Acta Classica Universitatis Scientiarum Debreceniensis 8. (1972)

Sarkady János: Zur Entstehung des griechischen Kalendars

ZUR ENTSTEHUNG DES GRIECHISCHEN KALENDERS Festsetzung der Monatsnamen VON JÁNOS SARKADY Die Entstehung und Festsetzung der Monatsnamen spielte in der Herausbildung der griechischen Kalendersysteme eine große Rolle. Die innere Gliederung des Kalenderjahres hat dadurch eine feste Form erhalten, die in den meisten griechischen Städten fast während des ganzen Altertums sozusagen unverändert erhalten blieb. Nach den heutigen Vorstel­lungen der Altertumswissenschaft — in erster Linie auf Grund der Untersuchungen von M. P. Nilsson — sollen einerseits die Herausbildung der Monatsnamen aus den ihnen zugrunde liegenden Festbezeichnungen, andererseits ihre Festsetzung im Rahmen des Jahres im archaischen Zeitalter, im 7. Jahrhundert (frühestens vielleicht Ende des 8. Jahr­hunderts) vor sich gegangen sein, und zwar vor allem unter dem Einfluß des Delphischen Orakels und dessen Priestertums.1 Nach dieser Auffassung werde die Rolle des delphischen Einflusses durch die allgemein bekannte Wichtigkeit der Apollo-Religion und durch ihre enge Verbindung mit den einzel­nen Elementen des Kalendersystems bewiesen. Die chronologische Abgrenzung der Heraus­bildung von Monatsnamen werde nun durch einen terminus post quem bzw. einen terminus ante quem gesichert : einerseits durch das Fehlen der Monatsnamen in den Dichtungen von Homer und Hesiod, andererseits durch die Tatsache, daß die neuen Siedlungen zur Zeit der großen Kolonisation im allgemeinen schon den herausgebildeten Kalender und das Kalendersystem der Mutterstadt beibehalten. Demnach soll das System der Monatsnamen im 8. Jahrhundert (zumindest in seinem größten Teil) noch nicht existieren, im 7. Jahr­hundert dagegen schon vorhanden sein (oder wenigstens irgendwann im Laufe des 7. Jahr­hunderts entstehen). Gegen diese Vorstellungen wurden bis heute kaum Einwände erhoben (einer von ihnen ist vor allem die Theorie von G. Thomson, in der die Monatsnamen der historischen Epoche auf das mykenische Zeitalter zurückgeführt werden).1 2 Nilssons Theorie erfreut sich in der Forschung sozusagen allgemeiner Anerkennung. Unseres Erachtens können aber im Laufe der näheren Untersuchung kritische Erwägungen auftauchen, die wenigstens über einige Elemente der erwähnten Vorstellungen gewisse Zweifel erwecken können. 1. Die erste Erwägung bezieht sich auf die Annahme, daß Homer und Hesiod die Mo­natsnamen einfach deshalb nicht gebrauchen, weil diese noch nicht existieren oder eben zu dieser Zeit entstehen. Der schon früher aufgetauchte Einwand aber, daß nämlich Homer den Gebrauch der Monatsnamen mit dichterischer Absicht vermeidet, kann nicht ohne weiteres abgelehnt werden.3 Das klare Wissen, daß es sich im Falle der Monatsnamen um ortsgebundene, für die einzelnen Poleis charakteristische, spezielle Elemente handelt, hat es ihm ermöglicht, von ihrer Anwendung abzusehen, ja sie sogar zu vermeiden, da er ACTA CLASSICA UNIV. SCIENT. DEBRECEN. VIII. 1972. p. 3—9. 1 M. P. Ni/sson, Die Entstehung und religiöse Bedeutung des griechischen Kalenders2. Lund 1962, besonders 31 ff., 44 ff., 48 ff. 2 G. Thomson, Studies in Ancient Greek Society II. (London 1955) 114 ff. 3 Thomson, a. a. O. 117. 3

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