Arader Zeitung, Januar-Juni 1925 (Jahrgang 6, nr. 2-68)

1925-01-15 / nr. 4

“ Bezugspreis: : für jeden Sonntag, Mitt­­für die ärmere Bevölkerung noc­h. Freitag ganzjährig | | wöchentlich einmal (Samstag) <20 Lei, für Amerika 3 Doll. ganzjährig . - + 100 Lei­­sonstiges Ausland 400 Lei­­|| Einzelnummer 30 Lei. :-: : Der Bezugspreis ist im vorhinein zu bezahlen. "De Folge 4. Schriftleitung und Verwaltung : Arad, Str. Soarelni (Zoltangasse) Nr. 7. " gerechnet. Bei mehrmaliger E lt d s | Vertreter für Amerika: Nik. Jost weganzeigen Nachlaß. a­oog Lane epn 20 erbebt PR. D. Bor 223 Station A. Elizabeth (New­ Jersey). EEE EELS KELTER M ARAD. Mittwoch, den 15. Jänner 1925. 6. Jahrgang Anzeigenpreis: Der einspaltig Raum 1 Zentimeter hoch 15'-­­Lei. Kleine Anzeigen das Wort 2'-­­Lei, fettgedruckte Wörter werden Schriftleiter: NIK. BITTO. Anzeige­­­ngedruc ionen angenommen und sind im vorhinein zu bezahlen. Unsere wirtschaftliche Lage. Der gewesene Hauptschriftleiter der „Kron­­­­städter Zeitung“ veröffentlicht im „Mitteldeutschen­­ Lloyd“ folgenden Auffag: Über die wirtschaftliche Lage einer Bevölkerungs­­gruppe Rumäniens kann man, wenn man nicht gerade eben nur eine­r Momentaufnahme bieten will, eigentlich nur hypothetisch sprechen, wenn diese und jene natür­­lich gegebene Bedingung nicht derzeit künstlich unter­­bunden wäre. Die Hemmungen und Hindernisse einer gesunden wirtschaftlichen Entwicklung Rumäniens sind ja allbekannt und bedürfen einer eingehenden Darlegung: der Zustand des Verkehrswesens, die Höchstpreispolitik, die Erschwerung der Ausfuhrkaxen, der Mangel an Zahlungsmitteln usw. und die durch all diese Faktoren bewirkte außerordentliche Geldknappheit. Von diesen allgemeinen Übeln wird natür­­lich auch die wirtschaftliche Lage der Deutschen in Groß­­rumänien beeinflußt. Von den sieben deutschen Siedlungsgruppen — den Sachsen in Siebenbürgen, Schwaben im Banat, den Deutschen in Sathmar, in der Bukowina, in Beparabien, in der Dobrudscha und in Altrumänien — kommen­ als ‚ Objekte einer volkswirtschaftlichen Beurteilung eigentlich nur die beiden erstgenannten in Betracht, einmal wegen ihrer größeren Zahl­ (die Sachsen rund­­ 230.000, die Schwaben 350.000 Seelen) und dann, weil nur bei­­ ihnen von einer wirtschaftlichen Organisation gesprochen werden kann. 8: 5 Um mit den Sachsen in Siebenbürgen zu beginnen, die auch wirtschaftlich am ehesten eine geschlossene und organisierte Einheit unter­ den Deutschen Großrumäniens angesehen werden können, so ist es bekannt, daß sie schon in der Vergangenheit, bis ins Mittelalter zurückk eine lebhafte wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet haben. Be: Die Sachsen brachten in den neuen Staat einen gewissen wirtschaftlichen Fonds, insbesondere an Arbeitskraft und Arbeits­­­organisation mit, der ihnen­ von vorne­­herein gute Aussichten auf Fortkommen eröffnet. Die Frage ist nun, wie der Anschluß Siebenbürgens an Rumänien an sich auf die wirtschaftlichen­­ Verhält­­nisse bewirkt hat — zunächst theoretisch. Auf die Industrie entschieden günstig. Bekanntlich ist ein großer Teil des sächsischen Kleingewerbes, das seit Jahrhunderten­ sein größtes Abfallgebiet in Rumänien gehabt hatte, infolge des Zollkrieges 1885, zugrundegegangen. Die Industrie litt naturgemäß stets dadurch, daß sie hart an der ver­­schlosse­nen Grenze saß und für den (ungarischen) Inlands­­­­markt zu peripherisch gelegen war.­­ Nun ist die Grenze weggefallen und damit ist­­natürliches Hinterland der sächsischen Industrie ihr somit sind in der Nach­­wieder zurückgegeben worden,­­ Fliegezeit ziemlich viele kleinere Fabriksbetriebe entstanden,­­ die zwar schwer, aber nicht ganz erfolglos arbeiten. Eine der von den Sachsen bewohnten Städte, Mediasch, ist dank dem Erdgas im Begriff, sich zu einer richtigen Fabrikstadt zu entwickeln — allerdings nicht ausschließlich auf sächsischer Grundlage. Die Landwirtschaft der Sachsen sah den neuen Verhältnissen mit der größten­ Besorgnis entgegen. „Man fürchtete mit vollem Recht die gefährliche Konkurrenz des altrumänischen Bodens