlich das Haus auch seine Zustimmung nit verjagen und dasjenige bewi­lligen wird, was zur Durchführung und zweckmäßigen Applikation des Gefeges er­­­forderlich ist. Ich nehme also den Gefegentwurf, welcher die Qualifikation prinzipiell ausspricht, an. oh Paul Hoitjy: Bei der Beratung dieses Gefegentwurfes müsse man nicht blos die politischen, sondern auch die sozialen Rücsichten vor Augen halten. Die sozialistischen Uebelstände halten die besten Kräfte der europäischen Völker gebunden; die Duelle dieser Uebelstände liegt darin, daß die Arbeiter mit ihrem Lose unzufrieden sind. Sonst pries man die Friedensjahre als die Jahre des machtendes Wohlstandes. Jehr haben wir fon seit 17 Jahren Frieden, doch sind wir kaum mehr im­­stande, die Segnungen dieses Friedens zu ertragen. (Zustimmung auf der äußersten Linken.) Es wird auf industriellem Gebiete Krieg geführt und diese harten Kämpfe werden vielleicht nicht eher aufhören, als bis der einen Partei selbst der fette Kreuzer ausgegangen ein wird. Ich hoffe jedo­ch, daß es möglich werden wird, auch diese Frage ohne soziale Umgestaltungen, namentlich ohne gewaltsame Umgestaltungen zu tösen; in dieser Beziehung beginnt schon aus den Laboratorien der Wissenschaft ein schwaches Morgenrot zu s­­chimmern. Im weiteren Verlaufe seiner Rede führte Holljg aus, daß bei uns die Gewerbetreibenden nicht Schuß gegen die Fabriken, gegen die große Kapitals»­­anhäufung, gegen das unverhältnismäßig verteilte Vermögen suchen; sie wollen blos, daß die solide Arbeit gegen die unwohlfeilen, schlechten Erzeugnisse der Pfufcher geshüßt werden sol. Und diesem Zweckk trachtet der vorliegende Gelegentwurf durch verschiedene Bestimmungen gerecht zu werden. Es genüge nicht, unsere Gewerbetreibenden gegen die ungarischen Pfufcher zu schügen; man sollte sie auch gegen die österreichischen Pfuicher shngen. So lange dies nicht geschieht — und unter den jenigen staatsrechtlichen Verhältnissen ist dies nit möglich — kann sich in Ungarn seine gesunde Industrie entwickeln. (Lebhafter Beifall auf der Äußersten Linken.­ Redner führt aus, das Ungarns Rohprodukte nach Oesterreich ausgeführt und von dort als Fabrikat­ nach Ungarn zurücgebracht werden. Dadurch verliert Ungarn zahllose Millionen. So lange dieser Zustand dauert, kann sich in Ungarn seine Industrie entwickeln ; dagegen giebt es nur ein Mittel: Zollibranten an der Leitha! (Stür­­­mischer, anhaltender Beifall auf der äußersten Linken.) Schließlich sagt Nebner, das Wenige sei immer mehr wert, als das Nichts. Er wolle den Gemwerbetreibenden selbst einen geringen Schuh nicht verwehren, aus diesem Grunde nehme er den Gefeßentwurf im allgemeinen an.­­­ Emerich Bende zählt die Vorzüge der Vorlage auf, fürchtet jedoch, daß der Gefeßentwurf Groß all seiner und wenigstens in polizeilicher Beziehung notwendigen Bestimmungen im Wesen der Sache sein entsprechendes Resultat erzielen wird. Er fürchtet, daß die Vorlage in ihrer gegenwärtigen Gestalt nicht genug stark sein werde, um das Gewerbe auf der schiefen Bahn des rapiden Verfalls aufzuhalten, auf welche es in unserer Zeit geraten sei, ge­­schweige denn, dasselbe zu entwickeln und zur Höhe eines geachteten und nüßlichen Berufs zu erheben. Redner äußert sich sodann über die Qualifikation und führt als Gegenargument gegen dieselbe an, daß auch die unbeschränkte Gewerbefreiheit die Erlernung des Handwerks umb die im Getrerbe natur­­­gemäß gelegene Vervollkommmung nicht