Banater Deutsche Zeitung, Januar 1931 (Jahrgang 13, nr. 1-24)

1931-01-14 / nr. 10

% rer Er 85! I + En €“* HEVZ1. V ‘ zugetan Z Tauf- und Bestattungs-Zeremonien in So­wjet-Nußland­­: : - xs „Rote Apostel“ Haß gegen reich­ste Feiern Die Sowjetregierung hat soeben ein Dekret her­­ausgegeben, das die Aufgabe hat, den Taufakt und die Leichenfeier für die Mitglieder der kommunistischen Partei zu regulieren. Der Tauf-Ritus wird sehr als „Sternen­­feier“ ausgeübt. Unter Androhung­­ von Strafen wird angeordnet, daß jeder Säugling zu dem örtli­­hen Kommissar (Ispolkum) gebracht werden muß, dessen Sekretär den Namen des Kindes bestimmt. Das Kind erhält das Pionierzeichen aufgelegt und wird mit einer roten Fahne bedert. Den Schluß des „Festaktes“ bildet eine Mahlzeit, bei der politische Reden mit dem Abfingen revolutionärer Lieder wechseln. Auch die sogenannten Sternen-Pa­­ten sind nicht vergessen worden. Sie werden ver­­pflichtet, die Erziehung des kleinen „Pionier“" in kommunistischem Sinne zu überwachen. Die Leichenbestattung, in Form von Ver­­brennung gefordert, sol die Verneinung der Unsterblichkeit symbolisieren. Da aber die Sowjets zur Zeit noch nicht über genü­­gend Krematorien verfügen, wird vorübergehend er­­laubt, eine Beerdigung vorzunehmen. Das Zeremo­­niell einer Kinderbestattung bestreiten vornehmlich rote „Pioniere“. Auch an dieser Stelle hört man die bols­ewistischen Lobgesänge und die den Kommu­­nismus preisenden Reden, während der Sarg mit ro­­tem Fahnentuch umwidelt wird. Etwas anders voll­ zieht sich die Handlung bei der Leichenfeier Er­w­a­c­­sener. Dem Leichenzug wird das Sinnbild der Sowjetrepublik, „gekreuzte Sichel und Hammer“, und statt des Kreuzes der rote Stern vorangetragen. Bis zum Krematorium wird der Sarg von Kommunisten in roten Paraderösen, den „roten Aposteln“, begleitet. Antireligiöse Lieder und politische Reden fehlen auch bei dieser Feier nicht. Das Ganze beschließt wieder ein Festschmaus, DE we - '. '.* m ­ans Die mitteleuropäische Agrarkonferenz auf Feuer verschoben Wien, 13. Jänner (Dp) Die für den 19. und 29. Jänner in Wien abzu­­haltende mitteleuropäische Agrarkonferenz­ wurde auf­ Monat Feber verschoben. Zu diesem Schritt sich deshalb entschlossen, weil im Jänner hat man noch andere Konferenzen stattfinden und die Gefahr bestand daß richtunggebende ausländische Fachleute an der Agrar­­konferenz nicht hätten teilnehmen können. I­­n 709 u ————— mn | ete nun Nomafov Denis Deifie nena een Mitwot, 14. Jänner 1981 boten I ­ Dreihundert Haßzfelder Arbeiter der Bollsgemeinschaft angeschlossen Neubelebung der Ortsgemeinschaft durch Mitwirkung der Jugend Sonntag wurde im Feststsaal des Habfelder Bauernheimes die heutige ordentliche Generalver­­sammlung der dortigen Ortsgemeinschaft abgehalten. Dieser Generalversammlung kommt um so mehr große Bedeutung zu, als Haßfeld* unsere größte schwäbische Gemeinde ist, wo das völkische Leben in den drei lezten Jahren sozusagen brach darniederlag und seinen nennenswerten Erfolg zu verzeichnen hatte. Besonders trostlos aber gestaltete sich die­ Lage, als der gewesene Abgeordnete und Führer des Hatz­­felder Deutschtums Professor Peter Heinrich we­gen der Auflassung der dortigen Zweiganstalt der Schwäbischen Handels- und Gewerbebank zur Si­­cherung seines weiteren Daseins seinen Wohnsitz nach der siebenbürgischen Gemeinde Sel­stye verlegte, wo er am dortigen Gymnasium eine Professur ange­­nommen hat, .