Banater Deutsche Zeitung, Juli 1932 (Jahrgang 14, nr. 144-170)

1932-07-01 / nr. 144

Bezugspreis: gangjährig 800 Lei, Halbjährig 400 Lei, vierteljährig 200 Lei, monatlich 70 Lei — Zu­ng in Temes8war 10 Lei monatlich. — Ausland monatlich 120 Lei. — Erscheint täglich x nachmittags, mit Au­snahme von Sonn- und Feiertagen. — Anzeigen nach Taris, 14. Jahrgang Schriftleitung und Verwaltung: Temeswar, Stadt, Deutsches Haus, Senn­precher: Schriftleitung Nr. 14­­ 18. Verwaltung Nr. 66. rud und Verlag der Schwäbischen Verlags - Aktiengesellschaft, Tem­es­war. Timisoara-Teme3war, Freitag, 1. Juli 1932 Nr. 144 Der Schlußkampf um die deutschen Tribute in Lausanne Das Scheitern der Konferenz scheint unvermeidt Die Lausanner Verhandlungen haben sich zu einem ernsten Ringen zwischen Deutschland und Frankreich bezw. den beiden Abordnungen zugespizt. Die Stellung Herriots ist außerordentlich schwierig. Jedes Zugeständnis in der Tribut­­frage zugunsten Deutschlands wird ihm von seinen politischen Gegnern lebenswichtiger französischer als eine Preisgabe Interessen an die Notschöße gehängt. Auch der kleinste Schritt in dieser Richtung kann seinen sofortigen Sturz zur Folge haben und der Rechten unter Tardieu wieder die Macht in die Hände spielen. Das will Herriot unter allen Umständen vermeiden. Auf der anderen Seite muß Reichskanzler von Papen damit rechnen, daß seine Tage als Reichskanzler­­ ge­rn wg Gläubiger­mächte auf zukünftige deutsche Zahlungen aner­­kennen wird. Die Franzosen haben sich zwar bereit erklärt, für eine noch nicht festgesette Frist einen weiteren Zah­­lungsaufschub zu bewilligen. Aber sie verlangen von der deutschen Regierung die Unterschrift unter einen sogenannten „Besserungsfhetin“ d. H. Deutschland soll heute schon verpflichtet werden, WENN Es französische Forderungen für den Zeitpunkt anzu­­­erkennen, in dem eine noch einzusetzende Kommission feststellen wird, daß seine Zahlungsfähigkeit „wie­­der hergestellt“ sei. Die Franzosen betonen ausdrück­­lich, daß es sich dabei nicht um eine formale Forde­­rung handelt, die in der Praxis nicht realisiert wer­­de, sondern um eine tatsächliche Forderung, auf deren Erfüllung sie gegebenenfalls bestehen werden. Es ist das alte Lied. Alle Welt ist der Ueberzeu­­gung, daß die gewaltige Wirtschaftskatastrophe im wesentlichen durch die Schuldenzahlungen an Ame­­­­­­­rika und die deutsche Tributzahlungen herbeigesü bezw. vergrößert worden ist. Selbst Amerika, jenes Land, dessen Politiker und Finanzgrößen im Win­­ter 1923—24 am stärksten die „Kommerzialisierung“ der deutschen Tributzahlungen verlangt haben, sind heute davon überzeugt, daß nur durch ein völliges Einstellen der unsinnigen Zahlungen die Wirtschafts­­misere in ihren schlimmsten Auswirkungen bekämpft werden kann. Nur Frankreich widersetzt sich dieser vernünfti­­gen wirtschaftlichen Ueberlegung und hält allein aus politischen Gründen, d. h. um beständig ein schweres Druckmittel gegen Deutschland in der Hand zu behalten, den Zahlungsanspruch ge­­genüber Deutschland ed 1 sich nicht erholen. Das Dan, z5e8fc­it hand fol, Schweden.­­­ Das ist der Sinn der französischen Tributpolitik. Eine deutsche Regierung, die sich für die Zukunft des Volkes wirklich voll verantwortlich fühlt, kann heute nicht anders, als den Kampf mit Frankreich um die Tribute nunmehr endgültig zu Ende zu führen. Das deutsche Volk will Klarheit über seine Zukunft haben, und es will wieder seine Freiheit und Unabhängig­­keit auch auf wirtschaftlichem Gebiet. Die 6 Millio­­nen Arbeitslose des vergangenen Winters, die kom­­munistischen Gewalttätigkeiten der lezten Monate reden eine deutliche Sprache. Wenn der Name Lau­­sanne für das deutsche Volk einen Sinn haben soll, dann kann es nur der sein, daß hier endlich unter die Tribute der Schlußstrich gemacht wird. Die von Mo­­nat zu Monat anschwellende nationale Bewegung zeigt, daß das deutsche Volk in seiner übergroßen Mehrheit auch entschlossen ist, seine Freiheit wieder zu erkämpfen und sich hinter jede Regierung zu stel­­len, die zu erkennen gibt, daß sie ernstlich um die Aufhebung der Tribute bemüht ist. Regierungskrise in Belgrad Noch immer Fein Systemwechsel Belgrad, 30. Juni In politischen Kreisen will man wissen, daß Mi­­4 init re genon 'e o­, Der Relig DIE ; € | | ben, Es wird als wahrscheinlich angenommen, daß der bisherige Handelsminister Kramer die Be­­trauung zur Bildung der neuen Regierung erhält. Außenminister soll der bisherige Minister am könig­­lichen Hof, Jestitst werden. Da im Falle einer solchen Lösung 2—3 