ausschließe, sondern daß diese umso mehr motiviert erscheinen, je freier die Konkurrenz der Arbeit sei. Redner nimmt den Gefegentwurf an, behält sich jedoch Gegenanträge für die Spezial­­­debatte vor. Graf Albert Apponyi: Der Titel Gewerbegefeß verspricht eigentlich mehr, als er in sich faßt. Denn die Gehege, welche unter diesem Titel in Deutschland und Oesterreich geschaffen wurden, enthalten bles die gejegliche Regelung eines Zweiges der Industrie: der Manufak­urbranche. Zwar enthält die Vorlage auch einen Paragraphen über die Fabrikarbeiter, doch ist dieser unwesentlich und daher hält Redner den Gelegentwurf als solchen, der bios die Organisation der Manufakturindustrie bezweckt. Auf drei Punkte mu­s ® Redner das Haus aufmerksam machen: auf die Regelung des Lehrlingsunwesens, die Dualifikation und den Genossenschaftszwang. Was den mehreren Punkt betrifft, so erklärt Redner, daß dasjenige, was das Geseh diesbezüglich bestimmt, er praktisch für undurchführbar hält und wird er diesbezüglich gelegentlich der Spezialdebatte Anträge stellen. Redner übergeht sodann auf die Konkurrenz zwischen Groß- und Klein­­industriellen und erörtert die Verhältnisse, welche dadurch entstehen. Dies­­­bezüglich künne der Gelegentwurf Abhilfe treffen und dies ist es auch, warum er j denselben warm begrüßt. (Zustimmung.) Die Bestimmungen über die Lehrlinge, die unter behördlicher Kontrolle stehen, geben Garantie für deren Ausbildung für ein gewisses Bildungsminimum. Und das sind die Vorteile der Dualifikations-Bestimmungen. Auf die Fabrits-Geseßgebung übergehend, führt Redner Beispiele an, daß es in Ungarn Fabriken giebt, in denen nicht einmal eine Fabriksordnung ausgehängt ist und zwo Jünglinge unter 16 Jahren zu täglich 14stündiger Arbeit angehalten werden. Er hält es demnach an der Zeit, daß man sich in unserem Vaterlande auch mit der Fabriks-Geseh­­­geseßgebung befasse. Redner erklärt schließlich die Vorlage anzunehmen, behält sich jedoch für die Spezialdebatte die Einreichung von Modifikationen über die Genossenschaften vor. (Lebhafter Beifall.) Abt Benedikt Göndolca nimmt die Vorlage an. Hinsichtlich der Verwendung der Kinder in industriellen Fächern fordert er noch strengere Verfügungen und aus der Hilfskasse sollen auch trifende Arbeiter unterstügt werden, wenn es sich nicht um einen sträflichen Strife handelt. In dieser Beziehung meldet er für die Spezialberatung ein Amendement an. Pet, 28. März. Bohmund Steinacher. (Wir werden dessen Rede vollinhaltlich nach­­­tragen.) A­ndreads GHYörgYy lehnt den Gesehentwurf ab; seiner Ansicht nach braucht man denselben nicht, denn von demselben ist sein Resultat zu er­­­warten und auf eine radikale Aenderung der Verhältnisse wird er seinen Einfluß nehmen. Er hofft, daß in nicht ferner Zeit die Ernüchterung ein­­­treten und eine Neurevision­ dieses Gesees verlangt werden­­­ wird. Ludwig Lang erwartet vom Befähigungsnachmeie f eine Besseiung der Situation des Kleingewerbes, allein lebt es erblickte hierin eine VBanacee und nach Erhalt derselben werde er seine Aufmerksamkeit gewiß den anderen Ur­­­sachen der gewerblichen Uebelstände zuswenden. Auch er glaubt an die Zukunft des Handwerks, denn auch die blühende Kunstindustrie des Auslandes sei eigentlich eine Handwerksindustrie. Das Aufblühen des Handwerks dürfte aber auch von den Zwangsgenossenschaften nicht erwartet werden, sondern nur von der Förderung des gewerblichen Unterrichts, von der freien