Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1900. Dezember (Jahrgang 27, nr. 8197-8220)

1900-12-08 / nr. 8203

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Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Haasenstein , Vogler (Otto Maas), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Nachfolger, Hein­­rich Schalek, J. Danneberg, M. Zitters Inseraten­­bureau „Die Annonze“*, Budapest A. W. Gold­­berger, B. Eckstein, J. Blockner, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile fortet beim einmaligen Einraden 14 9., das zweite­­mal je 12 9., das drittemal je 10 9. XV Jahrgang. Die Abwehr der Haromfeker Nationalitätengefeh­­agitation. —n. Das Gesuch um Abänderung des Nationalitäten­gefeges, dad die Haromfeler Komitatsvertretung, wie bekannt, am 12. Oktober d. h. an das Abgeordnetenhaus und die Regierung zu richten beschlossen hat, macht gegenwärtig seine Rundreise dur das Land. Da auch unsere jähfiichen Komitate voraussichtlich shon im Tausenden Monat fi damit zu belassen haben werden, so halten wir es zum Bwed rechtzeitiger Orientierung nicht für überflüssig, seinen Wortlaut in getreuer — und darum au­f einen miserablen Stil wiedergebender — Weberregung zu veröffentlichen. Das Gen lautet folgendermaßen: „Hocgeehrtes Abgeordnetenhaus! Euere Exzellenz Herr F. u. Minister­­präsident! Im Sinne unseres­ Beischlufses,» der bei Verhandlung des von den Mitgliedern des Munizipalausschusses Dr. Stefan Bene und Genoffen einge­­reichten Antrag betreffend die Außerkraftfegung des 44. Belrgartsfeld vom Jahre 1868 und die Schaffung eines neuen Gefeges unter Brotofollzahl 652 gebracht worden ist, ersuchen mir achtungsvoll das hochgeehrte Abgeordneten­­haus und Se. Erzellenz den Herrn f. u. Ministerpräsidenten um eine Ab­­änderung bes 44, Gefegartifeld vom Jahre 1868, der zufolge „den einzelnen Nationalitäten zwar im mündlichen Der Lehre mit den Behörden der Gebrauß ihrer eigenen Muttersprache gestattet sein sol, sie jedoch bei ihren Eingaben an Behörden, sowie die einzelnen Behörden, Hemter und amtlichen Körperschaften bei ihren Amtshandlungen, amtlichen Verfügungen, Schriften und Protokollen welcher Art immer ausschließlich die magyarische Umtzsprache des Staates sollen gebrauchen können.” Hocgeehrted Abgeordnetenhans! Euere Erzellenz Herr Ministerpräsident ! Der 44 Gesekartikel vom Jahre 1868 über die Gleichberechtigung der Nationalitäten spricht zwar aus, daß in Ungarn das Magyarische die Staats­­sprache sei, unterscheidet jedoch Muttersprache, Geschäfts- und Brotofollasprache bei Gemeinden und Munizipien und gestattet an deren Gebrauch im Rahmen des @efehed. Aber leider erleben wir es, daß die Nationalitäten und die politischen Behörden der Nationalitätenkomitate das Gejeg nicht durchführen, ja daß sogar, gleichsam unter dem Schuge dieses loyalen Gejebes, besonders die Städte mit geregeltem Magistrat und die Gemeinden den Gebrauch der­­magyarischen Amtssprache des Staates selbst dort oft beseitigen, wo der $ 21 deö Gesched deren verbindlichen Gebrauc­h vorschreibt; und indem die National­itätenm­unizipien, Städte und Gemeinden ihre eigene besondere Spraye mit völliger Verleugnung und gänzlicher Zurückdrängung der Staatssprache zur Geltung bringen wollen, geschieht e8, daß auf dem magyarischen Boden unseren magyarischen Baterlandes die Amtssprache der