Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1932. Dezember (Jahrgang 59, nr. 17890-17915)
1932-12-01 / nr. 17890
a Be TER CENPF, ER CET Taxele plätite in numärar ord. Dir, Gen. P.T.T. Ki Allgemeine Volkszeitung für das Deutschtum in Rumänien. Schriftleitung: Hermannstadt, Honterusgasse Ar. 11 Fernsprecher: Nr. 11 und Nr. 130 — Verwaltung: Königin Mariastrafe Ar. 25 Fernsprecher Nr. 237 — Bezugspreis für einen Monat: Hermannstadt: ohne Zustellung 90 Lei; mit Zustellung 100 Lei; mit Postversendung: Inland: 100 Lei; Ausland: 135 Lei. Einzelnummer 5 Lei Nr. 17890: Hermannstadt, Donnerstag den 1. Dezember 1932 59, Jahrgang Die Reform des rumänischen Wahlrechtes Drei Berchläge BSufarest, 29. November. Verkehrsminister Mirto überreichte dem Ministerpräsidenten heute das von ihm zusammengetragene Material, das für die Reform des Wahlgesäßes als Unterlage dienen soll.3 Tiegen drei, nachfolgenden Grundlagen ausgearbeitete Vorschläge vor: 1. Rein verhältnismäßige Verteilung der Mandate nach der von jeder Partei im ganzen Land erhaltenen Stimmenzahl. 2. Der vorjährige Entwurf Mirtos, der die Listenwahl einführt und 3. der neueste Vorschlag, der gemäß der Ankündigung in der Thronrede die verhältnismäßige Wahl nach Komitaten oder spätere Zusammenfassung für das ganze Land einführt. Dieser Vorschlag sieht die Beibehaltung vor 387 Abgeordneten vor. Nach dem reinen Verhältnissgsten werden die für jeden Komitat bestimmten Mandate verteilt. Die Zersplitterung der Stimmen will eine Bestimmung vermeiden, wonach zur Erlangung eines Mandates wenigstens die Hälfte der nach Anzahl der Mandate in den einzelnen Komitaten bererchiedenen Stimmenkoeffizienten erforderlich it. Dieser Koeffizient beträgt z. B. bei fünf Mandaten und 50.000 Stimmen 10.000. Eine Liste muß also wenigstens 5000 Stimmen auf sie vereinigen, um berücksichtigt werden zu können. Nach dem System würde die Mehrheitspartei dem früheren Entwurf Mirtos gegenüber wieder einige Site gewinnen, die übrigen größeren Parteien, deren Stimmen sie in geringerer Dichte auf das ganze Land verteilen, aber einige Mandate verlieren. Barsteien, die örtlich stark verwurzelt sind, rogen aus diesem Wahlsysten Vorteile. EEE ESSENER REF Der Kampf um Das „Suiten“ eh. Belgrad, Ende November Die halbamtliche Belgrader Nachrichtenagentur Apala hat im Ausland eine Mitteilung verbreitet, in der alle an den Belgrader Besuch des Berliner jugoslawischen Gesandten Balugdjitih geknüpften hibolitiichen Gesanchte als haltlose Kombinationen bezeichnet werden. Wir kannen Demgegenüber mit Bestimmtheit feststellen, haß Erzellenz Balugdjitich, dessen Vertrauensverhältnis zur Krone dadurch unterstrichen wurde, daß König Alexander ihn zu einem dreitägigen Besuch in die Einsamkeit des Schlosses Topola einlud, mit den Führern der alten Parteien politische Gespräche geführt hat. Ob jene Mitteilung also dahin auszulegen ist, daß der mit jenen Gesprächen verbundene Zweck nicht erreicht wurde, bleibe dahingestellt. Tatsache it jedenfalls, daßs die Führer der OOpposition mit allem Freimut ihre Meinungen ausgesprochen haben, daß sie sich auch bereit erklärten, diese Gespräche — nach der Abreise Balugdiitihg — mit dem Hofminister Antitfe fortzufegen, sie haben aber seinen Schat gelassen, daß je nur dann bereit . 2% Te Fra sei ss mittelbar, ı Falle einer bene, von der Balugdjitich her hat, wenn die vierte Wiederherstellung demokratischer Einrichtungen sichergestellt sei. Diese Forderung wird ganz besonders unterstrichen in einer Entfliegung, die vor einigen Tagen von zehn maßgebenden politikern Kroatiens, unter ihnen Tr. Matichek, Dr. Trumbitih, Dr. Budal, Dr. Wilder usw., unterscrieben worden ist. Da heißt es u. a.: „Auf dem Prinzip der Demipfratie stehend betrachten wir die Vollgsouveränität als einen Grundpfeiler jeder staatlichen Organisation und das Volk selbst als die einzige und ausschließliche Duelle jeder politischen Autorität und öffentlichen Gewalt.