Assozierung und von der Selbsthilfe. Ignaz Helfy erörtert, daß er bis zum Testen Augenblicke für die voll­­­kommene Gewerbefreiheit kämpfte und sich nur mit schwerem Herzen entschlossen habe, daran zu rütteln. Man kann eben den Anfang, aber nicht das Ende einer solchen Verfügung sehen. Die Gewerbetreibenden suchen die Ursachen der Uebelstände an einer schlechten Duelle. Das gemeinsame Zollgebiet, die Großindustrie und der Umstand, daß bei und der Kredit nicht organisiert ist, daß sind die Ursachen der Uebelstände. Schließlich erklärt Redner, daß er die Vorlage im allgemeinen annehme. Graf Theodor Andrasfy bemerkt, daß die Vorlage, sowie jede Be­­­schränkung der Freiheit nur dann zu rechtfertigen wäre, wenn nachgew­iesen werden könnte, daß diese Beschränkung gemeisse Vorteile geschaffen. Es wäre notwendig zu prüfen, ob den bestehenden Weberständen nicht durch­­­ andere Mittel abgeholfen werden künnte, als duch die vorgeschlagenen. Im dieser Beziehung ist nebst Entwiclung der Fabrik­industrie die Vermehrung der Kommunikationsmittel in Betracht zu ziehen. Bezüglich der Dualifikation bemerkt Redner, daß die Hebung des P­roduktions-Niveau’3 nur so zu ber­­­stehen ist, daß durch die Qualifikation der Kreis der Produzenten stark redu­­­­ziert werde. Er glaubt nicht, daß die duch Schwächung der Produktion in Aussicht stehende Preiserhöhung für das Land von Vorteil sein würde. Im Gegenteil: die Exportfähigkeit würde sich vermindern, der Import notwendig werden und dann­­­ w­ürde die Gefahr jener Konkurrenz sich erhöhen,­ welche den Pla überschwemmt und gegen welche Konkurrenz die Dualität seinen Danım bildet. Redner erklärt sich noch gegen das selbständige Zollgebiet und nimmt die Vorlage in allgemeinen an. Ministerpäsident Koloman Tipa tritt für den Ausschußbericht ein. Die Grenzen, die er sich bei der Vorlage gestellt, waren, daß er nicht biß zum Zunftigsten vordringen wollte und die Wünsche, Forderungen und Interessen der Industriellen infomweit zu berücksichtigen, daß dadurch die Interessen anderer Gesellschaftsklassen nicht gefährdet erscffnen. Redner anerkennt zwar, daß die Industriellen bei uns in den Ielten Jahren vielen Leiden aufgeseßt waren, aber er muß angesichts vieler Klagen erwähnen, daß in anderen Staaten, wo die Fabrik­industrie eine viel größere als bei uns ist und wo — wie hier betont wurde — die Kleinindustrie besser gestellt ist, die arbeitende Klasse viel größeren Leiden ausgelegt ist als bei und. Redner warnt besonders vor der Stusion, als ob infolge der Errichtung von Bollshranken gegen­ Oesterreich unter Gewerbe einen Aufschwung nehmen würde. Die Herren vergeben aber, daß Desterreich das beste Abjatgebiet für unsere Rohprodukte ist und daß es nur unser Schaden wäre, wenn Oesterreich dann auch seinerjeit­­­ung gegen­­­über Zollschranfen errichten würde. Solche Stusionen sind auch dadurch schädlich, daß sie von den wahren Ursachen der Ueberstände die Aufmerksam­­­keit ablenken. Er erinnert daran, daß unser Gewerbe sie gegenwärtig in einem Uebergangsstadium befinde, das die Industrie jedes zivilisierten Landes mitmachen mußte und das überall so lange dauert, bis die Gewerbetreibenden durch angestrengte Arbeit sich den geänderten Verhältnissen angepaßt haben. Er ist überzeugt, daß unsere Industriellen an die Vorteile eines selbständigen Zollgebietes nicht glauben und thäten sie es, dan würden sie nach einigen Jahren das gemeinsame Zollgebiet zurücfordern und