Mitglieder der bisherigen­­ Re­­gierung auch im neuen Kabinett Platz bekommen werden, ist es nicht wahrscheinlich, daß der Regie­­rungs­wechsel den langersehnten Wechsel im System bringen wird. „nisterpräsident Marinkowit va­­ er vas Keine Aussicht auf eine Einigung Lausanne, 30. Juni. (Op.) Gestern­vormittag fanden gleichzeitig drei von­­­einander abgesondert laufende Unterredungen statt. Papen und Herriot, Reichswirtschaftsminister Warmbold und der französische Handelsminister Mo­rand, Reichsfinanzminister S­e­werin-8s­o­­sigik und der Finanzminister Frankreichs Martin Germain sprachen sich gegenseitig aus und die Aussprachen sollen der Meinung zufolge in sehr freundschaftlichem Ton vor sich gegangen sein. Die Konferenz der sechs Großmächte begann um 5 Uhr nachmittag, nachdem noch v. Papen und Herriot zu­­sammen eine Stunde bei Macdonald verweilt hatten. Die französischen Form gen Lausanne, 30. Juni. (Dp.) Herriot hat bei den letzten Beratungen Frank­­reichs Standpunkt in folgendem Deutschland ist verpflichtet zu zahlen zusammengefaßt: Zahlungspflicht anerkennen. Frankreich und muß seine besteht auf seinem Titel als Kreditor und wird seine Kreditoren­­rechte auch dann, wenn es von der Forderung sofor­­tiger Zahlungen absteht, aufrechterhalten. Deutsch­­land kann entweder durch Gewährung wirtschaf­lic­­her Vorteile oder aber durch die Gewährleistung größerer Sicherheit für Frankreich zahlen. Im letzte­­ren Fall würde Deutschland auch dem Weltfrieden einen Dienst leisten und Frankreich die geben, sein Heeresbudget zu entlasten. Deutschlands Gegenvorschlag Von Papen erklärte auf diese Frankreichs hin, Deutschland sei bereit, Forderungen eine Durch­­schnittssumme zu zahlen, aber nur in dem Falle, wenn Frankreich sich bereit erklären sollte, auf den Heeresstand Deutschlands abzurüsten. Außerdem for­­dert Deutschland die Devalorisierung der Valuten auf Lasten Frankreichs und betonte demgegenüber Deutschlands friedliche Absichten. Der englische Premier Mac­Donald, soll er­­klärt haben, die durch­träge seien unannehmbar. v. Papen vorgebrachten An- Die Konferenz scheint zum Scheitern verurteilt zu sein. Die Radikalen lassen Herriot im Stich Lausanne, 30. Juni. (Dp.) In der Parlamentsgruppe der Radikalen (Partei des Ministerpräsidenten Herriot) sind starke Gegen­­sätze ausgebrochen. Der Abgeordnete Archim­­baud hat beantragt, die Parlamentsgruppe möge Möglichkeit 4 ! i [] s 4­5401 Blutiger Zusammenstoß bei einem Kommuni­stenbegräbnis Drei Kommunisten erschossen In Stadtfurth kam es gestern Berlin, 30. Juni gelegentlich des Begräbnisses eines Kommunisten, der bei einem Zu­­sammenstoß mit Nationalsozialisten erschossen wor­­den war, zwischen Kommunisten und der Stadtpo­­lizei zu schweren Zusammenstößen. Die Polizei ver­­suchte die Kommunisten vorerst ohne Waffengewalt auseinanderzutreiben, wurde jedoch von diesen an­­gegriffen. Die Polizisten machten hierauf von der Waffe Gebrauch. Drei Kommunisten waren tot, 7 ° schwer und mehr als 20 leicht verletzt, der Regierung unbedingtes Vertrauen votieren. Der Antrag wurde von der Mehrheit abgelehnt und in eine einfache Tagesordnung angenommen, die keine Vertrauensfrage enthielt. Herriot, der über die Un­­stimmigkeit in seiner Partei telegraphisch verständigt wurde, beschloß heute nach Paris zurüczukehren. Der Reichsk­anzler fährt nach Berlin Reichskanzler v. Papen verläßt heute abend Lausanne und begibt sich nach Berlin, wo er voraus­­sichtlich 2­­3 Tage weilen wird. Die Konferenz wird durch die Abreise Papens keine Unterbrechung er­­leiden, Mac­Donald bereitet Jon ein „aus ständiges“ Begräbnis vor Mit Ausnahme der sozialistischen „Populaire“, die Herriot auffordert, im Sinne der deutschen Vor­­schläge eine Vereinbarung zu suchen, heißen alle füh­­renden französischen Blätter Herriots Taktik bei der Lausanner Konferenz gut und wollen Deutschland die Schuld an einem möglichen Mißerfolg der Kon­­ferenz in die Schuhe schieben. Pertinax schreibt, daß Mac­Donald bereits nach einem Vorwand suche, um die Konferenz anständig begraben zu können. Laut „Petit Parisien“ kann nach den neuesten Erklä­­rungen v. Papens, der bekanntlich die restlosen Strei­­­­tungen der Kriegstribute gefordert hatte, von einer Einigung nicht mehr gesprochen werden. Papen ist,­­ so schreibt das Blatt, seit seiner Berliner Reise wie ausgetauscht. Herriot5 Blatt fordert Festigkeit des französischen Standpunktes bis zum Aeugßersten, da ein Nachgeben bloß Hitler und seine Bewegung stär­­ken würde,

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