“ In diesem Punkt besteht unter allen oppositionellen Parteien Diesseits und jenseits der Drina volle Einmütigkeit. Während aber die Oppositionellen der einstigen Radikalen und der einstigen Demokratischen Partei bisher eine öffentlie Erklärung zur Frage des Föderalismus vermieden haben und sie darauf beschränken, daß Dieses Problem nach Wiederherstellung der Demokratie vom Volfe selbst zu Lösen sei, wird in dem Agramer Manifest staatsrechtlich die Nachfehr zum Zustand von 1918 gefordert, von dem aus dann Die „neue Einlitung der staatlichen Gemeinschaft” vorzunehmen sei, eine Einrichtung, in der die Hebermacht eines oder mehrerer Landesteile über andere absolut unmöglich sein müsse. Denn: „Wir stellen die Tatsache fest, Daß die serbische Hegemonie, die Kroatien und allen Ländern diesseits der Drina und Donau aufgezwungen wire, die mit Gewalt und unmoralischen Mitteln die ganze Staatsmacht in Händen hielt, destruktiv wirkte, indem sie die moralischen Werte, alle unsere fortscrittlichen Einrichtungen, das Vermögen des Bioffes und seinen geistigen Frieden zerstörte. Dieser Zustand erreichte seinen Höhepunkt im absolutistischen Regime vom 6. Januar 1929, das Die serbische Hegemonie verschärfte, indem er auch noch die bürgerlichen und politischen Weisheiten aufhob.“ Die Ennschließung fordert also die vollständige Beseitigung dieses Regimes „mit allen seinen Trägern‘; bei der Neuordnung der staatlichen Gemeinschaft sollen aber nur nur die moralischen und materiellen S Interessen des serbischen, fipatischen und slowenischen Volkes, sondern, wie es im Schlußfach ausdrücklich heißt, auch die der nationnalen Minderheiten sichergestellt werden. Besprechungen über diese Grundlage, die ja an fs nichts Neues darstellen, werden im Kreise der Opposition bereits seit geraumer Zeit geführt und man fan damit rechnen, dab sie zu einer grundtäglicen Klärung und Annnäherung führen werden, wenn nicht etwa bin außen her Störungsversuche unternommen werden. Auf der einen „Ebene der jugoslavischen Innenpolitik sind all, so fann man Tagen, die Verhältnisse einiges maßen. Far und übersichtlich meingleich freilich das . durchaus verschieden aufgefaßt und ausgelegt. + an diesem Abgeordnetenhaus zu einer erst durch Geseh, Polizei und Preregentur aufrechterhalt Doben fürzich bei einer Bestimmung 40 Stimmen jene Dunkel e8 durchaus unmöglich macht, die Behaupv an der Opposition ‚nachzuprüfen, der iberiwiegende . «ykwM"Die glUche Be-» hauptung wird nämlich au;chon "der anderen Seite aufgestellt, von den Trägern des Systems, des Regimes, den Repräsentanten der zweiten Ebene. Trogdem verspürt man aber offenbar wenig Neigung, die Brobe aufs Krempel zu machen; man zieht den „schrittweisen Webtergang aus dem früheren Regime zu einem gesunden, demokratischen neuen Regime‘ vor, wie dies der neu ernannte Ministerpräsident Schhfitih jüngst in einer programmatischen Rede erklärte. Seood, und auch Dies ist freilich nichts Neues, das Wort „Demokratien‘ wird auf den beiden m Ministerpräsident hat in seiner Rede ein neues Vereinge und Bersammlungsgefeg und eine Novelle zum Wahlgefeg angekündigt. Darin wird zwar die bisher vorgeschiebene, höchst umständliche Prozedur bei der Bildung von politischen PVBarteien aufgelodert. Der Grundlag der Verfassung aber, „Demzufolge ji Das parteipolitische Leben nicht in stammespolitischer, moch in religiöser oder regionaler Hinsicht entwickeln darf“, wird aufrechterhalten, ebenso die Öffentliche Wahl „Das neue Wahlgejeg”, sagte Sciäfitid, „wird Die freie und vollommene Teilnahme am politischen Leben jeder politischen Partei erleichtern, — die auf dem Boden des integralen jugoslaviigen Nationa- und Staatsprogrammes steht". Auch von dem der Stupfhtinga vorliegenden Gemeindegejeg hat der Ministerpräsident gesagt, er führe „die Selbstverwaltung auf