auf jene Abgeordneten­­höse sein, die sie auf falsche Fährte geleitet haben. Redner empfiehlt schließ­­­lich die Vorlage zur Annahme. Politische Webersicht. Sermannstadt, 31. März. Am dritten Tage der Debatte über den Gewerbegefegentwurf waren unsere Landesväter, bis auf den kleinen Umstand, daß mehrere der vorge­­­merkten Redner, als man sie aufrief, im Saale nicht anwesend waren, noch so an dem Gegenstande der Verhandlung teil­­nehmend wie am ersten Tage. In der Sagung vom Sonnabend sprach an der Kronstädter Abgeordnete Wolf Hay. Redner hält den Entwurf zwar nicht für eine epochale That, doch aber für einen k­leinen Schritt zur Befseiung, und als erste bescheidene Etappe einer günstigeren Entwickklung nimmt er denselben im allgemeinen an. Ungarn, meinte der Redner, habe die im Gewerbe liegende Wolfskraft lange vernachlässigt und als im Jahre 1872 eine Regelung des Gewerbe­­­wesens erfolgte, sei diese allzu sehr von den Phrasen der Manchesterschule beherrscht gewesen. Das Gewerbe sei dadurch desorganisiert worden, die ehr­­­liche, nachtü­chtige Arbeit in den Hintergrund, die Spekulation und die Aus­­­beutung fremder Kraft in den Vordergrund getreten. Im neuen Entwurf zeige sich — zum Teil gegen den Willen und die Ueberzeugung der Regierung — der Rückschlag. Selbst von den Gegnern wird die sachliche Kritik, welche der Kronstädter Abgeordnete an der Vorlage ausübte, anerkannt. Die Berliner „VBoifishe Big.” brachte die Nachricht, daß Fürst Bis­­­marc das Präsidium im preußischen Ministerium niederzulegen beabsichtige, und daß Puttsammer dasselbe übernehmen werde. Die „Bot“ muls dies­­­bezüglich erfahren haben, diese Nachrichten seien verfrüht, auch nicht in allen Teilen gleich begründet, hätten aber einige Wahrscheinlichkeit für sich. Im Landtage des Königreichs Sachsen haben die Mitglieder der deutschen Fortsschrittspartei, dem Chef des Berliner Fortschrittes, Eugen Richter, den Gehorsam gekündigt. Herr Richter bekam er zu hören, daß man mit seiner Haltung im deutschen Reichstage und im preußischen Abgeordneten- Hause nicht einverstanden sei. Das Un­wohlsein des englischen Premier Gladstone hält an. Seine Anhänger geben übrigens, zu verstehen, daß, selbst wenn er genesen würde, er kaum mehr im­­stande sein dürfte, die Stelle als leitender Minister weiter zu versehen. Die Angriffe der Konservativen auf das gegenwärtige Kabinet werden in heftiger Weise fortgejebt. Bei der Ernennung von zwei neuen Kardinälen erinnerte der Bapst im Kardinalkollegium an seine bei jedem neuen Attentat auf die Rechte des Papststuhles formulierten Broteste und sagte, man schreite auf der Bahne dieser Attentate vorwärts und suche sich durch alle erdenklichen Mittel im Besige Roms zu befestigen. Der Papst verurteilte demzufolge neuerlich alles, was zum Nachteile der Kirche unternommen worden ist, bekräftigte wiederholt alle Rechte derselben, nicht aus Ehrgeiz, sondern aus Pflicht, und beklagte, den wandelbaren, unsicheren Schiedsrichtern preisgegeben zu sein, wie beispiels­­­­weise in Angelegenheit der Propaganda; er sehe noch ernstere Heimsuchungen voraus, sei aber bereit,­­­­ieselben­ zu ertragen. Die Feinde des Papsttum g schworen, dasselbe wo­­möglich 613 zum Äeußersten zu treiben. Der Vertreter der Vereinigten Staaten von Nordamerika in Berlin, Sargent, ist bekanntlich zum Gesandten in Petersburg ernannt worden. Sargent hat auf den ihm übertragenen Petersburger Posten alsbald wieder