Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1934. September (Jahrgang 61, nr. 18412-18437)
1934-09-01 / nr. 18412
« Taxele plätite in numärar ord, Dir. Gen, P.TT, 223720/926 Allgemeine Volkszeitung das Deutschtum in Rumänien Schriftleitung: Hermannstadt Honterusgasse Ar. 11 Fernsprecher Ar. 11 und Nr.130 — Verwaltung: Königin Maria Strake Ar. 3 Fernsprecher Ar. 237 — Bezugspreis für einen Monat in Hermannstadt ohne Zustellung 90 Lei; mit Zustellung 100 Lei; mit Bollversendung im land 100 Lei; und Ausland 150 Lei; Einzelnummer 5 Lei Nr. 18412 Hermannstadt, Sonnabend den 1. September 1934 61. Jahrgang Der Konflikt in der evangelischen Kirche Deutschlands Auseinandersetzungen wieder gestattet Werbeaktionen beiderseits—Reichstag der Reichskirche im September bei Einführung des Reichsbischofs in den Dom— Nationalsynode auf den nationalsozialistischen Staat verpflichtet—Pfarrermtmgel · Berlin,29.August.Die Auseinandersetzungen in der evangelischen Kirche haben durch den Wahlakt vom 19. August nur eine Unterbrechung erfahren sie sind auf keinen Fall abgebrochen worden.Durch einen Erlaß des Reichsministers deannern,der die bisher ein öffentliche Diskussion einschränkenden Bestimmungen dahingehend aufgehoben hat,daß künftig nur alle unsachlichen Auseinandersetzungen in der Oeffentlichkeit verboten bleiben sollen,ist beiden Seiten die Möglichkeit wiedergegeben,für ihre Anschauungen allgemein zu werben.Die »Deutschen Christen«und die oppositionelle Bekenntnissynode treffen Vorbereitungen,in den nächsten Wochen größere Werbeaktionen durchzuführen Die Bekenntnissynode denkt dabei in erster Linie an den organisatorischen Ausbau ihrer Bewegung mit dem Ziel,die Mehrheit des aktiven Kirchenvolkes fest um sich zu sammeln,um auf diese Weise dem schweren Kampf der Mitglieder des Pfarrer-Notbundes den erforderlichen Rückhalt zus geben.Wid bekamft«wird,"·«ha«t die-Mmtthiä-» synode im Westen Deutschlands,in Berlin und auch im Norden Deutschlands in den letzten Monaten erhebliche Fortschritte machen können,so daß sie auch in ihrer Finanzgebarung sich schon weitgehend vom offiziellen Kirchenregiment des Reichsbischofs Müller unabhängig machen konnte. ( Die»Deutschen Christen« bereiten ihre die 3- jährige N Reichstagung vor, die vom 21. bis 2. September in Berlin stattfinden und mit einer Kundgebung im Berliner Sportpalast beschlossen werden soll. Auf ihr wird Reichsbischof Müller das Wort ergreifen, der am 16. September im Berliner Dom feierlich eingeführt werden sol. Auch Vertreter ausländischer protestantischer Kirchen sind hierzu besonders eingeladen worden; wieweit sie per Einladung Folge leisten werden, ist noch nicht bekannt. Inzwischen ist über die Bestätigung der Mitglieder ein Nationalsynode der deutschen evangelischen Kirche ein neues Kirchengefet erlassen worden, das bestimmt, daß in die Nationalsynode nur berufen wird, wer jederzeit nicht nur inhaltlos für die evangelische Kirche, sondern auch für den nationalsozialistischen Staat eintritt. Das Sejet gibt der Reichskirchenregierung, die immerhin auf der Tetten Nationalsynode, trug Abwesenheit der Bekenntnissynode, noch mit einer internen Opposition von 12 und 60 Mitgliedern zu rechnen hatte, alle Vollmachten, um die Zusammenlegung einer künftigen Nationalsynode weitgehend zu kontrollieren. Der Bruderrat der Bekenntnissynode hatte in der Woche vor dem 19. August beschlossen, die Protesterlärung gegen die Beischlüffe der Nationalsynode überall dort noch von den Kanzeln oppositioneller Pfarrer zur Verlesung zu bringen, wo dies wegen der Kürze der Zeit am 12. August noch nicht möglich war. Dieser Beschluß wurde nachträglich noch dahingehend abgeändert, daß diese Verlesung nicht schon am 19. August, sondern erst an Sonntag nach der Volksbefragung erfolgen sollte. Die evangelische Opposition wollte auf diese Weise jeden nur möglichen Anschein vermeiden, als ob ihre Haltung irgendeinen politischen Hintergrund haben könne; sie bleibt angesichts der neutralen Stellungnahme von Staat und Partei gegenüber