Banater Deutsche Zeitung, November 1925 (Jahrgang 7, nr. 248-272)

1925-11-01 / nr. 248

Shire RN7 236 age ii­ern ee Eee / Beschwerden der Bauernpartei vor dem Parlament Scharfe Angriffe gegen Anghelescu — Bufkarest, 30. Oktober. (L.) In der heutigen Se­­natsfigung brachten die Senatoren V­ep­a und Tru­­fli dem Aberbauminister mehrere Fälle von M­iß­­­bräuchen bei der Bodenverteilung zu Kenntnis. Der Minister versprach, die Untersuchung einzu­­leiten und Abhilfe zu schaffen. In der Hammerfigung antwortete der Unter­­staatssekretär Cipoianu auf die gestrige I Inter­­pellation des Nationalparteilers Joanißivescu be­­treffend die Errichtung des Zentralverbandes der Landwirtschaftskammern. Cippianu­ erklärte, die Schuld trage nicht die Regierung, sondern die Land­­wirtschaftskammern. selbst, die.trob.wied­erholter..Auf­ forderung die notwendigen Vorarbeiten zur Grün­­dung des Zentralverbandes noch nicht oder verspätet durchgeführt haben. Zum Beweise seiner Behauptun­­gen legt er einige Rundschreiben des Ministe­­riums vor, die auf diese Angelegenheit Bezug haben. Der Zaranist Madgearu beschäftigt sich in längerer Rede mit den bevorstehenden­ Gemeindewahlen und erklärt, es sei ein richtiges System zur Verfäl­­schung der Wahllisten organisiert werden. In der Haupt­stadt seien beispielsweise von 50.000 Wahl­­berechtigten nur 38.000 in die Listen eingetragen wor­­den. Dieses System sei durch das fette Rundschreiben des Justizministeriums8 an die Gerichte, worin bei Widersprüchen eine komplizierte Beweisführung an­­geordnet und so gegen die Eintragung in die Wähler­­listen dekretiert wird. : 7? In einer zweiten Interpellation wendet sich Madgearu in heftigen Worten gegen das General­­sekretariat des Unterrichtsministeriums, dag Diejeni­­gen Lehrer, die der Zaranistenpartei angehören, in direkt teuflischer Weise drangsaliere und verfolge. Der Redner­ versucht, seine Behauptungen durch An­­führung mehrerer Beispiele zu beweisen. Justizminister Marzescu erwidert auf die obigen Angriffe Madgearus und betont, er habe in­ sei­­nem Rundschreiben lediglich die Gerichte angewiesen, von Appellanten in Angelegenheit der Eintragung in die Wählerlisten den Nachweis des Vollbestes der bürgerlichen Rechte zu verlangen. Dies sei nicht nur geweglich, sondern sogar über Veranlassung der Zara­­nisten geschehen, die die Regierung zu dieser Maß­­nahme aufgefordert hätten. Es entspinnt sich auf diese Erklärung hin zwi­­schen dem Minister und Madgearu ein lebhafter Wortwechsel, in dessen Verlauf leiterer behauptet, das Rundschrei­­ben sei geeignet, die Richter zu beeinflussen. Marzescu weist diesen Vorwurf mit Entrüstung zurück. Unterrichtsminister Anghelescu auf die zweite Interpellation Madgearus. antwortet Er er­­klärt, in seinem Ministerium werde seine Parteipolitik getrieben. (Zwischenrufe bei der Opposition: „Ganz gewiß nicht! Alles ist nur Verleumdung.“ — Heiterkeit.) Anghelescu versichert neuerdings, er betreibe nur (!) Schulpolitik Der Beweis hiefür sei, Die Frage der­ Kriegsentschädigung — daß er zahlreiche Interventionen zaranistischer Abge­­­ordneter wegen Lehrer, die ihrer Partei angehören, stattgegeben habe. Auch in den von Madgearu er­­wähnten Fällen habe er Lehrer, die sich schwere Dis­­ziplinarvergehen zuschalden kommen ließen, wieder rehabilitiert.