Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1933. Juni (Jahrgang 60, nr. 18038-18060)
1933-06-01 / nr. 18038
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Zur Schaffung der Vorauslegungen des nunmehr in Hermannstadt abzuhaltenden Sachsentages wurde ein unter Führung des Bollsratspräsidenten stehender viergliedriger Ausschuß bestimmt, der einem demnächst zusammentretenden Bolfsrat Bericht erstatten soll. Gleichzeitig wurde beschlossen, für den in Hermanne der stimmberechtigten Vertreter dur die Drtsausschüsse durchführen zu lassen. Nach siebenstündigen Beratungen konnte die fast volle zählig besuchte Vollsratsjigung geschlossen werden. | stadt abzuhaltenden Sachsentag eine Neuwahl Die „Freiheit der Miegre” . (6.) Etwa gleichzeitig mit seinen ergebnislos gebliebenen weltwirtschaftlichen Vorverhandlungen in Bashington hat der neue amerikanische Staatspräsident N Rossevelt an politische Vorverhandlungen in Genf eingeleitet und er hat hier einige Anräte zur Lösung einer der größten politischen Fragen der legten Jahrzehnte gezeigt. &$ ist dies Die Frage der „Freiheit der Meere”, die zufeßt bei der Entwicklung des Genfer Völkerbundes das Entscheidungswort gehabt hat. Gemeinverständlich ausgedrückt, bedeutet die „Freiheit der Meere”, hat jedermann jederzeit mit jedem Seehandel betreiben kann. SZederzeit, also au im Kriege insoferne, daß eine kriegführende Partei einen Neutralen ernstlich nicht hindern fant, den anderen Kriegführenden selbst mit Kriegsbedarf im weiteren Sinn zu beliefern. Um den Seehandel zu regeln, bedarf man außer den auszuführenden Waren nicht bloi der Handelstiffe; ebenso wichtig sind die Kriegsschiffe, die einerseits den Handel fügen, andererseits aber ud) behindern. Um den Seehandel eines Kriegführenden zu hindern, proklamiert der andere Kriegführende eine Seeblodade, wozu naturgemäß der Blodierende zunächst dem Blodierten an Kriegsmarine bedeutend überlegen sein muß. & versteht si, das die Blodade eine Lieblingswaffe des stets im lustigen England war, Dem damit schon manche Erpressungen gelungen sind. Damit nur etwa auch jeder maritime Mittelfront von der Blocade Gebrauch machen könne, hat man den Grundtag aufgestellt. Die Blocade müsse effektiv sein, also mit entsprechenden Kräften wirksam geführt werden, woraus sich für die Stärkeren das „Prisenrecht“ (organisierter und legalisierter Certaub) entwickelte. England hat die „Freiheit der Meere“ seit langem bestritten. Die Bloclade war ja ein angenehmer Krieg, wozu England seine großen Landeheere und seine großen Blutverluste brauchte, da ja Die, aus Söldnern bestehende, seine besondere Mobilmachung benötigende Kriegsmarine dazu völlig ausreichte. Amerika hat im 19. Jahrhundert wenigstens kaum Krieg geführt, dafür aber, ohne noch eine große Kriegsflotte zu haben, seinen G Seehandel stark entwickelt; es liegt auf der Hand, dass Amerika Die „Freieheit der Meere” stetz verteidigt hat. Bei der besonders engen Berquidung von Geschäft und Staat in Amerita lag es weiter nahe, daßs der Staat den Handel seiner Bürger gerne als Staatsangelegenheit ansah und gerne zum Kriege gegen den Behinderer seines Handels neigte und neigt. Im Weltkrieg hat Amerika der Kriegsentente ungeheuere Warenlieferungen zusommen lassen und hat dabei den früher üblichen Unterschied zwischen unerlaubten Kriege und erlaubten Nichtkriegslieferungen bald berwisscht. Warum das anfangs neutrale Amerika zu Weltkriegsbeginn den Zentralmächten nur wenig oder nichts lieferte, sei hier der Webersichtlichkeit halber nicht untersucht; es sei nur erwähnt, daß es einmal far zum Kriege selbst zwischenmerika und England gekommen wäre! Allmählich gelangte Amerika dazu, für seine Lieferungen an die Kriegsentente freie Passage