Banater Deutsche Zeitung, Oktober 1925 (Jahrgang 7, nr. 221-247)
1925-10-01 / nr. 221
| Bolkspresse - äbische | Rr Bezugspreis: Inland ganzjährig 8409, halbjär 723, vierteljährig 210 und monatlich 70 Lei Dollar Einzelpreis 6- seitig AR. 12-sei 352, Zustellung in Temesvar 168, Ausland ganzsüt, 7, Is Schriftleitung und Verwaltung: Temesvar, Stadt, Deutsches Haus. Fernsprecher Ar. 14-18 — Erscheinst täglich 3 Uhr nachmittags... . Oktober 1925 we 2 „Ns. 122 Die Umwertung der Werte im nahen Wenn jemand in der Zeit zwischen dem sogenannten Boxeraufstand in China und dem Ende des Weltkriges vorausgesagt hätte, daß Staaten wie die Türkei oder China noch einmal so starke politische Faktoren werden würden, daß an ihrem Widerstand die Politik der frär europäischen Mächte sich brechen würde — „" er hätte schwerlich damit Glauben gefunden. Die Türkei war eins für allemal der kranke Mann, und China pflegte man seit dem Ende des 19. Jahrhunderts allsgemein in „Anfnsspähren“ zu zerlegen, wobei auf englischen Karten ge zwei Drittel des Ganzen in Leitern von traditionellem britischen Rat als „Yangtse- Basin“ überdruckt wurden. Wie merkwürdig haben sich jezt diese Dinge geändert ! Aus Washington wird gemeldet : „Die Signatarmächte des Washingtoner Abkommens über China haben der Pekinger Regierung in drei übereinstimmenden Noten mitgeteilt, daß sie bereit sind, zu einem baldigen Zeitpunkt Kommissare zu ernennen, und zu ein H aupt und welche Schritte. gestan werder 11 der Aufgabe der exterritorialen Sonnee inndarmächte“ des sogenannten Neunmächteabkommens vom 6. Februar 1922 sind, außer China : die Vereinigsten Staaten von Amerika, England, Japan, Frankreich, Italien, die Niederlande, Portugal. Außer diesen 8 Staaten um in China exterritoriale Vorrechte von europäischen Mächten nach Spanien, Schweden, Norwegen, Dänemark und die Schweiz ; von amerikanischen in Chile und Mexiko. Deutschland. Rußland und die österreichischen Nachfolgestaaten haben das Recht der eigenen Gerichtsbarkeit über ihre Staatsangehörigen in China aufgegeben. Die Initiative zu dem jzigen Verzichtsangebot hat die amerikanische Regierung ergriffen, mit dem und im fernen Osten iier autonomen Der Schlüssel zum Verständnis dieser Wendung - Vorbehalt, daß China sich bereit und fähig zeigen solle, den Schutz der ausländischen Rechte und Seien mit seinen eigenen Mitteln sicherzustelen. E 8 handelt sich aber nicht nur darum, daß ausländische Staatsangehörige bisher der <inesischen Gerichtsbarkeit entzogen sind, sonder unh darum, da, ebenso wie früher die Türkei, nicht das Revollgereggebung best muß an zwei Stellen gesucht werden: in Versaile 38 und in Moskau. Es ist noch nicht lange her, daß auf dem achten kommunistischen Kongreß in Mirau Budgrin die Formel aufstellte, das Prinzip des nationalen Selbstbestimmungsrechts in den überseeischen Kolonien und Interessengebieten der europäischen Mächte müsse dazu aus Denutzialismus Schaden zuzufügen.“ Ein anderer bekannter Bolschewist, Rjasanow, nicht ungestraft die Abschaffung des nationalen Rechtes auf Selbstbestimme für die aflatif zu werben, „dem fremden Impeagte ebendort ! „Man kann einem Moment proklamieren, wo die Rettung 34 „freie Selbstbestimmung der Nationen“ als das politische Grundgefüg der SEE sei ; sie haben geglaubt, alle diejenigen Völker, deren bestimmung ihnen, den Sieger, unerwünscht sein würde, davon ausschließen zu können. Das aber zeigt sich jezt als unmöglich. um Nationalgefühl hat das neue Evangelium so einheitlich und so kr stig erfaßt, daß Engländer und Japaner, anzosen un Amerikaner gleich hilflose