­ Nun gab sich inbesondere die Jugend mit die­­sen Zuständen nicht mehr zufrieden und forderte im­­mer dringender die Neubelebung der Ortsgemeinschaft. Diese Bestrebungen waren denn auch insofern von Erfolg, als am Sonntag und zwar im Zeichen der Wied­erberebung, die heutige Generalversa­­mlung abgehalten werden konnte. Das Deutschtum strömte in schöner Anzahl herbei, um seinen Willen im Zei­­chen der Volks­gemeinschaftsgedanken3 kundzutun und neben ihr und für sie Zeugnis abzulegen. Doch nicht nur aus diesem Grunde kommt die­­ser Generalversammlung eine erhöhte Bedeutung zu, sondern lediglich auch wegen des Umstandes, daß die dortige Arbeiterschaft, die bisher zur Ge­­folgschaft des bekannten sozialdemokratischen Parteiführers Leonhard Kartye zählte, der bekanntlich so viel Unheil nicht nur über die bemittelten, sondern auch über die unbe­­mittelten Leute brachte, sich ebenfalls in einer recht stattlichen Anzahl der Volksgemeinschaft angeschlossen hat. Dreihundert dortige und im Fabrik­viertel wohn­­hafte Volksgenossen gedachten den Tatsache, daß sie nicht nur Arbeiter, sondern auch Deutsche seien und erklärten ihren Beitritt zu unserer Volks- und Scldsalsgemeinschaft. Nach Minischtal und Steinn­­­­orf, wo die Arbeiterschaft zum Teil ebenso­ han­­delte, gewiß einer der bedeutendsten Erfolge, den wir in den letzten Jahren auf dem Gebiete der Volksgmeinschaft zu verzeichnen hatten. Die schön und würdig verlaufene Generalver­­sammlung wurde durch stellvertretenden Vorsitzer Malermeister Friedrich Retzler mit herzlichen Begrüßungsworten eröffnet und seine Ausführun­­gen mit lebhaften Beifall zur Kenntnis genommen. Er unterstrich, daß die ganze Aufmerksamkeit der letzten drei Jahre­ lediglich dem verflossenen Ge­­meinderat gegolten hat, was eine Vernachlässi­­gung der völkischen Arbeit zur Folge ha­­ben mußte. Sekretär Professor Hans Welsch erstattete drauf seinen Jahresbericht. Auch an diesem wurde nichts ausgesett. Dann sprach Arzt Dr. Georg­e Scheißner. Er befaßte sich mit der Bedeutung des Volksgemein­­schaftsgedankens und zollte lediglich auch Professor Peter Heinrich, dem früheren Obmann der Ortsge­­meinschaft, warme Worte der Anerkennung. Auf seinen Antrag wurde beschlossen, an den in Selistye wohnhaften vorzüglichen Führer de Banater Deutschtums ein Begrüßungstelegramm zu richten. Mit großer Begeisterung wurde der Anschluß der schon erwähnten dreihundert Arbeiter zur Kenntnis genommen, die ihre Ziele nun­­mehr ebenfalls im Rahmen der V­ollsgemeins­­chaft erreichen wollen. Somit sei die schönste Hoffnung zu einem ersprießlichen Zusam­­menwirken zwischen allen Bewässerungs­­schichten gegeben. Aus der Wahl gingen gewesener Senator Karl von Möller als Obmann, Dr. Scheipner als Mitobmann, Landwirt Johann Stoffel, Kaufe­mann Daniel Wersching, Architek­baumei­ster Hans Jänner und Arbeiter Michael Burg als Ivmannstellvertreter, Professor Hans Wels­ H und Josef Wersching als Sekretäre, Johann Knopf als Schriftwart, Hans Gabriel als Säcelwart, Nikolaus Quint und Matthias Weggesser aber als Rechnungs­überprüfer hervor. In den Aus­­sHuß wurden vierzig Volksgenossen entsendet. Die Wahl war eine einhellige. Mit großem Eindruck sprach dann noc­h Ob­mann Karl von Möller. Er legte ein umfang­­reiches und in der nächsten Zukunft zu verwirkli­­chendes Programm nieder und kennzeichnete dieje­­nigen