Behörden und Wemter nicht nur eine besondere Nationalitätensprache ist, sondern daß sie nir einmal den mit ihnen zus­ammen­wohnenden Magyaren in der magyarigen Amtssprache des ungarischen Staates ihr Recht zusommen lassen und ihre Besceide außfolgen. Am Morgen unseres Verfassungslebend hat zur Schaffung des 44. @e­ fegartiteld vom Jahre 1868 ganz gewiß unsere Gefeggebung die Erwägung angetrieben, es könnten bei Anwendung des ausschließlichen Gebrauches der magyarischen Amtssprache des Staates in den einzelnen Nationalitätenkomitaten und­­ Städten hiezu sonst geeignete Individuen gegen Unkenntnis der magyarischen Sprache aus dem Öffentlichen Dienste ausgeschlossen werden; aber auch vieler annehmbare Beweggrund hat aufgehört zu gelten, denn seit 32 Jahren opfert unsere Gejeggebung jährlich Millionen für die Entwicklung unseres öffentligen Unterrichtes­­er Unterricht der magyarischen Sprache ist der Gejeg auch in den Schulen der Nationalitäten verbindlich gemacht und wenn trogdem Stan­d­­bürger gefunden werden sollten, die sich auch angesichts der Opfer des ungarischen Staates geweigert haben, sich die magyarische Amtssprache des Staates anzueignen, so kann es solchen gegenüber seine Nechsberaubung darstellen, wenn sie bei der ausschließlichen Anwendung der magyarischen Amtssprage duch ihren eigenen Lehler aus dem Öffentlichen Dienst aus­geschaltet werden. Unsere Motive hiemit Fury dorstellend bitten wir achtungsvoll das hoch­­geehrte Abgeordnetenhaus, Se. Erzellenz den Herren E. ung. Ministerpräsidenten, um eine Abänderung des 44. Geb­hartsfelds vom Jahre 1868 nach der Nichtung Hin, daß dem ungarischen Staat in Bezug auf seine Sprache und seine Einrichtungen auch seitend der Nationalitäten die pfligtmäßige Achtung gesichert sei.“ Wir Haben schon gelegentlich mitgeteilt welche Aufnahme dem obigen Einfall der Harompeter Hinterwäldler bereits in mehreren Schwestermunizipien zuteil geworden ist: man bat ihn, von der Anschauung ausgehend, daß die­ Regierung und das Abgeordnetenhaus besser wire, wann man es wagen dürfe, das Nationalitätengefeb auch formell zu beseitigen, einfach zur Kenntnis genommen, ohne das Gesuch an Abgem­ene­­nhaus und Regierung zu unter­­stoßen. &3 ist mehr als selbstverständlich, daß es in denjenigen Komitaten, in denen das Sadisentum die ausschlaggebende Stimme hat, noch das günstigste Geshhch der Rurrende bedeutet, wenn sie in gleicher Weise, wer natürlich unter anderer Vorauslegung und mit anderer Begründung, einfach und ohne vieler Worte würdig erachtet zu werden, zur Kenntnis genommen wird. &s ist freilich nicht ganz un­wahrsceinlich, daß sich wenigstens in zweien der in Betracht kommenden Komitate auch Streber oder Heber finden werden. Die Antwort, die ihnen zu geben sein wird, ist nicht schwer zu finden. Wie der Text des Gesuches zeigt, enthält es nichts als die allerallgemeinsten und nichtöragendsten Berafen,­­wie sie heutzutage allüberall, wo Chauvinisten wohnen — und wo wäre diese Spezies von Briefhändern nicht zu finden — gehört werden, am häufigsten und lautesten leider dort, wo man etwas mehr Einsicht und Nüchternheit erwarten sollte. &8 wird sich darum handeln, einmal die unbewiesene und ganz gewiß unbeweisbare Behauptung mit der nötigen Ent­­schiedenheit zurückzumessen, als ob in inneren Städten und Gemeinden, die der Passus des Gesuches