Diebe des <inestischen Volkes stehen, sich die Freiheit von den Fesseln fremder Vorzugsrechte zu erkämpfen. Vor allem England hat per wie wirksam die unblutige Waffe des Wykotto zu treffen imstande ist. Auf der einen Seite hat kauer er es verstanden, die „moralische die Mos- Offensive“ an PUPS gegen England zu richten ; auf der anderen haben die Amerikaner am schnellsten begriffen, daß die Privilegien der Fremden nicht mehr zu Halten sind, und sie haben daher den Anstoß dazu gegeben, wegen Aufgabe der fremden exterritorialen Rechte und der fremden Zolldiktatur mit China zu verhandeln. Die Zeit der Opiumpkriege ist vorbei! Weder die Engländer noch sonst jemand kann heute noch daran denken, dem cinesischen Boykott mit Landungstruppen und Bombardements zu begegnen. Das ist die Nemesis der Selbstbestimmungslage von Versailles, s . ist okkupiert, „wie Frankreich das Ruhrgebiet okkupiert hatte“, aber den Friedensvertrag, durch den Mossul von der Türkei abgetrennt werden sollte, haben die Zürlen nie unterschrieben, sondern ihn den Alliierten zerrissen vor die Süß geworfen Geist kläglich und welch einen Eiertanz wie „in der Mossuler Sache “ türfis“ oder wie „haben so gut gewußt wie die Türken, daß soll "keine englische Regierung mehr einen Krieg entfesseln kann, nur Tigris in die Hand zu bekommen, um die Oelquellen am Abgesehen von den Innerpolizisten damit bewere, muß sie sich sagen : Wo der erste Schuß fällt, rief das zu bestimmen haben wir vielleicht in der Hand, ‚aber wo der letzte fällt, das weiß nur das Schicksal, und ob dies im sal für England günstig wäre, das weiß niemand eue 2 a) Von Dr. Paul Rohrbach „Sowjetregimes eben darin besteht, die Worten gemeldet worden. Die „Sig hetzen s | tarımme eb an, er ae. .. Die Nacht DRH, zu sehen, w neue aber [bfts : : 6 ] Schwierigkeiten, die fte 8 BR, M. 45 601: Kr "= rg A +S RR: Bee ang Er ET Re RE Ta A De S5 BI BI. ELIE N; RR 242520785 WIRDS ; ! LEIS Feuilleton Rote Nelken Skizze von Magdalena Eisenberg Susanne, die kleine blonde Frau, war damit beschäftigt, die Babywäsche auf dem Balkon so unterzubringen, dab ihr Anblick die sonntäglichen Spaziergänger nicht störe, und sie dennoch genügend Luft und Sonne zum Trocknen bekäme. Die Sorge um das Kleine und all der Krimikams, den No ein Zweizimmerhaushalt mit sich bringt, wenn man ihn ohne Hilfe erledigen muß, hatten die ein wenig schwäclche junge Frau noch keinen Augenbli zur Ruhe konnner lassen, und wehmütig bli>te sie auf ihre verarbeiteten Hände und dann auf das fröhliche junge Volk, das da aus der Stadt am diesem schönen Sommertag ins Freie strebte: die Mädel in Weiß, Rosa und Hellblau wie munt're Schmetterlings, die Jünglinge mit Spazierstoß und Zigarette, schneidig und übermütig. Zwischendurch “wohl auch hin und wieder ein Ehepaar mit Kindern, zu frieden, behaglich . . . . Die junge Frau sah das alles, und doppelt fühlte sie ihre Müdigkeit. Ganz langsam zog ein Neidgefühl in ihre Seele. Ach i wie lange schon hatte sie keinen richtigen Sonntag mehr gehabt. Und nun saß sie einsam hier, während ihr Mann in ihrem Wohn-Empfangs-Eßzimmer und „Salou“ seh und Bureauarbeiten erledigte, die er als Nebenbeschäftigung übernommen hatte, um den kleinen Haussnhalt überhaupt bestreiten zu können. Jung Ad wäre es nicht besser gewesen, wenn sie ihre Stelals Lehrerin behalten und auf die Ehe verzichtet hätte? Wie frei und sorglos lebte sie damals in ihrem gemütlichen Stübchen: mit den weißlackierten Möbeln, und wie freundlich und umsichtig hatte ihre bes<eidere Zimmerw ztin, deren größter Stolz es war, eine Lehrerin in Benfien zu