an) durch den deutschen Unterseebootkrieg hindurch zu verlangen; diese Frage bot später den äußerlichen Anlaß zur Kriegserklärung Amerikas an Deutschland. Heute weiß jedermann, daß die erfolgreiche Blodade Deutschlands dur dessen Feinde, skandalöserweise auch nach dem Kriegsabschlag als „Hungerbloclade” aufrecht gehalten, gewiß der Hauptgrund für das endlie Interliegen Deutschlands war. Die Macher des Völferbundes, die bei Abfassung der Völferbundtagung die dauernde Niederhaltung Deutschlands als ihren Hauptswed ansahen, zogen eine neue Blocade der ohnehin geringen Küsten Deutschlands als bequemstes und billigstes Kampfmittel zuerst in Betracht. Während Die Franzosenallianz Deutschland zu Lande von aller Zufuhr abgeschnitten hätte, obläge diese Aufgabe zur See den Engländern; an einen anderen als einen Deutschen Krieg haben die Völferbündner bis heute noch nicht gedacht. England übernahm zuerst die Blocademission des Völferbundes mit Freuden, da es doch lange mit der amerikanischen Mitgliedschaft im Bölfer- Bunde rechnete, dann aber Doc wenigstens mit Ameritas wohlwollender antideutscher Neutralität. MS aber Amerita weder Versailles noch Genf ratifizierte, einen Separatfrieden mit Deutschland schloß und ss alsbald mit dem am Weltkriege völlig unschuldigen Deutschland, dem eigentlichen Kriegsopfer, sogar befreundete, entstanden in England erniterte Sorgen vor einer ihm etwa obliegenden Blodierung deutscher Küsten an im Völkerbundauftrage, da Amerika eine Schädigung seines Deutschlandhandels sehr leicht als Kriegsfall gegen England ansehen konnte. Der Kelloggpatt würde jendhi nach? hettie gilign Work laute nach solchen einen Krieg „zum Schuge legitimer Fetewejsen” keinesfalls hindern können. England sabotierte also von 1920 angefangen die auf Krieg und Blodade bezüglien Völferbundparagraphen und Heute ist der Völferbund in der Tat machtlos; dazu formt, da Das Wettrüsten zur See zwischen Amerika und England von Tepferem als dem ärmeren endlich aufgegeben werden mußte, worauf MacDonald 1929 bei seinem Amerikabefuge die amerikanische Flottengleichheit mit England anerkannte Angesügts der strategis und operativ weit überlegenen Lage Amerikas England gegenüber ist in diesem Falle Die amerifaniig-englische Flottengleichheit eine starre amerikanische Uebermacht..... Stanfreich kommt fs nun zweimal betrogen vor. Einmal konnten Bilton und Lloyd George ihr im Gier gestaumel gegebenes Bertpreien. Den 1919 zustandes gekommenen Besi Sranlreichs und seiner Gefolgstanten bedingungslos zu garantieren, infolge Weigerung des amerikanischen Senates nicht einhalten, womit auch Englands Hilfe, die Lloyd George Sclau um Amerikas Hilfe gebunden hatte, von selbst entfiel. Und aus Angst vor dem außerhalb des Völferbundes gebliebenen Amerifa hat, wie oben dargelegt, England an Die Kriegsparagraphen der Genfer Labung sabotiert. Seit mindestens zehn Jahren gehen nun Die Hoffnungen Der Wölferbündler dahin, Yimerifa zu einer m wenigstens äußerlichen Völferbundfreunndschaft zu beswegen, um dann im Kriegsfalle wenigstens Amerifas Anerkennung einer Bölferbundblockede zu erreichen. (Eine von Amerifa anerkannte, analog französische Bloffade konnte ja in Europa da fast nur gegen Deutschband gerichtet sein, niemals aber gegen eine der drei eben genannten Großmächte.) Bisher mar man in Genf fast sicher, Daß Amerika bei einer Bölferbundblocade gegen Deutschland ich Das gute Geschäft mit Deutschland nicht werde entgehen lassen. Amerika hat denn au bisher alle Anbiederungen der Völferbündler radikal abgelehnt, seibst eine ihm angebotene Misnahmsrolle im Hager Böllerbundgericht! Und so sah sich Frankreich dem an fi weit stärkeren Deutschland „allein“ gegenüber; aus Angst und schleditem Gewissen