­­Heftige Zwischenrufe bei den Zaranisten gegen den S­ekretär des Unterrichtsministeriums V­a­­laotri. Madgearu fordert in seiner Replik die Maßrege­­lung­ des­ Generalsekretärs. Die Kammer geht sodann zur Tagesordnung übern und beginnt mit der Debatte über das Geseß, betreffend einen­­ Kredit von 250 Millionen Lei für die Kriegs. Schäden. Der Nationalparteiler Ioanipescu verlangt eine gerechtere Aufteilung dieser Summen. Der Zaranist Madgearu findet, daß der Fi­­nanzminister die so wichtige Frage ver Entschä­­digung derjenigen Personen, die im Kriege ihr gesamtes Hab und Gut verloren haben, allzu oberflächlich behandle. In anderen Staa­­ten gebe es besondere Steuern, deren Ergebnis nur für diesen Zwel verwendet werde. Bei ung verwende man hiefür Eingänge aus den laufenden Steuern, die ja in ihrer Gesamtheit nicht einmal zur Deckung der normalen Staatsbedürfnisse hinreichen. Redner­ fragt, was man mit der großen Kriegsbeute gemacht habe, die bei ordnungsgemäßer Verwendung zur Detung eines beträchtlichen Teiles der Kriegsschäden hingereicht hätte. Der Nationalparteiler Bon verlangt größere Berücksichtigung der Siebenbürger bei diesen Entschä­­digungen. Vintila Bratianu erklärt, daß Entschädigun­­gen im großen Stile derzeit noch nicht gezahlt werden können, weil der Staatshaushalt dies noch nicht er­­tragen würde. Er weist auf das warnende Beispiel in Frankreich hin, das Summen für diesen Zwe aus­­„geworfen habe, die über seine finanzielle Leistungs­­fähigkeit gingen und dessen Budget daher aus dem Gleichgewicht gekommen sei. Er habe sich zum Grund­­maß gemacht, nicht mehr zu versprechen, als er auch wirklich halten könne. Die Auszahlung der Entschädi­­gungssummen an die Bukowina und Siebenbürgen habe sich aus dem Grunde verzögert, weil die von dort verlangten Daten verspätet einlangten. Der Finanz­­minister­ bittet um die Annahme des Entwurfes, der auch mit Stimmenmehrheit angenommen wurde. Falsche Wählerlisten | Verhandlungen zwischen Belgrad und Rom über ein Sanktionsmandat Belgrad, 30. Oktober. Von unterrichteter Seite wird gemeldet, daß gegenwärtig zwischen Belgrad und Rom Verhandlungen darüber stattfinden, vom Völkerbund für beide Staaten ein gemeinsames Sank­­tionsmandat in dem griechisch-bulgarischen Streitfall zu­ erlangen. Die Verhandlungen gründen sich auf die Erwägung, daß der­ Völkerbundrat den griechisch-bul­­garischen Konflikt nicht restlos werde bereinigen können. GE RR RZ RL ZB RR ZZ TR ZZ Z ZZ! ZTTZTE“-y ZT EE 77 GZ ZI m ze em << ee ERBRINGT DEREN Die katholische Kirche ist durch die Agrarreform in eine s<here Lage gekommen, welche noch durch die Ppar­­teiliche Anwendung des Gesees erschwert wird. Die Te­­mesvarer 4­­5 Ordenshäuser von Notre-Dame werden als ein Haus betrachtet, und wird von­ den dazugehörigen Feldern nur der auf ein Haus entfallende Teil belassen. Waisenhaus, Krankenhaus, Schulen usw. aber bleiben ohne Einkünfte. Die katholischen Pfarrer erhalten in den seltensten Fällen ihre im Gesetz vorgeschriebene Parochialsession. Wie man vorgeht, möge ein Beispiel unter vielen beweisen: Die Gemeinde Perjamost hat 350 orthodoxe Seelen und 5000 deutsche Katholiken. Die duch die Agrarreform verfügbaren Felder wurden wie folgt verteilt: Die noch nicht existierende orthodoxe Pfarre erhielt 32 Joch. Der noch nicht existierende o­rthodoxe Kantor 2­20 Joch In derselben Gemeinde soll eine große orthodoxe Kirche erbaut werden, aber nicht aus Beiträgen der 350 Gläubigen oder des Staates, sondern es werden die fast nur deutschen und katholischen Gemeinden des Bezirkes für den Baufond mit 40.000---100.000 Lei „freiwillig“ tri­­butpflichtig gemacht. Auf dieselbe Weise wurden und werden orthodoxe Kirchen in den rein katholischen oder fast rein katholischen