Richtlinien, welche der neue Vorstand bei der Verwirklichung seiner Ziele vor Augen halten wird. Nach den­­ Schlußworten Friedrich Retzlers gingen die vielen Teilnehmer mit dem Gefühl aus­­einander, unsere gute deutsche Sache abermals um einen bedeutenden Schnitt vorwärts gebracht zu haben. EB­M nun en m Aus einem neuen Knigge Von Rudolf Preskex ! Wie benimmt sich der Kavalier in der Bahn? Auf sein Benehmen bei einer richtigen Bahnfahrt hat der Kavalier besonders zu achten. Denn zunächst wird, selbst wenn er erster Klasse fährt und dieses Abteil nicht von Reichstagsabgeord­­neten besetzt ist, an seinem Kavaliertum gezweifelt. In der Regel fährt ein Kavalier nämlich nicht mit der Bahn, sondern mit dem eigenen Auto oder in dem Kraftwagen eines Freundes (oder einer Freun­­din). . Der Kavalier belegt zunächst im Abteil einen Mnsterplat­z mit wesentlichem Gepäck. Unwesentliches epäd — wie Bücer, Schirm, Reisemütze und Hebhnliches — legt er wie zufällig auf den Sig neben dem feinen und auf den Fensterplaß dem seinen ge­­genüber. Auf diese Weise entsteht für andere Plaßsu­­chende leicht die irrige aber wünschenswerte An­­nahme, daß diese Pläße gleichfalls belegt sind. Der Kavalier selbst stellt sich, eine Zigarette rauchend, was im Gang verboten ist und wodurch er sein Kava­­liertum betont, vor das Abteil mit dem Rüden gegen dessen Wand. Anzapfungen gegenüber — ob noch Platz in dem Abteile frei sei? — heuchelt er Taub­­heit oder Unkenntnis. Kurz vor der Abfahrt des Zuges geht der Kava­­lier rasch die Abteile entlang und prüft gewissenhaft, wo eine hübsche junge Dame allein fährt. Hat er sol­­l er festgestellt, z. B. im dritten Wagen Mittelfig rück­­wärts, so begibt er sich hurtig in den Speisewagen und läßt sich für das Mittagessen zwei Karten an einem Zweiertischchen geben. Die eine davon drüct er dem Ober wieder in die Hand zugleich mit Dreimarkttüd und gibt mit huldvollem Lächeln einem die Anweisung: „Diese Karte verkaufen Sie nachher der blonden Dame im dunkelgrünen Reisekleid, die im dritten Wagen, Mittelfig rückwärts, Platz genommen hat.” -- EZ der Kavalier ist dann zehn gegen eins zu wetten, daß in Gesellschaft dieser ahnungs­losen Dame speisen wird. (Alles weitere in dieser Richtung begibt sich im D-Zug nicht anders als außerhalb des D-Zuges.) Der Kavalier hat immer in der Bahn (übrigens auch schon in­­ der Stadt­ und Hin­­­tergrundbahn) eine Zeitung von besonders großem Format bei sich. Dieses Blatt entfaltet er sofort im Augenblick der Gefahr. Das heißt, wenn zum Bei­­spiel alte Damen oder noch ältere Herren mit schwie­­rigem Gepäck einsteigen, sich hilflos umsehen und die Unterstüzung eines Mitfahrenden zu erwarten schei­­nen. Auch läßt sich für den Fall, daß ein bemerkens­­werter jüngerer weiblicher Mitmensch das Abteil benutz, diese Zeitung von ihrem Leser gleiche stets eine solc­he Lage und Richtung geben, daß ein Augen­­zwinkern zu der genannten Dame hinüber möglich ist, während dieses amouröse Spiel vor den zudring­­lichen Bliden taktloser Mitfahrender geschüßt, ist. Entsteht aus irgend­welchen Gründen, deren es viele auf einer Reise gibt, ein ernster Konflikt mit männlichen Mitreisenden, so richtet der Kavalier die Taktik nach der eigenen Körperbeschaffenheit ein. Ist er kräftig und geübt genug, so strebe er den Betref­­fenden ohne vorherige Ansage, die leicht Gegenmaß­­regeln bewirkt, rasch und sauber durch einen