demokratischer Grundlage” ein, — und Dabei sieht Dies jeg Gejek ü Öffentliche Wahlen und zwar Mehrheit zu, nit Verhältniswahlen vor! Man braucht keineswegs der Auffassung zu sein, dag die „Demokratie Die für alle Seiten und alle Wölker alleinseligmachende Staatsverfassung i; weredet man diesen Begriff aber einmal an, so wird man sich auch seinen Konsequenzen nicht entziehen künnen! Mit mehr „Sicherheiten, mit mehr Beschränktungen der Demokratie konnte sein Parlament zusammengebracht werden als die vor einem Jahr „gewählte" Belgrader Stupiatina; und seitdem zeigt sich auch hier, daß man „demokratischen” Wein nicht in absolutistische Schläuche füllen kann. Ursprünglich waren die Abgeordneten samt und sonders Gefolgsmannen des „Staatslistenträgers“ d. h. des damaligen Ministerpräsidenten Bishovitich; als mit der Person Ziflonitschs auch diese Bindung wegfiel, wagten si die ersten Dissidenten hervor; fünf Abgeordnete sonderten sie von dem Klub, der Fraktion der „Zugoslawischen Radikalen Bäuerlichen Demokratie“ ab und bildeten einen eigenen Klub, (dem übrigens der Name „Kroatischer Klub“ versweigert wurde). Set hat sich bereits eine zweite Gruppe selbständig gemacht im „Jugoslavischen Nationalklub“; das sind die „Hitleristen“, wie man sie hier nennt, sind Freunde und Vertrauensleute des alten Ministerpräsidenten Bislovitsh! Beide Gruppen zusammen das it nit viel, Schäfitih hielt ·, wachit eine Warnung Suaglbuser, jeten nicht SL - NeLITER, gefeggeberischen Arbeit befähigt ist“. Daß =en auf der zweiten Ebene Beschiebungen vorbereiten, geht wohl daraus Hervor, daß es in den leten Tagen wiederholt in der Skupfchtina zu stürmischen Auftritten gekommen ist; der Bandstoff war in alten Fällen sehr unerheblich, aber gerade das vergrößert doch wohl die symptomatische Bedeutung der Vorgänge. Man spricht sehr viel davon, das Boza Maksimovitih, dem « bei der festen Regierungskrife zwar nit gelang, Innenminister zu werden, — und zwar sagt man, daß er diesen Mißerfolg Bistovitih zu beranten habe —, der aber immerhin wieder ein Portefeuille bekam, "die Gründung eines Naditalen Klubs Vorbereite. Geschieht das, so wäre es wohl nicht auge geschlossen, da zwischen den beiden Ebenen pieslich einmal ein Sunfe überspringt, und Damit würde Dann der Kampf um das „System“ in sehr akutes Stadium eintreten. Wenn nicht vorher oder von anderser Seite Dinge geschehen, die niemand vorhersagen fan. Bei allen Betrachtungen über die jugoslawische Iunenpolitik darf aber das eine niemals übersehen werden. Das Gejet des Handelns und der Wille zum Handeln liegt heute noch bei König Mlegander. { ee > PFARREI TTE TR RERRER Parlamentsbericht Kammerfigung vom 29. November Bujarest, 29. November. Dr. Hans Hedrich richtet an den Innenminister eine Mitteilung, über die wir gesondert berichten. Der Rapistt Ghimbareanu fragt die Regierung, wie sie die Angelegenheit der städtischen Beschuldung lösen wolle. In einer zweiten Mitteilung fordert er ein scharfes Vorgehen gegen liberale Wahlmacher, die angeblich das Gerücht auf dem Lande verbreiten, dass das Umschrldungsgeieg aufgehoben werde. Die Mitteilung gibt Veranlassung zu heftigen Auseinanderfegungen zwischen Ducaliberafen und Zuspitzen. Reissmann (Sude) verlangt vom Innenminister Maßnahmen gegen die Pressehege gegen Anhänger des moraischen Glaubens, wobei auch das Märchen vom Ritualmord wieder aufgetut wird, und verliert einige diesbezügliche Beispiele. Die Mitteilung ruft heftige Bmwifdenrufe der Euzisten hervor. Georg Cuza schreitt Weifmann „Schandbuben zu, der mit einem gleichen Ausbruch erwidert. Cuza lädt sich so weit Hinreifen, daß er auf die Tribüne stürzt und eine Schlägerei mit dem Redner beginnt. Nur der Duäftor kann die beiden trennen, worauf Weismann seine Mitteilung beendet. Der Vorfigende teilt mit, dass ECuza vor den Disziplinarausschuß gestellt mir. ı NE «««· ERBE WERNER RATTEN .-.-.-