resigniert. Derselbe tritt aus dem diplomatischen Dienste zurückk : Mofal- und Tages: Chronik. (Der ständige Ausschuß) des Hermannstädter Komitats hielt gestern eine Sihung; in derselben veranlaßte eine sehr eingehende Debatte das Gesuch der Nachbarn des Komitatshauses, den zu erbauenden Saal gegen den Solduich zu bauen, doch wurde von der Mehrheit des Ausschusses abgelehnt, den recht­­­ zu Recht bestehenden Beschluß zu r­eaffumieren und auf den neuen Plan ein­­­zugehen, der Mehrkosten von 20.000 fl. mit sich gebracht hätte. Betreffend der Hatterstatut3 verlangt der Minister die Aufnahmen eines Paragraphen,­­­wornach die Besiiegelung nicht der politischen Gemeindevertretung zukommt, sondern den Grundbelegern, so daß die Mehrheit derselben (nach den Besit­­­proportionen) zu entscheiden hat, wie jene Regelung zu geschehen hat. Der Ausschuß beantragt die Annahme dieser und einiger anderen un­wesentlichen Bestimmungen. Im Anschluß an jenen ministeriellen Wunsch konnten die „Barpat“, Ballade von Felix Dahn für Soli, Chor und Orchester kom­­­poniert von Willem de Haan. Op. 10. II. Nr.3.(Sopran-Solo mit Chor.) Daß die Drohung ernst gemeint war,das hören wir den furchtbaren Akkorden an,mit welchen das letzte Wort der mütterlichen Strafpredigt be­­­gleitet wird.Noch hat aber Frau Grimtrud die vorletzte Silbe ihres Sermons auf der Zunge,so springt ihr schon die ränkevolle Ungeduld und Schaden­­­freude des Chores in das­ Wort und beginnt piano und reggiero—als wäre diesem überquellenden Hasse jeder laute Klang der Stimme abhanden gekommen­—in atemlos sich überlaufenden Fluten zischend über die Harpa herzufallen:»Ha,nun muß sie sich müh’n mit Flachs und mit Spule,des Windes,der Wylkenthörige Buhle««,doch mehr und mehr arbeitet sich die kochende Wut aus dem schäumenden Lispeln heraus,sie kommt zu sich und gewinnt in rapider Steigerung den vollen Ton,der von den abgerissen drein prasselnden Salven der ganzen Harmonie sich mächtig abhebend,,,nun wird sie verderben der stolze Wahn«aquust und mit dem Siegesbewußtsein des Hasses förmlich aufjubelt:,,denn das Werk wird nimmer zu Ende gethan!« Und nun steigert sich noch das Tempo der Musik,während die Meute gleichsam »die Tribüne besteigend den schmählichen Ränken des dem Hohen abgewandten Unverstandes die Larve der Moral versteckt und von dort wie ein unver­­­brüchliches Gesetz im heuchlerischen Choralton herunterposaunt:,,So soll alles erliegen im Leben,was höher als andere das Sehnen willheben,«brodelt es zu diesem breiten cantus Firmus der moralischen Lüge in den Saiten­­­instrumenten wie Gischt eines siedend aufbrausenden Meeres.Nachdem aber die Bande ihr Gewissen mit der Dekretierung eines solchen Anatoms zu­­­friedengestellt,bringt sie nun in vermehrter Wut ihre Schadenfreude zum Ausdruck.Doch die arme Harpa versucht sich gehorsam dreinzufinden, bringt doch das gute Menschenherz dem Frieden zu lieb so manchestens zum Opfer!Wie sie in rührender Klage von der geliebten Harfe Abschied nimmt und mit zerrissenem Herzen in die Worte ausbricht:»Doch mag schweigen die Saite,verstummen das Lied,"durch die Brust unendliches Sehnen zieht«, da tauchen tief unter dem Schwanenlied des armen Opfers die dunklen Männerstimmen—wie die bösen Geister der Hölle empor und raunen ihr pianissimo,sich gleichsam in Harpe kann erst es schattenhaft einwühlend zu. ,,nun wird sie verderben der stolze Wahn,denn das Werk wird nimmerzu Ende gethan!