beiden Gruppen im evangelischen Kirchenstreit vielmehr peinlich bemüht, um ihrer aus=hließlich firdlich und stimmten Haltung nichts zu ändern. Der Aufruf des Neihsbischofs Müller, der das evangelische Kirchenzolf aufforderte, bei der Volksheftagung mit „Sa“ zu stimmen, ist freilich von den Kanzeln der Mitglieder des Pfarrer-Notbundes in den meisten Fällen nicht verlesen worden, obwohl diese Botschaft sonst in den evangelischen Kirchen Deutschlands am vergangenen Sonntag verlesen wurde. Die oppositionellen Pfarrer beschränkten sich stattdessen darauf, in ihren Predigten auf die Bedeutung der Abstimmung Hinzuweisen. Die Entgegennahme von Anträgen der Reichskirchenregierung lehnten sie ab. Auch dieser Vorgang zeigt, wie tief der Konflikt ist. Mit einiger Spannung wartet man auf die unmittelbar bevorstehende Stellungnahme der Reichskirchenregierung auf Die Prostestfundgebung der Opposition. In einer kirchenamtlichen Korrespondenz wird mitgesteilt, daß der evangelische Pfarrermangel nach dem Stand vom 31. Dezember 1933 immer noch sehr groß seiz in einigen Kirchenprovinzen, besonders in Sachsen, mußten bisher die ordentlichen Pfarrstellen sogar bis zu ein Drittel unbelegt bleiben. In anderen Landesteilen ist der Mangel weniger grof. religiög res Um unser Dasein (AU. 9.) Die in unserem vorgesteigen Blatt wiedergegebene Temeswarer Rede des Unterrichtsministers Dr. Angelescu enthält einige Stellen, die schärfsten Widerspruch erweden müssen. Der Herr Minister behauptet, die Rumänen seien „mod, immer Slaven in unserem Lande”, das „von Fremden beherrscht“ werde. Handel und Gewerbe müßten in die Hände der rumänischen Bevölkerung gebracht werden und die Unterbringung des rumänischen fachlichen Nahmwuchses müsse Duck ein Drakonisches Geiet erfolgen, das alle Unternehmungen und Industriebetriebe, auch die der Minderheiten, verpflichte, nur Absolventen rumänischer Fache ichulen anzustellen. Was Dr. Angelescu mit der Wendung zo den „Fremden“ meint, hat er nicht deutlich ausgesprochen. Wenn er damit irgendeine Beeinflussung der Dinge unseres Landes durch irgendwelche Ausländer meinen sollte, und wenn er Anlaß zu der Behauptung haben sollte, das unser Land von Fremden regiert werde, dann müssen wir feiner Kritik selbstverständlich zustimmen. Rumänien ist ein selbständiger Staat und hat abgesehen von den übernommenen zwischenstaatlichen Verpflichtungen seinen Anlaf, irgendwelche ausreen zu dulden. Aus dem BZusammenmit Denia MAX-KIND «MMHUTinderheiten Der Eindruck, das unter diesen „Fremden“ rumänissche Staatsangehörige nichtrumänischer Volkszugehörigkeit zu verstehen sind. Und wenn der Minister das Banat und Bessaradienal Beispiele des Ueberwiegens minderheitlicher Elemente in den Mittelschulen besonders erwähnt, so fühlen auch wir als Deutsche dieses Landes uns von feinen scharfen Erklärungen mitbetroffen. Es tritt also wieder einmal der alte Gedanke Hervor, dem Mehrheitspost erweiterten Lebensraum zu schaffen, indem die Borfsminderheiten zurückgedrängt werden. Gegenüber dieser Auffassung haben wir in unserem Blatte ebenso wie die parlamentarischen Vertreter unseren Bolfes bei allen Gelegenheiten schärfste Verwahrung eingelegt. Auch diesmal müssen wir unseren verfassungsmäßig verbürgten Anspruch auf Gleichberechtigung geltend machen und neuerlich auf die Abwegigkeit einer Politik hinweisen, die da glaubt, doch Zurückkegung eines Teiles der Staatsbürger dem anderen Teil wirklich aufzuheben, tatsächlich aber selbst den Begünstigten, vor allem aber dem Staatsgedanken schhveren Schaden zufügen mus E$ id wahrlich weinster Hohn, wenn wir als Begünstigte, unsere rumänischen Mitbürger aber als „Sklaven“ darf gestehlt werden! Wen, fliefen denn die Milliarden zur Unterftügung de3 Schulwesenz zu, Die aus den allgemeinen Steuereingängen bestritten, also nicht zuleßt auch bon uns Minderheiten aufgebracht werden? Die ganze Macht des Staates, der ganze Staatsapparat und die Geldmittel des Staates werden dem rumänischen Bildungswesen zugewendet. Unseren eigenen deutschen Schulen it bloß ein verschwindender Bruchteil der uns nach Recht und Billigkeit zustehenden Schulsunterstügungen zeitweilig gewährt worden. Wir müssen zumindest ebenso viel wie alle übrigen Staatsbürger an Lasten und Opfern für unseren Staat und seinen Einrichtungen tragen, ohne dabei eine einigermaßhen entsprechende Unterfrügung unserer kulturellen Einrichtungen zu erhalten. . Wsennung.