Ge­­meinden Neuarad, Rekasch, Detta erbaut. Klagen hatten im Falle Perjamosc­h das Ergebnis, daß der „eifrige“ Primpretor dekoriert wurde. Kein Wunder, wenn unsere Priesterseminare allmäh­­lich leer bleiben, wenn die Pfarren großer Gemeinden nicht mehr belegt werden können und daß das Wolf allmählich verwildern muß. Wir könnten fortsehen und schildern, wie Hunderte von deutschen Bauernfamilien durch die parteiische Durc­hfüh­­rung der Agrarreform zur Auswanderug gezwungen wer­­den, wie Beamtenfamilien durch Entlassung und vorzeitige Pensionierung ruiniert werden, wie weit wir noch von der wirklichen Gleichberechtigung entfernt sind, wir wollen uns aber diesmal auf diejenigen Beschwerden beschränken, welche in den engeren Interessenkreis von Frauen fallen, weil sie­­ Shule und Kirche, also die geistige und sittliche Erziehung unserer Kinder, betreffen. Wir sind gerne bereit, unsere obigen Behauptungen durch Beweise zu belegen und zu ergänzen, dann erst wer­­den unsere rumänischen Schwestern sich überzeugen kön­­nen, n­ie gut sie gehandelt haben, als sie unsere Klagen hören wollten. Aber auch aus dem obigen schon können sie ersehen, daß wir gar manchmal Grund zur Erbitterung haben, wenn es auch nicht gestehen konnte, daß wir da­­durch in unserer Treue zu Thron und Vaterland schwan­­kend gemacht wurden. Denn wir wissen es wohl, daß wir in der Hauptsache unter dem Ergebnis eines Uebergangssta­­diums zu leiden haben, welches ü­beri­urden werden wird durch den Sieg des Gedankens der wirklichen Gleichberech­­tigung und Brüderlichkeit aller Völker. Die schöne Geste der rumänischen Frauen aber, welche uns heute zusam­­mengeführt hat, erweckt in uns die Hoffnung, daß diese Zeit nicht lange auf sich warten lassen wird, und so dan­­fen wir Ihnen im­­ Namen aller deutsch-schwäbis­chen Frauen von ganzem Herzen. Be EEG 34 Joch Dagegen! 2 katholische Pfarrer bekommen je 6 Joch 12 Joch 2 katholische Kirchen befonm­en je 4 Joch 5628 . Sonntag, den 1. November 1925. Hlar Lukacs, der Temesvarer Fiaker-Veteran Vielerlei Menschen gibt es, der eine näht sein ganzes Leben hindurch und der andere il­r die Schuhe Jahrzehnte lang. Beim Fenster, an dem das Leben vorüberläuft. Und wenn es kalt ist, dann rücken sie näher zum Ofen. Der alte Lajos, den der Chroniker der kleinen Dinge und der schiefen Hütten nicht unbemerkt­­ lassen kann, hatte nie Lust, ein solcher Stubenhoder zu sein, Hinter dem Fenster zu sizen und wenn es kalt ist, ganz­­ an Dien zu rüden. Er wollte nicht zu den vielerlei Menschen gehören, die nähen und Schuhe fliden. So was wie ein Talent besaß er zum Leben unter freiem Himmel reßt ist er schon sehr alt, ges­prochen geht er unter der Lust seiner 85 Jahre, aber die Luft und den freien Himmel kann er nicht ver­­missen. Das winzige Zimmerfenster steht offen und dort steht er, saugt die Herbstluft ein und sucht mit seinen schlechten Augen den Himmel. Der alte Lajos ist der Veteran der Temesvarer Fiaker. Volle 50 Jahre ist er auf dem Bad gesessen. Auf seinem Einspänner, mit dem er durchs Leben fuhr. Stolz war er immer auf seinen Wagen und sein Roß. Vier Droschken hatte er während der 50 Jahre. Die eine kaufte er in der Ausstellung, wo er Josef sah, der für eine wunderliche Uhr, die jährlich bloß einmal brauchte aufgezogen zu werden, fürchterlich viel Geld bezahlte. Er glaubt, man konnte es nicht mal zahlen. 