haben, für ihre Bequemlichkeit gesorgt. Und wie waren die Sonntage, am denen man sich viel länger als nötig „ausschlief“, so luftig gewesen mit ihren Wandern, Kahnfahrten, Kinobesuch oder gar einer fleinen Bahnreise! | | | Sanz pessumstisch wurde der kleinen Frau Susatine zumute, ja ein Tränlein, schlich“ sich leise wischen die Wimpern, und ihre Hände war sich zusammen, Sie war so fürchtbar müde. Da schlaf sie plößlich auf und starrte ganz entgeistert auf den Nachbarbalton. Dort war die in Dame aus dem Hause getreten und stellte einen Topf mit Nelken in die Sonne, rote, vblutrote Nelten, leuchtend in ihrer Farbanpracht. Und jekt stürzten die Tränen ungehemmt aus Frau Susennens Mirgen und rannen über ihre schmalen blassen Wangen, die sich gangsondedbar mit einer leichten Nöte füllten, als hätten janz Nolten“ das drüben einen Widerschein ergaben. Und durch die Tränen blikte wie Sonne 2aichein im Regen ein glücseliges Lächeln. Denn Frau Susanne sah sich plößlich im jenem schönen weißlackierten Zimmer, und vor der kleinen, blonden Wyrerin, die schreibend am Tische saß, leuchtet ein roter frischer Nelkentytrauß. Sie aber schrieb und schrieb in einen Brief an den Gliebten die ganze Sehnsucht ihres jungen Blutes hinein, die ir ihre ganze schöne Gorgloffgläit und Freiheit zur alten Wüste machte, > Ent. Und sah, mit einer schnellen Bewegung wischte, jekt Frau Susanne die Tränen aus den Magen, warf, einer schier mitleidigen Blick jauf all die jungen Menschen, dieunter ihr auf der Straße vorüberzogen, und eilte schnell hinein zu ihrem Gatten, küßte den Ueberraschtem stürmisch und rief mit einer Stimme, allen Glückes voll, dem Ueberraschten zu: „Somr, du nur schnell, Selichter, Lomm! Konm diese wundervollen Feen sehem!“ " Die tote Frau Von Hans Pittioni, Auf allen Blättern und Zweigen des Waldes, auf den horpgescheffenen, sättgemen Halmen der Wiese, auf den sanften Hügelsuppen, die sich weich und anmutig in die Ferne strecten, ruhte schwer und fruchtbar das Gold des Sonnenlichtes, alljährlich, wenn die Erde im Reifen ist und nicht ans Sterben denkt. Am Waldrande, wo sonmige Heiterkeit in frommen Ernst übergeht, schritt müde und langsam Gottlieb von der Lerche. Er kam vom Dorfe, das zwei Stunden abseits lag. Boi D dieser Zeit hatte man sie begraben, die lange Jahre Gottliebs höchstes Glück und größter Schmerz gewesen war. Nun ging er heim in das kleine Haus, das er vor einem Jahre begogen hatte, als seine Frau ernstlich Tran geworden war. Wie ganz anders wäre es doch gekommen, hätte er gleich mach Der Hochzeit in Diesem Heim. Wohnung nehmen können! Aber seine Frau wollte” nicht. Sie wollte Luxus, ein vornehmes Haus, Berstreuungen. Auch im Sommer hatte sie nicht Ruhe, Reisen, festspieliges Bäder, Unterhaltung und die Gesellschaft der Allerreichsten. Und er hatte ihr immer nachgegeben, Er wußte, daß es ihrer "Gesundheit zuträglicher gewesen wäre, sich nuhe zu gönnen, die Stille und Einsamkeit zu suchen; er wußte auch, daß sein Geld in ihren Händen zerrann wie" flüchtiges Wasser, aber er hatte Furcht, er könnte ihre Liebe verlieren, über deren Größe er übrigens nie im Klären gewesen war. Sie hatte ihm nie gesagt, daß sie ihn liebe, obwohl er auch sicher war, daß sie ihn nicht des Geldes wegen geheiratet hatte. Je nach ihrer Laune war sie bald zärtlich, bald abweisend" gegen ihn gewesen und so hatte viel Bitterkeit in sich gesammelt. Wie sehr sehnte er sich nach» warmer, überzeugender Empfindung, wie so merzlich verlangte er nach einem Wunder, das ihm ihre welle Liebe erwirben sollte, jene Liebe, neben dem , wie -„ -- uk Ar 2 . IE