offenbar im Auge hat, der $ 21 des Nationalitätengefäßes, der bekanntlich die Gemeindebeamten verpflichtet, im­ amtlichen Verlehre mit den Gemeindebewohnern deren Sprache zu gebrauchen, mißachtet und werlet werde. Dieser Versuch, den Spieß umzulehren und die Magyaren als die Märtyrer des nicht eingehaltenen Gejeed darzustelen, verdient es wohl, in seiner Unmahrhaftigkeit bloßgestellt zu werden. Der zweite Bund­, auf den man näher wird eintreten können, ist der in der gegen Ende des Gesuches vorfindlichen Begründung des Revisionsbegehrens enthaltene Gedanke, er sei für jeden Staatsbürger Gelegenheit genug gegeben, sich die magyarische Sprache anzueignen ; wer Dieb zu thun versäume, werde durch eigene Schuld aus dem offentingen Lehen ausgefgalte. Die Antwort hierauf ist naheliegend genug. Sie besteht in einem Hinweis einmal darauf, daß er allen Grundfäßen der Selbstverwaltung Hohn spricht, wenn der an ihr teilgabende Bürger bei Beratung der Gemeindeangelegenheiten si nicht der­­jenigen Sprache fol bedienen können, die ihm am geläufigsten ist, seiner Muttersprache. Ferner muß den Fürsprechern der Harompeler Stantzschrift zu bedenfen gegeben werden, wie sinnlos es ist, vom nichtmagyarischen Bürger und Bauern zu erwarten, daß er sich — den allerbesten Willen vorausgeieht — die magyarische Sprache soweit aneigne, um fi­chrer in parlamentarischer Verhandlung bedienen zu können, wo er ihm doc meistens Schwierigkeiten genug macht, in der Muttersprache seinen Gedanken einen dem Gegenstand an­­gemessenen Auedruch zu geben. &3 ließe sich natürlich zu dem Gesuch um Wiränderung des Nationali­­tätengesäßes noch sehr viel unter grundläglichem und prafischem Gesichtspunkt sagen. Wir unsererseits wollen und mit den gemachten kurzen Andeutungen begnügen. &3 reut­ung beinahe jedes Wort, daß wir auf so selbstverständliche Dinge verwenden. Wir zweifeln nicht daran, daß der Text der Rurrende, an dessen Mitteilung und vor allem gelegen war, in jedem Leser sofort alle jene schmerzwiegenden Einwendungen wachrufen wird, die sie dagegen erheben lassen und daß es, wo und wann es dazu kommt, den täppischen Angriff auf ein Geleg, was als Gtaatsgrundgefeg angesehen werden müßte, mit aller Ent­­schiedenheit abzuwehren, an schneidigen Beweisgründen nicht fehlen wird. Das Bereind: und Bersammlungsrecht in Ungarn. In der Sikung des Abgeordnetenhauses vom 5. d. M. hat sich der Abgeordnete der Rosjuthpartei Samuel Bifontai ausführlich mit der Frage beschäftigt, wie er mit dem Vereins- und Versammlungsrecht in unserem Vaterland bestellt sei. Die Ausführungen, die Redner mit­ zahlreichen Beispielen belegt, stimmen mit den Erfahrungen, die nichtmagyarische Bürger schon längst machen konnten, im allgemeinen überein. Auch in diesem Punkt bestätigt sich die Wahrheit des Sabed, daß alle Willkür und Ungejeglichkeit, die man fi in Ungarn jahrelang den „Nationalitäten” gegenüber unter allgemeinem Beifall gestatten durfte, sich schließlich am Magyarentum selbst in empfindlicher Weise bemerkbar macht, weil sie eben ihrer Natur nach keine Grenzen kennt, sobald man ihre einmal die Zügel hat schießen lassen. Nach dem Bericht des „P. LI.