10.000 Buiden sollen es gewesen sein. Und wer so etwas sah, der hatte volles Recht dazu, sich mit seinem Wagen und mit seinem Schimmel vor­­ den Photographen zu stellen. Das Bild hängt jetzt über dem Schbladkasten. Und der alte Lajos nimmt es mit zitternder Hand von der Wand, bläst den Staub­ ab und sagt : — Das war ich, Dlar Lukacs, der früh seinen Vater verlor und dessen Mutter vor ihrem Tode in als ins Wasser getauchte Semmel aß, Dlar Lukacs, 50 Jahre auf dem Bock saß und während des Krieges mit seinem Pferd das auf Blei gekaufte Brot geteilt hat, weil er um die paar Secserl, die er damals ver­­diente, keinen Hafer kaufen konnte. Hinter ihm das offene Fenster, durch das man die Bäume der großen Dammwasse sieht. Mit der einen pand stüßt er sich auf den Tisch und langsam rollen eine Worte wie sein gealtertes Blut. Neben ihm steht fie Schwester, ein zusammengelrognetes Weib, das ob­während weint. — Siebenmal habe ich geschworen und mit Sandor saß ich bei einem Tisch im Gzegoriner „Schwarzen Ad­­ler. Die Erinnerungen, die si plößlich über sein vers machen die Wörter stocken. Endlich fängt er an, diesen mystischen Sag zu erklären. — Mit zwanzig Jahren war ich unter Graf Ra­­day Persekutor in Szegedin. So traf ich mit dem San­­dor zusammen, mit dem Roz8a Sandor, mein Herr, Oft ging ich mit Graf Raday auf die Jagd nach Bet­­yaren, Und siebenmal mußte ich schwöres, Daß ich nichts erzählen werde, was ich sah. Im Gang war­ ich auch, wo Raday das Berhör unternahm, Die Betgaren bes kamen eine Blechlarve aufs G­esicht und der­ Sohn wußte nicht beim Verhör, daß er neben seinem Vater sitt. Und wer sich traute, seinem Nachbarn etwas zur zuflüstern, der erhielt mit dem Kolben einen Stoß in die Brust, Denn so lautete der Befehl, mein Herz:. . . Die Schwester weint still vor sich hin. ü — Warum sagst du nicht dem Herrn, daß wir wir geuner zu Einwohnern haben, die alles zugrunde richten. "Sag's nur dem in der Wohnung Herrn. Nicht­ eine mal die gebrochene Fensterscheibe lassen sie machen, lieber stellen sie ein Brett Hin. Aber 500 Lei haben, sie, verd­eß Stab ein neues Kreuz zu kaufen. Erzähl os­ar... Olaf Lukacs, der Frater: Veteran, hat anderes zu erzählen. Von den Herren, die in seinem Einspänner gefahren sind. Um 3 Sechserl zum Fabriler Bahnhofe. Und um 8 Sechserl in die Josefstadt. Viele Herren, deren er sich nicht mehr erinnern kann. Er hatte immer seine flänbigen Fahrgäste. Der 85jährige Veteran, der im ERROR Heiligenbild aus Jerusalem heißt. — Dr. Dubenebfy, der nie gelacht hat, ist immer in meinem Wagen gefahren.” Einmal hat er aber Doch ge­­lacht. Wir kamen aus Buftarch, wo er bei einem Kran­­ken war, mit zwei Schinken beladen. Er stieg bei seinem Haufe ab und ging hinein, ich mit einem Schinken ihm nach. ALS er sah, daß ich nur einen Schinken hineinbrachte, sagte er: „Es waren doch zwei.“ — „Ja, grädiger Herr, wir waren doch auch zwei“, „Ich kenne aber die Wisser­schaft und so gebären mir beide“. „Gnädiger Pim, ich kenne vier Wissenschaften, Wagner, Schmied, adierer, Riemer und rechne ich noch; mein Roß dazu, so sind es fünf“. Und Dr. Dubenetzky der niemals ge­rat hat, hub damals an laut zu lachen. Als ich wenn fahren wollte, kam die gnädige Frau heraus und gab mir zwanzig Sulden, weil ich den Doktor lachen machte. Olaf Lukacs, der Fiaker,Veteran aus der großen Dammwafse, den seine frühere Kollegen den alten Lajos nennen, der Perfek­tor war und mit seinem Act das Brot geteilt hat, erzählt weiter. Waßres teie8. Seine Schefter weint ununterbrochen, und" »Sedich­­„Durch das offene Fenster fla­tern Kinderrufe ins Immer, Es is schon gegen Abend, „tastendes Hirn schütten,

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