rüstiete Stanfe reich selbst bis zu den gegenwärtigen, in der Geschichte unerhörten Ausmaßen, zwang seine fünf Sefolgstanten zum Nüttungen und kammerte ji dazu noch an tichlands einseitige Entwaffnung. Nitterlich ist dies nun natürlich nicht. Die Schläge, die die 32 Staaten der Kriegsentente von den hier angegriffenen Zentralmächten erhalten haben, scheinen eben sehr shmerzich gewesen zu sein! Da das heutige Deutschland nicht dauernd ertragen kann, muß Der Franzose (und mancher seiner Verbündeten von 1914) einsehen, auch wenn er in seinem aggressiven Chaubinismus Die Deutschen an zm weitkassiges Voll ansieht; das frühere, parteidemokratii - sozialdemokratisch - Florfale Deutschland hätte es sich ja wohl gefallen hassen, in wennt es lebensfähig gewesen wäre... Und nun kam Herr Norman Davis nach Genf und gab die berühmte Erklärung ab, Amerifa sei bereit, sich im Kriegsfall mit den Bölferbündlern, denen formell fest ja auch Deutschland angehört, zu beraten. Amerifa sei weiter bereit, deren eventuelle Blocade nicht zu stören, wenn Aerifa von deren Berechtigung überzeugt sein würde! Wenn man ehrlich sein will, bedeutet Dies gar nichts. Wenn Amerifa einen eventuellen Bölferbundgegner einmal bekämpfen wollen würde, hätte er Dies ohnehin jederzeit getan. Amerifa biedet sich auch sei nicht an einen Bölferbundbeschluß und der amerikanische Senat behält seine außenpolitische Machtvollkommenheit weiter. Ob England, das vor Frankreichs Lande, Luft und See macht fast nuo mehr Angst als vor Amerifas Flotte bat, jetz nach der Dapiserklärung eine Völkerbunde« blocade führen würde, fan heute und wohl auch bis vor dem Ernstfall niemand jagen, da eben Amerifa sie nicht bindet und Roosevelts Nachreiterstüde fan ges nug bekannt sind. Jedenfalls geht England auc, sonst über die beiderseitige Wicarnnogarantie der Grenze zroiichen Deutschland einerseits, Frankreich— Belgien andererseits, nicht hinaus, was auch die französischesten Engländer offen benennen. Was num eine künftige Belferbundblodade anbelangt, behält auch England si selbst die freie Entscheidung vor und geht seine Verspflichtung ein. &o verpflichtet sich nur zu einer Benatung, Amerika gar nur zu einer Erklärung! Wenn der Bölferbund mit dieser amerikanischen „Exelärung“ direkt auch no unzufrieden erklärt und nit abrüstet, sagt ei Amerika ganz von Europa los, wie Napsevelt Sonnabend Simon es telephonisch agte. Daketiva England einen französischen Einbruch im Deutschland aktiv befühfen würde, wie der Bocardaparter verlangt, glaubt in Frankreich niemand und ist überzeugt, England würde si in solchem alle einfach Ddrüden. Aber Frankreich ist tiokdem empört; ohne allgemeine Wehrpflicht erscheint England dem französischen Generalstab auch gegen Das enia waffnete Deutschland nicht als ausreichender Bundesgenosse und so müfte wohl England Frankreich zustehe, im Falle eines neuen französischen Deutschlandkrieges, nicht blog Locarno brechen, sondern auch jeht sofort die englische Wehrpflicht wiederherstellen! Wie weit der französische Generalstab Staliens Locarnotreue einscliägt, ist unklar; jedenfalls lehnt Frankreich Staatens Flottengleichheit ab, weil es sicher sein will, seine mindestens drei Millionen Menschen an swarzem Kanonenfutter ungestört nach Europa zu bringen. Frankreich wird also, wie die bisherigen Verhandlungen zeigen, seine der von ihm gestellten Abrüstungsbedingungen als in ihm ausreichendem Maß erfüllt erhalten; er wird also nicht abhüften, solange sein eigenes Vort nicht gegen die eigene egierung eingreif. Die sonstigen Verhandlungen werden wohl niohht lange dauern; endlich wird aber an Amerikabei die entnwürdigende Tatsache der einsettigen Entwaffnung greifen, daß die Weltruhe nur gegen Szantı | ER ,