«Zu lange hat den Würgern desteals das ergreifende Klagelied gedauert;eine Stimme nach der andern beginnt neuerdings­­­­doch jetzt schon in kunstvoller Verflechtung eines fugierten Aufbaues­ zu höhnen:»da,nun muß sie sich müh’n mit Flachs und mit Spule«,das Orchester entfesselt nach und nach alle Tonflutem die Posaunen rauschendrein und aus dem Knäuel der sich an Leidenschaft überbietenden Stimmen läßt der Komponist jenen moralisierenden cantus Eis­mus:,,So soll alles erliegen im Leben«,stimmenweise vortreten,wie ein Dogma des Hafses,das dem wütenden Toben einen Heiligenschein verleiht,und wie ein Banner,das die einzelnen Gruppen zum letzten Vernichtungskampfe berauscht Während schließlich die Stimmen neuen Hohn beginnen:,,laßseh’n,ob ein Gott aus den Wolken ihr niedersteigt«,schwebt darüber sanft der Harpa Klagelied,bis es unbekümmert ob des unten dräuenden Sturmes himmelanverhallt,sodaß nun die Wogen — wie aufgebracht über den Entgang des noch unnahbaren Opfer — mit donnernder Wut zusammenschlagen. So ist denn der Knoten vom Komponisten genial geschlungen und damit schließt der erste Teil des Werkes ab. Nr. 4 (Sopran-G Solo). Harpa ist nun vor dem schredlichen Flachsberg, der gesponnen werden muß, bis die Sonne versinkt in Gluten. Was durch ihre Seele zieht, das erzählt und zuerst mit wunderbarer Inbrunft ein ergreifendes Vorspiel, welches aus zartem Gemisch von Waldhorn- und Fagottstimmen bis zum Voll- Hang des Orchesters — doch ohne Trompeten, Befallen und Pausen — so entwickelnd, so recht die Stimmung des armen Kindes und mitempfinden läßt, die allmälig bis zum Aufschrei einer lauten Klage gesteigert, ebenso allmälig in dumpfe Ruhen der Resignation versinft. Die­ musikalische Anlage dieses Bei­­­spiels ist innerlich und äußerlich wertvoll; sie fesselt durch den Netz ihrer gediegenen Schönheit und zwingt uns unwiderstehlich, dem nun leise beginnen, den Gesang der Harpa atemlos zu laufhen: „Nun zieh’ ich den Boden, ich armes Kind, 5iß die Finger blutend mich stechen, ob auch Himmel und Meer zu mir beginnt in verwirrender Sprache zu sprechen.” Nur zwei Mitarinetten und das erste Fagott begleiten die sanft klagende Melodie bis zu diesem Schluß, zu welchem ganz zuleit noch das zweite Fagott Hinzutritt. Wie aber Harpa fortießt: „E38 rauschen die Winde manch’ Teifes Wort und die Wellen manch’ rodende Weife”, übernehmen die Begleitung doleissimo die Streichinstru­­­mente, nur das leife Wort spricht dazu das erste Fagott. Das arme Kind kann aber dem mächtigen Drang des Herzen? — und gar in dieser Stimmung — nicht wehren: e3 spinnt zwar mit der Rechten getreulich fort, — Hoch, da war bereits süßer Harfenton dreingeschwebt! — mit der Linken nur fingert e8 leise. Möge das, wer will, als zu realistisch verurteilen: e3 ist berühkend Schön und Herz und Ohr erliegt dem Zauber dieser höchst­­sinnigen Begleitung. Hoch Hinauf Schwingen sich nun die Geigen mit verlangendem Ton; auch­ Harpa’s Sehnsucht erstirbt in weiter Ferne. Da meldet sich wie pochender Flügelschlag ein zarter Waldhornton, und immer und immer raunt er gleich darauf so allerliebst von der Klarinette zur Flöte hinauf: ein Hänfling ist es, der vom Unter zum Turm hereinfingt! „Er singt vom Wald und von Frühlingspracht und von lauschig riefelnder Duelle“, daß Harpa vom Saiten­­­spiel nimmer Yaffen kann: „mit der Linken rühr ich die Saiten facht, doch die Rechte die spinnt viel schnelle.