und gab auch sofort­ Die Losung an­, daß der sächsische Bauer sich möglichst rasch vom Körnerbau auf Betriebe umstellen müsse, in denen ihm der altrumänische Bauer nicht gewachsen ist: Viehzucht, Futter­­und Handelspflanzen, Samenveredlung. Was man­­ aber nicht sofort wissen und ahnen konnte, trat Früher ein: die Agrarreform. Diese hat das siebenbürgisch-sächsische Volk, daß gar keinen Großgrundbefig und kaum einen Mittelgrundbefig, vielmehr nur einen Kleingrundbefiger­­stand hat, verkürzt. . NE - Die sächsischen Geldinstitute leiden schwer unter der Konkurrenz der überall in Siebenbürgen errichteten Fi­­lialen der Bukarester Großbanken. Die sächsischen Geld­­institute, die früher­ sich fast ausschließlich mit Bank­­geschäften befaßten, haben sich in neuester Zeit „auch der Beschäftigung mit Industrie zugewendet und können sich troß der großen Schwierigkeiten, mit denen sie zu kämpfen­­ haben, auf einer Höhe erhalten, die ihnen die Verfolgung­­ ihrer überlieferten und saßungsgemäßen gemeinnüßigen iele ermöglicht 2 : SE 8 Eine freie Entfaltung ihrer wirtschaftlichen Kraft ; jedoch, von der auch die gesamte Volkswirtschaft Rumä­­niens ihren Vorteil haben wird, ist erst der Zukunft vorbehalten.­­ Reifimistischer beurteilen die Schwaben des Banates ihre wirtschaftliche Lage. Für sie erschöpft sich die Wirtschaft beinahe vollständig in der Landwirtschaft. Denn abgesehen von einigen Mühlen und Ziegeleien, haben sie so gut wie keine Industrie. Die schwäbische Landwirtschaft allerdings marschierte an der Spitze im­ ehemaligen Ungarn. Eine wohlhabende­­ Bauernschaft lebt Hier, mit der sich die der Sachsen weder was die Quantität und Dua­­lität des Bodens, den sie besißt, noch Hinsichtlie der Intensivität der Wirtschaft vergleichen kann. Hier ist es, die Gefahr der Konkurrenz Altrumäniens nicht so groß, wie bei den Sachsen, weil der Banater Boden im Durch­­schnitt dem des Altreiches an Fruchtbarkeit­­ nicht viel nachgibt, während die Bodenkultur unvergleichlich höher steht. Dafür aber werden die verschiedenen, bereits er­­wähnten Miseren naturgemäß von der schwäbischen Land­­wirtschaft eben wegen ihrer hohen Entwicklungsstufe schwerer empfunden und wirken katastrophaler als bei­­spielsweise bei der intensiven Betriebsweise Altrumäniens. Der kleine altrumänische Bodenbauer kann sich, wenn infolge des Höchstpreis­­und Requisitionssystems­­ der Regierung der Weizenanbau unrentabel geworden ist, auf die Erzeugung von Frucht­ zum eigenen Verarf zurück­­ziehen und hat auch vielfach, schon damit geantwortet — dass er­ die sichtlich abnehmende Getreideproduktion — der intensiv arbeitende Banater Schwabe dagegen, dessen gesamte Betriebseinrichtung auf Mehrproduktion einge­­stellt ist, muß­ entweder mit ausgesprochenem Schaden arbeiten­­ oder „durch Einschränkung seines Betriebes das investierte Kapital brach liegen lassen. Die Folge der derzeitigen Verhältnisse ist bean auch schon in einem immer unerträglicher werdenden Geldmangel des schwäbi­­schen Bauern­s zu erkennen, unter dem natürlich die ge­­samte Banater Geschäftswelt leidet.­­ Geradezu verheerend wirkt die Exportpolitik der Regierung auf die bisher berühmte Banater Schwie­i­­nezucht. Die hohen Erporu­ngen seßen sie außerstande, mit den jugoslawischen Schweinen auf dem österreichischen oder deutschen Markt zu konkurrieren und auch abgesehen­­ davon würde der ständige Waggonmangel eine entsprechend flotte Beförderung der das landesübliche Transporttempo nicht vertragenden Tiere nicht ermöglichen. So wird denn die Schweinezucht fortgeseßt verringert, so daß sie heute nicht einmal den­­ Inlandsbedarf mehr he>t, daher auch die zunehmende Verteuerung des Schweinefleisches. Stellen wir uns den Zeitpunkt als gekommen vor, wo an Stelle des Prohibitivsystems­ wirkliche Handels-, und „vor allem Exportfreiheit für alle landwirtschaftschaft­­lichen Produkte getreten sein wird, so ergeben sich für die Schwaben wieder bessere Aussichten, insbesondere auf dem Gebiete der Viehzucht, da sie infolge der verhältnis­­mäßigen Nähe der großen Verbrauchergebiete (Wien und Deutschland) sowohl den Siebenbürgern, als auch den Bewohnern Altrumäniens gegenüber im Vorteil sind. Das Gedeihen des schwäbischen Bauernstandes wird in Zukunft in höherem Maße dem schwäbischem Volke selbst zugute kommen, weil dieses inzwischen ein eigenes Volksbewußt­­sein bekommen, hat das ihm früher abging und dies auch in wirtschaftl. Solidarität zum Ausdruch kommen wird. Wenn einmal die Krise überstanden sein wird, ist es nicht unwahrscheinlich, daß sich die Schwaben auch mehr der Industrie zuwenden werden, die, getragen von einem zahlungsfähigen Bauernstand, in dem industrie­­armen Rumänien eine Zukunft haben kann. « Von den übrigen Siedlungsgebieten der Deutschen in Rumänien verdient nur noch das der Deutschen im südlichen Beparabien kurze Erwähnung.­­Auf dem unend­­lich fruchtbaren Boden Beparabiens könnte ihre arbeits­­gewohnte Kraft ein lebhaftes landwirtschaftliches Erwerbs­­leben entfalten, wenn die Verkehrsverhältnisse nicht so sehr darniederlägen. Alles in allem: der Deutsche in Großrumänien harrt der­ Zeit, wo es ihm, die Verhältnisse gestatten werden,­­ die Arbeitskraft, die er in den Armen spürt, frei walten zu lassen ! 3 WRRRRAAX Kampf gegen deutsche Kultur im Elsass. Paris. Wie der „Petit Parisien“ aus Straßburg meldet, ist eine Elsaß-Lothringische­ Liga zum Kampf gegen die deutsche Kultur und den deutschen Gedanken errichtet worden. Diese Vereinigung habe die Aufgabe, mit allen legalen Mitteln gegen alles anzukämpfen, was geeignet sei, den deutschen Geist zu fördern und sie soll anderseits die Kenntnis der französischen Sprache propa­­gieren. Es scheint, daß diese Gründung erfolgt ist, nachdem­ sich die Notwendigkeit ergeben hatte, die fran­­zösischen Theatervorstellungen in Elsaß-Lothringen einzu­­schränken. Ob eine­ dera­tige Zwangsorganisation große Aussicht auf Erfolg hat ? : ­ Drahtlos gesteuerte Bombenflugzeuge in Amerika. Wie „Chicago Tribune“ meldet, besaßen die Streit­­kräfte der Vereinigten Staaten bereits Bombenflugzeuge von kleinen Ausmaßen, die ohne Pilot auf drahtlosem Wege gesteuert werden. Jat Notfalle könnten Serien solcher Flugzeuge ohne weitere Experimente hergestellt werden, da sie bereits ihre Brauchbarkeit bewiesen hätten j : Deutsch-französisches Handelsabkommen. Berlin. Die Sitzung des Reichskabinetts, in der Staatssekretär Trendelenburg über den Gang der Han­­delsvertragsverhandlungen Bericht erstattete, soll wie die „Vossische Zeitung" berichtet, zur Ablehnung des Frankreich vorgeschlagenen Entwurfes eines provisorischen Handelsabkommens gekommen sein. ­ Lloyd George gegen Mussolini. London. Lloyd Georg richtete in öffentlicher Rede einen äußerst scharfen Angriff gegen Mussolini. Unter­­drückung, Einschüchterung, Brandstiftung und Mord seien die Werkzeuge seiner heutigen Regierung. Das Diehard-Organ ist wütend ü­ber diesen Ausfall gegen den Mann, den es beinahe ebenso verehrt, wie Poincare. Die Verhaftungen in Jugoslawien dauern an. "Belgrad. Die Verhaftungen der An­­hänger der Raditsch-Partei dauern noch immer fort. Über die Zahl der im gan­­zen Lande Verhafteten sind genaue An­­gaben nicht zu erlangen. Angeblich geht die Zahl der Verhafteten in die Tausende. Der Führer der slowenischen Volkspartei Korosetsch verurteilte in einer heftigen Wahlrede das Vorgehen der Pasitsch-Regie­­rung gegen­­ Raditsch mit der Erklärung, dass alle, die bisher Raditsch den Rücken gekehrt haben, von­­ nun an sich ihm an­­schliessen werden. Er Ein Kabinett Luther in Deutschland in Aussicht, Berlin. Dr. Luther verhandelt allerdings inoffi­­ziel mit den Rechtsparteien über die Möglichkeit einer Negierungsbildung. Zu dem Kabinett Luther würden, wie das „Berliner Tageblatt“ und der „Vorwärts“ mel­­­­den, die Demokraten und die Sozialdemokraten in schärf­­ster Opposition stehen. . Ein Bischof — Minister. Nom. Die albanische Regierung hat dem Bischof Colezzi das Portefeuille des Außenministers angetra­­gen und den englischen Oberst Sterling mit der Orga­­nisation der Gendarmerie betraut.

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