«·1gt wird,daß wir auch aus Handel und Gewerbe verdrängt werden solbem dann gehst es nicht mehr bls oß um grundsätzliche Fragen des Minschenheidenrechtes,sondern um das nacktie Dssast ein arbeitsfreudiger und guter Bürger diiesses Schaates.Dsas, was wir als Smatgbürgier verlangen müssen und wo von wir freiwillig nicht um Haaresbreite zurückweichen können,das ist einfach das Recht,im freien Wettbewerb unsere Arbeit entfalten zu könnsein,um unsser Dassein mfristen und um die uns im Rahmsen des StasatveB zufallienden Pflichten für die Gesamtheit erfüllen zu können.Ersfchisrungsgemäß sind uns Minderheitendie neistien Berufe und Einkommen verschlosfsem d sie sich aus den öfffentlichen Haushalten abbehm Die Lebensmöglichkeit der heuten Staatsbürger Rumäniens beruht heute für ausschr lieblich noch auf dem Arbeitsertrag des Bauern, Gewerbetreibenden, des Kaufmannes und Industriellen. Kann der Staatsmann, wann die für das Wohl des ganzen Landes und aller Staatsbürger verantwortliche Regierung verantworten, die Vollsminderheiten mit Hilfe „Dratonischer Geseße" um die lechten Erwerbsmöglichkeiten zu bringen? Die einzig richtige Antwort, die sich auch ein guter Rumäne geben muß, i die, daß positive Maßnahmen den erstrebten Aufstieg der rasserumänischen Bevölkerung besser und dauerhafter sichern können, als Eingriffe von oben, die einem andern Borfsteil mehr schaden als sie dem Bevorzugten wüsen, gar nicht zu reden von Necht und Gerechtigkeit. Unser Ddeutsches Meinderheitspoll befindet ss heute in schwerster Not, obwohl von den maßgebendsten geistigen Führern des rumänischen Volkes oft der Wert unserer Kulturarbeit anerkannt worden ist, und sein ernster Politiker — außer einigen gewerbsmäßigen Zeitungshegern — jemals unseren ehrlichen Willen zur Aufbauarbeit bezweifelt hat. Wir verlangen von den Führern des Staates, dem wir dienen, mehr Verständnis für unsere Nöte, mehr Achtung und Anerkennung unseres Strebens auch nach Sicherung unseres scwer bedrohten wirtschaftlichen Unterhalt. Unterritsminister Dr. Angelescu hat in seiner Rede auf gewichtige Probleme der rumänicen Kulturpolitik hingewiesen, und yobachten sein Bettleben. Dem Schulwesen und nicht zulegt auch dem Fachunterricht unseren rumänischen Mitbürger überall aufzuhelfen, wo er note tut. ES gibt in der Tat für den Unterrichtsminister sciwere Aufgaben zu lösen, vor allem Hinsichtlich des rumänischen Bauernstandes, der in manchen Teilen des Landes no um seine geistige und materielle Höherentwicklung ringt. Es wird unseiner Gesamtheit zugutekommen, wenn die Bauernschaft des ganzen Landes durc ein fortgeschrittliches Bildungswesen gesund und leistungsfähig wird. Die Dinge geraten aber in eine völlig falsche Perspektive, wenn man die vorhandenen Nöte der rumänischen Bauernschaft irgendwie in Zusammenhang bringt mit einer angebli günstigeren Lage der Minderheiten. Die eigentliche Notlage rumänischer Bauern besteht beileibe nicht in dem Gegenden, in denen sie etwa mit Deutschen zusammenleben, und das Bildungsiwesen unserer rumänischen Mitbürger ist in unseren gemeinsamen Siedlungsgebieten gewiß nicht schlechter a8 im anderen Landesteilen Rumänien. Im Gegenteil! Die größte Verarmung des Bauern, die Dr. Angelescu mit Recht al einen auch auf das Bildungsiwesen sich auswirkenden Uebelstand bezeichnet, finden wir in anderen Teilen des Landes, vielfach in solchen, in denen es — wie in großen Gebieten des Altweiches — gar seine „bösen‘ Minderheiten gibt. Dieser Tatbestand beiweist, dag der weitere Kulturaufbau des Rumänentums aus si heraus, doch Entfaltung der im rumänischen Bolfe selber lebenden Fü ' ER 8 » ee: u] ee Bes