“ Da rauf wht er unheimlich: zwei Raben find’3, „der Hänfling floh, durch die Wolfen zieht er im Sturme“, Harpa erkennt die Boten Ddhin’z, des Wanderers, und zum lauten Jubel wird ihre Sehnsucht, als sie ihn dem Turme nahen sieht. Nr. 5 (Chor). Kaum verhallt Harpa’s Zuberruf, so beginnt ein unheimliches Tremolo der­ Saiteninstrumente zu­ vibrieren, wie das Geheul eines Dxrkanz schmettern beängstigend die Waldhörner drein, mehr und mehr rauscht der nahende Sturm heran, bald laut auffreischend im Schreden, bald nur Teile in erdrüdender Angst macht sich dabei auch der Frau Grimtend ganzer Chorus nach Mög­­­lichkeit Luft, bis aus dem fast verstummten Braufen ein ungestümes Cres­­­cendo plöglich einen von­ allen Trompeten, Bosaunen und P­aufen gehörig begleiteten Sturmesanprall heranweht, daß darob das Tempo in ein Schleuniges Alla breve sich wandelt, und der Chor ein grandioses „Weh uns!“ auf­ Ichreit. Das braust und wogt nun im Chor und Orchester immer mehr; heufend mischen sich die Angst- und Wehrufe der Singstimmen mit den laufen­­­den Spakopen des Streicherchors, — nun ein legter Aufschrei: „horcht auf, in den Tannen welch Braufen!” und alles verstummt außer dem schrillen Tremolo der Geigen find Bratschen, daß — während die Pause wie der Donner im fernen Grollen nachhallt, — sich Hier gleichsam zum schneidigen Pfiff des Sturmmundes steigert, biß ein rauschender Schlag der Reden erst recht den Eintritt die wahren Katastrophe markiert. Darob erschreden Klein­­­laut auch die Geigen,­­­ das­­s Grollen der Pause verstummt; doch ist die ein­­­tretende Stille nur Täuschung und der reife und tiefe Einfab der Streichbarfe jet fih ung wie ein schwerer Alp auf die Brust. Und jet exft zeichnet uns der Komponist die Katastrophe ganz genial in ihrem ganzen Verlauf. Während sich im Orchester der Sturm mächtig entfaltet, und bald aufbraust, bald senkt, beginnen die Singstimmen zwei Themen polyphon zu einem herr­­­lichen Gewebe zu verflechten; das eine Thema bricht die innere Angst aus: „Weh’ ung, mir ist: eine dunkle Gestalt seh’ ich näher und näher laufen“, das andere schildert mehr in synkopierter Haltung den Vorgang im Gewitter: „Wie das weht und trogt, wie das waffelt und rauscht in den Lüften gleich Adlergefieder !” Die erste Durchführung schließt fortissimo mit zweimaligen­ „Weh und“ des ganzen Chors; die zweite, t worin der Komponist beide Themen noch enger um einander schlingt, leitet zuerst der Baß mit seinem „Weh’ uns“ ein, welchen Schrei Alt und Tenor gemeinschaftlich wiederholen. Nun rauscht auch die zweite Durchführung mit naturtreuer Gewalt einer grandiosen Katastrophe an uns vorüber, das sehte „Weh’n uns!“ verstummt, — das Orchester erlahmt gänzlich und spielt — allmälig in seine Keinsten Broden zerjeßt — beängstigend leise; doch wir selbst atmen im Interesse unserer lieben Harpa auf, wenn wir nun hören, wie die ganze Notte ihrer Verfolger auf das anständige Donnerswetter des Himmels hin abergläubisch auf das schlotternde Knie fällt, und man ihr feiges Gebet murmelt: „in der Brust das erbangende Herz mir lauscht, ob ein Gott hier steiget hernieder.” Nr. 6. (Duett.) Ein sanft düsteres Vorspiel von Bratschen und Violoncellen, zu denen nur unterstügend Bagott, SM­­arinette und Kontrabaß stellenweise hinzutreten, leitet DdHim’s Erscheinen bei Harpa ein. Es klingt fast wie andächtiger Orgel- Hang, — erscheint doch ein nordischer Gott hier! Er hebt seinen göttlichen­­­­­­ Me 3 :

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