Kinn­­haken nieder. Das erledigt ihn und die Streitfrage und pflegt den Mitreisenden sehr zu imponieren, "nicht Fühlt sich der Kavalier aber solcher Erledigung sicher genug, so wechselt er mit dem betreffen­­den Herrn die Karten. Damit die peinliche Angele­­genheit keine verstimmende Weiterung habe, über­­gibt er dem Gegner nicht die eigene Karte, sondern die eines Freundes oder Bekannten. Für den Kava­­lier empfiehlt er sich, solche Besuchskarten anderer immer bei sich zu tragen. Besonders da er auch außerhalb der Bahn, z. B. in Liebes-Affären, in die Treglichkeit verlegt werden kann, den Namen zu nennen, ohne daß der Wunsch besteht, persönlich die Konsequenzen aus dieser Bekanntschaft zu tragen. Eine Dame, die alt oder häßlich oder beides ist, sollst du­­­ schon um ihres Unglücks willen — mit größter Vernehmheit behandeln. Spricht Dame aber dich an, so sollst du entfliehen, eine solche Sieht die in Frage kommende Dame aber jung und hübsch aus, so ist erst das Problem zu lösen, ob der Herr, der auf der anderen Seite neben ihr siht und nichts sagt, ihr Gatte (dafür spricht vielleicht seine Schweigsamkeit) oder ob er ihr sonst verwandt und zugetan ist. Sollte der betreffende Mann als der I dü Sprich: der Kavalier eine unbekannte Dame an? Und, wenn ja — wie macht es das? Gatte festgestellt werden, so würde sich ein Anspre­­len der Dame nur empfehlen, wenn er schlummert. Deutet aber sein athletischer Körperbau auf den Bes­ruf eines Ringers oder Boxers hin, so ist auf alle Fälle, auch wenn er schläft, die Anknüpfung einer Konversation zu vermeiden. : R Hast du festgestellt, daß die junge hübsche Dame allein und ohne Anhang im Theater ist, so ersinne eine verblüffende Anrede, da man auf „Fräulein, wie geht es Jenen?" kaum ein bloßes antworten wird. Man frage etwa pöblich mitten im ersten Act der „Walküre“; „Lieben Sie auch Mozart?“ Odex stelle in der Gartenszene des „Faust“ die Frage: „Fräulein, ganz ehrlich — Sie haben doch so was noch nicht erlebt, was?” , fern, Bist du aber zu solchen Anknüpfungen zu schach so empfiehlt sie die gut vorbereitete Unten­lüsung durch ein Requisit. Ein Beispiel: Mitten im Akt nähert man seinen Kopf dem der Dame und flüstert ihr zu: „Pardon, mein verehrtes Fräulein, ich glaube, Sie fiten auf meinem Hut!“ Das jest voraus, daß dieser — kein Zylinder, sondern ein weicher Wiener Filzhut — vorher auf ihren Sit geschoben wurde. Am besten erst gerade in dem Augenblick, da sie sich seht. Oder man überreicht — immer mitten im Akt nie in der Pause, das fällt auf — der Dame plötlich einen mitgebrachten und geschi>t verborgenen Son­­nenschirm und fragt höflich: „Verzeihung, ist das Ihr Schirm?“ Wenn die Dame klug und der Schirm schön und wertvoll ist, wird sie meistens mit „Ja“ antworten­­ (derselbe Trick kann auch — z. Eh­ Verhältnisse entsprechend sind — mit einem WBrillantrollier ge­wagt werden). Das weitere Gespräg bietet dann keinerlei Schwierigkeiten mehr. Ist die Dame aber blöde und der Schirm nicht ihr Geschmack, so äußert sie vielleicht: Sind sie ver­­rückt, mein Herr?“ In diesem Falle habe ich immer am besten ge­funden, kurz zu sagen: „Ja“. (Oder gewählter: „Allerdings“.) Und dann verlasse man das Theater oder der Konzertsaal oder den Plaß am Affenkäfig im Zote — kurz, wo sich der nicht lange Dialog abgespielt hat — im beschleunigten Tempo. RA M pa _

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