ACTA HISTORICA - A MTA TÖRTÉNETTUDOMÁNYI FOLYÓIRATA TOM. 23 (1977)

23. kötet / 1-2. sz. - ÉTUDES - A. SIKLÓS: Ungarn im Oktober 1918

A. Siklós In den Abendstunden am 28. wurde die nervöse Stimmung noch erregter. S. Wekerle, der Ministerpräsident, der nach einer Kronratsitzung nach Budapest zu­rückkehrte, deckte auf einer unruhig erwarteten Pressekonferenz unverhüllt die Hoffnungslosigkeit der Lage auf. Aus seinen Mitteilungen, seinen zynischen Ant­worten auf die Fragen der Reporter verstanden die Anwensenden: das ruhmlose Ende des Krieges ist gekommen. Im Stillen mag sich ein jeder Gedanken darüber gemacht haben, ob das verantwortliche System diese Niederlage wohl überleben werde. In den letzten Septembertagen glich die Börse einem aufgestörten Bienenkorb. Das Sinken der Preise konnte weder durch Einführung minimaler Kurse noch durch vorübergehende Schließung der Börse gestoppt werden. Eine neue, die vorherigen Äußerungen erläuternde Deklaration von Wekerle, die am 30. in den Zeitungen er­schienen war, konnte an der Situation nichts ändern. Die beruhigende Mitteilung: ». . . zur Sicherung der Fronten wurden die notwendigen Maßnahmen getroffen . .. unsere Verteidigungslinie ist in allen Richtungen als gesichert anzusehen« — be­ruhigte niemanden.2 Regierungskrise Die Nachrichten über den Rückzug der deutschen Streitkräfte im Westen und über den Zusammenbruch der Balkanfronnt, dann über den Regierungswechsel in Deutschland setzten das politische Leben in Bewegung. Zwischen der Nationalen Arbeitspartei und der gemäßigten Opposition, in dem unentschiedenen Kräftespiel der zwei Richtungen der ungarischen herrschenden Klassen, entstand eine neue Lage.3 Im Sommer 1918 hatte man den Eindruck, daß eine weitere Verschiebung nach rechts der schon über ein Jahr am Ruder sitzenden, wiederholt umgebildeten Minder­heitsregierung zu erwarten sein. Die zur Zeit nach dem Juni-Streik und dem Fiasko an der Piave stark zusammengeschrumpfte »48er Verfassungspartei« von Wekerle, der damals schon Apponyi, Andrássy und auch Vázsonyi den Rücken gekehrt hatten, verhandelte — trotz dem Steckenbleiben der deutschen Offensive - weiterhin mit der Arbeitspartei über Fusionsmöglichkeiten und Ernennung von Ministern.4 Ge- 2 Magyarország (Ungarn), 29. September 1918. Wekerle a helyzetről (Wekerle über die Lage.) Ebenda, 1. Oktober 1918, Wekerle megnyugtató nyilatkozata a tőzsdének (Beruhigende Erklärung von Wekerle an die Börse). 3 Die von Grafen Stefan Tisza geführte Regierung der Nationalen Arbeitspartei, die im Parlament über eine Mehrheit verfügte, trat am 23. Mai 1917 zurück. Am 15. Juni wurde aus den Oppositionsparteien des Parlaments unter dem Präsidium des Grafen M. Eszterházy eine neue Minderheitsregierung gebildet. Am 20. August übernahm in der neuen Regierung an Stelle des Grafen Eszterházy S. Wekerle den Präsidentenposten. Die Wekerle-Regierung wurde zweimal (am 8. Jänner und am 26. Mai 1918) umgebildet. Diese Umbildungen bedeuteten beidesmal eine Verschiebung nach rechts, d. h. ein Näherrücken zur Arbeitspartei. 4 Graf A. Apponyi (1846—1933) war Leiter der Mehrheitsfraktion der Unabhängigkeits-Partei, Graf Gy. Andrássy (1860—1929) Leiter der Verfassungspartei, V. Vázsonyi (1868 — 1926) stand an der Spitze der Bürgerlich-Demokraten. Wekerle versuchte im Februar 1918 die erwähn­ten Parteien und die Christlich-Soziale Volkspartei in einer neuen, locker organisierten Partei unter dem Namen »Achtundvierziger Verfassungspartei« zusammenzuschließen. Acta Historica Academiae Scientiaruni Hungaricae 23, 1977

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