“ hatte der einschlägige Teil der Nede Vifontais folgenden Gedankengang : Ungarn befindet sich in einem verhüllten Belagerungszustand, der schon vom vorigen Ministerium eingeführt, vom Sabinet Szell aber aufrechterhalten wurde. So ist 3.8. die Verordnung, die das Recht der Abhaltung von Boltsver­­sammlungen an die behördliche Genehmigung knüpfit, noch immer nicht zurückgezogen. Wo im Jahre 1878 Koloman Tipa bezüglich des Versammmlungsrechtes ganz ähnliche Verfügungen treffen sollte, wie sie feßt durchgeführt sind, Hat si die ganze Nation dagegen aufgelehnt. Im abges ordnetenhaus reicgte Desider Szilagyi einen in scharfen Ausdrücken abgefaßten Mitbilligungsantrag ein, der unter anderem von Emerich Szivat, August Pulkly, Franz Chorin und dem Grafen Albert Apponyi unterschrieben war. Tipa hat diesen Erlaß auch zurückgenommen. Die Verordnung, die im Jahre 1888 von Desider Perczel als Minister des Innern ausgegeben wurde, enthält aber alle jene Bestimmungen, die sich in der zurücgezogenen Ver­ordnung Tipas befinden und die die Freiheit aufs tiefste verlegen. Redner hat einen ganzen Stoß von Alten bei fi, aus denen er seine Behauptungen belegen will. In Bapa wurde eine V­ersammlung vom P­olizeihauptmann nicht genehmigt, weil dieser P­olizeihauptmann glaubte, daß dur; die Versammlung „die gesellschaftliche Ordnung gefährdet werden könnte.” In GHyönt wurde die Genehmigung einer Volksversammlung versweigert, weil die Versammlung — auf deren Tagesordnung die Frage des Wahlrechts­­und Versammlungrechtes stand — „gegen bestehende Gelege sei”. In Racy­­feve wurde eine Versammlung verboten, weil die Zeit zu kurz war, um si bezüglich der Identität und Zuverlässigkeit der Anmelder der Boltsversammlung Informationen zu verschaffen und weil­ die auf der Tagesordnung stehenden „Anträge und Interpellationen“ nicht näher präzisiert waren. In Marius Theresiopel verbot man eine Versammlung, „weil sie Unzufriedenheit stiften könnte”. In Klausenburg wurde eine Versammlung mit der Motivierung verweigert, daß die auf der Tagesordnung stehenden Fragen eine höhere Intelligenz erfordern, so daß man nicht erwarten könne, daß die Bollsversammlung zur Klärung der Fragen beitragen werde. In Szatmar erklärte die Behörde, daß die Behandlung der auf der Tagesordnung stehenden Fragen Überflüssig sei und nicht zum Emwege führen könne, weil diese Fragen von oft behandelt wurden. In Bach-Topolya wollte man eine Versammlung mit dem Programm: „Die politische Rechtlosigkeit und die Volkspartei” Halten. Oberstuhtrichter Chafar gestattete die Versammlung nicht, weil die politische Rechtlosigkeit schon in Budapest oft als gegenstandslos be­­zeichnet wurde und weil über die Volkspartei in den Zeitungen genug gesprochen ist In Totis wurde eine Volksversammlung aus „Besundheitsrücksichten“ berboten. Redner hat nichts dagegen einzuwenden, daß die Volfsversammlungen gehörig überwacht werden, aber zu diesem Zreede genügt es vollkommen, wenn die Behörden sich auf den Volfsversammlungen vertreten lassen und diese gegebenenfalls auflösen. Ein solches Verfahren, wie es jegt befolgt wird, trägt nur zur Vergiftung der sozialen Gegenjage bei. Wenn man in den Arbeiter- Haften das Vertrauen in die Gerechtigkeit der vaterländischen Behörden und Vermwaltung einhärtert, kann man es ihnen dann übel nehmen, wenn sie in der internationalen Sozialdemokratie in die Arme werfen? Feuilleton. Krügers Weise von Paris nach Köln. Ueber die Fahrt des Präsidenten von Paris nach Köln am 1. d. M. geht dem „Schwäb. Merkur“ ein ausführlicher Bericht eines deutscher Jour­­nalisten zu, der diese Fahrt im Norderpreßzug mitgemacht hat. Wir glauben den Bericht, der interessante Einzelheiten enthält, unseren Lesern mit Erlaubnis der Redaktion des genannten Blattes ebenfalls vorführen zu sollen. Er lautet: Der Zug bestand aus jechs Wagen, dem der für den Präsidenten von der internationalen Schlafwagengesellschaft gestellte Salonwagen angehängt wurde. Die Pläge für diesen Zug war längst vergriffen; nur mit größter Mühe gelang es unserem Gewährdmann, sich noch ein Plädchen zu fiiern. In der Hauptsache waren es französische und englische Journalisten, die mit dem Zuge fuhren. Die Vorgänge bei der Abfahrt sind einfach unbei­reiblich. Die Halle des Nordbahnhofs erdröhnte von den Rufen. Vive Krüger­ und die Massen drängten bis unmittelbar an die Wagen heran, so daß es fast als ein Wunder zu betrachten ist, daß sich nicht schon hier Unfälle ereigneten. Große Heiterkeit erregte ein Damenpensionat, dessen mehr oder minder hübsche Mitglieder sämtlich mit Photographieapparaten bewaffnet waren und mit un­­heimlicher Schnelligkeit Aufnahmen von Krüger machten, sobald dieser sich der Menge zeigte. Ewa zehn Minuten, nachdem ein Vorzug nach Köln abge­­lassen worden war, seßte sich der Nordegpreßzug in Bewegung. Zum sechten Mal zeigte er Krüger am Renster, zum legten Mal sch­wenkte er seinen in Paris neu getauften Zylinder mit dem Trauerflor darum, dann entschwand der Zug den Bliden der Zurückbleibenden. Nach etwa zweistündiger Fahrt hielt der Zug in St. Quentin, wo Hunderte auf dem Bahnsteig standen und den einlaufenden Bug mit betäubendem Stabel begrüßten. Sofort erhob sich Krüger, trat mit der Zabafpfeife in der Hand und dem Bylinder auf dem Kopf auf den Seitengang des Salon­­­­wagens hinaus und ließ das Fenster öffnen. Leider war es­ehr niedrig, so daß der alte Herr fi tief baden mußte, um den Kopf hinausstreben zu können. Natürlich erreichte der Jubel in diesem Moment seinen Höhepunkt. Man tief: Vive Krüger! Conspuez les Anglais! (Spuct die Engländer an!) und fang dann die Marseillaise. Nach weiterer zweistündiger Fahrt hielt der Zug in der roten französischen Station Seumont, einem kleinen, schmäßigen Net. Hier verließen die Stafasien des legten Wagens, die Pariser Gemeinde­­räte, Bahnbeamten u. s. w. den Zug und begaben sich vor Krügers Wagen, um Abschied zu nehmen. Er war kurz, aber ergreifend. Dann feste sich der Zug undr den Rufen: Wiederkommen! Glücliche Reife! und Hoh Krüger! in Bewegung, um nach kaum fünf Minuten in der ersten belgischen Station Erguelinnes, zu halten. Hier sollte programmäßig die Begrüßung durch die Abordnung der belgisgen Burenkomitees, der belgischen Presse, der Staatsbehörden u. s. mw. erfolgen. Wie der Zug einlief, bax­te Krüger eine reizende Mederraihung. Der ganze Perron der Kleinen Station war mit Hunderten von Schulkindern im Alter von 6—8 Jahren belegt, die unter Führung ihrer Lehrer aus den umliegenden Grenzorten herbeigekommen waren und den Präsidenten mit betäubendem Jubel begrüßten, indem sie kleine Bärenfähnchen aus Papier in der Luft schmenkten. Dahinter standen die Abordnnungen der Bergbaustudenten und der Handel­sgüter aus dem benachbarten Mons mit ihren Fahnen und Emblemen und ferner Abordnungen der vers­­chiedenen belgischen und holländischen Burenkomitees. So­bald der Zug hielt, Schichte Krüger sie an, den Waggon zu verlassen, da im nächsten Moment risfen ihn die Hinter ihm stehenden Mitglieder der Burengesandschaft zurück. Die von elementarer Begeisterung getragene Menschen­­menge flutete nämlich mit solcher Gewalt auf den Wagen zu, daß Krüger unfehlbar erbrüct worden wäre. Der Vorfigende des Brüsseler Komitees für die Befreiung Transvaals, Dr. Reinhards-Brüsfel, stieg die Stufen am Salon­­wagen empor und verlad, fürmlle am Wagen hängend, die von 25.000 Unter­­schriften begleitete belgische Landesadresse an Krüger, die, in holländischer Sprache abgefaßt, den Präsidenten der wärmsten Sympathien der Belgier und der Blumen in Belgien versichert. Auch hier war natürlich sein Wort zu verstehen, da die Menge unermüdlich „Vive Krüger! A bas les Anglais !“ rief, Ext als Krüger das Wort zur Ermwiderung nahm, verstummte das Getöte etwas. Er sprach, so Taut­ala ed ihm möglich war, dem belgischen Volk für die ihm hier an der Grenze getworbene Begrüßung und den be­­geisterten Empfang seinen herzlichsten Dank aus und bat um die Erhaltung der Sympathien für Transpaal. Unter den Anwesenden befand sich auch ein junger, zweimal verwundeter Burenkrieger aus Brüsfel in dem Erleichsamen Burenkostüm mit einer riesigen Transvaalflagge über der Schulter. Nachdem sich der Zug wieder in Bewegung gelegt hatte, nahm Krüger die Borstelungen des holländischen Konsuls­ von Brüsfel, des Präsidenten der belgis­chen Journalistenvereinigung und verschiedener Deputierten aus den Städten Ostende, Antwerpen und Brüssel entgegen. Die nun folgende Bahr duch den belgischen Industriebezirk von Charleroi bis Lüttich und Bervierd übertraf alle Erwartungen. Un Gerdienten wurden rüger alle erdenkbaren Dinge in den Wagen gereicht: Worefsen, Blumen, Früchte, Palmz­weige, Lorbeerfränze und Gebäd; das wertvollste Gehen­ war jedenfalls eine kunstvoll geschmiedete Palme, die ein sozialistischer Kunstschloffer ans Hug überreichte. In Namur, dem fünften Haltepunkt seit Paris, gab man die Ansprachen auf, da­ss vor dem totenden Einfall niemand mehr Gehör verschaffen konnte. Hier sprach der demokratische Pastor Daems, der, um sich verständlich zu machen, einfach den Kopf duch das Wagenfenster steckte, was ungemein römisch aussah. Nederhaupt ereigneten sich neben den vielen ergreifenden und ernsten Szenen eine ganze Menge humoristischer Intermezzi. So hielt man allgemein die bis Lüttich im legten Wagen mit­­fahrenden belgischen Journalisten für Buren und bombardierte sie daher mit Früchten, Gebäch und Blumen, ließ sie hochleben und erkündigte sich teilnahme­ vor nach ihrem Befinden. Ein Pariser Bankier, der sich im Zuge befand und einen prächtigen blonden Schurrbart trug, wurde für ein Mitglied der Bumnmission gehalten und ehrfurchtsvoll begrüßt, sobald er si am Fenster zeigte. Leider ging es an verschiedenen Stellen nicht ohne Unglücksfall ab. So wurde auf dem Bahnhof in Charleroi ein reines Mädchen erdrückt und in Lüttich, wo die Bol­dmenge den polizeilichen und militärischen Kardon durch­­brach und Stadeten und eiserne Gitter umriß, verlegten sich viele Personen­­ an den herumliegenden Trümmern. Auch in Verviers sollen Personen verun­­glückt sein. In Berviers, der legten belgischen Station, kam die Begeisterung (Nahhdruch verboten.) zu

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